Cory Richards – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Am kurzen Seil? https://blogs.dw.com/abenteuersport/am-kurzen-seil/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/am-kurzen-seil/#comments Wed, 31 May 2017 19:20:15 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36513

Ballinger am Gipfel des Mount Everest

Dass Adrian Ballinger am vergangenen Samstag den Gipfel des Mount Everest ohne Flaschensauerstoff erreicht hat, ist unstrittig. Doch über das „Wie“ ist eine Debatte entbrannt. Auslöser war mein Artikel über ein Gespräch mit Ralf Dujmovits am Montag, zwei Tage nach seinem auf der Everest-Nordseite in einer Höhe von  8580 Metern gescheiterten Versuch ohne Atemmaske. Darin hatte der 55 Jahre alte deutsche Bergsteiger dem US-Amerikaner Ballinger vorgeworfen, zwar in Echtzeit in den sozialen Netzwerken über den Aufstieg berichtet, einige Fakten aber verschwiegen zu haben. So sei Adrian beim Abstieg von einem ecuadorianischen Bergführer am kurzen Seil geführt worden. Das Ballinger-Lager reagierte prompt.

Richards: „Adrian hat sich jeden Schritt erarbeitet“

Gipfel des Mount Everest (vom Nordostgrat aus gesehen)

„Ich bin mit ihm den ganzen Weg vom Basislager aus hinauf- und herabgestiegen, und ich kann sagen, dass er während des Abstiegs niemals am kurzen Seil war, wie Ralf fälschlicherweise behauptet“, schrieb Esteban, genannt „Topo“, Mena, besagter Bergführer aus Ecuador, der für Adrian Ballingers Unternehmen Alpenglow Expeditions arbeitet. „Diese Information ist nicht korrekt und sollte sofort korrigiert werden.“ Und auch Cory Richards – der Ballinger bis zum höchsten Punkt begleitet und im Gipfelbereich Flaschensauerstoff verwendet hatte, weil er sich nicht gut fühlte – widersprach Dujmovits: „Topo war da. Seine Worte werden von (den Sherpas) Pasang und Palden bestätigt. Ralf war ganz einfach nicht da.“ Dujmovits‘ Vorwurf, Ballinger sei bei seinem Auf- und Abstieg von einem großen Team unterstützt worden, sei „offen gesagt, dämlich“, fuhr Richards fort: „Adrian hat sich jeden Schritt seines Gipfelerfolgs erarbeitet.“ Er appellierte an Dujmovits und Ballinger, doch auf das jeweils Erreichte stolz zu sein, anstatt zu streiten. „Es gibt keinen Raum für Machtkämpfe in unserer Sippe, dafür ist sie zu klein.“

Schlagzeilenträchtiges Bild

Wer sich nicht regelmäßig mit dem Geschehen am Everest auseinandersetzt, wird sich vielleicht fragen, was denn so schlimm daran ist, am kurzen Seil zu gehen. In den Alpen etwa praktizieren Seilschaften diese Technik doch auch. Schon, aber am Everest verbindet man damit eben jenes immer wiederkehrende Bild, das seit den 1990er-Jahren regelmäßig für Schlagzeilen sorgt: In technisch eher leichtem Gelände zieht ein Sherpa seinen sichtlich überforderten Kunden am kurzen Seil den Berg hinauf Richtung Gipfel. Die Botschaft ist klar: Der Hintere gehört eigentlich nicht an diesen Berg. Ein guter Bergsteiger, der eigenverantwortlich am Everest unterwegs ist, hat das nicht nötig – es sei denn, er gerät in ernsthafte Not.

Die letzten zehn Minuten zum Gipfel

Ralf Dujmovits am Everest

Ich habe nach den Reaktionen des Ballinger-Lagers noch einmal bei Ralf Dujmovits nachgefragt. Er räumt ein, dass er in Sachen Abstieg am kurzen Seil einer falschen Information aufgesessen sei, bleibt jedoch bei seiner grundsätzlichen Kritik. „Auf genaues, persönliches Nachfragen hin sowohl bei Adrian als auch Cory kann ich dir sagen, dass Adrian von einem der Sherpas (Palden, Mingma, Pasang Rinji) die letzten zehn Minuten zum Gipfel am kurzen Seil geführt wurde. Hierfür gibt es Augenzeugen“, schreibt mir Ralf. „Das hat ebenfalls mit selbstständigem Bergsteigen nichts zu tun. Wenn dem Team Ballinger daran gelegen wäre, sich um eine korrekte Darstellung zu bemühen, wäre dieser Fakt von ihnen aus angesprochen worden.“ Letzteres sei auch der zentrale Punkt seiner Kritik, so Ralf: „Es geht mir darum, dass von Profis, gerade wenn so viel medialer Aufwand getrieben wird, korrekt berichtet wird – Positives, aber auch Negatives –, und dass eben nicht durch Weglassen bewusst ein falsches Bild erzeugt wird.“

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Gemischte Bilanz https://blogs.dw.com/abenteuersport/gemischte-bilanz/ Mon, 29 May 2017 10:36:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36477

Nordroute am Mount Everest

Der Everest hat am Wochenende noch einmal seine Zähne gezeigt – und das ausgerechnet an jenem Tag, als gleich acht Bergsteiger ohne Flaschensauerstoff den Aufstieg zum höchsten Punkt in Angriff nahmen. Anders als erwartet, erschwerten am Samstag starke Windböen und Schneefall im Gipfelbereich den Aufstieg. Die Bilanz: zwei Gipfelerfolge ohne Atemmaske auf der Nordseite, einer auf der Südseite. Zwei Bergsteiger, die doch noch zu Flaschensauerstoff griffen und ebenfalls den höchsten Punkt auf 8850 Metern erreichten. Und drei Gipfelaspiranten, die aus Sorge um ihre Gesundheit umkehrten.

