Kokodak Dome – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Ein Monat Erstbesteiger https://blogs.dw.com/abenteuersport/ein-monat-kokodak-erstbesteiger/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ein-monat-kokodak-erstbesteiger/#comments Tue, 26 Aug 2014 22:53:49 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27203 Kokodak Dome im letzten Tageslicht

Kokodak Dome im letzten Tageslicht

Im eher unwahrscheinlichen Fall, dass ich einmal beim Roulette alles auf eine Zahl setzen müsste, würde ich die 24 wählen. Die hat sich nämlich zu meiner Glückszahl gemausert. An einem 24. habe ich geheiratet. Drei meiner fünf Kinder wurden an einem 24. geboren. Und jetzt habe ich auch noch an einem 24. einen Siebentausender erstbestiegen. Gut einen Monat liegt dieser 24. Juli nun schon hinter mir, an dem ich um etwa 9.45 Uhr die Gipfelkuppe des 7129 Meter hohen Kokodak Dome im Westen Chinas betrat. Noch immer ist bei mir der Groschen nicht richtig gefallen, dass ich – in bescheidenem Umfang, aber immerhin – ein kleines Kapitel Alpingeschichte mitgeschrieben habe. Dabei war ich nicht als Erster am Gipfel, nicht einmal in der ersten Gruppe um Expeditionsleiter Luis Stitzinger. Unser Spur-Team war eine Dreiviertelstunde früher als meine Gruppe oben eingetroffen und befand sich bereits im Abstieg, als wir den höchsten Punkt erreichten.

Das Team zählt

Broad Peak

Broad Peak

Dass ich mich trotzdem „Erstbesteiger“ nennen darf, verdanke ich einer stillen Übereinkunft der Bergsteiger-Szene. Erreichen Teilnehmer derselben Expedition zwar zu unterschiedlichen Zeitpunkten, aber noch am selben Tag den Gipfel, werden alle als Erstbesteiger verbucht. Ich vermute, dass diese Regelung auf das Jahr 1957 zurückgeht. Damals gelang einer österreichischen Klein-Expedition im Karakorum in Pakistan die Erstbesteigung des 8051 Meter hohen Broad Peak – im so genannten „Westalpenstil“: ohne Hochträger, ohne Flaschen-Sauerstoff, mit vergleichsweise wenig Material. Ein Meilenstein. Alle vier Bergsteiger erreichten am 9. Juni 1957 den Gipfel, aber nicht gemeinsam. Als Erste standen Markus Schmuck und Fritz Wintersteller ganz oben. Wenig später folgten Kurt Diemberger und schließlich auch noch der großartige Hermann Buhl. Er war zunächst unterhalb des Vorgipfels zurückgeblieben, weil er starke Schmerzen im rechten Fuß hatte. Sie rührten von den Erfrierungen her, die sich Buhl 1953 bei seiner legendären Erstbesteigung des Nanga Parbat zugezogen hatte. Schließlich kämpfte sich Buhl doch noch zum Gipfel hoch – begleitet von Diemberger, der zum zweiten Mal aufstieg. Da alle vier den Weg zum Vorgipfel gemeinsam erschlossen und am selben Tag den höchsten Punkt des Broad Peak erreicht hatten, wurde dem kompletten Team die Erstbesteigung gutgeschrieben.

Wer ist zuständig?

Ich war oben

Ich war oben

Wer dafür zuständig ist, dass unsere Besteigung des Kokodak Dome ordentlich für die Nachwelt registriert wird, ist noch nicht ganz klar. Jemand wie Elizabeth Hawley, seit Jahrzehnten die Chronistin des Himalaya-Bergsteigens in Nepal, scheint es im Reich der Mitte nicht zu geben. Dominik Müller, Chef unseres Expeditionsveranstalter „AMICAL alpin“, hat Keyoum Mohammad, den Leiter der Partneragentur „Kashgar Mountaineering Adventures“, beauftragt, unseren Erfolg den dafür zuständigen Stellen zu melden. Mal sehen, wie lange es dauert, bis in einer chinesischen Liste der 16 Erstbesteiger auch mein Name auftaucht – neben einer 24.

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Making of … https://blogs.dw.com/abenteuersport/making-of/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/making-of/#comments Tue, 12 Aug 2014 16:43:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27139 Im Licht der Stirnlampe

Im Licht der Stirnlampe

Die Tarnung war mäßig, um nicht zu sagen dilettantisch. Auf meinem Visumantrag stand als Berufsbezeichnung „selbstständiger Historiker“, was immerhin einen Funken Wahrheit enthielt, weil ich einst im Nebenfach „Neuere Geschichte“ studierte. Hätte ich den Chinesen reinen Wein eingeschenkt und mich als Journalist geoutet, hätte ich höchstwahrscheinlich kein Visum erhalten. Schließlich werden die DW-Internetseite und auch mein Blog in China blockiert, wovon ich mich in Kaschgar selbst überzeugen konnte. Auf ein Mikrofon hatte ich wohlweislich verzichtet, um Scherereien an der Grenze aus dem Weg zu gehen. Das DW-Logo auf dem Handy hatte ich überklebt, alle dienstlichen Telefon-, Mail- oder SMS-Kontakte gelöscht. Und doch hätten die Grenzposten nur meinen Namen in Verbindung etwa mit dem Stichwort „Tibet“ googeln müssen und schon wäre ich aufgeflogen. Entsprechend nervös war ich bei der Einreise aus Kirgistan. Das BGan-Satellitengerät hatten wir tief im Expeditionsgepäck versteckt. Sollte es beanstandet werden, wollten wir so tun, als gehöre es zur Solaranlage.

