Steck – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Everest-Saison: Erfolge, Rekorde, Todesfälle und mehr https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-saison-erfolge-rekorde-todesfaelle-und-mehr/ Wed, 07 Jun 2017 12:10:25 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36587

Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

Wenn ein Berg aufatmen könnte, der Mount Everest würde es wahrscheinlich jetzt tun. Insgesamt mehr als 1000 Bergsteiger auf beiden Seiten des höchsten Bergs der Erde haben die Basislager geräumt und sind heimgekehrt. Es kehrt wieder Ruhe ein am Chomolungma, wie die Sherpas den Everest nennen. Zeit, Bilanz zu ziehen. Die genauen Zahlen liegen noch nicht vor, aber geschätzt dürften in diesem Frühjahr rund 600 Gipfelerfolge gelungen sei, insgesamt wurde der Everest damit seit der Erstbesteigung im Jahr 1953 mehr als 8000-mal bestiegen.

Diskussion um Jornets Doppelbesteigung

Kilian Jornet am Everest

Für die wohl spektakulärste Leistung sorgte der spanische Bergläufer Kilian Jornet, der zweimal innerhalb einer Woche ohne Flaschensauerstoff zum Gipfel aufstieg, beim ersten Mal sogar in einem Zug vom Kloster Rongbuk aus, mit nur einem kurzen Zwischenstopp im vorgeschobenen Basislager (ABC) auf 6400 Metern. Dorthin kehrte er nur 38 Stunden nach dem Aufbruch wieder zurück. Wenige Tage später ließ er einen zweiten Aufstieg folgen. 17 Stunden brauchte er vom ABC bis zum Gipfel auf 8850 Metern. Hinterher entbrannte eine Diskussion, weil der 29-Jährige zunächst weder Gipfelfotos noch GPS-Informationen vorlegte, um seine Aufstiege zu dokumentieren. Jornet versprach, die Daten seiner GPS-Uhr nachzureichen. Bereits 2007 hatte Pemba Dorje Sherpa eine Everest-Doppelbesteigung ohne Atemmaske innerhalb einer Woche geschafft.

Drei Achttausender in fünf Tagen?

Nirmal Purja

Auch Nirmal Purja, ein Soldat des britischen Gurkha-Regiments bestieg den Everest in diesem Frühjahr zweimal, wenn auch mit Flaschensauerstoff: am 15. und 27. Mai. Acht Stunden nach seinem zweiten Gipfelerfolg stand der 34-Jährige auf dem Lhotse – und am 1. Juni auch noch auf dem Makalu. Drei Achttausender innerhalb von fünf Tagen? Die Angaben würden noch geprüft, heißt es beim nepalesischen Tourismusministerium.

Kuriki will wiederkommen

Insgesamt gab es in dieser Saison mindestens fünf erfolgreiche Everest-Aufstiege ohne Flaschensauerstoff, möglicherweise sogar neun: Nach indischen Medienberichten erreichten auch vier Mitglieder einer indischen Armee-Expedition den Gipfel, ohne zur Flasche zu greifen. Andere Bergsteiger scheiterten, wie der Deutsche Ralf Dujmovits in seinem achten und nach seinen Worten „definitiv letzten“ Everest-Versuch ohne Atemmaske. Auch der Japaner Nobukazu Kuriki kehrte ohne Gipfelerfolg zurück, von seinem inzwischen siebten Versuch. Er hatte über den Westgrat und das Hornbein-Couloir zum Gipfel steigen wollen. „Ich komme wieder“, verkündete der 34-Jährige.

Sieben Todesfälle

Insgesamt sieben Menschen kehrten in diesem Frühjahr nicht vom Everest zurück. Sechs Bergsteiger und ein Basislager-Koch starben. Vor allem der Tod des Schweizer Topbergsteigers Ueli Steck sorgte weltweit für Schlagzeilen. Der 40-Jährige stürzte bei einem Akklimatisierungs-Anstieg vom Nuptse in den Tod. Als Falschmeldung erwies sich die Nachricht, am Südsattel seien in einem Zelt vier tote Bergsteiger gefunden worden.

Zum 21. Mal auf dem Everest

Kami Rita Sherpa auf dem Gipfel

Für Rekorde sorgten zwei Sherpas. Der 46 Jahre alte Kami Rita Sherpa aus dem Dorf Thame im Khumbu-Gebiet bestieg den Everest zum 21. Mal. Damit zog er mit Apa Sherpa (ebenfalls in Thame geboren), und Phurba Tashi Sherpa aus dem Dorf Kumjung gleich, die ebenfalls 21-mal auf dem Dach der Welt standen. Lhakpa Sherpa war auch bisher schon die Frau mit den meisten Everest-Besteigungen. Die 43 Jahre alte Nepalesin, die in den USA lebt, setzte ihren achten Gipfelerfolg drauf.

Und sonst? Als zweiter blinder Bergsteiger nach dem US-Amerikaner Erik Weihenmayer erreichte der Österreicher Andy Holzer den Gipfel des Everest. Die 26 Jahre alte Britin Mollie Hughes reihte sich als Nummer 15 in den Kreis der Bergsteigerinnen ein, die den höchsten Berg der Erde von beiden Seiten bestiegen haben.

10-Jahre-Bann für Bergsteiger ohne Permit

Dass es mit der Moral am Everest nicht gerade zum Besten gestellt ist, zeigte sich auch in dieser Saison. Einige Bergsteiger vermissten Sauerstoffflaschen, die sie zuvor in Hochlagern deponiert hatten. Der Südafrikaner Ryan Sean Davy wurde auf der Südseite bei dem Versuch ertappt, den höchsten Berg der Welt ohne Permit zu besteigen. Auch der Pole Janusz Adamski, der von Norden her zum Gipfel aufstieg und dann über die Südroute abstieg, hatte für die nepalesische Seite keine Genehmigung. Beide dürfen in den nächsten zehn Jahren nicht mehr zum Bergsteigen nach Nepal kommen. Die eigentlich fällige Strafe von 22.000 Dollar wurde beiden erlassen. Warum, blieb offen.

Wo ist der Hillary Step?

Ja, wo ist er denn?

Viel diskutiert wurde in diesem Frühjahr auch über das Wetter am Everest, das nach Aussagen der Meteorologen so schwer vorhersehbar war wie noch niemals zuvor. Und natürlich über den Hillary Step, der nach Ansicht des sechsmaligen Everest-Besteigers Tim Mosedale schlichtweg verschwunden ist. Sherpas widersprachen, und die nepalesische Regierung meinte, feststellen zu müssen: „Der Hillary Step ist noch intakt und mit Schnee bedeckt.“ Bereits im vergangenen Jahr war darüber spekuliert worden, dass das schwere Erdbeben von 2015 die markante Felsstufe im Gipfelbereich verändert haben könnte.

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Gipfelerfolge am Manaslu, Cho Oyu und Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelerfolge-am-manaslu-und-cho-oyu/ Wed, 11 May 2016 09:02:36 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32611 Manaslu

Manaslu

It’s showtime im Himalaya. Nachdem alle Bergsteiger ihre Akklimatisierung an den Achttausendern abgeschlossen haben dürften, werden die ersten Gipfelerfolge vermeldet. Der Rumäne Horia Colibasanu und der Slowake Peter Hamor erreichten gestern über die Normalroute auf der Nordostseite den 8163 Meter hohen Gipfel des Manaslu – ohne Flaschensauerstoff und ohne Sherpa-Unterstützung. Dieser Aufstieg diente eigentlich nur der Akklimatisierung. Die beiden planen, den Berg ein zweites Mal zu besteigen, auf einer neuen „langen und schweren Route“ (Colibasanu) auf der Nordseite des Bergs.

Ohne Atemmaske

Nepalesische Südseite des Cho Oyu

Nepalesische Südseite des Cho Oyu

Auch vom Cho Oyu in Tibet werden die ersten Gipfelerfolge der Saison vermeldet. Laut dem Expeditionsveranstalter Summit Climb erreichten Lakpa Gelbu Sherpa und der US-Amerikaner David Roeske bereits am Sonntag ohne Flaschensauerstoff den 8188 Meter hohen Gipfel.