Achter Achttausender für Wenzl

Latorre, Wenzl und Graziani (v.l.)

Alle diese Bergsteiger sind wohlbehalten in den Basislagern angekommen – was die wichtigste aller Nachrichten ist. Der einzige, der am Samstag von Süden her den Gipfel ohne zusätzlichen Sauerstoff erreichte, war der Österreicher Hans Wenzl. Für den 46 Jahre alten Kärntner war der Everest der achte Achttausender nach Broad Peak, Nanga Parbat, Gasherbrum I und II, Manaslu, Cho Oyu und Makalu. Allesamt hat er sie ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Wenzl erreichte den Gipfel nach spanischen Medienberichten gegen Samstagmittag, einige Stunden nach Ferran Latorre, der wegen der widrigen Wetterverhältnisse – wie berichtet – doch noch zur Atemmaske gegriffen hatte. Der 46-Jährige Katalane komplettierte am Everest seine Achttausender-Sammlung. Die anderen 13 Achttausender hatte Ferran ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Der Franzose Yannick Graziani kehrte auf 8500 Metern um – seine Landsfrau Elisabeth Revol „auf halbem Weg“ auf der Gipfeletappe, wie sie heute auf Facebook schreibt: „Aber es war ein unglaublich schönes und intensives Abenteuer.“

Doppelbesteigung ohne Atemmaske

Kilian Jornet am Everest

Auf der Nordseite stieg der Spanier Kilian Jornet am Samstag zum zweiten Mal innerhalb einer Woche ohne Flaschensauerstoff zum Gipfel auf: in einem Zug vom vorgeschobenen Basislager auf 6400 Metern aus. Nach 17 Stunden erreichte er den Gipfel. Es sei hart gewesen, sich bei dem Wind schnell zu bewegen, sagte der 29-Jährige: „Ich denke, den Everest zweimal innerhalb einer Woche ohne Sauerstoff bestiegen zu haben, eröffnet eine neuen Raum der Möglichkeiten im Alpinismus, und ich bin wirklich glücklich, es geschafft zu haben.“ Ohne Kilians großartige Leistung schmälern zu wollen – aber das Kunststück der Doppelbesteigung des Everest innerhalb einer Woche war 2007 auch schon Pemba Dorje Sherpa gelungen, damals ebenfalls von Norden aufsteigend.

„Nur Schmerz und Dankbarkeit“

Ballinger auf dem Gipfel

Glücklich war auch der US-Amerikaner Adrian Ballinger, der am Samstag nach sechs Everest-Gipfelerfolgen mit Sauerstoff erstmals „oben ohne“ auf dem Dach der Welt stand. „Es gäbe so viel mehr zu sagen, aber mein Gehirn ist nicht bereit, irgendetwas anderes zu empfinden als Schmerz und Dankbarkeit“, schrieb der 41-Jährige auf Instagram. Sein Begleiter Cory Richards, der sich nicht wohl fühlte, hatte Flaschensauerstoff genutzt, um Ballinger weiter unterstützen zu können.

Umkehr kurz vor dem Second Step

Der Deutsche Ralf Dujmovits kehrte nach eigenen Angaben auf einer Höhe von 8580 Metern um, kurz vor dem Second Step, der markantesten Felsstufe auf dem Nordostgrat. Der 55-Jährige entschloss sich zum Abbruch des Gipfelversuchs, als er bei Wind und Schneefall begann, das Gefühl in den Händen und Füßen zu verlieren. Eine umsichtige Entscheidung. Ralf versuchte bereits zum achten Mal, den Gipfel ohne Flaschensauerstoff zu erreichen. Bei seiner erfolgreichen Besteigung im Herbst 1992 hatte der bisher einzige Deutsche, der auf allen 14 Achttausendern stand, bei schlechtem Wetter oberhalb des Südsattels Flaschensauerstoff geatmet. Die anderen Achttausender hatte Dujmovits ohne Atemmaske bestiegen.

Versucht es Kuriki noch einmal?

Der Japaner Nobukazu Kuriki stieg am Sonntag auf der Südseite erneut nach Lager 2 auf 6400 Metern auf. Der 34-Jährige hatte nach seinem auf dem Westgrat abgebrochenen Versuch in der vergangenen Woche erklärt, er wolle noch einmal aufsteigen. Der Wetterbericht sagt für die kommenden Tage leichten Schneefall und Wind mit Geschwindigkeiten zwischen 20 und 30 Stundenkilometern voraus.