Aufpasser der Regierung

Dazu kam es nicht. Bei den Grenzkontrollen erregten unsere Eisschrauben mehr Aufmerksamkeit als mein Rucksack, prall gefüllt mit elektronischer Ausrüstung. Die nächste Hürde kam eher unerwartet. Bei der Fahrt zum Kokodak Dome gesellte sich ein junger Chinese zu uns, der angeblich mit dem Besitzer der Trekking-Partneragentur in Kaschgar befreundet war. Mir fiel auf, dass er eine sündhaft teure Spiegelreflexkamera samt Superteleobjektiv mit sich führte. Auf meine Frage, was er denn am Kokodak Dome wolle, antwortete er, er wolle zwei Tage lang testen, ob er die Höhenluft vertrage. Außerdem arbeite er für die Online-Seite von Kaschgar. Ich wollte wissen, ob er einen Artikel über unsere Expedition plane. Er wich aus. Bei mir klingelten die Alarmglocken. Ich warnte die anderen Teammitglieder. Edith schaffte es schließlich, die entscheidende Information aus dem Chinesen herauszukitzeln. Sie erzählte ihm, dass sie für die österreichische Regierung arbeite und überrumpelte ihn: „Du arbeitest doch auch für die Regierung, oder?“ „Ja“, räumte der junge Mann kleinlaut ein.

Schwerer, aber schneller

Über Satellit verbunden

Über Satellit verbunden

Solange er uns beobachtete, musste ich also vorsichtig arbeiten. Im Schutz der Dunkelheit holte ich mir das Satellitengerät und packte es in meine Expeditionstasche. Die Berichte schrieb ich erst, wenn sich alle zur Nachtruhe zurückgezogen hatten – im Zelt, von wo aus ich auch die Internetverbindung via Satellit aufbaute und Texte samt Fotos in den Blog setzte. Nach zwei Tagen hatte der Chinese genug von uns und der Höhenluft und stieg wieder ins Tal ab. Das Versteckspielen hatte endlich ein Ende. Dafür begannen unsere Aufstiege. Ich hatte mir fest vorgenommen, auch vom Berg aus zu täglich berichten. Also gehörten Kamera, Laptop, Kartenleser, Smartphone und Verbindungskabel zu meinem Standardgepäck. „Ich würde den Rechner unten lassen“, riet mir Expeditionsleiter Luis. „Du kannst doch mit dem Smartphone schreiben und auch Bilder schicken. Dann sparst du Gewicht.“ Ich entschied mich dennoch für den Laptop, da ich auf ihm schneller und bequemer schreiben kann und damit auch mehr Zeit zur Erholung hatte. Denn daran mangelte es mir. Wenn die anderen sich bereits ausruhten, musste ich noch in die Tasten hauen musste, um das Tagesgeschehen für den Blog aufzuarbeiten. Alltag eines Expeditionsreporters.

Netz bis zum Gipfel

Nicht ohne meinen Laptop

Nicht ohne meinen Laptop

Kurioserweise profitierte ich am Berg von den vielen Militärposten im Tal. Für diese haben die Chinesen leistungsstarke Sendemasten aufgestellt. Das führte dazu, dass ich in allen Hochlagern am Kokodak Dome und selbst 20 Meter unterhalb des Gipfels noch ein G3-Handynetz hatte. Ich musste also nicht das schwere BGan-Gerät hochschleppen. Selbst die kleine Lösung, das so genannte „Sat-Sleeve“, mit dem ich das Smartphone zum datenfähigen Satellitentelefon hätte machen können, benötigte ich nicht – auch wenn ich das Gerät zur Sicherheit beim erfolgreichen Gipfelversuch im Rucksack hatte. Ich verband schlicht meinen Laptop mit dem Smartphone und schickte per Email Text und Bilder an mein „Hometeam“. Meine Frau oder mein Sohn befüllten anschließend den Blog (vielen Dank an die beiden für ihre Unterstützung). Am Gipfeltag ließ ich den Laptop in Lager 2 auf 6300 Metern. Ich meldete den Gipfelerfolg telefonisch an meine Frau, die dann eine kurze Nachricht veröffentlichte. Den Tagesbericht verfasste ich später im Zelt in Lager 2.

Täglich gebloggt

Geschafft - im doppelten Wortsinne

Geschafft – im doppelten Wortsinne

Die meiste Arbeit machte ich meinem Hometeam am letzten Tag in Kaschgar. Wegen des Mords am Imam der Stadt war das gesamte Internet blockiert. Ich konnte meinen Bericht also nicht als Email schicken, wohl aber in mehreren Teilen als SMS. Meine Frau, die nur ein normales Handy besitzt, tippte die Fragmente ab und setzte sie zusammen. Am späten Abend, als die Internetsperre aufgehoben wurde, setzte ich auch noch zwei Bilder ab, die nachträglich eingefügt wurden.

So blieb die Bilanz ungetrübt: Jeden Tag gab es einen neuen Bericht mit Bildern. Auch aus China. Trotz China. Vielleicht versteht ihr jetzt noch besser, warum ich nach dem Grenzübertritt in Kirgistan erst einmal einen Jubelschrei ausstieß.

P.S. @Florian: Ich hoffe, deine Neugier ist jetzt befriedigt. 😉

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Impressionen einer 7000er-Expedition https://blogs.dw.com/abenteuersport/impressionen-einer-7000er-expedition-2/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/impressionen-einer-7000er-expedition-2/#comments Mon, 11 Aug 2014 21:19:49 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27133 Schon zweieinhalb Wochen, erst zweieinhalb Wochen? Ich kann mich nicht entscheiden, welches Gefühl überwiegt. Die Erstbesteigung des 7129 Meter hohen Kokodak Dome im Westen Chinas liegt schon eine Weile zurück, doch die Eindrücke sind noch gegenwärtig. Ich bin in dieser Hinsicht wie eine Kuh. Ich käue die Erfahrungen wieder, bis ich irgendwann sagen kann: Jetzt habe ich all das Erlebte wirklich verdaut. Eine kleine Bilderschau:

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Abschied https://blogs.dw.com/abenteuersport/abschied/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/abschied/#comments Fri, 01 Aug 2014 13:28:13 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27105 Erfrischendes Bad

Erfrischendes Bad

Der Gegensatz könnte kaum größer sein. Vor acht Tagen standen wir noch auf 7129 Metern im Sturm auf dem Gipfel des Kokodak Dome. Heute schwimmen wir bei sommerlichen Temperaturen auf rund 2000 Metern Höhe im Issyk Kul. Der „warme See“ ist das größte Gewässer Kirgistans, gespeist von rund 80 Gletscherflüssen. Der Issyk Kul verdankt seinen Namen einigen heißen Quellen an seinem Grund, die dafür sorgen, dass er niemals zufriert. Verglichen mit dem Gletschersee oberhalb unseres Basislagers am Kokodak Dome ist dieser Riesensee wirklich warm. Ich schätze die Temperatur auf rund 20 Grad Celsius. Wir genießen das erfrischende Bad zum Abschluss unserer Reise.