Erster Versuch abgebrochen

An der Shishapangma haben der Schweizer Ueli Steck und der Deutschen David Göttler ihren ersten Versuch, auf einer neuen Route durch die Südwand zu klettern, abgebrochen. „Wir sind zurück im Basislager. Das Wetter war nicht so, wie wir es erwartet hatten“, schreibt Ueli auf Facebook. „Die Saison ist noch nicht beendet. Wir sind immer noch motiviert und werden es weiterhin versuchen!“

Slowaken am Everest gerettet

Am Mount Everest zeichnen sich zwei kleine Wetterfenster für Gipfelversuche ab: zwischen dem 14. und 16. Mai sowie am 19. und 20. Mai. Mehrere Teams auf der Südseite wollen gleich die erste Chance nutzen. Derweil befinden sich die beiden slowakischen Bergsteiger Zoltan Pál und Vladimir Štrba wieder in Sicherheit. Das Duo war – wie berichtet – bei seinem Versuch, durch die schwierige Südwestwand zu klettern, von einer Lawine getroffen worden. Pál hatte sich dabei am Auge verletzt. Dem Rettungsteam gelang es, die beiden zurück nach Lager 2 zu bringen, von wo aus sie mit dem Hubschrauber nach Kathmandu ausgeflogen wurden.

Update 16 Uhr: Nach Angaben von Ang Tshering Sherpa, Präsident des nepalesischen Bergsteiger-Verbands NMA, erreichten heute neun Sherpas den Gipfel des Mount Everest. Sie gehörten zum Sherpa-Team verschiedener Veranstalter, das auf der nepalesischen Seite des Bergs bis zum höchsten Punkt Fixseile legte.

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Betreutes 8000er-Bergsteigen? https://blogs.dw.com/abenteuersport/betreutes-8000er-bergsteigen/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/betreutes-8000er-bergsteigen/#comments Wed, 09 Apr 2014 19:22:36 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25753 Mount Everest und Lhotse (Bildmitte)

Mount Everest und Lhotse (Bildmitte)

Karfreitag wird es spannend in Kathmandu. An diesem Tag treffen sich in der nepalesischen Hauptstadt Vertreter der Himalaya-Staaten China, Pakistan, Indien und Nepal. Sie diskutieren einige Vorschläge, die Nepal auf den Tisch gelegt hat. So soll künftig jedem Achttausender-Bergsteiger verpflichtend ein einheimischer Bergführer zur Seite gestellt werden. An 7000ern würde nach den Vorstellungen Nepals ein lokaler Führer für je drei Bergsteiger vorgeschrieben, an niedrigeren Bergen einer pro Expedition. Geplant sei das Ganze, „um die Risiken zu senken und Unfälle zu verhindern“, sagt Ang Tshering Sherpa, Präsident des Nepalesischen Bergsteigerverbands (NMA).  In die meisten Unfälle am Mount Everest seien ausländische Bergsteiger verwickelt, die ohne lokale Bergführer unterwegs seien.

Neue Jobs

Ang Tshering Sherpa

Ang Tshering Sherpa

Außerdem, so der 60-Jährige, würde man so noch zwei andere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen könnten die Führer den Bergsteigern dabei helfen, die vorgeschriebenen acht Kilogramm Müll vom Everest herunterzubringen: „Einzelne Bergsteiger sind mit der Zeit erschöpft, wenn sie dort oben sind. Sie haben keine Kraft mehr, auch noch Müll herunterzubringen, und am Ende vermehren sie sogar den Unrat auf dem Everest.“ Zum anderen brächte die neue Regel neue Jobs für Nepal.

Weder Messner noch Steck

Ueli Steck In der Annapurna-Südwand

Ueli Steck In der Annapurna-Südwand

Sollte der Plan Realität werden, wäre dies ein bedeutender Eingriff in die Freiheit der Bergsteiger und würde besonders die Topbergsteiger treffen. Reinhold Messners Alleingang am Everest im Jahr 1980 wäre unter einer solchen Regelung ebenso unmöglich gewesen wie Ueli Stecks beeindruckendes Solo in der Annapurna-Südwand im vergangenen Oktober. Für diese Pioniertat war der Schweizer vor anderthalb Wochen mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet worden, dem Oscar der Bergsteiger.

„Neue“ Achttausender

Bei dem Treffen am Karfreitag in Kathmandu will Nepal auch einen anderen Vorstoß zur gemeinsamen Sache aller Himalaya-Staaten machen. Sechs bisherige Achttausender-Nebengipfel sollen zu eigenständigen Bergen erklärt werden: der Westgipfel des Kangchendzönga (alias Yalung Kang, 8505 m), der Mittel- (8473 m) und der Südgipfel (8476 m) desselben Massivs, der Lhotse-Mittelgipfel (8410 m) und der Lhotse Shar (8382 m) sowie der Broad Peak-Mittelgipfel (8011 m). Der Weltverband der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) hatte bei seiner Generalversammlung im Oktober 2013 in Pontresina in der Schweiz die Entscheidung darüber vertagt, ob er zusätzliche Achttausender anerkennt oder nicht. Die nächste Chance böte sich vom 16. bis 18. Oktober dieses Jahres. Dann kommt die UIAA in Flagstaff in den USA zu ihrer nächsten Generalversammlung zusammen.

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Und die Gewinner sind: Raphael, Ian und Ueli https://blogs.dw.com/abenteuersport/piolet-dor-2014/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/piolet-dor-2014/#comments Sun, 30 Mar 2014 20:24:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25613 Steck, Welsted, Slawinski (v.l.)

Steck, Welsted, Slawinski (v.l.)

Nun hat Ueli Steck seinen Golden Eispickel. Aber nicht nur er. Die Jury hat an zwei der nominierten fünf Expeditionen den begehrten Piolet d’Or verliehen, den „Oscar der Bergsteiger“. Die Juroren unter Leitung des früheren US-Topbergsteigers George Lowe ehrten nach eigenen Worten „zwei sehr unterschiedliche Besteigungen, um den Geist des modernen Bergsteigens wiederzugeben“. Der Goldene Pickel geht an die Kanadier Raphael Slawinski und Ian Welsted für ihre Erstbesteigung des 7040 Meter hohen K 6 West im Karakorum über eine neue Route durch die Nordwestwand und – wie von vielen erwartet – an den Schweizer Ueli Steck für seine Solodurchsteigung der Südwand des Achttausenders Annapurna in Nepal. Die Auszeichnungen wurden am Samstagabend während einer Gala in Courmayeur in Italien verliehen, zu Füßen des Mont Blanc.

Nicht über einen gleichen Kamm

Der Siebentausender K 6 West

Der Siebentausender K 6 West

„Raphael Slawinski und Ian Welsted wurden mit schwierigen technischen Kletterproblemen konfrontiert, inklusive einer überhängenden, eisigen Schlüsselstelle“, heißt es in der Erklärung der Jury. „Am vierten Tag wurde ihnen klar, dass sie nicht über den Grat weitersteigen konnten, weil er sich als messerscharfe Kante aus glattem Granit entpuppte. Nach sorgfältiger Abwägung fanden sie eine andere Möglichkeit, indem sie sich auf einen Eisvorsprung auf der Südseite abseilten und von dort aus zu einer Stelle oberhalb der nicht kletterbaren Passage stiegen, um den Weg zum Gipfel fortzusetzen.“ Die Jury beschrieb die kanadische Expedition außerdem als „ein wunderbares Beispiel dafür, Rücksicht auf das Wohl der einheimischen Bevölkerung zu nehmen”, weil die beiden Bergsteiger ihr Projekt trotz des Mordanschlags am Nanga Parbat fortgesetzt hätten. „Ian und Raphael wollen andere Bergsteiger ermuntern, nicht alle Pakistaner über einen Kamm zu scheren.”