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Dujmovits kehrt am Everest auf 8500 Metern um https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-kehrt-auf-8500-metern-auf/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-kehrt-auf-8500-metern-auf/#comments Sat, 27 May 2017 10:42:40 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36461

Ralf Dujmovits

Wie schade! Ralf Dujmovits hat sich seinen Traum nicht erfüllen können, im achten Anlauf doch noch den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff zu erfüllen. Der 55-Jährige kehrte auf 8500 Metern um. Von Lager 3 auf 8300 Metern aus rief er per Satellitentelefon seine Lebensgefährtin, die kanadische Bergsteigerin Nancy Hansen an. „Er musste auf 8500 m umkehren, weil ein Sturm aufzog: 40 km/h Windböen mit Schnee. Er war dabei, das Gefühl in seinen Händen und Füßen zu verlieren“, schrieb Nancy auf Facebook. Er werde zusammenpacken und so weit wie möglich herunter steigen. „Wie ihr euch vorstellen könnt, ist er extrem enttäuscht. Das Wetter hat einen Gipfelerfolg einfach nicht zugelassen.“ Ralf umsichtige Entscheidung verlangt Respekt und zeigt, dass er noch Herr seiner Sinne war.

Noch alle Finger und Zehen

Gipfel des Mount Everest (vom Nordostgrat aus gesehen)

Dujmovits bestieg als bisher einziger Deutscher alle 14 Achttausender, lediglich am Everest griff er im Herbst 1992 oberhalb des Südsattels bei schlechtem Wetter zur Atemmaske. Das hat Ralf immer als Makel seiner bergsteigerischen Bilanz empfunden, den er so gerne beseitigen wollte. Doch dieser achte Versuch sollte nach seinen Worten sein „definitiv letzter“ sein. Ziemlich knapp hat er heute sein sportliches Ziel verpasst, doch seiner Grundmaxime ist er treu geblieben: Wichtiger ist es, gesund wieder herunterzukommen. Mit einem gewissen Stolz verweist Ralf darauf, dass er auch nach über drei Jahrzehnten Expeditionen zu den Achttausendern noch alle Finger und Zehen hat – ganz zu schweigen davon, dass er – im Gegensatz zu einigen Weggefährten – seine Abenteuer überlebt hat.

Später Griff zur Flasche

Die US-Amerikaner Adrian Ballinger und Cory Richards erreichten heute über die Nordroute den 8850 Meter hohen Gipfel. Cory griff beim Aufstieg jedoch zu Flaschensauerstoff, weil er sich nicht wohl fühlte, seinen Freund Adrian aber weiter unterstützen wollte. Richards hatte 2016 den Gipfel ohne Atemmaske erreicht, Ballinger hatte damals umdrehen müssen.

Latorre macht die 14 voll

Everest-Südseite

Von der Südseite aus erreichten nach spanischen Medienberichten der Spanier Ferran Latorre und der Österreicher Hans Wenzl den Gipfel. Latorre sagte nach seiner Rückkehr zum Südsattel, er habe im Gipfelbereich Flaschensauerstoff benutzt: „Es war zu hart.“ Ob auch Wenzl zur Atemmaske griff, ist noch nicht bekannt. Latorre hat mit seinem Erfolg am Everest seine Achttausender-Sammlung vervollständigt. Die anderen 13 Gipfel hatte er ohne zusätzlichen Sauerstoff erreicht.

Graziani und Sangay drehen um

Der Franzose Yannick Graziani und der Sherpa Dawa Sangay waren auf 8500 Metern umgekehrt. „Zu viel Schnee, zu viel Wind, man friert fast an Ort und Stelle ein. Zu riskant ohne Sauerstoff“, sagte Yannick hinterher. Noch gibt es keine Informationen, ob die Französin Elisabeth Revol den Gipfel erreicht hat. Auch sie wollte heute ohne Atemmaske auf den höchsten Berg der Erde steigen. In diesem Frühjahr hatte Elisabeth bereits am Achttausender Makalu den Vorgipfel erreicht und anschließend den Lhotse bestiegen.

P.S. Ich werde für den Rest des Tages offline sein und kann deshalb am heutigen Samstag keine weiteren Updates liefern. (15 Uhr MESZ)

Update, 28. Mai: Nachtrag zu den Ereignissen am Everest: Hans Wenzl hat gestern als einziger auf der Südseite den Gipfel ohne Flaschensauerstoff erreicht. Ferran Latorre hatte weit oben zur Atemmaske gegriffen. Beide übernachteten am Südsattel und sind heute abgestiegen. Elisabeth Revol hat gestern wegen der widrigen Wetterverhältnisse „nicht weit vom Gipfel“, wie sie schreibt, umgedreht. Auf der Nordseite erreichte Kilian Jornet zum zweiten Mal innerhalb einer Woche den Gipfel ohne Atemmaske. Ralf Dujmovits stieg gestern den ganzen Weg von seinem Umkehrpunkt auf 8500 Metern bis in vorgeschobene Basislager ab, heute ging es weiter zum Chinese Base Camp. Auch Adrian Ballinger und Cory Richards erreichten nach ihrem Gipfelerfolg noch gestern das ABC.