So viele Erlebnisse und Eindrücke

Ganz oben

Ganz oben

Der Bogen schließt sich. Wir kehren in die kirgisische Hauptstadt Bischkek zurück, von wo aus wir vor knapp vier Wochen zu unserem großen Abenteuer gestartet sind. Im Gepäck haben wir jede Menge Erlebnisse und Eindrücke, die fortwirken: Die Tage in Juris Jurten-Camp in Tash Rabat, die Fahrt nach China, der erste Blick auf den Kokodak Dome, der Aufstieg zum Basislager, die ersten Erkundungen der Route, das Herantasten an die Höhe, schließlich der Gipfelversuch, der von Erfolg gekrönt war, die Erstbesteigung eines Siebentausenders. Viel zu viel, um einfach einen Haken dahinter zu machen. Voller Demut und Dankbarkeit blicke ich auf das zurück, was wir erlebt haben und freue mich, dass wir alle unversehrt in die Heimat zurückkehren. Selbstverständlich ist das nicht, denn bei aller Vorsicht bleibt beim Bergsteigen, erst recht in so großer Höhe, immer ein Restrisiko.

Tausend Dank!

Und Tschüss, sagt Stefan

Und Tschüss, sagt Stefan

Zum Abschluss dieser Expedition möchte ich mich bedanken: bei unserem umsichtigen Expeditionsleiter Luis, der einfach alles richtig gemacht hat; bei unseren nepalesischen Freunden Singi und Chhongba, ohne deren Hilfe wir – wenn überhaupt – erst viel später auf den Gipfel gelangt wären; bei Muhammad, Ahmad und Akbar, die uns im Basislager mit ihren Kochkünsten und ihrem Service verwöhnt haben; bei allen Expeditionsgefährten, die mich bei meiner journalistischen Arbeit und auch am Berg nach Kräften unterstützt haben; bei unseren Lieben, die uns schweren Herzens ins Abenteuer haben ziehen lassen; bei allen Bloglesern, die uns die Daumen gedrückt und uns mit ihren Kommentaren angespornt haben; und auch bei meinem Sponsor Bayer (Aspirin), ohne dessen Unterstützung ich das Projekt in dieser Form nicht hätte realisieren können.

P.S. Schaut doch bitte auch noch in meinen Blog, wenn ich nicht selbst auf Siebentausendern herumturne. Ich gebe mein Bestes, dass es sich weiterhin lohnt. 😉

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Tschüss China, hallo Kirgistan! https://blogs.dw.com/abenteuersport/tschuess-china-hallo-kirgistan/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tschuess-china-hallo-kirgistan/#comments Thu, 31 Jul 2014 18:18:28 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27093 Verbotenes Bild: die chinesischen Grenze

Verbotenes Bild: die chinesischen Grenze

Achteinhalb Stunden Fahrt, drei Stunden Schikane, macht elfeinhalb Stunden unterwegs. So lautet die Rechnung am vorletzten Tag unserer Expedition. Wir brechen um acht Uhr früh in Kaschgar auf. Zum Glück scheint sich die Lage nach dem Mord am Imam der Stadt ein wenig entspannt zu haben. Die Straßensperren vom Vortag sind weggeräumt. Ohne Probleme verlassen wir die Metropole an der Seidenstraße. Am ersten von vier chinesischen Grenzkontrollposten – dort hatten wir auf der Hinreise viel Zeit verloren, weil die Grenzsoldaten geschlossen zum Abendessen abgerückt waren – läuft es überraschend glatt. Wir müssen zwar unsere gesamten Gepäckstücke durch den Scanner jagen, doch kein einziges öffnen. Die Grenzbeamtinnen, die unsere Pässe kontrollieren, lächeln sogar und suchen das Gespräch mit uns. Wo wir denn in China gewesen seien, will eine von ihnen wissen. Wir erklären ihr, dass wir den 7129 Meter hohen Kokodak Dome erstbestiegen haben. „Dafür braucht man Stärke und Selbstbewusstsein“, antwortet die junge Frau. Als ich als Letzter der Gruppe die Kontrollstelle passiere, wünscht sie mir noch eine angenehme Reise nach Kirgistan. Na also, es geht doch! Man muss auch als Grenzposten nicht immer aussehen und sich benehmen, als hätte man einen Topf Essig verschluckt.

Zweieinhalb Stunden Mittagspause

Fahrt durch Kirgistan

Fahrt durch Kirgistan

Den zweiten Posten, nur eine Passkontrolle, lassen wir wenig später ebenfalls in kurzer Zeit hinter uns. Doch damit reißt unsere Glückssträhne. Der dritte Posten ist verwaist, die Straße auf ganzer Breite abgesperrt, weit und breit keine Spur von einem Grenzbeamten. Als unser Busfahrer für uns eine Melone aufschneidet, kommt ein Soldat herbeigerannt und bedeutet ihm, bloß nicht die Schalen auf die Straße zu werfen. Wir werden also beobachtet. Aber es geschieht nichts. Geschlagene zweieinhalb Stunden warten wir, ehe eine Sirene mehrfach ertönt. Mittagsschlaf beendet, soll das wohl heißen. Immerhin müssen wir keine weitere Gepäckkontrolle über uns ergehen lassen. Zwei junge Soldaten, die grimmig dreinschauen und recht streng riechen, steigen in unseren Bus und begleiten uns zum Grenzzaun. Tschüss China, hallo Kirgistan! Als ich meinen Fuß wieder auf kirgisischen Boden setze, lasse ich einen kräftigen Juchzer los. Ich fühle mich wie befreit.

