Südostwand – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Vor 40 Jahren: Geheimsache Cho-Oyu-Südostwand https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-40-jahren-geheimsache-cho-oyu-suedostwand/ Sun, 30 Dec 2018 12:04:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=43151

Edi Koblmüller 1978 auf dem Gipfel des Cho Oyu

Nur die Ehepartner wussten Bescheid. Die drei Österreicher Edi Koblmüller, Alois Furtner und Gerhard Haberl sowie die beiden Deutschen Herbert Spousta und Peter von Gizycki hatten strengste Geheimhaltung vereinbart. Schließlich war der Achttausender Cho Oyu 1978 in Nepal nicht für Bergsteiger freigegeben. Also tarnten sich die fünf Bergsteiger als Trekkingtouristen und wanderten nach Gokyo. Ihr eigentliches Ziel lag einige Kilometer dahinter: die rund 3000 Meter hohe Südostwand des 8188 Meter hohen Cho Oyu. „Ich war besessen von dieser Idee“, schreibt mir Alois Furtner, der mit Koblmüller am 27. Oktober 1978 den Gipfel erreichte. Die anderen waren rund 200 Meter unterhalb des Gipfels umgekehrt. „Freunde von uns nannten es später ein ‚Jahrhundertabenteuer‘. Heute weiß ich, dass es ein sehr mutiges Unterfangen war“, erinnert sich der inzwischen 70-jährige Furtner. „Ich war damals so entschlossen und fokussiert, dass es geschehen musste. So wie eine schwangere Frau ihr Kind zur Welt bringen muss, so ähnlich musste ich dieses Vorhaben verwirklichen und ausleben. Und es ist mir gelungen.“

In Schneehöhlen übernachten

In der Südostwand

Ein Bild des oberen Wandabschnitts in einem Buch Reinhold Messners hatte das Quintett inspiriert. Mehr Informationen hatten die Bergsteiger nicht. Zunächst schleppten sie rund 250 Kilogramm Ausrüstung von Gokyo aus zum Basislager auf 5100 Metern. Koblmüller, Furtner und von Gizycki machten einen Vorstoß bis auf eine Höhe von 6700 Metern am Fuße der Gipfelwand. Dort deponierten sie ein Zelt mit Ausrüstung und stiegen wieder ab. Am 22. Oktober starteten die fünf Bergsteiger zu ihrem Gipfelversuch. Sie seien im „lupenreinen Alpinstil“ unterwegs gewesen, erzählt Furtner. „Wir hatten keine Sherpas am Berg, keinen Nachschub, keine Sauerstoffgeräte, keine Kommunikation mit der Außenwelt, wir waren völlig auf uns allein gestellt. Es war auch kein Arzt dabei. Wir durften keine Fehler machen“, sagt Alois. „Verpflegung, Benzin, Fixseile waren auf das Minimum reduziert. Zelte haben wir nur im unteren Wandteil verwendet. In der Gipfelwand haben wir uns Schneehöhlen ausgegraben, um Gewicht zu sparen.“

Wie Brockengespenster

Die Gipfelwand forderte den Bergsteigern alles ab. Ihre Route führte über einen teilweise bis zu 70 Grad steilen Eispfeiler in der Mitte der Wand. Am Morgen des Gipfeltags zeigte das Thermometer minus 40 Grad Celsius. Haberl zog sich Erfrierungen an den Fingerspitzen zu, die ihn letztlich den Gipfel kosteten. Furtner und Koblmüller erreichten kurz vor Sonnenuntergang den höchsten Punkt. „Wir wussten beide, dass wir etwas Großartiges geschafft haben“, erinnert sich Alois. „Ich trug vier Türkissteine am Hals. Einen davon habe ich der ‚Göttin des Türkis‘ (das ist die Übersetzung von Cho Oyu) am Gipfel in den Schnee gedrückt als Dank für das gute Gelingen. An eines kann ich mich noch erinnern – es war mythisch: Die untergehende Sonne hat unsere Schatten vergrößert an die Nebelwand in Richtung Everest geworfen, es war wie Brockengespenster.“

Fünf Jahre Einreiseverbot

Nepalesische Seite des Cho Oyu (rechts die Südostwand)