Großes Risiko akzeptiert

Ueli an der Annapurna

Ueli an der Annapurna

Der andere Gewinner des Piolet d’Or war gleichzeitg der Topfavorit. Ueli Steck wurde für seine herausragende Solo-Durchsteigung der Annapurna-Südwand geehrt. Der Schweizer vollendete die schwierige Route, die Pierre Béghin und Jean-Christophe Lafaille 1992 bis auf eine Höhe von 7300 Metern eröffnet hatten. Schlechtes Wetter hatte die beiden Franzosen gezwungen umzukehren. Beim Abstieg war Béghin in den Tod gestürzt. Ueli Steck kletterte nachts, er brauchte nur 28 Stunden für Auf- und Abstieg. „Indem er im Alleingang in die Annapurna-Südwand einstieg, akzeptierte Ueli Steck ein großes Risiko“, befand die Jury. „28 Stunden lang blieb er absolut konzentriert, weil er wusste, dass ein falscher Schritt seinen Tod bedeuten würde. Ueli berichtete, dass er sehr nah an seinem Limit geklettert sei.”

Auf dem neuesten Stand

John Roskelley

John Roskelley

Beide Projekte stünden für “Bergsteigen auf dem neuesten Stand”, fasste die Piolet-d’Or-Jury ihre Entscheidung zusammen. Außerdem sprach sie eine “besondere Erwähnung” für Stephane Benoist und Yannick Graziani aus. Die beiden Franzosen hatten Uelis Route durch die Annapurna-Südwand nur zwei Wochen später wiederholt, unter deutlich schwierigeren äußeren Bedingungen. Die Jury lobte auch die drei anderen nominierten Expeditionen: die beiden Tschechen Zdenek Hrudy und Marek Holecek, die erstmals durch die Nordwand des Talung (7439 m) in Indien geklettert waren (Hrudy starb später am Gasherbrum I), die österreichischen Brüder Hansjoerg und Matthias Auer und den Schweizer Simon Anthamatten, denen die Erstbesteigung des Kungyang Chhish East (7400m) in Pakistan gelungen war – und zu guter Letzt Mark Allen aus den USA and Graham Zimmerman aus Neuseeland, die den Mount Laurens (3052 m) in Alaska erstmals über die Nordwand und den Nordgrat bestiegen hatten.

„Alle Nominierten sollten gefeiert werden, weil sie für die höchsten ethischen Ideale des Bergsteigens stehen”, erklärte die Jury. Das gilt ebenfalls für den früheren US-Topbergsteiger John Roskelley, der mit dem Piolet d’Or für sein Lebenswerk als Bergsteiger ausgezeichnet wurde.

Auch die Jury selbst verdient Applaus – ganz einfach, weil sie ihren Job erledigte. Die Jury des vergangenen Jahres hatte alle sechs nominierten Expeditionen ausgezeichnet. Das sollte wirklich eine Ausnahme bleiben.

Update 31.3.: Hansjörg Auer hat sich bitter über die Jury beschwert. „Wenn ein Mitglied der Piolet-d’Or-Jury kritisiert, dass mein Bruder Matthias bis jetzt niemals über seine Klettertouren berichtet hat, ist es Zeit, etwas zu ändern”, schreibt Hansjörg auf Facebook. „Und das ist nur ein Hinweis,wie oberflächlich sie beim Piolet d’Or mit unserem Abenteuer umgegangen sind.” Lediglich Jury-Präsident George Lowe und die französische Kletterin Catherine Destivelle hätten verstanden, welch große Herausforderung die Besteiung des Kunyang Chhish East gewesen sei. „Die Tränen von George und Catherine, als sie sich bei uns für die Entscheidung der Jury entschuldigten, bedeuten mehr als die Schlagzeilen der Zeitungen morgen.”

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Goldener Pickel für Ueli? https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-pioletdor-gala-2014/ Fri, 28 Mar 2014 15:15:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25593 piolet-dorDieser Oscar ist ein Pickel. Ein goldener Eispickel. Am Samstagabend wird in Courmayeur, auf der italienischen Seite des Mont Blanc, der Piolet d’Or verliehen , der „Oscar der Bergsteiger“.  Oder werden wieder sechs Pickel vergeben, wie 2013? Vor einem Jahr hatte die Jury alle nominierten Teams mit der begehrten Auszeichnung bedacht, was gegenüber den Beteiligten zwar nett war, die ganze Veranstaltung aber eher ad absurdum geführt hatte. In diesem Jahr leitete der frühere US-Spitzenkletterer George Lowe die sechsköpfige Jury. Zu ihr gehörten außerdem Frankreichs legendäre Kletterin Catherine Destivelle, der russische Top-Bergsteiger Denis Urubko, der koreanische Bergsteiger Sungmuk Lim sowie die Publizisten Karin Steinbach aus Deutschland und Erri de Luca aus Italien. Sie haben fünf erfolgreiche Bergprojekte für den Piolet d’Or nominiert, ein weitere Besteigung wird außer Konkurrenz „besonders erwähnt“. Im Gegensatz zu 2013 gibt es diesmal unter den fünf Kandidaten einen eindeutigen Favoriten.

Meilenstein im Himalaya-Bergsteigen

Ueli Steck In der Annapurna-Südwand

Ueli Steck In der Annapurna-Südwand

Gemessen an den Schlagzeilen, die sein Erfolg weltweit produzierte, dürfte es eigentlich keinen anderen Gewinner geben als Ueli Steck. Der Schweizer hat mit seiner Solo-Durchsteigung der Annapurna-Südwand im Oktober 2013 einen Meilenstein im Himalaya-Bergsteigen gesetzt. Der 37-Jährige brauchte für Auf- und Abstieg nur 28 Stunden. Ueli vollendete am gefährlichsten der Achttausender die schwierige Route, die die Franzosen Pierre Béghin und Jean-Christophe Lafaille 1992 bis auf eine Höhe von 7300 Metern eröffnet hatten, ehe schlechtes Wetter sie zur Umkehr gezwungen hatte. Béghin war beim Abstieg in den Tod gestürzt.

Die Franzosen Stéphane Benoist and Yannick Graziani wiederholten Stecks Route nur zwei Wochen später bei schwierigen Verhältnissen, wofür sie bei der Piolet-d’Or-Gala am Samstag mit einer „besonderen Erwähnung“ geehrt werden.

Vier weitere Hochkaräter

Am Gipfel des Kunyang Chhish East

Am Gipfel des Kunyang Chhish East

Auch die neben Stecks Solo-Besteigung der Annapurna nominierten vier anderen Projekte hatten es wirklich in sich. Die beiden Tschechen Marek Holecek und Zdenek Hruby durchstiegen im Alpinstil erstmals die Nordwand des 7439 Meter hohen Talung in Indien. Den beiden österreichischen Brüdern Hansjörg und Matthias Auer und ihrem Schweizer Freund Simon Anthamatten gelang im Karakorum die Erstbesteigung des 7400 Meter hohen Kunyang Chhish East über die Südwestwand. Die Kanadier Raphael Slawinski und Ian Welsted eröffneten am 7040 Meter hohen K 6 im Karakorum eine elegante Linie durch die Nordwestwand. Nicht ganz so hoch, aber darum nicht weniger spektakulär kletterten der US-Amerikaner Mark Allen und der Neuseeländer Graham Zimmerman. Sie bestiegen den 3052 Meter hohen Mount Laurens in Alaska erstmals über den Nordpfeiler und den Nordgrat. 

Piolet d’Or für Roskelleys Lebenswerk   

Roskelley 1979 am Gaurishankar

Roskelley 1979 am Gaurishankar

Ein Preisträger steht schon fest. Heute abend erhält in Chamonix der US-Amerikaner John Roskelley den Goldenen Eispickel für sein Lebenswerk als Bergsteiger. Der heute 65-Jährige hatte vor allem in den 1970er Jahren im Himalaya und Karakorum für Furore gesorgt. So gehörte Roskelley 1977 zu den Erstbesteigern des Großen Trango-Turms (6782 Meter) und ein Jahr später zu der US-Expedition, die am K 2 eine neue Route über den Nordostgrat eröffnete.