Außen pfui, innen hui

 Essen in Privatwohnung

Abendessen im privaten Ambiente

Hinter der Grenze steigen wir in zwei Busse der kirgisischen Partner-Trekkingorganisation. Betreut werden wir von Julia, der Zwillingsschwester von Shenia, die uns bei der Hinreise begleitet hatte und ihrer Schwester zum Verwechseln ähnlich sieht. Auch Julia spricht ausgezeichnet Deutsch, auch sie war als Au Pair in Deutschland. Am Abend erreichen wir Naryn, eine Kleinstadt auf halber Strecke zwischen der chinesischen Grenze und der Hauptstadt Bischkek. Wir essen nicht im Restaurant, sondern im Wohnzimmer einer kirgisischen Familie. Das Haus mit der bröckeligen Fassade und dem heruntergekommenen Treppenhaus hätten wir wahrscheinlich niemals betreten, doch in der Wohnung sieht es picobello aus. „Das Haus gehört der Regierung, deshalb wird draußen nichts renoviert. Aber in ihrem eigenen Reich machen es sich die Leute gemütlich“, erklärt Julia. Morgen werden wir noch einen kurzen Abstecher zum Issyk Kul machen, dem größten See Kirgistans, ehe wir gegen Abend in Bischkek eintreffen. Von dort aus werde ich mich noch einmal kurz melden, bevor wir am frühen Samstagmorgen nach Hause fliegen und damit das Abenteuer Kokodak Dome zu Ende geht.

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Shity-Tour https://blogs.dw.com/abenteuersport/shity-tour/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/shity-tour/#comments Wed, 30 Jul 2014 13:05:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27073 Apak Hoja Mazar

Apak Hoja Mazar

Das dürfte eine der kürzesten Stadtrundfahrten in der Geschichte Kaschgars gewesen sein. An unserem letzten Tag in der Metropole an der Seidenstraße will uns Fremdenführer Akbar einige Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen. Mit dem Bus fahren wir zunächst zur Apak Hoja Mazar. In diesem Mausoleum, das 1640 erbaut wurde, sind 72 Mitglieder des Hoja-Clans bestattet. Das waren Uiguren, die zu ihrer Zeit ganz gut darin waren, mit ihren Truppen gegen scheinbar übermächtige Gegner anzutreten und sich einiges unter den Nagel zu reißen, was ihnen vorher nicht gehört hatte. Das Mausoleum ist ein sehr gut erhaltenes, schönes Bauwerk. „Seit fast 400 Jahren ist die Farbe unverändert, selbst die weißen Teile“, erzählt Akbar. „Ein kleines Wunder“. Das hätten wir auch gebraucht, um zu unserem zweiten Tagesziel zu gelangen, der großen Moschee Kaschgars. Es bleibt aus, wir stranden an einer Straßensperre.

Ungeliebter Imam ermordet

Akbar spricht mit einem schwer bewaffneten Polizisten. Doch der schüttelt immer wieder den Kopf. Wir erfahren, dass in der vergangenen Nacht der Imam von Kaschgar ermordet worden ist. Ausgerechnet zum Ende des moslemischen Fastenmonats Ramadan. Aus chinesischer Sicht handelt es sich nicht um ein gewöhnliches Verbrechen, sondern einen politischen Affront. Der Imam galt als Peking- treu und war bei der uigurischen Bevölkerung der Stadt, um es vorsichtig zu formulieren, nicht gerade beliebt. „Für viele hier ist heute ein Feiertag“, sagt Akbar. Die chinesischen Behörden verstehen in dieser Hinsicht keinen Spaß. Sie wittern einen Aufruhr der chronisch aufmüpfigen Uiguren und schließen nicht nur die Moschee, sondern auch die Märkte der Stadt und fast alle Geschäfte und Restaurants. Polizei und Armee sperren die großen Straßen. Alle Versuche, per Smartphone ins Internet zu gelangen, scheitern. Viel geht nicht mehr in Kaschgar.

Zur Fahndung ausgeschrieben

Zur Fahndung ausgeschrieben

Take it easy!

Immerhin gelangen wir noch zu einem netten Restaurant, das eigentlich auch geschlossen haben müsste. Doch Akbar kennt den Besitzer gut und so dürfen wir Kebab und andere Köstlichkeiten der lokalen Küche genießen. Damit endet allerdings unsere Stadtrundfahrt. Der Fahrer unseres Busses will eigentlich nur tanken, bleibt dann aber im Netz der vielen Straßensperren hängen. Wir müssen nach dem Essen lange warten. Einige vertreiben sich die Zeit mit einem Nickerchen im Restaurant. Schließlich verkündet Akbar, dass wir dem Bus entgegengehen sollten, da unser Fahrer an einer der Sperren nicht vorbeikomme. Zehn Minuten später stehen wir an besagter Kreuzung und blicken in die  Gesichter einiger grimmiger Soldaten mit Maschinenpistolen im Anschlag. Die Jungs würde ich heute nicht unbedingt zum Skatspielen einladen. Meine Kamera habe ich vorsichtshalber tief im Rucksack versteckt. Gerade als wir die Sperre hinter uns gelassen haben, wird die Straße freigegeben. Wenig später biegt unser Bus um die Ecke, und wir fahren zurück zum Hotel. „Das war keine City-Tour, sondern eine Shity-Tour“, witzelt Hannes. Auch Akbar muss lachen. „Nehmt es leicht! Dann kauft ihr eure Souvenirs eben nicht in Kaschgar, sondern morgen in Kirgistan!“

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Wie Clint ohne Colt https://blogs.dw.com/abenteuersport/wie-clint-ohne-colt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/wie-clint-ohne-colt/#comments Tue, 29 Jul 2014 13:43:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27051

Vorher…

Einige Berufe mit großer Tradition sind in unseren Breiten nahezu ausgestorben. Etwa der des Barbiers. Die Haare kannst du dir in Europa überall schneiden lassen, aber den Bart entfernen? Das kennen wir bestenfalls noch aus den Western des letzten Jahrhunderts: Clint Eastwood setzt sich auf den Stuhl, ein schmieriger Barbier zückt das Rasiermesser und setzt es Clint mit einem fiesen Grinsen an den Hals. Das Lächeln vergeht ihm jedoch, weil Clint ihm den geladenen Colt zwischen die Beine hält. Oder war es Charles Bronson? Wie auch immer, an diese Szene fühle ich mich heute morgen erinnert, als ich von einem jungen Uiguren auf dem Barbierstuhl in die Waagerechte befördert werde und er mir das Rasiermesser an den Hals hält.