Der Abstieg geriet zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Auf 6600 Metern wurden die fünf Bergsteiger eingeschneit. Zwei Nächte und einen kompletten Tag drängten sie sich in einem Zelt zusammen, die Lebensmittel wurden knapp. Durch teilweise brusthohen Schnee wühlte sich das Quintett talwärts und erreichte schließlich am 1. November, zehn Tage nach dem Aufbruch zum Gipfelvorstoß, das Basislager. Einen Tag später waren sie wieder zurück in Gokyo. Weil sie den Cho Oyu ohne Permit bestiegen hatten, bestraften die nepalesischen Behörden die Bergsteiger mit einem fünfjährigen Einreiseverbot. „Damals ist unsere Besteigung völlig untergegangen“, berichtet Furtner. „Im selben Jahr haben Messner und Habeler den Everest ohne Sauerstoffgeräte bestiegen – das war die Weltsensation.“

„Abenteuer meines Lebens“

Alois Furtner

Bis heute wurde die Route durch die Südostwand des Cho Oyu, die Furtner und Koblmüller (der 2015 in Georgien in einem Schneesturm erfror) bis zum höchsten Punkt vollendet hatten, nicht wiederholt. Das sagt eigentlich alles über ihren Schwierigkeitsgrad. „Rückblickend bin ich noch immer tief bewegt, wie wir damals die Wand durchstiegen haben. Es gab auf dem Weg zum Gipfel so viele Hindernisse und auch auf dem Weg zurück. Und doch sind wir alle relativ unbeschadet im Basislager angekommen“, sagt Alois Furtner. „Es war das Abenteuer meines Lebens, und das Gipfelfoto war das Foto meines Lebens.“

Was heute aus dem Himalaya-Bergsteigen geworden ist, sieht der Cho-Oyu-Pionier kritisch. „Aus Gokyo wird ein Zermatt im Himalaya, die Gipfel werden in Hundertschaften bestiegen und live übertragen. Ich lehne mich gelassen zurück und denke mit einem Wohlgefühl an unsere glückliche Besteigung“, sagt Alois. „Auch freut es mich sehr, dass Reinhold Messner in seinem Cho-Oyu-Buch unsere Besteigung als ‚Meilenstein in der Durchsteigung großer Himalaya-Wände‘ einstuft. Dieses Kompliment nehme ich dankend an.“

P.S.: Ja, ja, ich weiß, der Jahrestag liegt schon zwei Monate zurück – aber vor 40 Jahren stimmt immer noch. 😉

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Russen gelingt Erstbesteigung des Phungi https://blogs.dw.com/abenteuersport/russen-gelingt-erstbesteigung-des-phungi/ Mon, 06 Nov 2017 16:11:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38363

Aufstiegs- (rot) und Abstiegsroute (grün)

Da sage noch jemand, es gebe im Himalaya keine Spielwiesen für Spitzenkletterer mehr. Yury Koshelenko und Aleksei Lonchinskii haben einen weißen Fleck auf der Sechstausenderkarte getilgt. Den beiden Russen gelang am 28. Oktober in Nepal die Erstbesteigung des 6538 Meter hohen Phungi, westlich des Achttausenders Manaslu. Der 54 Jahre alte Koshelenko und der 35-jährige Lonchinskii kletterten auf einer ziemlich direkten Linie durch die rund 1500 Meter hohe Südostwand des Bergs. Für den Aufstieg im Alpinstil benötigten sie drei Tage, für den Abstieg auf anderer Route zwei weitere Tage.

Scharfer Grat

Am Gipfelgrat

Laut Yury stiegen die beiden am 26. Oktober bei gutem Wetter in die Wand mit Eispassagen von 60 bis 80 Grad Steigung ein. Nach dem zweiten Biwak, fünf Seillängen unterhalb des Gipfelgrats habe sich das Wetter rapide verschlechtert. Es sei sehr kalt und windig geworden, berichtet Koshelenko. Über den scharfen, überwechteten Firngrat arbeiteten sich die beiden zum Gipfel vor, den sie am 28. Oktober um 16.30 Uhr erreichten. Der Abstieg durch einen Eisfall im schlechten Wetter sei teilweise heikel gewesen, berichtet Yury.

Piolet d’Or-Preisträger

Yury Koshelenko (r.) und Aleksei Lonchinskii

Koshelenko und Lonchinskii gehören zur Elite der russischen Kletterer. Beide wurden bereits mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar der Bergsteiger“: Koshelenko 2003 für seine Erstbesteigung des 7804 Meter hohen Nuptse East über den Südostpfeiler (mit Valerij Babanov), Lonchinskii für die Erstbegehung der Südwestwand des 6623 Meter hohen Thamserku (mit Alexander Gukov).

