Tyler Armstrong – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Sieg der Vernunft https://blogs.dw.com/abenteuersport/sieg-der-vernunft/ Wed, 13 Apr 2016 15:08:45 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32375 Tyler Armstrong (2013 am Aconcagua)

Tyler Armstrong (2013 am Aconcagua)

Ausnahmsweise muss ich mal die Chinesen loben. Die Behörden des Landes verweigerten Tyler Armstrong die Besteigungsgenehmigung für den Mount Everest. Der inzwischen 12 Jahre alte US-Amerikaner wollte – wie berichtet – in diesem Frühjahr den höchsten Berg der Erde über die Nordseite besteigen. Tyler und seine Eltern hatten gehofft, wie schon 2012 bei der Besteigung des Kilimandscharo (5895 Meter, höchster Berg Afrikas) und 2013 bei der Besteigung des Aconcagua (6962 Meter, höchster Berg Südamerikas) ein „Special Permit“ zu erhalten. Doch die Chinesen blieben diesmal hart, für mich ganz eindeutig ein Sieg der Vernunft. Kinder gehören nicht auf den Everest, egal wie fit sie auch sein mögen.

Zwei 13-Jährige in den Rekordlisten

Jordan Romero (2010)

Jordan Romero (2010)

2010 hatte der 13-jährige US-Boy Jordan Romero als bis dato jüngster Bergsteiger aller Zeiten den Gipfel des Everest erreicht. Nachdem es weltweit Kritik am Aufstieg des Teenagers gehagelt hatte, verkündete die China Tibet Mountaineering Association (CTMA) im Sommer 2010, dass sie künftig nur noch Everest-Permits für Bergsteiger ausstellen werde, die älter als 18 Jahre seien. Vier Jahre später ließen sie jedoch die Inderin Malavath Poorna auf den Berg. Sie war nur einen Monat älter als Romero und wurde mit 13 Jahren und elf Monaten das jüngste Mädchen, das jemals auf dem Dach der Welt stand.

Armstrong: „Wirklich enttäuscht“

Die Absage für das Everest-Permit sei schon vor ein paar Wochen gekommen, sagte Tyler: „Ich war wirklich enttäuscht, weil ich so viel trainiert hatte und mich wirklich gut vorbereitet fühlte.“ Im August 2015 hatte Armstrong mit dem 5642 Meter hohen Elbrus, dem höchsten Berg Europas, seinen dritten der „Seven Summits“ bestiegen. Den Plan, jüngster Everest-Besteiger aller Zeiten zu werden, hat Tyler noch nicht aufgegeben. Er wolle weitere hohe Berge bestiegen, etwa in Peru, „um den Chinesen bei dem Gedanken zu unterstützten: Der Junge ist bereit. Wir sollten ihn auf den Berg lassen.“ Auch im Mai 2017 wäre Armstrong mit dann 13 Jahren und vier Monaten noch der jüngste Everest-Besteiger aller Zeiten – wenn er denn hoch und wieder sicher herunterkommt. Und wenn die Chinesen oder Nepalesen in Sachen Altersgrenze einknicken. Hoffentlich nicht!

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Kinder auf dem Everest? Unverantwortlich! https://blogs.dw.com/abenteuersport/kinder-auf-dem-everest-unverantwortlich/ Mon, 10 Aug 2015 15:10:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30283 Windfahne-EverestEin Zwölfjähriger auf dem Everest? Professor Thomas Küpper kann nur den Kopf schütteln. Ich habe den international renommierten Höhenmediziner von der Universität Aachen gefragt, was er davon hält, dass – wie hier berichtet – der derzeit noch elf Jahre alte US-Amerikaner Tyler Armstrong im nächsten Frühjahr auf den Mount Everest steigen will. „Man sollte Anzeige wegen Kindesmissbrauch stellen“, schreibt mir der Mediziner, der auch den Weltverband der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) berät, empört zurück.

Keine Erkenntnisse über Behandlung

Prof. Thomas Küpper

Prof. Thomas Küpper

Ich wollte von ihm wissen, ob es wissenschaftliche Erkenntnisse darüber gibt, wie speziell Kinder auf große Höhe reagieren: Ist bei ihnen das Risiko größer, höhenkrank zu werden? Muss man Spätfolgen befürchten? „Grundsätzlich gibt es keine Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen hinsichtlich Symptomen und Häufigkeit der Höhenkrankheit, auch nicht hinsichtlich der Akklimatisationszeiten“, schreibt mir der Wissenschaftler. „Allerdings gibt es KEINE Kenntnisse, wie insbesondere schwere Höhenkrankheiten bei Kindern zu behandeln wären.“ Mit anderen Worten: Sollte sich Tyler Armstrong am Everest ein Lungen- oder Hirnödem zuziehen, würden ihm wahrscheinlich die bei Erwachsenen üblichen Notfallpräparate verabreicht, ohne dass hinreichend untersucht ist, ob und wenn ja, in welcher Dosierung dies bei Kindern sinnvoll ist.

Höheres Risiko von Erfrierungen

Doch die Höhenkrankheit sei nicht die einzige Gefahr, schreibt Professor Küpper. „Dessen ungeachtet hat ein Kind aufgrund anderer Physiologie und Körperproportionen jedem Umwelteinfluss weniger entgegenzusetzen und ist beispielsweise viel mehr unterkühlungsgefährdet.“ Allein das sollte meiner Meinung nach für Eltern eigentlich schon Grund genug sein, ihre Kinder nicht extremer Höhe auszusetzen. Für Professor Küpper gibt es in dieser Frage kein Wenn oder Aber. Für ihn wäre die Besteigung des Mount Everest durch einen Zwölfjährigen „völliger Unsinn und reiner Narzismus der Eltern“.