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Nächste Station: Everest, Gipfel https://blogs.dw.com/abenteuersport/naechste-station-everest-gipfel/ Fri, 26 May 2017 14:56:22 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36437

Everest-Gipfel von Norden aus

Ralf Dujmovits ist seinem großen Ziel ganz nahe. Im achten Anlauf will der 55-Jährige endlich den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff besteigen. Rund acht Stunden Aufstieg trennen Ralf noch vom höchsten Punkt der Erde auf 8850 Metern – wenn alles passt. Heute erreichte Dujmovits nach Angaben seiner Lebensgefährtin Nancy Hansen auf der tibetischen Normalroute Lager 3 auf 8300 Metern, von wo er sich per Satellitentelefon bei ihr meldete. Eine Stunde lang habe dort oben ein Gewitter gewütet, berichtete Ralf der Kanadierin. Er habe für die 600 Höhenmeter von Lager 2 aus fünf Stunden gebraucht. „Er fühlt sich ein bisschen müde, aber er klingt sehr präsent und normal“, schreibt Nancy auf Facebook. „Er wird nun eine Menge trinken, sich dann ein paar Stunden ausruhen und am Samstag um 1 Uhr nepalesischer Zeit (in Deutschland 21.15 Uhr am Freitag) Richtung Gipfel aufbrechen.“

Wenig Wind am Gipfeltag erwartet

Der Wetterbericht sagt für Samstag früh wenig Wind und leichten Schneefall voraus, bei Temperaturen um minus 25 Grad Celsius. Am Nachmittag soll der Schneefall stärker werden. Dujmovits hat als bisher einziger Deutscher alle 14 Achttausender bestiegen, einzig am Everest griff er im Herbst 1992 bei schlechtem Wetter oberhalb des Südsattels zur Atemmaske. Das wurmt ihn noch heute. Der aktuelle Everest-Versuch ohne Flaschensauerstoff soll, so Ralf zu mir vor der Abreise, sein „definitiv letzter“ sein. Ich drücke ihm ganz fest die Daumen.

Maske, um Luft zu befeuchten

Eigenwillige Maske

Auch die US-Amerikaner Adrian Ballinger und Cory Richards haben bei ihrem Versuch ohne Flaschensauerstoff auf der Nordseite Lager 3 erreicht. „Es war hart, hierhin zu kommen. Jetzt habe ich Angst“, räumt Adrian auf Instagram ein. Auf dem Bild trägt Ballinger eine Maske vor dem Mund, die nach seinen Worten dafür sorgen soll, dass die Atemluft befeuchtet wird.

 

Latorre und Co. auf dem Südsattel

Sangay, Wenzl, Latorre, Graziani (v.l.n.r.)

Auch auf der Südseite des Everest laufen die Gipfelversuche der Bergsteiger, die ohne Flaschensauerstoff aufsteigen, bisher nach Plan. Der Spanier Ferran Latorre, der Franzose Yannick Graziani und der Österreicher Hans Wenzl erreichten den Südsattel auf 7950 Metern. Begleitet werden sie von dem Sherpa Dawa Sangay. Ein kurzes Video, das Ferran auf Twitter postete, zeigt starke Böen und Schneefall. Darüber berichtete auch die Französin Elisabeth Revol, die bei ihrem Versuch ohne Atemmaske heute von Lager 2 auf 6400 Metern bis zum Südsattel aufstieg.

Klein drehte um

Die heute noch recht widrigen Wetterverhältnisse stoppten den Gipfelversuch des Ungarn David Klein, der – wie ich erst gestern erfuhr – auf der Südseite ohne Atemmaske aufgestiegen war. Auf einer Höhe von etwa 8100 Metern kehrten David und zwei Sherpas, die ihn filmen sollten, um, weil der Wind zu stark wurde. Es war bereits Davids neunter Everest-Versuch ohne Flaschensauerstoff. Bei seinem bisher erfolgreichsten war der Ungar 2014 auf der Nordseite bis auf eine Höhe von 8650 Metern gelangt.

Erste Bilanz

Auch wenn noch einige wenige kommerzielle Teams am Berg unterwegs sind, haben die nepalesischen Behörden bereits eine erste Bilanz der Frühjahrssaison am Everest gezogen. Nach Angaben des Tourismusministeriums in Kathmandu erreichten bisher mehr als 450 Menschen, von Süden her aufsteigend, den Gipfel, darunter rund 200 ausländische Bergsteiger aus 29 Ländern.