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Und noch einmal die Annapurna-Südwand https://blogs.dw.com/abenteuersport/annapurna-suedwand-graziani-benoist/ Fri, 25 Oct 2013 15:33:32 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=23985

Annapurna-Südwand

Nur zwei Wochen sind offensichtlich ins Land gegangen, bis Ueli Stecks Solo-Route durch die Südwand des Achttausenders Annapurna wiederholt worden ist. Nach Informationen von explorersweb.com erreichten die Franzosen Yannick Graziani und Stéphane Benoist den 8091 Meter hohen Gipfel, eine Woche nachdem sie vom vorgeschobenen Basislager aus aufgebrochen waren. Die beiden hätten wegen der Kletterschwierigkeiten im oberen Wandbereich deutlich länger gebraucht als ursprünglich geplant, heißt es.

Uelis Route

Andere Verhältnisse in der Wand

Diese Informationen adeln Ueli Stecks Leistung noch mehr. Der Schweizer Topbergsteiger war in 28 Stunden durch die Südwand zum Gipfel und wieder nach unten geklettert. Allerdings hat es seit Uelis Abreise im Himalaya heftig geschneit, so dass sich die Verhältnisse auch an der Annapurna deutlich verändert haben dürften. Steck hatte die Route vollendet, die 1992 von Pierre Beghin and Jean-Christophe Lafaille bis auf eine Höhe von 7400 Metern eröffnet worden war. Dort hatten die beiden Franzosen wegen schlechten Wetters umkehren müssen, Beghin war auf 7200 Metern in den Tod gestürzt.

Zweimal für den Piolet d’Or nominiert

Stéphane Benoist und Yannick Graziani leben in Chamonix und verdienen ihr Geld als Bergführer. Der 42 Jahre alte Benoist war bereits zweimal für den Piolet d’Or nominiert, den „Oscar“ der Bergsteiger: 2003 für eine neue Route durch die Nordwand des 6904 Meter hohen Thalay Sagar in Indien und 2009 für eine neue Route durch die Südwand des 7861 Meter hohen Nuptse in Nepal, in unmittelbarer Nachbarschaft des Mount Everest. Zusammen mit Graziani hatte sich Benoist schon einmal im Herbst 2010 an der Annapurna-Südwand versucht, wegen schlechten Wetters hatten die beiden auf einer Höhe von 6850 Metern das Handtuch geworfen.

Geburtstagsgeschenk Annapurna-Südwand

Yannick Graziani hat bereits mehrere Erstbegehungen an Siebentausendern auf dem Konto. Als seine bisher größte Leistung bezeichnete er bisher die Besteigung des Achttausenders Makalu über die Ostwand im Jahr 2004. Vielleicht wird er diese Einschätzung nach seiner Rückkehr von der Annapurna revidieren. Am gestrigen Donnerstag feierte Yannick seinen 40. Geburtstag.  Das schönste Geschenk dürfte er sich selbst gemacht haben.

 

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Gelesen: Machtkampf am Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/gelesen-machtkampf-am-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/gelesen-machtkampf-am-everest/#comments Wed, 25 Sep 2013 11:11:26 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=23361 Warnung: Das ist keine Rezension! Ich bin diesmal völlig distanz-, scham- und prinzipienlos, befangen, verwickelt. Deshalb dürfte ich euch diese Anthologie (für alle Nichtgriechen: eine Blütenlese, sprich Sammlung ausgewählter Texte verschiedener Autoren) zum Sherpa-Angriff am Mount Everest eigentlich gar nicht ans Herz legen. Ich mache es trotzdem. Warum? Lupenreine PR.

Vielschichtiges Bild

Weil es auch zwei Artikel aus meinem Blog „Abenteuer Sport“ in die Sammlung geschafft haben: ein damals, Ende April, aktueller Beitrag kurz nach der Attacke gegen Simone Moro, Ueli Steck und Jonathan Griffith sowie ein Interview, das ich Anfang Mai mit Hans Kammerlander führte. Dazu gibt es noch jede Menge andere Ansichten und Draufsichten. Die direkt Betroffenen äußern sich, Sherpas, Expeditionsveranstalter, berühmte Bergsteiger. In der Summe ergibt sich ein vielschichtiges Bild des Ereignisses, das weltweit für Schlagzeilen sorgte. Also kauft euch gefälligst dieses wunderbare, einmalige, unverwechselbare, bahnbrechende, literaturnobelpreisverdächtige Büchlein! 😉

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Bonington: Die Pioniere sind anderswo https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-bonington-everest/ Thu, 06 Jun 2013 15:59:54 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=22039

Sir Chris Bonington

Als der Mount Everest 1953 erstmals bestiegen wurde, war Chris Bonington ein junger englischer Bergsteiger von 17 Jahren. Später gelangen ihm historische Klettereien, wie die Erstbesteigung der Annapurna II im Jahr 1960, des zentralen Freney-Pfeilers auf der Südseite des Mont Blanc 1961 und des 7285 Meter hohen Ogre im Karakorum zusammen mit Doug Scott 1977 (die zweite Besteigung folgte erst 2001). Aber Bonington erwies sich auch als ein großer Expeditionsleiter. 1970 leitete er die erfolgreiche Expedition zur Südwand der Annapurna, 1975 die Expedition zum Mount Everest, bei der Doug Scott und Dougal Haston erstmals durch die steile Südwestwand kletterten. Bonington selbst erreichte den Gipfel des Mount Everest 1985 als Mitglied einer norwegischen Expedition. Die Queen schlug ihn 1996 für seine Verdienste um den Sport zum Ritter. Ich traf den 78-Jährige letzte Woche bei der Feier zum diamantenen Jubiläum der Erstbesteigung des Mount Everest in der Royal Geographical Society in London und fragte ihn – natürlich – nach dem Everest.

Sir Chris Bonington, was denken Sie 60 Jahre nach der Erstbesteigung des Mount Everest über die Pioniere von damals?

Ich bin ein großer Anhänger der Tradition unseres Sports, zurückzublicken, es zu genießen und aus dem zu lernen, was unsere Vorgänger geleistet haben. In gewisser Weise war die erste Besteigung des höchsten Punktes auf der Erde einer der ganz großen Momente. Es ist Geschichte, wie es ihnen gelang, wie sie zusammenarbeiteten. Es war eine hervorragende Teamleistung, etwas ganz Besonderes.

Hillary war Neuseeländer, Tenzing Norgay ein in Indien lebender Sherpa. Und trotzdem, denke ich, war der Erfolg ein großer Schub für das britische Bergsteigen, weil eine britische Expedition die erste erfolgreiche am Everest war.

Eine britische und eine neuseeländische, weil George Lowe und Ed Hillary zwei wichtige Mitglieder waren. Es war eine Expedition des Commonwealth. Aber der Schlüssel lag darin, dass die Individualisten, die in dieser Gruppe zusammenkamen, zu einem Team zusammengeschweißt wurden, von John Hunt, der ein außergewöhnlich guter Expeditionsleiter war. Er hat uns eine Blaupause hinterlassen, wie man eine Expedition plant, organisiert und leitet. Es war die Leistung von allen, Ed Hillary und Sherpa Tenzing Norgay haben sie nur gewissermaßen abgeschlossen.

War die Erstbesteigung des Everest eine Initialzündung für Ihre Generation, schwierigere Dinge zu wagen?

Es ist eine ganz natürliche Entwicklung, das man von der Grundlage dessen ausgeht, was in der Vergangenheit geleistet wurde, um dann einen Schritt weiter zu gehen. Deshalb versucht die nächste Generation, das Ganze auf andere Ebenen zu heben. Als wir beispielsweise die Südwestwand des Everest durchstiegen, war dies die nächste Stufe. Reinhold Messners Solo-Besteigung des Everest von Norden aus war ein weiterer außergewöhnlicher Schritt. Es gab eine ganze Reihe von Entwicklungen am Everest und an den Bergen allgemein.

Aber es scheint mir, dass es nach dieser Ära einen Schritt zurück ging, als das kommerzielle Bergsteigen das Kommando übernahm.

