Robert Jasper – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Robert Jasper: „Wie ein Juwel im Schatzkästchen“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/robert-jasper-wie-ein-juwel-im-schatzkaestchen/ Thu, 18 Oct 2018 18:49:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42407

Robert Jasper (beim IMS in Brixen)

Der gefährlichste Eisbär von Grönland war er selbst. Immer wenn der deutsche Extrembergsteiger Robert Jasper im vergangenen Sommer während seiner einmonatigen Solo-Expedition im ewigen Eis sein Zelt aufschlug, baute er einen Eisbär-Schutzzaun darum. Wenn eines der Raubtiere den Zaun berührt hätte, wäre eine Leuchtrakete losgegangen, um den Eisbär zu vertreiben – und natürlich auch, um Robert zu warnen. An einem Tag war der 50-Jährige jedoch so in Gedanken, dass er den Zaun berührte, als er darübersteigen wollte. „Da hätte ich mich fast selbst in die Luft gesprengt“, erzählt Jasper.

Sprung zwischen zwei Welten

Alleine in Grönland

Wir begegnen uns beim zehnten und letzten „International Mountain Summit“ in Brixen. Im April hatte Robert seinen 50. Geburtstag gefeiert. „Ich habe mir gedacht: Bevor ich jetzt eine Midlife-Crisis kriege, mache ich lieber eine Solo-Expedition“,  sagt Jasper und lacht. „Es war, als würde ich zwischen zwei Welten hin- und herspringen.“ Jasper paddelte mit einem Faltkajak durch die Fjorde Grönlands, wanderte bis zum Fuße des Bergs, den er sich ausgeguckt hatte, und schaffte in drei Tagen die erste Solobegehung des Molar Spire. Seine Route durch die 450 Meter hohe Felswand taufte er „Stonecircle“, weil „die beeindruckendsten Dinge im Leben meist steinig und schwer sind“.

Innere Ruhe und Nervenstärke

Mit dem Kajak durch die Fjorde

Die Mischung aus Alleine-unterwegs-sein, Kajakfahren und Bigwallklettern sei „sehr speziell gewesen“, sagt Robert. „Es war ein absolut geniales Abenteuer.“ Auch wenn er anfangs ein mulmiges Gefühl gehabt habe, sei er mit der Einsamkeit insgesamt gut klargekommen. „Es war sehr, sehr ruhig. Du hast nur die Geräusche der Natur. Über diese Stille findest du sehr schnell auch zu dir selbst. Ich war schnell mit mir im Reinen und habe die Stille in mich aufgenommen. Diese Einsamkeit, verbunden mit der Wildnis, war ein Wellnessurlaub für die Seele.“

Robert Jasper: Wellnessurlaub für die Seele

Als Jasper nach seiner Rückkehr in die Zivilisation von seinen Erlebnissen erzählte, waren seine Stimmbänder überfordert. „Ich habe ein paar Tage gebraucht, bis ich wieder richtig sprechen konnte.  Ich war es nach vier Wochen einfach nicht mehr gewöhnt.“ So lange „alleine in der Wildnis, das hätte ich mit 20 Jahren niemals gekonnt“, glaubt Robert. „Auch nicht mit 30, vielleicht auch nicht mit 40. Du musst dich gut kennen, die innere Ruhe haben und auch die Nerven.“ Alle diese Eigenschaften erfülle er nun mit 50. „Trotzdem war es ein Experiment. Es hätte auch schiefgehen können.“ Dennoch, so Jasper, habe er in der ganzen Zeit nie das Gefühl gehabt, „das Ruder aus der Hand zu geben“.

Robert Jasper: Es war trotzdem ein Experiment

Erlebte Geschichten bewahren

Während der Solobegehung

Expeditionen wie diese auf Grönland seien „wie Juwelen, die ich in ein Schatzkästchen lege. Das sind Erinnerungen die mich glücklich machen“, sagt Robert. „Ich kenne viele, speziell jüngere Kollegen, die von einer Tour zur nächsten jagen, die erlebnissüchtig sind und das einfach nur konsumieren. Da denke ich mir: ‚Seid vorsichtig!‘ Du kannst einen Unfall haben und am nächsten Tag vielleicht nicht mehr bergsteigen oder klettern. Wenn du dann nicht gelernt hast, Erlebnisse zu schätzen, wirst du daran vielleicht sogar zerbrechen. Es ist wichtig, erlebte Geschichten zu bewahren.“

Robert Jasper: Juwelen für das Schatzkästchen

Auch wenn es seine erste Solo-Expedition war, gab es neben Teamerfolgen auch schon zuvor einige Alleingänge in Jaspers langer Karriere. So durchstieg er 1991 solo die „klassischen“ Alpen-Nordwände von Eiger, Matterhorn und Grandes Jorasses. Mit seiner Ehefrau Daniela eröffnete Robert 1999 die erste Eiger-Route im zehnten Schwierigkeitsgrad („Symphonie de Liberté“). Seine 2015 mit dem Schweizer Roger Schaeli und dem Südtiroler Simon Gietl gemeisterte „Odyssee“ gilt als bisher schwierigste Route durch die Eiger-Nordwand.