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Everest ohne Flaschensauerstoff: Alles nach Plan https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-ohne-sauerstoff-alles-nach-plan/ Thu, 25 May 2017 12:42:54 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36417

Ralf Dujmovits oberhalb des Nordsattels

Bisher laufen die Gipfelversuche der Bergsteiger, die in diesen Tagen den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff angehen, nach Plan (bis auf eine Ausnahme, dazu später). Ralf Dujmovits erreichte heute nach Angaben seiner Lebensgefährtin Nancy Hansen auf der tibetischen Nordseite des höchsten Bergs der Erde Lager 2: „Er hat mich gerade aus einer Höhe von 7700 Metern angerufen, er wird dort die Nacht verbringen“, schreibt die kanadische Bergsteigerin auf Facebook. „Im Augenblick ist es stürmisch, aber der Wind soll abflauen. Morgen wird er bis auf eine Höhe von 8300 Metern aufsteigen. Er fühlt sich gut.“ Der 55-Jährige hat bereits – als einziger Deutscher bisher – alle 14 Achttausender bestiegen. Lediglich am Everest hatte er 1992 zur Atemmaske gegriffen. Der aktuelle Versuch ohne Flaschensauerstoff ist sein achter und nach eigenen Worten „definitiv letzter“.

Wenig überraschendes Unwohlsein

Everest-Nordseite

Auch die beiden US-Amerikaner Adrian Ballinger und Cory Richards sind auf der Nordroute in Lager 2 eingetroffen. „Ich fühle mich gerade ein bisschen unwohl (Kopfschmerzen, Übelkeit), aber das war zu erwarten“, schreibt Adrian auf Instagram. Ballinger, Chef des Veranstalters Alpenglow Expeditions hat den Everest bereits sechsmal mit Kunden bestiegen, immer mit Atemmaske. Einen Versuch ohne Flaschensauerstoff im Frühjahr 2016 hatte er abbrechen müssen – im Gegensatz zu Richards, der bis zum Gipfel aufgestiegen war.

Chillen auf 7300 Metern

Everest-Südseite

Auf der nepalesischen Südseite verbringen der Franzose Yannick Graziani und der Spanier Ferran Latorre die Nacht auf Freitag in Lager 3 auf 7300 Metern. „Das Wetter ist schön und sehr warm“, sagte Yannick. Und auch Ferran fühlt sich wohl: „Ich chille in Lager 3. Dem Gipfel des Everest ein Stück näher und damit meinem Traum.“ Erreicht Latorre den höchsten Punkt auf 8850 Metern, hat er alle Achttausender ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Begleiter werden Graziani und Labore vom Österreicher Hans Wenzl und vom Sherpa Daway Sangay. Für Wenzl wäre der Everest der neunte Achttausender, allesamt ohne  ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Elisabeth Revol meldete sich derweil aus Lager 2 auf 6400 Metern. „Mir geht es gut“, schrieb die Französin auf Facebook. Morgen will sie bis zum Südsattel auf 7950 Metern aufsteigen, wo sie dann voraussichtlich auf Graziani, Labore, Wenzl und Sangay treffen wird.

Kuriki kündigt neuen Versuch an

Der Japaner Nobukazu Kuriki hat seinen Gipfelversuch über die Hornbein-Route – also über den Westgrat und durch das Hornbein-Couloir in der Nordwand zum Gipfel – abgebrochen und ist ins Basislager auf der nepalesischen Südseite abgestiegen. Der 34-Jährige kündigte für die kommenden Tage einen weiteren Versuch an. „Es ist noch nicht vorbei“, sagte Nobukazu.

Wer sind die vier Toten?

Verwirrung herrscht um die Identität der vier Bergsteiger, die gestern in einem Zelt am Südsattel tot aufgefunden worden waren. Möglicherweise handele es sich bei ihnen um Vermisste aus dem Vorjahr, mutmaßten nepalesische Offizielle. Die vier Bergsteiger, die man eigentlich für die Opfer gehalten hatte, sollen wohlbehalten im Basislager eingetroffen sein.

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Ohne Atemmaske: Everest-Gipfelversuche von Dujmovits und Co. laufen https://blogs.dw.com/abenteuersport/ohne-atemmaske-everest-gipfelversuche-von-dujmovits-und-co-laufen/ Wed, 24 May 2017 11:18:24 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36401

Ralf Dujmovits am Everest

Wenn alles klappt, könnte es am Samstag am Gipfel des Mount Everest eine Party „oben ohne“ geben. Mehrere Bergsteiger, die sich vorgenommen haben, den höchsten Berg der Erde ohne Atemmaske zu besteigen, sind zu ihren Gipfelversuchen aufgebrochen. Unter denen, die vom vorgeschobenen Basislager auf der tibetischen Nordseite aus starteten, war auch Ralf Dujmovits. Der 55-Jährige, der als bisher einziger Deutscher alle 14 Achttausender bestiegen hat, will den Everest endlich im achten Versuch ohne Flaschensauerstoff schaffen. Bei seinem erfolgreichen Versuch im Herbst 1992 hatte Ralf bei schlechtem Wetter oberhalb des Südsattels zur Atemmaske gegriffen – was er als Scharte empfindet, die er auswetzen will. Sein Plan: heute Nordsattel (7050 Meter), morgen Lager 2 (7700 Meter), übermorgen Lager 3 (8300 Meter) und dann am Samstag „hoffentlich in Richtung Gipfel“ (8850 Meter), wie mir Ralf schreibt: „Ich bin zuversichtlich, fühle mich wohl und denke, dass mir die extrem warmen Temperaturen (voraussichtlich minus 20 Grad Celsius) helfen könnten.“

Noch ein Aufstieg des Speed-Spezialisten Jornet?

