Versicherung – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Everest-Boykott oder weitermachen? https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-boykott-oder-weitermachen/ Wed, 23 Apr 2014 13:42:57 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25941 Basislager für Everest-, Lhotse- und Nuptse-Anwärter

Basislager auf der Südseite des Mount Everest

Ein Krisentreffen jagt das andere, sowohl im Basislager auf 5300 Meter Höhe, zu Füßen des Mount Everest, als auch am Sitz der nepalesischen Regierung in Kathmandu. Noch ist unklar, ob es in diesem Frühjahr überhaupt Versuche geben wird, über die nepalesische Südseite den höchsten Berg der Erde zu besteigen. „Die meisten Teams verlassen das Basislager. Sie haben Angst, dass wieder etwas passiert (hier gehen weiterhin viele Lawinen runter), aber auch, dass andere Sherpas sie bestrafen, wenn sie weitermachen“, schreibt NDR-Reporterin Juliane Möcklinghoff, die den blinden österreichischen Kletterer Andy Holzer begleitet, heute in ihrem Everest-Tagebuch. „Es hat einige Treffen zwischen verschiedenen Teamleitern, Sirdars und Sherpas gegeben, aber es bleibt unklar, wie letztlich die Entscheidung ausfallen wird“, meint Eric Simonson vom Expeditionsveranstalter International Mountain Guides (IMG). Seit dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch am Karfreitag, bei dem 16 Nepalesen ums Leben kamen, ruhen alle Aktivitäten am Berg.

Furcht vor finanzieller Not

Unter den Sherpas wird derweil heftig diskutiert. „Die Mehrheit würde lieber nicht zum Berg zurückkehren, weil eine überwältigende Trauer über den Verlust so vieler Mitglieder ihrer eng verbundenen Gemeinschaft herrscht. Das ist das Gefühl, dass die jüngeren Sherpas bei den Versammlungen lautstark zum Ausdruck bringen“, beschreibt David Hamilton, Expeditionsleiter des britischen Jagged-Globe-Teams die Atmosphäre. „Die älteren Sherpas sind sich jedoch bewusst, dass viele der Climbing Sherpas ohne die Löhne der Frühjahrssaison im kommenden Jahr in finanzielle Not geraten.“ Hochträger können in einer Klettersaison am Mount Everest rund 5000 US-Dollar verdienen, Climbing Sherpas, die zahlende Kunden bis auf den 8850 Meter hohen Gipfel führen und dafür Extraprämien kassieren, sogar bis zu 10.000 Dollar.

Einige Forderungen erfüllt

„In ein oder zwei Tagen werden die Kletteraktivitäten sicher wieder aufgenommen“, versucht Madhu Sudhan Burlakoti vom nepalesischen Tourismusministerium, Optimismus zu verbreiten. Die Regierung ist inzwischen auf einige Forderungen der Sherpas eingegangen. So will sie einen Hilfsfond für Opfer von Bergunfällen und deren Familien einrichten, in den auch ein Teil der Besteigungsgebühren einfließen soll. Außerdem soll die Versicherungssumme für Sherpas, die im Todesfall ausgezahlt wird, von einer Million auf 1,5 Million Rupien (rund 11.000 Euro) erhöht werden.

Transportflüge mit dem Heli?

Rettungsflug am Everest

Rettungsflug am Everest

Das reicht den Sherpas im Basislager offenbar noch nicht. Die Regierung kündigte an, eine hochrangige Delegation zum Everest zu schicken, um am Donnerstag vor Ort weiter zu verhandeln. Das Tourismusministerium überdenkt nach eigenen Angaben auch sein Verbot von Hubschrauber-Transportflügen oberhalb des Basislagers. Bisher sind nur Rettungsflüge erlaubt. Die Nepalesen, die von der Lawine verschüttet worden waren, hatten Material und Lebensmittel in die Hochlager bringen sollen. Doch auch ohne schwere Last hätten sie wahrscheinlich kaum eine Chance gehabt, den tödlichen Eismassen zu entkommen. „Die Verhältnisse am Berg haben sich in den letzten drei Jahren durch die globale Erwärmung rapide verschlechtert, der Verfall im Khumbu-Eisbruch ist dramatisch, besonders im oberen Bereich“, berichtet Tim Rippel von Peak Freaks Expeditions. „Tag für Tag sitzen wir hier und hören, wie der Gletscher ächzt und zusammenbricht. Politische Missstände einmal beiseite gelassen, wir sind nicht hier, um Menschen zu töten.“