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Ines Papert: „Ich bin schon stolz“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ines-papert-ich-bin-schon-stolz/ Thu, 27 Oct 2016 14:36:13 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34117 Ines Papert

Ines Papert

Ließe sich gute Laune in Strom umwandeln, bräuchte Ines Papert derzeit zu Hause keine Steckdose mehr. Ich kann das Strahlen der 42 Jahre alten deutschen Topkletterin förmlich durch das Telefon hören, als ich mit ihr über den Erfolg am 5842 Meter hohen Kyzyl Asker im Grenzgebiet zwischen Kirgistan und China spreche. Zusammen mit ihrem 28 Jahre alten slowenischen Seilpartner Luka Lindic hatte sie – wie berichtet – eine spektakuläre Route durch die Südostwand des Bergs eröffnet. Eine Linie, an der zuvor viele Spitzenkletterer gescheitert waren, sie selbst auch zweimal.

Ines, wie fühlt sich das an, wenn man sich im dritten Anlauf (nach 2010 und 2011) einen so großen Traum erfüllt?

Richtig gut wäre untertrieben. (lacht) Es gibt eigentlich keine Worte dafür. Ich wache immer noch manchmal morgens auf und denke: War das jetzt nur ein Traum? Der Moment dort oben war schon sehr ergreifend, wenn auch kurz. Wir wussten ja, dass das Wetter umschlägt und wir schnell wieder herunter mussten. Deshalb war nicht viel Zeit, es zu genießen. Aber es wirkt schon noch nach.

Ines und Luka Lindic auf dem Gipfel des Kyzyl Asker

Ines und Luka Lindic auf dem Gipfel des Kyzyl Asker

Du warst ja erstmals mit dem Slowenen Luka Lindic unterwegs und ihr kehrt gleich mit einem großen Erfolg zurück. Hat es einfach gepasst?

Der Kyzyl Asker lag mir immer noch schwer im Magen, nachdem ich dort 2011 zum zweiten Mal gescheitert war. Es war für mich klar, dass es vom Team her einfach besser passen musste, wenn ich noch einmal dorthin aufbräche. Ich wollte es nicht mehr dem Zufall überlassen, sondern auf meine innere Stimme hören. Als ich Luka bei einer Veranstaltung unseres gemeinsamen Sponsors erstmals das Bild der Wand gezeigt habe, spürte ich sofort seine Begeisterung. Inzwischen kann ich einordnen, ob so etwas aus tiefer Überzeugung kommt oder ob jemand vielleicht meint, es wäre gut für seine Vita. Bei Luka merkte ich sofort, dass es ernst und ehrlich gemeint war. Ich habe natürlich auch seine Expeditionen der vergangenen Jahre verfolgt. Man kann sich für so ein Projekt eigentlich keinen besseren Kletterpartner wünschen. Es gab eigentlich nie Reibungspunkte zwischen uns. Wir brauchten am Berg gar nicht viel zu kommunizieren. Es war einfach klar, wie wir das Ganze angehen.

Habt ihr euch gegenseitig motivieren müssen?

Das war gar nicht nötig. Wir waren von Anfang an hoch motiviert, als wir sahen, wie gut die Bedingungen im Vergleich zu den beiden anderen Versuchen waren. Wir sind angekommen, haben unsere Akklimatisationstour gemacht, zwei Tage im Schneesturm abgewartet und dann gleich das erste Wetterfenster genutzt. Es gab also keine langen Wartephasen, keine Schwierigkeiten mit der Höhe oder andere Probleme.

Ines in perfektem Eis

Ines in perfektem Eis

Ihr habt eine Linie vollendet, an der sich viele Expeditionen zuvor die Zähne ausgebissen hatten. Du selbst warst ja auch zweimal mit leeren Händen zurückgekehrt. Worin lag diesmal das Erfolgsgeheimnis?