Darauf setzen auch die beiden US-Amerikaner Adrian Ballinger und Cory Richards, die denselben Zeitplan wie Dujmovits haben. Richards hatte bereits im vergangenen Jahr den Gipfel ohne Flaschensauerstoff erreicht, Ballinger hatte umkehren müssen. Hartnäckig hält sich auch die Vermutung, dass der Spanier Kilian Jornet einen zweiten Versuch startet, um seine Aufstiegszeit vom vergangenen Montag zu unterbieten. Trotz gesundheitlicher Probleme war der 29 Jahre alte Speed-Spezialist in nur 26 Stunden vom Kloster Rongbuk auf 5100 Metern bis zum Gipfel aufgestiegen – ohne Atemmaske.

Revol ist nicht zu stoppen

Südseite des Mount Everest

Auch auf der nepalesischen Südseite haben sich mehrere Bergsteiger, die auf Flaschensauerstoff verzichten wollen, den Samstag als Gipfeltag ausgeguckt. Der Spanier Ferran Latorre würde im Erfolgsfall seine Achttausender-Sammlung komplettieren und hätte dann alle 14 höchsten Berge der Erde ohne Atemmaske bestiegen. Ebenfalls „oben ohne“ wollen Yannick Graziani und Elisabeth Revol, beide aus Frankreich, aufsteigen. Elisabeth scheint in diesem Frühjahr gar nicht zu stoppen sein. Am Makalu hatte sie bereits den Vorgipfel erreicht, anschließend dann den Lhotse bestiegen.

Kuriki nicht auf-, sondern abgestiegen

Der Japaner Nobukazu Kuriki, der eigentlich den morgigen Donnerstag als Gipfeltag angepeilt hatte, ist wegen gesundheitlicher Probleme vom Westgrat aus wieder in ein tiefer gelegenes Lager abgestiegen. Das teilte das Team des 34-Jährigen mit, das Stunden zuvor noch verkündet hatte, Kuriki sei von seinem Lager auf 7200 Metern aus weiter aufgestiegen. Der Japaner hat sich die erste Solo-Begehung der „Hornbein-Route“ vorgenommen, ebenfalls ohne Atemmaske: über den Westgrat, in die Nordwand, durch das Hornbein-Couloir zum Gipfel. Es wäre die erste Wiederholung der Route, die 1963 die US-Amerikaner Tom Hornbein und Willy Unsoeld (mit Flaschensauerstoff) eröffnet hatten. Bei einem gescheiterten Solo-Versuch auf dieser Route im Herbst 2012 hatte sich Kuriki so schwere Erfrierungen zugezogen, dass neun seiner zehn Finger hatten amputiert werden müssen.

Weitere vier Tote

Am Südsattel wurden derweil nach Angaben der Zeitung „The Himalayan Times“ vier tote Bergsteiger in einem Zelt entdeckt – zwei ausländische Kunden und zwei Sherpas. Sie seien vermutlich erstickt, hieß es. Das erinnert an einen Zwischenfall im vergangenen Jahr am Makalu, als zwei Sherpas einer deutschen Expedition im Hochlager an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung gestorben waren. Damit hat sich die Zahl der Todesfälle am Everest in diesem Frühjahr auf zehn erhöht.

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Gläserne Everest-Bergsteiger https://blogs.dw.com/abenteuersport/glaeserne-everest-bergsteiger/ Fri, 20 May 2016 13:04:07 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32751 Tibetische Nordseite des Everest

Tibetische Nordseite des Everest

Es ist nicht nur die dünne Luft am Mount Everest, die Bergsteiger hecheln lässt. Inzwischen scheint auch ein Wettlauf um die hipste Nutzung der so genannten „sozialen“ Netzwerke entbrannt. Spitzenreiter in dieser Kategorie – berücksichtigt man das mediale Echo weltweit – sind in diesem Frühjahr ohne Frage die beiden US-Amerikaner Adrian Ballinger und Cory Richards. Sie dokumentieren ihren Aufstieg ohne Flaschensauerstoff auf der tibetischen Nordseite auch via Snapchat – jenen Mitteilungs-Dienst für Smartphones und Tablets, bei dem die Einträge nach einer Weile automatisch verschwinden – und erzeugen damit bei den Couch potatoes für Schnappatmung. Unter #EverestNoFilter kann jeder quasi in Echtzeit und ungefiltert dabei sein, wenn Ballinger und Richards über den Nordostgrat aufsteigen. Die beiden wollen am Wochenende den 8850 Meter hohen Gipfel erreichen.

Wie viel Klappern ist nötig?

Adrian und Cory lassen ihre Fans nicht nur über Snapchat, sondern auch über Instagram, Twitter und Facebook an so ziemlich allem teilhaben, was ihnen während ihres Aufstiegs widerfährt. Selbst die Herzfrequenz wird veröffentlicht. Die beiden wirken sogar, als ob ihnen dieser ständige „Break Dance“ auf verschiedenen Internet-Hochzeiten richtig Spaß macht. Und es scheint sie auch nicht zu stören, dass sie wahrscheinlich als „Gläserne Bergsteiger“ in die Everest-Geschichte eingehen werden. Beide sind Profis, somit gehört Klappern zum Geschäft. Aber muss es wirklich so viel sein?