Nein, es ist kein Schritt zurück, sondern eine ganz natürliche Entwicklung. Exakt das Gleiche geschieht in den Alpen, an Bergen wie dem Matterhorn oder dem Mont Blanc. Dort steigen auch jeden Tag  Hunderte von Menschen auf, die von professionellen Bergführern geführt werden. Es war fast unvermeidlich, dass dies auch im Himalaya geschehen würde, und es ist geschehen. Hunderten von Menschen wurde es ermöglicht, den Gipfel des Mount Everest zu erreichen. Der Everest wird diesen Menschen nicht geschenkt, es ist für sie immer noch ein hartes Brot: 2000 Personen im Basislager, 200 in der Lhotse-Flanke, 100 pro Tag auf dem Gipfel, verbunden durch das Fixseil, das die Sherpas gelegt haben.

Sir Chris Bonington über kommerzielles Bergsteigen am Everest

Die Elite der Bergsteiger dagegen tut weiter außergewöhnliche Dinge, klettert im Alpinstil im sehr kleinen Team mit maximal vier, in der Regel zwei Mitgliedern, sehr oft auch solo. Das ist die absolute Spitze des Kletter-Abenteuers. Es gibt im Himalaya an den Bergen mit einer Höhe um die 8000 Meter immer noch Tausende nicht gekletterter Grate und Wände. Der Everest ist, wenn man so will, kein Platz mehr für die Pioniere. Die Pioniere sind anderswohin gegangen.

In diesem Frühjahr griffen Sherpas in einem Hochlager am Everest die europäischen Top-Bergsteiger Simone Moro und Ueli Steck an. Wie denken Sie darüber?

Ich finde das sehr bedauerlich. Ich habe großen Respekt und Sympathie für Ueli, ich kenne ihn und auch Jon Griffith, den englischen Bergsteiger (der ebenfalls angegriffen wurde). Sie kletterten zur Akklimatisierung durch die Lhotse-Flanke zum Südsattel, vielleicht um dort ein bisschen Material abzuladen. Sie bereiteten sich auf ein tolles Projekt vor. Sie versuchten, den arbeitenden Sherpas aus dem Weg zu gehen und störten sie in keiner Weise. Ich denke, es gab vorher schon eine Menge Spannung und Ärger unter den Sherpas, vielleicht fühlten sie sich zu schlecht bezahlt. Dinge, die eigentlich nichts mit dem Verhalten der drei Bergsteiger zu tun hatten. Aber der Boden war bereitet, und die Sherpas griffen sie an. Das war unverzeihlich, entsetzlich, sehr bedauerlich. Aber es zeigt, dass es nötig ist, einen ernsthaften Blick auf das ganze System am Everest zu werden. Die Leiter der kommerziellen Expeditionen, die Regierung, die Gemeinschaft der Sherpas, alle Menschen, die am Everest beteiligt sind, müssen zusammenkommen und ernsthafte Gespräche darüber führen, wie die Situation verbessert werden kann.

Sir Chris Bonington über den Sherpa-Angriff am Everest

Würden Sie sagen, dass es ein Konflikt ist, der schon vor langer Zeit entstanden und jetzt ausgebrochen ist?

Ich denke, es hat bereits seit geraumer Zeit gebrodelt. Es ist wie bei allem: Wenn zu viele Menschen zusammen sind, wenn es dabei zwei größere Gruppen gibt, wenn Druck und auch Geld im Spiel sind, dann laufen die Dinge schief.

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Wenn es den Everest juckt https://blogs.dw.com/abenteuersport/telefonat-mount-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/telefonat-mount-everest/#comments Wed, 27 Feb 2013 15:11:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=20137 Ende Februar. Noch ist es ruhig zu Füßen des Mount Everest. Die Ruhe vor dem Sturm. Oder sollte ich sagen Ansturm? Denn auch in diesem Frühjahr werden wieder Hunderte von Bergsteigern das Basislager auf der nepalesischen Südseite in eine Kleinstadt verwandeln, inklusive Hubschrauberlandeplatz, Miniklinik und kabelloser Internetverbindung. Eigentlich allerhöchste Zeit, mal wieder meinen Freund Chomolungma auf seinem Handy anzuläuten. Bevor er wieder völlig gestresst ist. 

Namasté, Chomo! Hier ist Stefan.

Du schon wieder. 

Nun übertreibe mal nicht. Ich habe dich doch nicht aus dem Winterschlaf geweckt, oder? 

Schau mal auf den Kalender! Vorsaison. Noch habe ich Urlaub. 

Freust du dich denn nicht wenigstens ein bisschen auf die Bergsteiger, die dir zum Jubiläum, 60 Jahre nach der Erstbesteigung, ihre Aufwartung machen? 

Willst du eine ehrliche Antwort? 

Ich bitte darum. 

Mindestens 90 Prozent von ihnen können mir gestohlen bleiben. Aber die kommen trotzdem, ohne dass ich sie eingeladen habe. 

Dann bleiben aber doch immerhin noch zehn Prozent, die du willkommen heißt. 

Du hörst nicht zu. Ich sagte, mindestens 90 Prozent. Aber unter uns: Auf einige Bergsteiger freue ich mich tatsächlich. 

Zum Beispiel? 

Etwa auf Simone Moro aus Italien und Ueli Steck aus der Schweiz, auf die kasachisch-russische Seilschaft Denis Urubko und Alexej Bolotov oder auf die beiden Russen Gleb Sokolov und Alexander Kirikov. Die wollen mich endlich mal wieder da kratzen, wo es juckt. 

Das musst du mir erklären. 

Schon mal was von RSI gehört? 

Sollte ich? 

RSI steht für Repetitive Strain Injury. Jemand, der ständig die gleiche Bewegung macht, z.B. mit einer Computermaus, bekommt irgendwann Schmerzen in Schulter, Nacken, Arm oder Hand. 

Und was hat das mit dir zu tun? 

(Stöhnt) Also für Begriffsstutzige wie dich: Jahr für Jahr belagern mich Hunderte und Aberhunderte auf den beiden Normalrouten, eine völlig einseitige Belastung. Das tut auf Dauer richtig weh. Und wo keiner unterwegs ist, an meinen schönen, steilen Wänden, dort juckt es dann. Entzugserscheinung. Das Gegenteil von RSI.

Verstehe. Bergsteiger auf neuen Routen verschaffen dir Linderung gegen den Juckreiz. 

Ja, Schnellmerker. Wenn Urubko und Bolotov in der Südwestwand, Sokolov und Kirikow in der Ostwand und Moro und Steck wo auch immer, aber auf jeden Fall auf neuer Route klettern, sind sie für mich wie ein Yak-Schwanz, der die Fliegen verscheucht. 

Der Vergleich hinkt aber. Denn diese Top-Bergsteiger sorgen vielleicht dafür, dass deine vernachlässigten Zonen gekratzt werden, aber doch nicht dafür, dass du dein RSI-Syndrom los wirst. 

Dafür habe ich meinen eigenen Yak-Schwanz. 

Du willst doch nicht … 

Jetzt komm’ mir bloß nicht mit Moral. 

Kannst du denn nicht wenigstens in der Jubiläumssaison ein Auge zudrücken? 

Mein Auge ist seit Jahren geschlossen. 

Warum? 

Weil diese Schmeißfliegen darauf sitzen. 

Das heißt, du drohst ihnen? 

Ich bin nur ein Berg, schon vergessen?

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When Everest feels itchy https://blogs.dw.com/abenteuersport/telephone-call-everest-english/ Wed, 27 Feb 2013 15:10:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=20159 End of February. It’s still quiet at the foot of Mount Everest. The calm before the storm. Or should I say before the rush? There will be again hundreds of climbers who turn the basecamp on the Nepalese south side into a small town, with helicopter base, mini-hospital and wireless internet connection. It’s time to call my friend Chomolungma on his mobile phone – before she is stressed out.

Namasté, Chomo! Stefan speaking.

Oh no, you again.

Take it easy!I haven’t woken you up from your hibernation, have I?

Look at your calendar! Pre-season. I’m still on vacation.

Do you look forward at least a little bit to the climbers who will visit you in this jubilee season during which the 60th anniversary of the first ascent will be celebrated?

Do you really want me to answer honestly?

Yes, please.