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Todesfalle Khumbu-Eisbruch https://blogs.dw.com/abenteuersport/todesfalle-khumbu-eisbruch-everest/ Sat, 19 Apr 2014 15:17:50 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25881 Lawinenträchtiges Eislabyrinth

Lawinenträchtiges Eislabyrinth

Schon die Erstbesteiger hatten Respekt vor dem Khumbu-Eisbruch. Das bezeugen die Spitznamen, die die Mitglieder der erfolgreichen britischen Everest-Expedition 1953 den besonders heiklen Passagen durch das Eislabyrinth gaben: „Hillary’s Horror“, „Mike’s Horror“, „Atom Bomb area“. Der Eisbruch sei „der Schlüssel zu allen Versuchen auf der Südseite des Everest“, schrieb Sir Edmund Hillary, der Neuseeländer, der gemeinsam mit dem Sherpa Tenzing Norgay erstmals auf dem 8850 Meter hohen Gipfel stand. Rund 40 Bergsteiger kamen seitdem im Khumbu-Eisbruch durch Lawinen von der Westschulter oder einstürzende Eistürme, so genannte Seracs, ums Leben, die meisten Opfer waren Sherpas. In den vergangenen Jahren hatten zeitweise hohe Temperaturen die Lawinengefahr noch erhöht. Aus diesem Grund hatte 2012 der neuseeländische Expeditionsveranstalter Russell Brice seine Expedition abgebrochen.

Keine Hoffnung mehr für Vermisste

Das Unglück am Freitag war das folgenreichste in der gesamten Geschichte des Mount Everest. 13 Tote wurden inzwischen aus den Eis- und Schneemassen geborgen, für die drei noch Vermissten besteht nach Angaben eines Sprechers des Tourismusministeriums keine Hoffnung mehr. Bei allen Opfern handelt es sich um Nepalesen, die meisten gehörten der Volksgruppe der Sherpa an. Sie waren dabei, Material und Lebensmittel aus dem Basislager in das Lager oberhalb des Eisbruchs zu transportieren, als die Eislawine sie traf. Sie hatten keine Chance, sich in Sicherheit zu bringen.

Doppelte Tragödie

Die Familien der Opfer sind doppelt geschlagen. Sie haben nicht nur einen Angehörigen verloren, sondern auch einen Ernährer. Hochträger am Mount Everest können in einer Saison rund 5000 US-Dollar verdienen. Das durchschnittliche Einkommen in Nepal liegt bei nur 692 Dollar, damit gehört das Land weiterhin zu den 20 ärmsten der Welt. Die nepalesische Regierung kündigte für die Familien der Lawinenopfer eine Soforthilfe von 40.000 Rupien (rund 400 Dollar) an. Das ist kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Expeditionsveranstalter sind verpflichtet, ihre nepalesischen Mitarbeiter zu versichern. Im vergangenen Sommer hatte die Regierung in Kathmandu beschlossen, die noch aus dem Jahr 2002 stammenden Versicherungssummen für das einheimische Personal von Expeditionen in etwa zu verdoppeln. So stehen den Angehörigen von Sirdars (Chefs des einheimischen Team-Personals), Bergführern und Hochträgern, die oberhalb des Basislagers unterwegs sind, seit Anfang 2014 im Todesfall eine Summe von einer Million Rupien (gut 10.000 Dollar) zu, für die Familien von Personal im Basislager 500.000 Rupien (ca. 5000 Dollar). Der American Alpine Club hat für die Familien der Lawinenopfer vom Everest einen Hilfsfonds gegründet, an den gespendet werden kann.

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