„Unser Ziel ist es, unsere Sichtweise zu teilen und einen Dialog anzustoßen über die positiven und negativen Seiten des Bergsteigens am Everest“, schrieb Adrian vor der Expedition. „Schlussendlich wollen wir eine positive Zukunft für den Everest erreichen, und für alle die auf dem Berg arbeiten und die dort ihre Freizeit verbringen.“ Ballinger ist Gründer und Chef des kommerziellen Veranstalters Alpenglow Expeditions. Sechsmal hat der 40 Jahre alte Bergführer den Everest bereits bestiegen, jedoch immer mit Flaschensauerstoff. Cory Richards, geboren im Mai 1981, ist Bergsteiger und Fotograf. Gemeinsam mit dem Italiener Simone Moro und dem Russen Denis Urubko gelang ihm 2011 die erste Winterbesteigung des Achttausenders Gasherbrum II.

Lhakpa Sherpas siebter Streich

Am Donnerstag erreichten mehr als 200 Bergsteiger den Gipfel des Mount Everest. Und die Welle rollt weiter. Auch von der Nordseite, wo jetzt, wie auf der Südseite, die Normalroute bis zum höchsten Punkt mit Fixseilen gesichert ist, wurden die ersten Erfolge gemeldet. Unter anderen erreichte Lhakpa Sherpa den Gipfel und verbesserte damit ihren eigenen Rekord: Mit sieben Besteigungen ist die 42-Jährige, die in Nepal geboren wurde und in den USA lebt, die Frau mit den meisten Everest-Erfolgen.

Todesfall am Dhaulagiri

Dhaulagiri

Dhaulagiri

Auch am Achttausender Dhaulagiri gab es die ersten Besteigungen der Frühjahrssaison. Der Spanier Alberto Zerain, der Argentinier Mariano Galvan, die beiden Inder Rajib Bhattacharya und Prasad Joshi sowie ein Sherpa, dessen Namen leider nicht bekannt gegeben wurde (eine häufig vorkommende Unsitte) erreichten den 8167 Meter hohen Gipfel. Beim Abstieg brach der 43-Jährige Bhattacharya auf 7600 Metern zusammen und starb.

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Dujmovits: „Geht auf die Everest-Nordseite!“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-geht-auf-die-everest-nordseite/ Fri, 06 May 2016 16:22:07 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32569 Ralf Dujmovits

Ralf Dujmovits

Noch hat sich das Schönwetterfenster am Mount Everest nicht geöffnet. „Im Augenblick heftiger Schneefall im Basislager“, twitterte heute der US-Amerikaner Dan Mazur, Expeditionsleiter des Veranstalters Summit Climb von der nepalesischen Südseite des Bergs. „Hoch oben am Berg arbeiten unsere Sherpas. Sie tragen Flaschensauerstoff, Seile, Zelte, Lebensmittel.“ Auf der Nordseite stiegen die beiden US-Amerikaner Adrian Ballinger und Cory Richards heute bis auf eine Höhe von rund 7600 Metern auf. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass Cory und ich heute höher waren als alle anderen Menschen auf diesem Planeten“, schrieb Adrian auf Instagram. „Bedeutet das irgendetwas? Natürlich nicht. Aber es war ein besonderes Gefühl.“ Die beiden, die in diesem Frühjahr den Everest ohne Flaschensauerstoff besteigen wollen, kehrten zum Nordsattel zurück, „als es am Nachmittag so aussah, als ob die Wolken von Nepal nach Tibet ziehen“. Die Wetterfrösche erwarten für die nächsten Tagen weitere Schneefälle am Everest. Vielleicht greift ja der eine oder andere Bergsteiger in den Basislagern im Norden und Süden noch einmal zu Jon Krakauers Bestseller „In eisige Höhen“. Das dort beschriebene Unglück am Everest im Frühjahr 1996 jährt sich am kommenden Dienstag zum 20. Mal.

Ich habe über den Everest damals und heute mit Ralf Dujmovits gesprochen. Der 54-Jährige ist der erste und bisher auch einzige Deutsche, der auf allen 14 Achttausendern gestanden hat.

Ralf, du hast in diesem Jahr ein Everest-Sabbatjahr eingelegt. Wolltest du – wie viele andere auch – gucken, wie sich die ganze Situation rund um den Everest entwickelt?

Ich wollte nicht abwarten oder zuschauen. Ich musste einfach mal ein Jahr Pause machen, sonst wird das Ganze zur Arbeit. Ich war jetzt siebenmal am Everest. Sechsmal habe ich versucht, die Scharte von 1992 auszuwetzen, mit Flaschensauerstoff oben gewesen zu sein. Da muss man auch mal eine Pause einlegen und etwas anderes sehen. Ich freue mich jetzt auf den Sommer in Pakistan. (Ralf will sich mit seiner Partnerin, der Kanadierin Nancy Hansen, an einem noch unbestiegenen Siebentausender versuchen.)