Expeditionen führten ihn unter anderem an den 7804 Meter hohen Nuptse East im Himalaya, nach Baffin Island in der Arktis – und nach Patagonien: Für ihre neue Route durch die Nordwand des Cerro Murallon im Jahr 2005 wurden Jasper und sein Teampartner Stefan Glowacz für den Piolet d’Or nominiert, den „Oscar der Bergsteiger“.

Eher ein Zehnkämpfer

Auf dem Gipfel des Molar Spire

Robert ist nicht nur im extremen Fels unterwegs, sondern auch ein exzellenter Eiskletterer. „Ich war ja nie ein reiner Sportkletterer“, sagt Jasper. „Ich betreibe verschiedene Disziplinen des Alpinismus und bin damit eher wie ein Zehnkämpfer. Sportklettern ist meine Basis: Je sicherer du klettern kannst, desto mehr Luft hast du im alpinen Gelände.“ Als Vater einer Tochter und eines Sohns sei „der Rucksack, den ich trage, größer und schwerer geworden“, räumt Robert ein. „Ich habe mehr Verantwortung, aber die Erfahrung wiegt das auf.“ Sicherheit sei für ihn das oberste Gebot, nicht nur am Berg. „Du musst versuchen, das Risiko zu minimieren und trotzdem den Schritt hin zu deiner Leidenschaft, deinen Abenteuern wagen. Das ist meine Philosophie.“

Robert Jasper: Das ist meine Philosophie

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10 Jahre IMS: Die letzte Wanderung https://blogs.dw.com/abenteuersport/10-jahre-ims-die-letzte-wanderung/ Sun, 14 Oct 2018 14:16:44 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42347

IMS-Wanderung zum Latzfonserkreuz

Der IMS wird mir fehlen. Nach zehn Jahren „International Mountain Summit“ in Brixen ist Schluss. Die Macher, Alex Ploner und Markus Gaiser, die ehrenamtlich und mit sehr viel Berg-Herzblut alljährlich dieses außergewöhnliche Bergfestival auf die Beine gestellt hatten, werfen das Handtuch. Der Grund: Mangelnde Unterstützung von außen. Wirklich schade! Jahr für Jahr gaben sich beim IMS frühere und aktuelle Stars der Szene die Klinke in die Hand: Reinhold Messner, Sir Chris Bonington, Doug Scott, die Huberbuam, Steve House, Alex Honnold, Ueli Steck, Gerlinde Kaltenbrunner, Ralf Dujmovits und, und, und. Sie hielten nicht nur Vorträge, sondern gingen auch, ganz uneitel, mit anderen Bergfreunden in den Bergen Südtirols wandern. Das machte den besonderen Reiz des IMS aus. Ich habe dieses „Walk and Talk“ immer sehr genossen.

Fremdschämen am Kangchendzönga

Tamara Lunger (im Hintergrund die Wallfahrtskirche Latzfonserkreuz)

Gestern zum Beispiel stiegen wir mit der Südtiroler Profibergsteigerin Tamara Lunger hinauf zum Latzfonserkreuz auf 2305 Metern. Die dortige Hütte wird (noch) von ihren Eltern betrieben. Ich sprach mit Tamara über ihre Erlebnisse bei der Wintererstbesteigung des Nanga Parbat im Februar 2016. Während ihre Teamkollegen Simone Moro, Alex Txikon und Muhammad Ali „Sadpara“ den Gipfel erreicht hatten, war Lunger 70 Meter unterhalb des Gipfels umgekehrt. Den ganzen Gipfeltag über war es ihr schlecht gegangen. Gott habe ihr ein Zeichen gegeben, erzählt mir Tamara: „An dem Tag hat zehn Stunden Beten nichts geholfen. Da habe ich gewusst, da ist etwas faul.“ Im Frühjahr 2017 war sie wieder an einem Achttausender: Mit Simone Moro wollte sie alle Gipfel des Kangchendzönga-Massivs überqueren. Dazu kam es nicht, diesmal hatte Moro gesundheitliche Probleme. Nach der Expedition hatte Tamara erst einmal die Nase voll von den Achttausendern. Was sie im Basislager, in dem auch kommerzielle Expeditionen ihre Zelte aufgeschlagen hatten, erlebte, hat Narben hinterlassen. „Unglaublich, was einige Leute da so treiben. Ich habe mich teilweise für sie geschämt“, sagt Tamara. „Mit tat dort das Herz weh.“

Wellnessurlaub für die Seele

IMS-Organisator Markus Gaiser, Tamara Lunger und Robert Jasper (v.l.)