Neue Klinge

Unterm Messer

Drei Wochen lang haben wir uns nicht mehr rasiert, haben damit dem Klischee entsprochen, dass Bergsteiger auf Expeditionen verwildern, zu langmähnigen und -bärtigen Halbtieren werden. Doch ehe wir hier in Kaschgar aufgrund unseres wilden Erscheinens als Yetis in den Zoo eingeliefert werden oder als Kinderschreck in Polizeigewahrsam geraten, beschließen Churchy, Hannes, Richard, Manuel und ich, gemeinsam einen Barbier aufzusuchen und uns der Barthaartracht zu entledigen. Keine 200 Meter von unserem Hotel entfernt lotst uns Muhammad, unser „Basecamp Manager“, in einen Barbierladen. Fünf Meister ihres Fachs erwarten uns. Wer als Mann jemals in Asien weilt, sollte sich dieses Erlebnis, das umgerechnet gerade einmal 2,50 Euro kostet, nicht entgehen lassen. Zunächst ölt der Barbier die Haut unter dem Bart ein und massiert sie minutenlang. Erst dann trägt er die Rasiercreme auf und schäumt sie mit einem Pinsel auf. Der junge Uigure, der mich unter dem Messer hat, macht mich mit einem schelmischen Lächeln darauf aufmerksam, dass er eine neue, scharfe Klinge einsetzt. Ich überlege kurz, ob das der Augenblick wäre, den Colt zu ziehen. Aber ich bin nicht Clint, sondern völlig wehrlos.

Der Bart ist ab

… nachher

Nun führt mir der Barbier die Klinge durchs behaarte Gesicht. Sehr geschickt, sehr vorsichtig. An den kritischen Stellen, etwa unterhalb der Lippe oder unter der Nase, zieht er routiniert die Haut glatt und entfernt auch dort die Yeti-Spuren. Nachdem er das Messer beiseite gelegt hat, massiert er noch einmal nach und schneidet als Zugabe mit einer Schere die lang gewachsenen Haare in Nase und Ohren. Nach einer Viertelstunde ist das Werk vollendet. Mit einer Gesichtshaut, so glatt wie ein Kinderpopo, mache ich dem nächsten Platz. Die Gefahr, in Kaschgar eingesperrt zu werden, ist gebannt.

Ende des Ramadan

Glanz vergangener Tage

Nach dem Besuch beim Barbier lassen wir uns durch Kaschgar treiben. Heute endet der Fastenmonat Ramadan. Die moslemische Bevölkerung ist in Feierlaune, viele tragen Festtagskleidung. Auf offener Straße werden Schafe geschächtet, Fleischspieße gegrillt und Brotfladen gebacken. Kaschgar hat zwei Gesichter. In der Altstadt versprüht es noch den Charme der alten, muslimisch geprägten Stadt an der Seidenstraße. Drumherum schießen die Hochhäuser nach chinesischem Großstadtmuster in den Himmel. Auf dem Platz vor der großen Mao-Statue haben schwer bewaffnete Polizeieinheiten dauerhaft Stellung bezogen. Vor einigen Jahren gab es in Kaschgar und anderen Städten der Region schwere Unruhen, weil die Uiguren nach Unabhängigkeit strebten, die Zentralregierung in Peking dies jedoch mit allen Mitteln verhindern wollte. Von diesem Konflikt ist auf den Straßen Kaschgars zum heutigen Ende des Ramadan wenig zu spüren.

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Vom Basislager ins Vier-Sterne-Hotel https://blogs.dw.com/abenteuersport/vom-basislager-ins-vier-sterne-hotel/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/vom-basislager-ins-vier-sterne-hotel/#comments Mon, 28 Jul 2014 18:25:39 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27037 Oh nein, bitte bleibt hier!

Oh nein, bitte bleibt hier!

Zurück in der Zivilisation. Als wir mit unseren verstaubten Bergschuhen und Hosen sowie den verschwitzten T-Shirts im Vier-Sterne-Hotel in Kaschgar einrücken, wirken wir ein wenig deplatziert. Zweieinhalb Wochen am Berg haben ihre Spuren hinterlassen. Wir nehmen die abschätzenden Blicke gelassen. Schließlich haben wir den 7129 Meter hohen Kokodak Dome erstbestiegen. Heute früh haben wir das Basislager geräumt. Mich beschleicht ein seltsames Gefühl, als ich auf den Platz sehe, wo über zwei Wochen lang mein Zelt gestanden hat.

Blicke auf den Kokodak Dome

Blick zurück auf den Kokodak Dome

Blick zurück auf den Kokodak Dome

Unser Abenteuer neigt sich dem Ende zu. Fünf Stunden lang steigen wir hinab ins Tal. Eine letzte Kraftanstrengung. Wir freuen uns über die unterschiedlichen Blicke auf „unseren“ Berg, die sich uns während der Wanderung bieten. Beim Aufstieg hatte sich der Kokodak Dome hinter Wolken versteckt. Jetzt bleiben wir häufig stehen. „Ist das der Gipfel?“ „Nein, weiter rechts!“ „Jetzt aber, siehst du die drei Spitzen? Zwei davon haben wir erst für den höchsten Punkt gehalten.“ Irgendwann lassen wir die Schneeberge hinter uns und wandern durch eine staubige, fast wüstenähnliche Landschaft. Hochmotiviert sind wir nicht mehr. Wir wollen nur noch herunter.

Socken aus, fertig! 

Zurück im Grünen

Zurück im Grünen

Endlich erreichen wir die große Talsperre, die die Chinesen aufgestaut haben. Es folgt eine vierstündige Busfahrt, entlang endloser Baustellen für Wasserkraftwerke und Straße. Am späten Abend (hier gilt aus politischen Gründen Peking-Zeit) erreichen wir die Metropole Kaschgar. Zehn Minuten Zeit haben wir, um den Staub der Wanderung abzuschütteln. Dann gehen wir essen. Weil unser Gepäck noch nicht eingetroffen ist, improvisiere ich. Ich ziehe einfach die stinkenden Socken aus und schlüpfe barfuß in die Schuhe. Die staubige Hose wasche ich mit einem feuchten Lappen ab. Und schon bin ich wieder repräsentabel. Halbwegs. Die Dusche muss warten.

