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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Grüß Gott! Hallihallo!

Bad im Taubensee

Gestern war Mariä Himmelfahrt. Hier in Österreich und auch in Bayern ist das noch ein Feiertag – und das nicht nur, weil Himmelfahrten in Ländern mit so vielen Bergliften  möglicherweise angesagter sind als andernorts. Wir wanderten hinauf zum Taubensee, knapp zwölfhundert Meter hoch gelegen. Die Grenze zwischen Österreich und Deutschland – oder sollte ich sagen, dem Freistaat Bayern? –  läuft genau durch diesen Bergsee. Ein schöner Fleck Erde, der nach dem Aufstieg zu einem erfrischenden Bad einlädt. Nicht nur wir hatten diese Feiertags-Idee. So viele Wanderer wie gestern trafen wir noch nie bei unseren zahlreichen Besuchen am Taubensee. Ich kam mit dem Grüßen gar nicht nach.

Zu Diensten!

Schon von klein auf fand ich es faszinierend, dass die Menschen in den Bergen, anders als in Großstädten, nicht stumm aneinander vorbeilaufen, sondern sich grüßen. In meiner Kindheit war „Grüß Gott!“ die allgegenwärtige Begrüßungsformel, wenn sich zwei Bergwanderer auf ihrer Tour begegneten. Ich beobachtete, dass sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte andere Grüße erst hinzugesellten, dann die Überhand gewannen. Heute scheint das „Servus!“ dem „Grüß Gott!“ deutlich den Rang abgelaufen zu haben. Mag sein, dass manchem Wanderer der Herrgott abhanden gekommen ist. Vielleicht klingt „Servus!“ aber auch einfach hipper, schließlich gibt es ja sogar einen Fernsehsender gleichen Namens. „Servus“ ist das lateinische Wort für Sklave, als Gruß bedeutet es „Zu Diensten!“. Ich glaube kaum, dass sich die Wanderer dessen bewusst sind. Jedenfalls wirken die meisten nicht gerade, als wollten sie ihre Brotzeit mit mir teilen.

Wie sich die Preußen outen

Preißn-Tarnung

Neben dem „Servus!“ höre ich oft „Griaßde!“ und frage mich, ob wohl mein Tirolerhut, den ich in den Bergen regelmäßig trage, die Grüßenden bewogen hat zu mundarteln. Fast vergesse ich dann, dass ich genauso „a Preiß“ bin wie die Wanderer, die sich als solche outen, indem sie auf mein „Grüß Gott!“ oder „Servus!“ mit einem „Hallo!“ reagieren. Schlimmer geht’s nimmer, dachte ich, jedenfalls bis gestern. Da erwiderte nahe der Stoibenmöseralm ein Preuße, ich tippe aus Hannover, meinen Gruß mit einem fast gesungenen „Hallihallo!“. Fast hätte ich ihm meinen Tirolerhut um die Ohren gehauen. Ich beherrschte mich, schließlich war Mariä Himmelfahrt. Also fluchte ich nur leise in mich hinein: Himmelherrgottsakra! Ich hätte diesem freundlichen Wanderer auch ziemlich unrecht getan. Schließlich ist ein gesäuseltes „Hallihallo!“ immer noch besser als das stimmlose Wegschauen, das sich mancher Griesgram in den Bergen zur Gewohnheit gemacht hat.

Datum

16. August 2013 | 21:55

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