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Im Süden zwei Jahre ohne Gipfelerfolge, dazu die beiden Lawinenunglücke mit insgesamt 35 Toten – könnte die aktuelle Frühjahrssaison entscheidend dafür sein, wie es überhaupt am höchsten Berg der Erde weitergeht?

Ich glaube, es ist nicht unbedingt repräsentativ, was in diesem Frühjahr am Everest passiert. Trotz allem sehe ich den Vorteil, dass es diejenigen, die jetzt auf der Südseite unterwegs sind, mit deutlich weniger Bergsteigern zu tun haben. Damit ist die Gefahr geringer, dass man irgendwo im Stau steht. Ansonsten glaube ich, dass einige Veranstalter begriffen haben, dass die Südseite sehr gefährlich ist. Das wird sich auch mit dem Umlegen der Route durch den Khumbu-Eisbruch nicht ändern. Ich sollte natürlich als „Goodwill-Ambassador“ Werbung für Nepal machen. Ich mache das eigentlich auch sehr gerne. Aber beim Everest sage ich den Leuten ganz klar: Geht auf die tibetische Nordseite!

Glaubst du, dass dies die einzige Trendwende im Everest-Bergsteigen sein wird?

Ich denke, dass die Schere im Augenblick sehr weit aufgeht, preislich, organisatorisch und auch sicherheitstechnisch. Auf der einen Seite sehr günstige Angebote der nepalesischen Veranstalter, die inzwischen ein großes Potential von Kunden abschöpfen und teilweise auch Dumpingpreise anbieten. Auf der anderen Seite weiterhin die etablierten Veranstalter, die sehr hohe Sicherheitsstandards haben und auch entsprechende Preise verlangen. Ich glaube, dass sich Kunden künftig ihren Bedürfnissen entsprechend ein Programm zurecht stricken lassen. In diesem Bereich sind die nepalesischen Veranstalter eindeutig aktiver. Sie bieten ihren Kunden an: Wenn du willst, kannst du nur diesen oder jenen Service buchen, z.B. nur Basislagerverpflegung. Da müssen die westlichen Veranstalter noch dazulernen und sagen: Wir wollen weiterhin unsere hohen Sicherheitsstandards haben, werden aber trotzdem auf die Kunden zugehen und ihnen auch ermöglichen, in anderer Form am Berg unterwegs zu sein als nur komplett geführt, mit dem vollen Programm.

Windfahne vom Gipfel des Everest

Windfahne vom Gipfel des Everest

Stichwort Sicherheit. Am nächsten Dienstag jährt sich zum 20. Mal der Tag des Unglücks am Everest 1996, bei dem innerhalb von 24 Stunden während eines Sturms im Gipfelbereich acht Bergsteiger ums Leben kamen. Kann man die Zeit damals mit der heutigen überhaupt vergleichen?

Es hat sich unglaublich viel verändert. Der führende Veranstalter damals war Rob Hall mit Adventure Consultants. (Der Neuseeländer gehörte zu den Opfern des Unglücks.) Der Standard war für diese Zeit 1996 schon relativ hoch. Aber es fehlten damals noch sehr zuverlässige Wettervorhersagen. Dass man halb unwissentlich in schlechtes Wetter hineinläuft, sollte es eigentlich mit den doch inzwischen recht zuverlässigen Wetterberichten in diesem Ausmaß nicht mehr geben. Es haben sich jedoch andere Probleme ergeben, weil seit 1996 fast eine Vermassung stattgefunden hat. Damals waren pro Saison vielleicht, drei, vier, fünf Expeditionen unterwegs, heute sind es Dutzende. Das hat sich eher zum Nachteil verändert und kann zum Schaden der Gäste sein.

Neue Unglücke am Everest sind also nicht ausgeschlossen?

Es wird weiterhin Unglücke geben. Auch weil die globale Erwärmung nicht vor dem Everest halt macht. Es ist damit zu rechnen, dass die großen Eislawinen, die von links von der Everest-Westschulter oder von rechts vom Nutpse herunterkommen, weiterhin in den Khumbu-Eisbruch reindonnern. Damit bleibt der Eisfall gefährlich. Früher ging die Gefahr dort vor allem von der großen Bewegung des Eises aus. Seracs brachen zusammen. Spalten taten sich auf. Bergsteiger stürzten in die Tiefe, weil Leitern auseinandergerissen wurden. Diese Gefahr ist auf gleichem Niveau geblieben, aber die stark zunehmende Erwärmung wird für zusätzliches Gefahrenpotential sorgen.

Auch auf der Nordseite?

Das Eisschlagrisiko ist dort bei weitem nicht so hoch wie auf der Südseite.    

Noch einmal zurück zu deinen Everest-Plänen. Dass du in diesem Jahr nicht zum höchsten aller Berge reist, bedeutet aber nicht, dass du dieses Kapitel abgeschlossen hast, oder?

Ich werde jetzt erst einmal in diesem Sommer mit Nancy in Pakistan unterwegs sein. 2017 aber planen wir fest, noch einmal an den Everest zurückzukehren, auf die tibetische Seite. Wir werden aller Voraussicht nach versuchen, über die Messner-Traverse (Solo-Begehung 1980) ins Norton-Couloir hereinzukommen.

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