If it was up to me, at least 90 percent of them could go to hell. Nevertheless they will come. Without my invitation.

In this case ten percent remain for you to welcome.

You don’t listen. I said at least 90 percent. But between you and me: Indeed I look forward to a few of the climbers.

For example?

Simone Moro from Italy and Ueli Steck from Switzerland, the Kazakh-Russian Team Denis Urubko/Alexej Bolotov and the Russians Gleb Sokolov und Alexander Kirikov. They will scratch me, where I feel itchy.

Please, explain it to me!

Have you ever heard of RSI?

Should I?

RSI stands for Repetitive Strain Injury. Someone who is always doing the same move, e.g. mousing, will sometime feel pain in his shoulders, neck, arm or hand.

And what has all this got do with you?

(He groans) For lunkheads like you: Year after year hundreds of people are crowding around on the two normal routes, that’s completely overusing. It really hurts. And where nobody is climbing, that is on my beautiful steep walls, I feel itchy. A withdrawal symptom. The opposite of RSI.

I understand: Climbers on new routes offer relief.

No shit, Sherlock! If Urubko and Bolotov climb on southwest face, Sokolov and Kirikov on east face and Moro and Steck whereever but on a new route, they are like a yaktail I can use for chasing the flies away.

That comparison falls short, because these top climbers may scratch your unattended areas, but won’t make you get rid of RSI.

For this I have my own yaktail.

But you don’t even want to …

Come on, don’t give me ethics!

But can you turn a blind eye this jubilee season at least?

My eye has been closed for years.

Why?

Because the blowflies are sitting on it.

Does it mean that you threaten them?

I am only a mountain, do you remember?

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Fall für eine Psycho-Expedition https://blogs.dw.com/abenteuersport/fall-fur-eine-psycho-expedition/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/fall-fur-eine-psycho-expedition/#comments Mon, 04 Jun 2012 10:53:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=15105 Der Everest ist ein Serienmörder. Wow, dachte ich, als ich diese Formulierung auf einer kanadischen Internetseite entdeckte. Ein Serienmörder, obwohl er schon seit Jahren regelmäßig in (Fixseil-) Fesseln gelegt wird? Die Unschuldsvermutung gilt offenbar nicht für Berge: Zehn tote Bergsteiger in einer Frühjahrssaison am Mount Everest, davon sechs an einem Tag – ein medialer Aufschrei ging um die Welt. Ich beschließe, meinen Freund Chomolungma einmal wieder auf seinem Handy anzuläuten und mich nach seinem Befinden zu erkundigen.

Namasté, Chomo, hier ist Stefan! Wie geht es dir, Serienmörder?

Ich gebe keine Interviews mehr. Auch dir nicht.

War doch nur ein Scherz, alter Kumpel. Seit wann bist du denn so zart besaitet?

(brüllt) Liest du keine Zeitung? Wie würdest du dich fühlen, wenn dein Ruf komplett ruiniert ist?

Ruhig Blut, Chomo! In der Regel wurde doch nicht dir der Schwarze Peter zugeschoben.

(Schluchzt) Aber irgendetwas bleibt doch immer hängen.  

So deprimiert habe ich dich aber lange mich mehr erlebt.

Es war der blanke Horror. Über 500 Maskenmänner sind auf meiner Glatze herumgetanzt, 300 an einem einzigen Wochenende. 80 Prozent Dilettanten, die auf ihren Steigeisen getorkelt sind wie Topmodel-Kandidatinnen bei ihrer High-Heel-Premiere. Mir schmerzt es jetzt noch in den Flanken. Einseitige Belastung. Kennst du keinen guten Physio?

Keinen, der auf überbeanspruchte Berge spezialisiert ist. Aber mir scheint, du hast eher einen Psychotherapeuten nötig.

Einen? An mir könnte sich derzeit eine ganze Psycho-Expedition abarbeiten.

Fühlst du dich schuldig?

Nicht die Bohne. Ich kann doch nichts dafür, dass es auch hier weniger schneit, dass Eistürme einbrechen oder sich Steinschlag löst. Klimawandel ist Chefsache. Ich bin doch nur ein einfacher Berg.

Ich dachte eher an die toten Bergsteiger. 

Du kannst mir wirklich glauben, dass es mir für die Jungs und Mädels leid tut. Aber muss ich mir diesen Bergschuh anziehen? Für die Staus am Hillary-Step bin ich doch nicht verantwortlich. Und auch nicht dafür, dass sich Pseudobergsteiger in den Kopf gesetzt haben, mich zu erklimmen. Ein für alle Mal: I c h   b i n   u n s c h u l d i g! 
Ist ja gut! Immerhin waren in dieser Saison aber auch ein paar echte Profis bei dir zu Besuch.

Wenige. Aber ich habe mich ehrlich gefreut, als Ueli und sein Partner Tenzing ‚oben ohne‘ oben auftauchten. Doch dann kam die sauerstofftrunkene Flaschen-Armada. (Schluchzt) Einige meiner Freunde unter den Profis haben mir wegen des Trubels den Rücken gekehrt. Ralf hat endgültig die Nase von mir voll. Und auch Simone hat das Weite gesucht, als ihm klar wurde, dass er im Verkehrschaos stecken bleiben würde. „Unglaublich, es war wie in einem Vergnügungspark!“ Das waren seine Worte.

Hoffst du denn, dass die Expeditionsveranstalter aus den Ereignissen in diesem Jahr Lehren ziehen?

Glaubst du an den Weihnachtsmann? Die wollen 2013 nicht nur eine, sondern zwei Routen durch die Lhotse-Flanke zu legen. Angeblich, um Staus zu verhindern. Ha, ha! Dann werden noch hundert Dilettanten mehr aufsteigen. 

Der Neuseeländer Russell Brice hat in diesem Jahr doch schon die Reißleine gezogen und seine Expedition wegen zu großer Risiken für seine Kunden abgebrochen.

Und dann standen 500 andere auf dem Gipfel. Wollen wir wetten, dass Russell im nächsten Jahr wieder hier ist und sich dann anders entscheidet?

Chomo, ich wette nicht.

Schade! Ich könnte Ablenkung gebrauchen.

Schlafe dich erst mal richtig aus!

Ich habe Schlafstörungen.

Gönne dir etwas Schönes!

Alle hübschen Frauen sind abgereist.

Dann schreie deine Wut heraus!

Auf mich hört doch eh niemand. (Schluchzt) Muss ich denn erst zum Amokläufer werden?

P.S. Juchu! Mein Blog hat es bei der Publikumswahl zum „Online-Star 2012“ (Kategorie „Bester Private-Blog“) unter die Top Ten geschafft. Tausend und einen Dank für eure Stimmen, ihr Lieben! Jetzt wird es richtig ernst. Die Hauptwahl (hier geht es zur Startseite) dauert bis zum 6. Juli. Die Abstimmung beginnt wieder bei Null. Also stimmt bitte noch einmal für den Blog (jetzt braucht ihr ihn nur noch in der genannten Kategorie anzuklicken). Vielleicht gewinnt ihr ja nebenbei auch noch die Reise nach Rom. Und flüster, flüster: bitte weitersagen! 
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Der ganz normale Wahnsinn https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-ganz-normale-wahnsinn/ Mon, 28 May 2012 12:44:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14921

Winterschlussverkauf am Everest

Die Frühjahrssaison am Mount Everest ist so gut wie beendet. Die letzten Bergsteiger packen ihre Sieben(hundert)sachen und verlassen die Basislager auf der nepalesischen Süd- und der tibetischen Nordseite des höchsten Bergs der Erde. Am Freitag und Samstag erreichten noch einmal rund 180 Bergsteiger den 8850 Meter hohen Gipfel – diesmal offenbar ohne die chaotischen Zustände, die am vergangenen Wochenende geherrscht hatten. Unter den Erfolgreichen war auch der Brite Kenton Cool, der eine Goldmedaille der Olympischen Winterspiele 1924 auf den Gipfel trug und damit ein 88 Jahre altes Versprechen einlöste.