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Den Brunnen erreicht https://blogs.dw.com/abenteuersport/den-brunnen-erreicht/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/den-brunnen-erreicht/#comments Sun, 27 Jul 2014 13:16:28 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27017 Gruppenbild mit Kokodak Dome

Gruppenbild mit Kokodak Dome

Die Zeichen stehen auf Abschied vom Kokodak Dome. Heute früh tauchten Treiber mit ein paar Eseln und Kamelen im Basislager auf. Die erste Hälfte unseres Gepäcks ist auf dem Weg ins Tal. Morgen werden wir unsere Zelte abbrechen und einen Tag früher als ursprünglich geplant in die Stadt Kashgar reisen. Zeit, Bilanz zu ziehen. Luis, der Leiter unserer Expedition, ist rundum zufrieden. „Ich habe mich irre gefreut, dass alle am Gipfel waren. Bei einer Erstbesteigung ist das natürlich doppelt schön. Es war eine Super-Teamleistung“, sagt Luis. „Unsere Expedition hat wie am Schnürchen geklappt.“

Wie im Film

Erinnerung an unsere Erstbesteigung

Erinnerung an unsere Erstbesteigung

Auch Manuel strahlt mit der Sonne um die Wette. „Ich habe neun Monate für die Erstbesteigung des Kokodak Dome trainiert, so hart wie noch nie zuvor“, erzählt der 33-Jährige. „Ich hatte hier die Chance zu scheitern. Da ist diese Ungewissheit, meine Nerven und Muskeln sind angespannt. Und wenn ich diese Situation dann meistere, gibt mir das eine ungeheure Befriedigung und macht mich stärker.“ Für Eva-Maria wird der Gipfeltag unvergesslich bleiben: „Es war ein genialer Moment, in der Nacht eine kurze Zeit lang vorneweg durch den Schnee zu spuren. Wie in einem Film, in den ich eigentlich nicht gehöre. Es war unglaublich, unvergesslich.“

Biblisches Ausmaß

Futter für die Kamele

Futter für die Kamele

Ursel hat den Aufstieg weniger gefühlsbetont erlebt. „Als wir Lager 2 erreicht hatten, wusste ich, dass ich den Gipfel schaffen würde. Es war kein besonders emotionaler Augenblick. Aber ich habe mich gefreut, dass alle oben waren.“ Für Ehemann Jan ist „eine Erstbesteigung der Traum jedes Bergsteigers. Und diese hatte ein geradezu biblisches Ausmaß: Zusammengenommen rund 750 Jahre standen am Gipfel des Kokodak Dome.“ Richard hat als Ältester mit 69 Jahren sein Scherflein dazu beigetragen. Leicht sei es ihm nicht gefallen, sagt Richard: „Ich fand die Tour sehr anstrengend: lange Strecken, Schotter, tiefer Schnee. Aber es war fast wie im Paradies, an diesem Berg allein unterwegs zu sein.“ Das findet auch seine Frau Edith, die ursprünglich auf den Mustagh Ata hatte steigen wollen, sich aber von Richard hatte umstimmen lassen. „Ich habe es sehr genossen. Für mich war es schön, die Besteigung mit Richard gemeinsam durchzuziehen. Ich war gar nicht so sehr auf den Gipfel fixiert, freue mich aber, dass es für alle geklappt hat.“

Eine zünftige Tour

Schwer bepackt und doch würdevoll

Schwer bepackt und doch würdevoll

Churchy beginnt erst langsam, den Erfolg zu realisieren. „Ich habe den Brunnen erreicht und spüre schon die Frische“, schwärmt Churchy. „Es war für mich am Limit, mit sehr viel Herz und Wille. Ich verspüre eine große Dankbarkeit. Durch den Gipfel ist das Ganze irrsinnig rund geworden.“ Für ihn sei der Kokodak Dome der letzte sehr hohe Berg gewesen. Andersherum sieht die Sache bei Hannes aus: „Es war meine erste richtige Expedition, und sie ist besser gelaufen als erhofft. Der Start einer großen Höhenbergsteiger-Karriere wird es aber wohl nicht, weil ich Familienvater bin.“ Diesen Zwiespalt empfindet auch Sven: „ Am Gipfel hatte ich – wie eigentlich immer – ein zweischneidiges Gefühl. Auf der einen Seite war ich froh, oben zu sein. Auf der anderen Seite fühlte ich mich ein bisschen als Egoist, weil meine Familie für mein Abenteuer zurückstecken muss.“ Dennoch bereut es Sven nicht, zum Kokodak Dome gekommen zu sein. „Es war eine schöne Mischung aus einer Erstbegehung und einer interessanten Route.“ Ins selbe Horn stößt auch Jürgen: „Es war nie grenzwertig, aber es hat immer gekribbelt. Es war rundum eine zünftige Tour.“

Ehrlich zu sich selbst

André ist ein Mann der offenen Worte. „Meine Bilanz ist geteilt. Der Kokodak Dome ist ein sehr schöner Berg, alpinistisch ansprechend, aber nicht zu schwierig“, sagt André. „Es gab Leute, die haben hart gekämpft und gesiegt. Und es gab einige, die im Windschatten gesiegt haben, ohne zu kämpfen. Letztere sollten ehrlich zu sich selbst sein.“

P.S.: Hier endet ein Abschnitt unserer Reise, aber nicht die ganze Expedition. Es wird in den nächsten Tagen weitere Berichte geben. Also, bleibt dran!