Ich hatte mir vorher überlegt, dass es günstiger ist, von China aus anzureisen. Das hatten Nicolas Favresse und Sean Villanueva vorgemacht, als sie 2013 erstmals den Südpfeiler rechts unserer Route geklettert waren. Bis dahin hatten wir gedacht, man müsse über Kirgistan anreisen. Von der chinesischen Seite aus musst du nicht erst, wie in Kirgistan, dein Gepäck über 16 Kilometer bis zum vorgeschobenen Basislager schleppen und dabei auch noch einen 5200 Meter hohen Pass überqueren. Außerdem startest du in China auf einer Höhe von 2900 Metern und kannst dich viel besser akklimatisieren als in Kirgistan, wo du zunächst bis auf 4000 Meter hochfahren musst. Wir hatten also einen kürzeren Zustieg und mehr Höhenmeter, um uns zu akklimatisieren.
Das zweite Erfolgsgeheimnis war unser Team. Luka ist einfach wahnsinnig schnell. Wir beide haben uns wahnsinnig gut ergänzt und konnten echt Gas geben. Für uns war klar, dass wir die fast 1200 Höhenmeter bis zum Gipfelgrat am ersten Tag schaffen mussten.
Und dann die guten Bedingungen! Bei meinen ersten Versuchen am Kyzyl waren die Verhältnisse schwierig. Das waren mindestens M8-Seillängen, eine solche Mixed-Kletterei braucht natürlich viel mehr Zeit als jetzt in einer geschlossenen Eislinie, die nur ab zu von ein paar Felsstellen unterbrochen ist.
Ein weiterer Erfolgsfaktor war, dass wir nur einen Rucksack mit dabei hatten. Wir haben auf vieles verzichtet. Wir hatten nur einen Zwei-Personen-Schlafsack mit, keine Reserven an Gas und Essen. Nur das Nötigste an Kleidung.

Unbequemes Biwak

Unbequemes Biwak

Wie sehr warst du beim Klettern am Limit?

Am Limit war ich eigentlich nur weit oben in der Wand. Es ist wirklich zäh, wenn du nur einen Rucksack hast. Ich weiß nicht, ob ich das noch einmal machen würde. Vielleicht sollte man besser das Gepäck aufteilen, auf einen leichten Rucksack für den Vorsteiger und einen schwereren für den Nachsteiger. Wir sind immer abwechselnd mehrere Seillängen vorgestiegen. Die Passagen, in denen ich nachstieg und den schweren Rucksack tragen musste, haben mich am meisten geschlaucht. Luca hat am Ende noch einmal richtig Gas gegeben. Ich hätte vielleicht schon ein, zwei Seillängen unterhalb biwakiert. Aber wir haben nach einem Platz gesucht, auf dem man einigermaßen sitzen kann. Das hat sich dann leider nicht mehr ergeben.

Der Erfolg gibt euch Recht, auch wenn ihr eine kalte Nacht verbracht habt.

Das hat aber auch nur funktioniert, weil wir nachher nicht mehr viel klettern mussten. Nach der Nacht wäre keiner von uns beiden mehr in der Lage gewesen, noch einmal in der Schwierigkeit wie zuvor weit zu klettern.

Die neue Route durch die Südostwand

Die neue Route durch die Südostwand

Wo ordnest du den Erfolg in deiner persönlichen Rangliste der Karriere-Höhepunkte ein?

Schon ganz, ganz weit oben. (lacht) Mir gefällt einfach nach wie vor der Alpinstil am besten. Man ist beweglich und schnell, man kann auch kleine Zeitfenster nutzen. Das hat sich für unsere Linie einfach angeboten. Ich bin schon stolz.
Ich habe mich auch sehr über verschiedene Kommentare auf Facebook gefreut, von Kletterern, die sich vergeblich an der Route versucht hatten. Das ist die größte Belohnung überhaupt. Es könnte auch jemand angepisst reagieren und schreiben: Das war eigentlich meine Linie, sie war für mich reserviert. Aber da sieht man, dass die Bergsteiger-Community eigentlich im Großen und Ganzen gut funktioniert, dass man sich auch gegenseitig einen Erfolg gönnt. Das war eine schöne Erfahrung.

Und jetzt hängst du in einem tiefen Loch und weißt nicht mehr, was du machen sollst?

Von wegen! Ich habe immer ganz viele Ideen. Ich weiß gar nicht, wann ich die alle umsetzen soll. Dafür reicht mein Leben nicht aus. Wir hatten in China am Ende unserer Expedition noch ein bisschen Zeit und haben bereits eine Liste möglicher Ziele für die nächste Zeit erstellt.

Das heißt, du wirst mit Luka erneut losziehen?

Selbstverständlich, wir haben schon ganz klare Pläne.