In diesem Frühjahr wurden mehr als 530 Besteigungen des Mount Everest vermeldet. Zehn Todesfälle sind bestätigt. Diese Zahl wird sich nach den Worten des Schweizer Topbergsteigers Ueli Steck noch erhöhen, „weil niemand von den vier zusätzlichen toten Sherpas sprach“. Ueli hatte den Gipfel gemeinsam mit seinem Kletterpartner, dem Sherpa Tenji, am 18. Mai erreicht, beide hatten auf Flaschen-Sauerstoff verzichtet. An diesem Wochenende waren rund 300 Bergsteiger im Gipfelbereich unterwegs. „Was glauben Sie, warum ich so schnell abzog nach der Besteigung?“, fragt Ueli. „Ich sah die Leute und rechnete mit zehn Toten.“

Endloser Lindwurm

Richie auf dem Gipfel des Mount Everest

Auch Richard Stihler ist inzwischen aus Nepal zurückgekehrt. Mein alter Kumpel vom Manaslu hatte am 19. Mai auf dem Gipfel des Mount Everest gestanden, seinem vierten Achttausender: „Neben dem Glücksgefühl und der Befriedigung darüber, mein Ziel erreicht zu haben, werden auch die negativen Ereignisse an diesem und den davor liegenden Tagen für immer in meinem Gedächtnis bleiben.“  Richie war gezwungen, sich auf dem Weg zum Südsattel in die lange Schlange der Gipfelanwärter einzureihen. „Am frühen Morgen traue ich meinen Augen nicht: Ein endloser Lindwurm von Bergsteigern hangelt sich entlang des gelegten Fixseils die Lhotseflanke hinauf“, schreibt der 43-Jährige. „Die meisten gehen bereits hier auf 7000 Meter Höhe mit Sauerstoff und sind extrem langsam und unsicher unterwegs. Ein Überholen ist nur durch seilfreies Gehen im Absturzgelände möglich und kommt meistens nicht in Frage. Einreihen und Warten heißt die Devise.“

Im Schneckentempo

Ueli ganz oben - vor dem Stau

Richie greift erst am Gipfeltag zur Atemmaske. Mit seinem Begleiter Partner, dem Sherpa Pasang, startet der Architekt aus Lahr in Baden sehr früh. Doch diese Idee haben die beiden nicht alleine: „Zu meinem Entsetzen sind bereits gegen 19.30 Uhr unzählige Lichter auf dem Weg zum Everest zu erkennen. Erneut bin ich zu spät unterwegs!“ Aus den veranschlagten sieben bis acht Stunden zum Gipfel werden 13. Immer wieder müssen Richie und Pasang anhalten. „Völlig überforderte ‚Bergtouristen’ quälen sich, unterstützt von Sherpas, im Schneckentempo über einfache Kletterpassagen, alle anderen dahinter müssen frierend warten.“

Zwei Stunden Vollsperrung

Zeltdorf auf knapp 8000 Metern am Südsattel

Richtig dramatisch wird es dann aber für die beiden beim Abstieg:„An der Schlüsselstelle zwischen den beiden Gipfeln, dem so genannten ‚Hillary-Step‚, haben sich auf- und absteigende Bergsteiger so miteinander verkeilt, dass keinerlei vor oder zurück mehr möglich ist. Erst nach fast zwei Stunden eiskalten Wartens in 8800 Meter Höhe macht sich eine kleine Lücke auf, die wir zur Flucht nach unten nutzen. Für einige Bergsteiger hinter uns endet diese endlose Blockade mit schlimmsten Erfrierungen oder dem Tod.“

Mindestens vier Bergsteiger bezahlten das Chaos auf der Südseite an jenem Wochenende mit dem Tod. Sherpas haben inzwischen eines der Opfer, eine in Nepal geborene Kanadierin, hinunter zum Südsattel getragen. Dann wurde die Bergungsaktion unterbrochen. Möglicherweise kann die Leiche erst im Herbst ins Basislager gebracht werden.

P.S. Die Frist für die Vorauswahl im Wettbewerb um den „Online-Star 2012“ endet am Freitag. Es handelt sich um eine Publikumswahl. Wenn euch mein Blog gefällt, stimmt bitte für ihn. So geht’s: Auf die Wettbewerbsseite (hier) gehen und den Button „Zur Vorwahl“ drücken. Der Rest ergibt sich eigentlich von selbst. Die Kategorie wäre „Private blogs“ (im Gegensatz zu Commercial Blogs). Da müsstet ihr dann die Blog-Adresse http://blogs.dw.com/abenteuersport eingeben. Bitte weitersagen! Tausend Dank! 🙂

 

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Nie mehr Everest – versprochen! https://blogs.dw.com/abenteuersport/nie-mehr-everest-%e2%80%93-versprochen/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/nie-mehr-everest-%e2%80%93-versprochen/#comments Mon, 21 May 2012 06:40:54 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14785

Ralf am Everest-Südsattel

Ralf hat die Schublade Mount Everest für immer verschlossen. „Ich werde für alle Zukunft auf eine Besteigung des Everest ohne künstlichen Sauerstoff und ohne Sherpa-Unterstützung verzichten. Ich habe es Gerlinde versprochen“, schreibt Ralf Dujmovits auf seiner Internetseite. Seine Frau Gerlinde Kaltenbrunner räumt ein, dass sie über diesen Entschluss „unheimlich erleichtert“ sei. Zum dritten Mal nach 2005 und 2010 brach Ralf einen Versuch ab, den höchsten Berg der Erde ohne Atemmaske zu besteigen. Der erfolgreichste deutsche Höhenbergsteiger hatte den Gipfel des Mount Everest 1992 erreicht, dabei aber auf Flaschensauerstoff zurückgegriffen. Die anderen 13 Achttausender bestieg Ralf allesamt „oben ohne“. Zu gerne hätte der 50-Jährige diese Scharte noch ausgewetzt. Doch es sollte nicht sein. Dabei hatte es so gut ausgesehen.

Riesenglück gehabt

Ralf hat sich wie der Schweizer Ueli Steck und die chilenische Expedition den 18. Mai als Gipfeltag ausgeguckt. Bis hinauf zum Südsattel läuft alles wie am Schnürchen. Ralf fühlt sich fit, kommt schnell voran – und hat Riesenglück. Kurz nachdem er Lager 3 auf 7100 verlassen hat, wird der Platz von einer Eislawine getroffen. Zwei Sherpas werden schwer verletzt, 17 Zelte zerstört, „darunter auch das, in dem ich gerade noch geschlafen hatte. Ueli Steck hatte entschieden, dieses Mal von Lager II direkt zum Südsattel aufzusteigen und hatte sein Zelt in Lager III nicht genutzt. Auch sein Zelt wurde bei dem Eis-Lawinenabgang komplett zerstört. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte er in Lager III übernachtet.“

Sehr schwere Entscheidung

Zeltdorf am Südsattel

Auf dem Südsattel in 7950 Metern Höhe angekommen, baut Ralf sein Zelt auf und verabredet sich mit Ueli für Mitternacht, um gemeinsam (beide ohne Atemmaske) zum Gipfel aufzubrechen. Mit großem Getöse bereiten sich die Chilenen, die mit Flaschensauerstoff unterwegs sind, in der Nacht für den Aufstieg vor. Ralf horcht auf seinen Körper. Und der sendet ihm Warnsignale. „Kein Appetit auf gar nichts und ich bin unendlich müde.“ Eine Stunde vor dem geplanten Aufbruch geht Ralf zu Uelis Zelt und informiert den Schweizer darüber, dass er nicht mitkommen werde. „Eine Entscheidung, die mir sehr, sehr schwer gefallen ist. So knapp vor der letzten Etappe zum großen Ziel aufzugeben, kostet mich massive Überwindung“, gesteht Ralf. „Aber die Chance, hier auf diesen letzten Höhenmetern einen Fehler zu machen – und es braucht in dieser Höhe sehr viel Selbstkontrolle, um an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit unterwegs zu sein – ist zu groß und würde mit großer Wahrscheinlichkeit schwere Erfrierungen oder gar das Ende bedeuten.“

Gerne-Groß in Endlos-Kette

Schlange über Lager 3

Als Ralf vom Südsattel absteigt, traut er seinen Augen kaum: „Was ich sehe übertrifft alles, was ich in meinem 50-jährigen Leben bisher an sich unterordnendem Gerne-Groß gesehen habe. Ca. 200 Menschen wie auf einer Kette aufgereiht, viele ab Lager II oder III mit künstlichem Sauerstoff aufsteigend, alle vom gleichen Traum beseelt, einmal auf dem Everest zu stehen – koste es was es wolle. Dazwischen Sherpas, die den Sahibs ihre Lasten zum Südsattel tragen. Es ist grotesk. Als ich näher komme, werde ich von vielen gefragt: „Ralf – Summit?“ „Nein – zu müde gewesen“ sage ich zumeist und steige nachdenklich ab.“ (Letzteres erinnert mich doch sehr an meine Erlebnisse nach dem gescheiterten Gipfelversuch 2011 am Putha Hiunchuli.)