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Gipfelgefühle https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelgefuehle/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelgefuehle/#comments Sat, 26 Jul 2014 12:25:22 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26999 Kokodak Dome mit Gletschersee

Kokodak Dome mit Gletschersee

Ich bin kein Gipfeljäger. Ich bin gefühlt schon ebenso oft umgekehrt wie ich auf den höchsten Punkten von Bergen gestanden habe. Und nun darf ich mich plötzlich „Erstbesteiger eines Siebentausenders“ nennen? Ich, der vor etwa 15 Jahren noch auf keinem Grat gehen konnte, ohne dass meine Beine vor lauter Höhenangst zu zittern begannen wie eine Nähmaschine? Verrückt. Als wir vor zwei Tagen im Gipfelbereich des Kokodak Dome eine kleine Pause einlegten, trat Hannes aus der Spur in den jungfräulichen Schnee. „Hier hat vor mir noch niemals zuvor ein Mensch gestanden“, verkündete er stolz und zu Recht. Mir war das an diesem Gipfeltag nicht bewusst. Vielleicht war ich zu sehr auf das große Ziel fokussiert, diesen Berg zu besteigen.

Kurz gezweifelt

Als wir kurz vor dem Gipfel waren, der Wind auffrischte und dichte Wolken uns die Sicht nahmen, dachte ich: „Nein, bitte nicht schon wieder.“ Erinnerungen an mein Erlebnis am Siebentausender Putha Hiunchuli wurden wach, als ich auf 7150 Metern umdrehen musste, 100 Meter unter dem Gipfel. Bis heute bin ich mir hundertprozentig sicher, dass es damals die richtige Entscheidung war. Aber im Gegensatz zu 2011 fühlte ich mich nun auch körperlich noch im grünen Bereich. Der Wolkenvorhang riss kurz auf und offenbarte drei Felsblöcke, die fast gleich hoch erschienen. Verdammt, welcher ist es denn nun? Chhongba, der mit Churchy, Hannes, Volker und mir aufstieg, behielt die Übersicht. Ruhig folgte er dem, was der Wind von der Spur unserer ersten Gruppe noch nicht weggeblasen hatte, und steuerte zielstrebig auf den höchsten Punkt zu.

Tatsächlich oben

Erst trocknen, dann packen

Erst trocknen, dann packen

Wir erreichten ihn über einen Felsflur: rechts und links hohe Steinblöcke, dazwischen pfiff uns der Wind ins Gesicht, so als wollte uns der Berg signalisieren: „Lasst mich in Ruhe, bis hierhin und nicht weiter!“ Expeditionsleiter Luis schätzt die Geschwindigkeit der Böen auf 60 bis 80 Stundenkilometer. In gebückter Haltung betrat ich die kleine Gipfelkuppe. „Ich bin tatsächlich oben“, schoss es mir in den Kopf. Aber dass unserer gesamten Gruppe nun eine Erstbesteigung gelungen war, realisierte ich nicht. Der starke Wind blies zunächst meine Emotionen fort.

Wirklichkeit gewordener Traum

Volker und Sven baten mich, Gipfelfotos von ihnen zu machen. Auch ich arbeitete mein Programm ab: Ich auf dem Kokodak Dome, die Fahne meines Leib- und Magenvereins 1. FC Köln auf dem Gipfel. Erst als Churchy und ich uns in die Arme fielen, brachen die Gefühle aus mir heraus. Wie oft hatte ich davon geträumt, auf einem sehr hohen Berg zu stehen! Und dann noch als Erstbesteiger. Von Churchy wusste ich, dass er mit derselben Demut dem Kokodak Dome gegenübergetreten war wie ich. Oft hatten wir in den letzten Tagen darüber gesprochen, dass dieser Berg uns alles abverlangte, manchmal sogar mehr, als wir uns vorher zugetraut hatten. Und jetzt standen wir beide auf dem Gipfel. Bloß ein Steinhaufen, doch ein Wirklichkeit gewordener Traum. Mir schossen die Tränen aus den Augen.

Zurück ins Glas

Yaks, eine Fata Morgana

Yaks, eine Fata Morgana

Sie waren kaum getrocknet, da wollte ich nur noch weg, herunter von diesem Gipfel. Der scharfe Wind signalisierte mir, dass ich in meiner Aufmerksamkeit nicht nachlassen durfte. Hier oben fühlte ich mich nicht sicher. Das kleine Würstchen wollte zurück ins Glas. Ich habe viele Bergbücher gelesen und weiß: Die meisten Bergunfälle geschehen beim Abstieg, wenn die Konzentration nachlässt, wenn der Adrenalinstoß versiegt. Also bin ich wieder vorsichtig hinunter gestapft, habe genauso achtgegeben wie beim Aufstieg. Erst jetzt, hier unten im Basislager, dämmert es mir langsam, dass auf irgendwelchen Listen, die die Welt nicht braucht, mein Name einer unter 16 sein wird, die als Erstbesteiger des Kokodak Dome am 24. Juli 2014 aufgeführt werden. Ich finde das einerseits kurios, kann aber andererseits nicht verhehlen, dass ich auch ein wenig stolz bin. Weil sich das kleine Würstchen seinen Ängsten gestellt und es mit Hilfe, Glück, Ausdauer und Dickschädel auf einen sehr hohen Berg geschafft hat.

Mit drei Uiguren im Gletschersee

Gletscherbad

Gletscherbad

Heute war ich mit unserem „Basecamp Manager“ Muhammad und unseren beiden Köchen Agbar und Ahmad oberhalb des Basislagers in einem Gletschersee baden. Ich empfand es als Ehre, dass sie mich fragten, ob ich sie begleiten wolle. Nachdem wir uns ins kalte Wasser getraut hatten, anschließend im Sand saßen, um wieder auf Temperatur zu kommen und auf „unseren“ Berg blickten, sagte Muhammad: „Ich glaube, das ist das letzte Mal, dass wir in unserem Leben hier am Kokodak Dome baden gehen.“ Die Zeit fließt eben. Und doch produziert sie einzigartige Momente wie ein Bad mit drei Uiguren in einem Gletschersee – oder zehn Minuten auf dem windumtosten Gipfel des Kokodak Dome. Ich bin dafür dankbar.

P.S. Jürgen, Volker, Chhongba, Singi und Luis sind heute noch einmal aufgestiegen, um Lager 1 endgültig aufzulösen. Nun sind alle Spuren vom Berg getilgt – bis auf die Schneespuren. Doch auch die werden bald zugeschneit oder zugeweht sein. Dann wird der Kokodak Dome wieder ein einsamer Berg sein. Und unsere Besteigung eine Episode.