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Zu jung für Todesgefahr https://blogs.dw.com/abenteuersport/zu-jung-fuer-todesgefahr/ Thu, 06 Aug 2015 13:30:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30253 Tyler Armstrong (2013 am Aconcagua)

Tyler Armstrong (2013 am Aconcagua)

Tyler Armstrong will den Rekord. Oder sind es vielleicht doch eher seine Eltern, die es wollen? Oder alle drei? Wie auch immer, die Familie des elfjährigen (!) US-Amerikaners hat angekündigt, dass Tyler im nächsten Frühjahr versuchen werde, den Mount Everest zu besteigen. Verrückt! Dann wäre Tyler zwölf Jahre und vier Monate alt, anderthalb Jahre jünger als sein Landsmann Jordan Romero, der 2010 den Everest von Tibet aus bestieg und seitdem als jüngster Besteiger des höchsten Bergs der Erde geführt wird.

Tränen im Hochlager

Jordan Romero (2010)

Jordan Romero (2010)

Schon damals gab es – wie ich finde, absolut notwendig – eine Debatte darüber, ob es verantwortbar ist, dass ein so junger Mensch auf den Everest steigt und dabei sein Leben riskiert, womöglich noch angetrieben von überehrgeizigen Eltern. Ein Bergsteiger, der 2010 auch am Everest unterwegs war, erzählte mir, dass Jordan im Zelt auf 7000 Metern Höhe bitterlich geweint habe und seine Eltern ohne Unterlass auf ihn eingeredet hätten. Später wiederholte Romero gebetsmühlenartig, es sei sein eigener Wunsch gewesen, den Everest zu besteigen.

Butterweiche Regel

Everest-Nordseite

Everest-Nordseite

Als Reaktion auf die weltweite Kritik am Aufstieg des Teenagers verkündete die China Tibet Mountaineering Association im Sommer 2010, dass sie künftig nur noch Everest-Permits für Bergsteiger ausstellen werde, die älter als 18 Jahre sind. Allzu lange wurde die Regel jedoch nicht eingehalten. 2014 bestieg die Inderin Malavath Poorna von Tibet aus den Everest. Mit 13 Jahren und elf Monaten war sie nur einen Monat älter als Romero und wurde so die jüngste Frau oder eher das jüngste Mädchen, das jemals auf dem Dach der Welt stand.

Wenn Tyler Armstrong sich im nächsten Frühjahr wirklich auf den Weg zum Everest machen sollte, wird er – wenn überhaupt – wohl auch nur auf der tibetischen Nordseite eine Chance erhalten. In Nepal gilt nach den Regeln für Expeditionen, die seit 2002 unverändert Bestand haben, ein Mindestalter von 16 Jahren.

Temba Tsheri: „Zu wenig Erfahrung“

Temba Tsheri Sherpa

Temba Tsheri Sherpa

So alt, nämlich 16 Jahre, war im Mai 2001 Temba Tsheri Sherpa, als er von Süden aus als damals jüngster Bergsteiger aller Zeiten zum Gipfel des Everest aufstieg. „Ich denke, ich hatte damals nicht genug Erfahrung. Das war mein erster Versuch überhaupt an einem Achttausender“, sagt mir der 30-Jährige im Rückblick selbstkritisch. „Ich hätte eigentlich vorher mehr Bergerfahrung sammeln müssen.“ Auf meine Frage, ob er sein eigenes Kind so früh auf den Everest steigen lassen würde, antwortet Temba Tsheri: „Vielleicht nicht.“

Der Sherpa war immerhin ein Jugendlicher, als er den Everest bestieg. Tyler Armstrong wäre dagegen als Zwölfjähriger immer noch ein Kind. Als solches verspricht ihm die UN-Kinderrechtskonvention „wegen seiner mangelnden körperlichen und geistigen Reife“ besonderen Schutz und besondere Fürsorge. „Wenn man die Gefahr als Kriterium nimmt, müsste Tylers Aufstieg verboten werden. Denn sein Leben ist am Everest gefährdet”, findet Temba Tsheri.

Ausnahme-Permits

Tylers Eltern scheinen sich nicht um die Gesundheit ihren Filius‘ zu sorgen. Armstrong bestieg 2012 schon als Achtjähriger den Kilimandscharo, den mit 5895 Metern höchsten Berg Afrikas, ausgestattet mit einem „Special Permit“, weil die Altersgrenze dort eigentlich bei zehn Jahren liegt. Auch am 6962 Meter hohen Aconcagua, dem höchsten Berg Südamerikas, erwirkten die Eltern eine Ausnahme vom Alterslimit 14 Jahre. Ende 2013 wurde Tyler der jüngste Aconcagua-Besteiger aller Zeiten: mit neun Jahren. Und jetzt auf den Everest? Wenn das so weiter geht, wird bestimmt demnächst im Basislager eine Kindertagesstätte aus der Taufe gehoben, für die ganz jungen Gipfelaspiranten. Direkt neben dem Seniorenzentrum, für die Ü80er, die sich den Altersrekord schnappen wollen.

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