Auch Robert Jasper wanderte gestern mit zum Latzfonserkreuz. Der 50 Jahre alte deutsche Top-Kletterer war in diesem Sommer auf einer Solo-Expedition auf Grönland. Mit dem Faltkajak fuhr er von der letzten bewohnten Siedlung durch einen Fjord in Richtung des Berges, den er sich für eine Erstbegehung ausgeguckt hatte. „Mit dem Faltboot unterwegs zu sein, dann eine neue Route in einer Bigwall zu eröffnen, das Ganze mit reduzierten Mitteln – das war ein absolut geniales Abenteuer“, schwärmt mir Robert vor. Auch wenn er vor dem Start ein mulmiges Gefühl gehabt habe, sei er mit dem Alleinsein gut zurechtgekommen. „Über die Stille gelangst du sehr schnell zu dir selber. Das war Wellnessurlaub für die Seele.“ Bei der Rückkehr in die Zivilisation nach vier Wochen, so Robert, habe er jedoch ein paar Tage gebraucht, bis er wieder richtig habe sprechen können.

Keine Zeit verschwenden

Beat Kammerlander

Beat Kammerlander sucht sich seine Kletterziele bevorzugt vor der eigenen Haustür, im Rätikon. Der 59 Jahre alte Österreicher aus Feldkirch ist eine lebende Kletterlegende. Seit Jahrzehnten betreibt er alpines Sportklettern auf Weltklasse-Niveau. Noch im vergangenen Jahr eröffnete er mit der „Kampfzone“ am Kleinen Turm eine extrem schwierige Route. Ich frage Beat auf der IMS-Wanderung, ob er heute mehr kämpfen müsse als früher. „Man kämpft immer so gut, wie man kann“, antwortet Kammerlander und lacht. „Aber ich habe heute wohl noch mehr Motivation als früher und mehr Konsequenz, um ein Ziel zu erreichen. Ich verschwende keine Zeit mehr.“ Ans Ende seiner Karriere als Extremkletterer denkt Beat noch nicht. „Do what you love! Warum sollte ich mit etwas aufhören, was ich am liebsten mache?“

Wenn das bei Veranstaltungen wie dem „International Mountain Summit“ doch auch immer so leicht wäre …

P.S.: Ausführliche Artikel über meine Gespräche mit Tamara Lunger, Robert Jasper und Beat Kammerlander lasse ich folgen. Der IMS wird also noch nachwirken.

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Wie Ferrari-Fahren ohne Führerschein https://blogs.dw.com/abenteuersport/robert-jasper-mount-everest/ Fri, 08 Feb 2013 16:32:30 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=19593

Robert Jasper

Robert Jasper hat sich noch nicht am Mount Everest versucht, ihn aber schon in Augenschein genommen. 1995 durchstieg der Extremkletterer aus Schopfheim im Südschwarzwald vis-à-vis dem Everest einen Felspfeiler am 7804 Meter hohen Nuptse East. Und bei einer Expedition zum Achttausender Cho Oyu im Jahr 2007 sah Robert den höchsten Berg der Welt von der tibetischen Seite aus. „Er ist sehr beeindruckend“, sagt der 44-Jährige, als ich ihn auf der ISPO in München treffe und ihn bitte, mir zum 60. Geburtstag der Erstbesteigung zu schildern, wie er den Mount Everest sieht (Seine Aussagen findet ihr auf der rechten Blog-Seite an den Everest-60-Pinnwänden). „Er ist der höchste Berg der Welt und hat daher eine sehr spezielle Rolle.“ 

Verbot für Nicht-Bergsteiger 

Er könne deshalb schon verstehen, wenn jemand einmal im Leben den Mount Everest besteigen wolle, sagt Robert, doch „ich weiß halt, dass da sehr viele Menschen unterwegs sind, die zum ersten Mal Steigeisen an den Füßen haben“. Das sei „dasselbe, als wenn ich mich ohne Führerschein in einen Ferrari setzen und in den Alpen herumrasen würde. Das ist auch absolut lebensgefährlich“. Eigentlich sei er ja ein Gegner von Vorschriften und setze auf die Vernunft der Menschen. Doch „Nicht-Bergsteigern“ müsste es vielleicht wirklich verboten werden, den Everest zu besteigen, findet Robert. Deshalb wünscht er dem Mount Everest zum diesjährigen Jubiläum auch, dass „es wirklich eingefleischte Bergsteiger sind, und nicht nur Gipfelsammler, die wegen Ruhm und Ehre hochsteigen“. 

Robert Jasper: Über neue Regeln am Everest nachdenken

Lieber Neuland  

Dass sich Robert Jasper selbst einmal auf den Weg zum 8850 Meter hohen Gipfel macht, ist unwahrscheinlich. „Ich suche eher die unbekannte Berge“, erklärt Robert. „Mich reizt das Neuland. Eine unbestiegene Wand führt dazu, dass mir der Schweiß über den Rücken läuft und es zu kribbeln beginnt.“ Wie im Frühjahr 2012, als er – wie hier im Blog berichtet – mit zwei Freunden tief im Süden Feuerlands den entlegenen Monte Giordano bestieg und hinterher den formschönen Berg „Shark’s Fin“ (Haifischflosse) taufte.

P.S. Hiermit lade ich noch einmal herzlich dazu ein, euch ebenfalls auf den Everest-60-Pinnwänden zu verewigen. Einfach Mail an stefan.nestler(ad)dw.de schicken!

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