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Ines Papert am Kyzyl Asker: Erfolg im dritten Anlauf https://blogs.dw.com/abenteuersport/ines-papert-am-kyzyl-asker-erfolg-im-dritten-anlauf/ Fri, 21 Oct 2016 08:11:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34055 Ines Papert und Luka Lindic auf dem Gipfel des Kyzyl Asker

Ines Papert (l.) und Luka Lindic auf dem Gipfel des Kyzyl Asker

Manche Berge wirken auf bestimmte Menschen wie Magneten. Sie üben eine fast magische Anziehungskraft aus, auch wenn sie so schwer zugänglich sind wie der Kyzyl Asker in der Grenzregion zwischen China und Kirgistan. Zum dritten Mal ist die deutsche Topkletterin Ines Papert zu dem 5842 Meter hohen Berg gereist, um sich dort an einer neuen Kletterroute durch die schwierige Südostwand zu versuchen, die ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. 2010 und 2011 war Ines gescheitert, jetzt kehrte sie mit einem Erfolg im Gepäck heim. “Ich glaube, ich werde mein Dauergrinsen eine Weile nicht mehr los”, schreibt Papert auf Facebook. Zusammen mit dem 28 Jahre alten Slowenen Luka Lindic kletterte die 42-Jährige vor drei Wochen durch die Wand zum Gipfel des Kyzyl Asker. In den letzten Jahren hatten sich mehrere Expeditionen an der 1200 Meter hohen, markanten Rinne die Zähne ausgebissen. Papert und Lindic tauften ihre neue Route “Lost in China”. Erstmals war Ines nicht von Kirgistan, sondern von China aus angereist. Das habe der Expedition ihre besondere Note gegeben, schreibt Ines: “Die Sprache, die Kultur, die Zeit, die wir brauchten, und die unermessliche Weite des Landes vermittelten uns oft den Eindruck, verloren zu sein.”

Fast leicht

Die neue Route durch die Südostwand

Die neue Route durch die Südostwand

Am 30. September stiegen Ines und Luka um fünf Uhr morgens in die Südostwand ein. “Wir wussten, dass wir schnell vorankommen mussten, um noch am selben Tag den Gipfelgrat zu erreichen. Das kleine Schönwetterfenster drohte zu schließen, wir hätten uns zurückziehen müssen oder wären vielleicht in einem Schneesturm gefangen gewesen.” 2010 hatte Ines 300 Meter unterhalb des Gipfels wegen heftigen Schneefalls und Lawinen umkehren müssen. Diesmal fand sie ganz andere Bedingungen vor: “Weder Luka noch ich waren jemals zuvor in dieser Höhe eine so perfekte Eis- und Mixed-Route geklettert. 2010 hatte uns dieselbe Route wegen der schwierigen Verhältnisse unglaublich viel Zeit gekostet. Diesmal erschien es fast leicht.”

Hartes Biwak

Ines in der Wand

Ines in der Wand

Sie kletterten bis zehn Uhr abends und biwakierten zwei Seillängen unterhalb des Gipfelgrates. In mühsamer Arbeit schlugen sie sich mit ihren Eisgeräten einen kleinen Sitzplatz aus dem Eis. “Er war windgeschützt, dennoch ausgesetzt, alles andere als bequem.” Die beiden Kletterer froren sich durch die kurze Nacht. „Luka sagte, es sei eines der härtesten Biwaks gewesen, die er je gemacht habe. Ich hatte Nächte wie diese schon zweimal vorher am Kyzyl Asker erlebt“, schreibt Ines. Am nächsten Mittag erreichten Papert und Lindic den überwechteten Gipfel. Der Slowene ließ der deutschen Kletterin den Vortritt. So viel Energie hatte sie schon in diesen Berg investiert, jetzt war Ines am Ziel ihrer Träume: „Ich war sprachlos, einfach glücklich, diesen Augenblick zu erleben. Luka kam dazu, und ich konnte die Freude in seinem Gesicht sehen.“

Eine der besten Linien

Luka in Aktion

Luka in Aktion

Lindic gehört zur „jungen Garde“ der starken slowenischen Bergsteiger. 2015 gewann Luka mit seinen Landsleuten Marko Prezelj und Ales Cesen den Piolet d’Or, den „Oscar der Bergsteiger“. Im Sommer gelang Luka und Ales am Fast-Achttausender Gasherbrum IV (7932 Meter) in Pakistan die erst vierte Begehung des schwierigen Nordwestgrats. Lindic hat die Expedition mit Ines Papert genossen. „Das war eine der besten Linien, die ich bisher geklettert bin“, schreibt der 28-Jährige auf Facebook. „Danke Ines für die Idee und die großartige Zeit.“

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