Der Altersweisheit gefolgt

In Lager zwei wartet Ralf auf Gerlinde und David, die, einem Gipfelerfolg im Gepäck, vom Nuptse zurückkehren. „Insgeheim hatte ich gehofft und gebetet, ihn dort anzutreffen“, schreibt Gerlinde. „Ich machte mir während unserer Besteigung am Nuptse immer wieder Gedanken, ob er wohl seine Erkältung tatsächlich komplett auskuriert hatte. Ich hoffte und vertraute darauf, dass Ralf die für ihn richtige Entscheidung treffen würde, wie er dies schon oft getan hatte.“ Am Ende erreicht das Trio gesund und munter das Basislager. Als Fazit zitiert Ralf  seinen Freund, den Künstler und Kabarettisten Jörg Kräuter: „Es ist ja auch eine Art Gipfelerfolg, der Altersweisheit zu folgen und zufrieden zu sein, sein Bestes gegeben und das Allerbeste behalten zu haben.“ Genau!

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Ueli oben? https://blogs.dw.com/abenteuersport/ueli-oben/ Fri, 18 May 2012 11:51:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14687

Erstes Schönwetterfenster der Saison am Everest

Die ersten Bergsteiger in diesem Frühjahr haben den Gipfel des Mount Everest erreicht. Eine chilenische Expedition meldet, eine von Rodrigo Jordan geführte Gruppe von zehn Chilenen und zehn Sherpas habe um 13:50 Uhr Ortszeit (10.05 Uhr MESZ) den höchsten Punkt auf 8850 Metern erreicht. Es gibt einen ersten (zarten) Hinweis, dass auch der Schweizer Ueli Steck mit oben war. In einem Kommentar zu einem Bericht in einem US-Bergsteigerblog schreibt ein gewisser „Juan“: „Das gesamte chilenische Team steht am Gipfel, zusammen mit Ueli und einer Iranerin.“ Bei dem Verfasser könnte es sich um Juan Diaz handeln, der sich von Lager 2 aus um die Kommunikation mit dem chilenischen Gipfelteam gekümmert hatte. Eine Bestätigung dafür steht noch aus.

„Hoffentlich keine kalten Füße“

Ueli, der auf Flaschensauerstoff verzichtet, hatte auf seiner Internetseite für heute einen möglichen Gipfelversuch angekündigt: „Hoffentlich habe ich diesmal keine kalten Füße und alles läuft nach Plan.“ 2011 hatte der 35-Jährige auf der tibetischen Nordseite auf 8700 Metern umkehren müssen. Insgesamt haben sich auf der nepalesischen Südseite rund 200, auf der tibetischen Nordseite etwa 100 Bergsteiger in Position gebracht, um das für heute und morgen vorhergesagte Schönwetter-Fenster zu nutzen. Staus am Fels sind also vorprogrammiert.

P.S. Ich würde gerne im Wettbewerb um den „Online-Star 2012“ meinen Hut in den Ring werfen. Es handelt sich um eine Publikumswahl. Wenn euch mein Blog gefällt, stimmt bitte für ihn. So geht’s: Auf die Wettbewerbsseite (hier) gehen und den Button „Zur Vorwahl“ drücken. Der Rest ergibt sich eigentlich von selbst. Die Kategorie wäre „Private blogs“ (im Gegensatz zu Commercial Blogs). Da müsstet ihr dann die Blog-Adresse http://blogs.dw.com/abenteuersport eingeben. Die Vorrunde endet am 1. Juni. Bitte weitersagen! Tausend Dank!

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Im (Everest-) Westen nichts Neues https://blogs.dw.com/abenteuersport/im-everest-westen-nichts-neues/ Wed, 16 May 2012 15:59:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14641

Route über Westgrat und Hornbein-Couloir

Wenn Berge Muskelkater bekommen könnten, würde sich der Mount Everest vor Schmerzen krümmen. Er wird nämlich sehr einseitig beansprucht auf seinen beiden Seiten. 19 Routen wurden seit der Erstbesteigung im Jahr 1953 auf den 8850 Meter hohen Gipfel eröffnet, doch Hunderte von Bergsteigern nutzen Jahr für Jahr fast ausschließlich nur zwei: die beiden Normalwege (auf der tibetischen Everest-Seite über den Nordost-, auf der nepalesischen über den Südostgrat). In diesem Frühjahr sah es aus, als erhielte eine andere meist verwaiste Kante des Bergs endlich wieder Besuch: der Westgrat. Doch die Chancen dafür schwinden.

Blankeis statt Schnee

Erst gab der Schweizer Topbergsteiger Ueli Steck (wie berichtet) seinen Plan auf, über den Westgrat den Gipfel zu erreichen. Jetzt entschied sich auch Conrad Anker, auf die nepalesische Normalroute auszuweichen. Ursprünglich wollte der US-Amerikaner auf den Spuren seiner Landsleute Tom Hornbein und Willi Unsoeld (1963) über den Westgrat und den oberen Teil der Nordwand („Hornbein-Couloir“) aufsteigen. Die Verhältnisse dort seien zu gefährlich, schreibt Anker: „Es ist eine sehr trockene und windige Saison. Normalerweise liegt dort ausreichend Schnee in der Route, deine Steigeisen finden genug Halt und du kommst zügig voran. Aber wir haben jetzt andere Verhältnisse: Die Schneeauflage ist verschwunden, übrig geblieben ist nur Blankeis.“ Zudem sei das Steinschlag-Risiko im Hornbein-Couloir zu groß. Conrad hatte zuvor die Bilder des US-Bergsteigers und Filmemachers David Breashears studiert, der mit dem Italiener Simone Moro in einem Spezialhubschrauber die Nordwand überflogen hatte. Moro hatte zeitweise damit geliebäugelt, sich dem Westgrat-Team anzuschließen.  

Schwindet auch das kleine Polster?

Damit bleibt an dieser Route nur noch eine Expedition übrig. Die US-Amerikaner Jake Norton, David Morton, Brent Bishop und Charley Mace haben noch nicht das Handtuch geworfen. Allerdings klingen auch sie nicht gerade optimistisch. Wegen der schwierigen Verhältnisse hätten sie auf dem Weg zur Westschulter gerade mal hundert Höhenmeter am Tag geschafft, beklagt Expeditionsleiter Jake Norton: „Wenn es oberhalb der Schulter genauso schlimm aussieht, ist es nahezu unmöglich, in diesem Jahr die Route zu klettern –  wenn wir uns wenigstens ein kleines Sicherheitspolster erhalten wollen.“

P.S. Ich würde gerne im Wettbewerb um den „Online-Star 2012“ meinen Hut in den Ring werfen. Es handelt sich um eine Publikumswahl. Wenn euch mein Blog gefällt, stimmt bitte für ihn. So geht’s: Auf die Wettbewerbsseite (hier) gehen und den Button „Zur Vorwahl“ drücken. Der Rest ergibt sich eigentlich von selbst. Die Kategorie wäre „Private blogs“ (im Gegensatz zu Commercial Blogs). Da müsstet ihr dann die Blog-Adresse http://blogs.dw.com/abenteuersport eingeben. Die Vorrunde endet am 1. Juni. Bitte weitersagen! Tausend Dank!

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