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Zurück vom Berg https://blogs.dw.com/abenteuersport/zurueck-vom-berg/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/zurueck-vom-berg/#comments Fri, 25 Jul 2014 17:15:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26979 Spuren hinterlassen

Spuren hinterlassen

Nach dem Oben-Sein das Unten-Sein genießen – das gehört zu Bergabenteuern dazu. Wir haben es geschafft, den Großteil unseres Gepäcks aus den Hochlagern abzutransportieren. Wir alle werden die kommende Nacht im Basislager verbringen. Das ist einfach ein Plus an Lebensqualität, vergleichbar einem Einzelzimmer im Hotel. Ich glaube, das kann nur verstehen, wer schon einmal an einer Expedition teilgenommen hat. Wenn du dein großes Ziel erreicht hast, willst du nur noch zurück. Als ich heute morgen meinen Rucksack für den Abstieg aus Lager 2 auf 6300 Metern gepackt habe, steht mein Entschluss fest: Ich will keine Nacht mehr in Lager 1 auf 5500 Metern verbringen. Ich will nur noch herunter vom Berg, egal wie schwer der Rucksack auf meinen Schultern lastet.

Nur noch herunter

Lager 2 ist abgebaut

Lager 2 ist abgebaut

Den anderen Teammitgliedern geht es genauso. Selbst wenn es nicht gelingen sollte, alles Material in einem Rutsch abzutransportieren, eine weitere Übernachtung im Hochlager ist keine Option. Zur Not werden wir noch einmal aufsteigen, um unser Restgepäck abzuholen. Aber wirklich nur zur Not. Erst wenn das große Ziel erreicht ist, in unserem Fall die Erstbesteigung des 7129 Meter hohen Kokodak Dome, merkst du, wie sehr du in den vergangenen Tagen an dein persönliches Leistungslimit gegangen bist. Oder sogar darüber hinaus. Als ich heute zunächst von Lager 2 durch weichen Schnee nach Lager 1 absteige, fühle ich mich einfach nur schwach. In den Tagen des Aufstiegs habe ich daran gar nicht gedacht. Das Ziel trieb mich hoch. Aber jetzt? Ich fluche über den zu schweren Rucksack, die elende Plackerei im Schnee, in den ich bei jedem dritten Schritt einbreche. Dann schmerzt auch mein lädiertes Knie. Das hat es im Aufstieg auch getan, doch da habe ich es unter „lästig, aber nicht zu vermeiden“ verbucht.

Zu schwach für den Reißverschluss

Schwer bepackt, leicht gezeichnet

Schwer bepackt, leicht gezeichnet

Als ich auf 4850 Metern unseren beiden Nepalesen Chhongba und Singi begegne, schäme ich mich fast darüber, wie schwach ich doch bin. Die beiden haben sicher das Doppelte an Gewicht gebuckelt. Immerhin schlagen sie mein Angebot einer Tasse Wasser nicht aus. Im Eisbruch kommt mir Eva-Maria entgegen. Sie ist bereits am Vortag mit Jürgen, André und Manuel nach dem Gipfelerfolg bis ins Basislager abgestiegen. Das hätte ich niemals geschafft. Jetzt kommt sie uns Nachzüglern mit Getränken entgegen und bietet an, ein wenig Gepäck abzunehmen. Ich bin sehr dankbar, die letzten anderthalb Stunden bis ins Basislager nicht alleine zurücklegen zu müssen. Dort angekommen, bin ich nicht mehr in der Lage, den verklemmten Reißverschluss meines Zeltes zu lösen. Ein Glück, dass es einen zweiten Eingang gibt. Ich ziehe mir frische Klamotten an, die nicht verschwitzt sind, und setze mich ins Messzelt, um mit meinen Teamgefährten auf den Erfolg anzustoßen.

Kirschschnaps auf den Gipfelerfolg

Anstoßen auf den Gipfelerfolg aller

Anstoßen auf den Gipfelerfolg aller

Als komplette Mannschaft haben wir den 7129 Meter hohen Kokodak Dome erstmals bestiegen. In erster Linie verdanken wir das unserem erfahrenen und umsichtigen Expeditionsleiter Luis sowie unseren bärenstarken Nepalesen Chhongba und Singi. Am Gipfeltag gebührt die größte Ehre dem ersten Teil des Teams, das für die Nachzügler die Route gespurt hat. Aber mehr konnten die Stärksten der Mannschaft für uns nicht tun. Aufsteigen mussten wir schon selbst. Die Botschaft, dass ich es mit meinen limitierten Bergsteiger-Fähigkeiten auf diesen vorher noch jungfräulichen Gipfel geschafft habe, ist noch nicht richtig angekommen. Im Augenblick bin ich einfach nur erschöpft. Aber ich gehe fest davon aus, dass wir in den nächsten Tagen noch ausreichend Gelegenheit erhalten werden, uns über unseren Erfolg zu freuen. Angestoßen haben wir heute Abend mit dem Kirschschnaps eines 80-jährigen Bauern aus dem österreichischen Waldviertel, den Churchy durch alle Grenzkontrollen geschmuggelt hat. Angeblich hat der Schnaps einen Alkoholgehalt von rund 50 Prozent. Manuel hat jedenfalls eindrucksvoll demonstriert, dass man seinen Finger damit flambieren könnte. Keine Bange, er hat sich dabei nicht verletzt. Wie wir überhaupt alle heile von unserem Bergabenteuer zurückgekehrt sind. Wenn das kein Erfolg ist!

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Gipfeltag mit maximalem Erfolg https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltag-mit-maximalem-erfolg/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltag-mit-maximalem-erfolg/#comments Thu, 24 Jul 2014 11:10:55 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26963

Meine erste 7000er-Besteigung

„Das ist auch eine Premiere für mich“, freut sich Expeditionsleiter Luis. „Alle 13 Teilnehmer am Gipfel, dazu unsere beiden Nepalesen und ich selbst, und das bei der Erstbesteigung eines Siebentausender. Wahnsinn!“ Der Kokodak Dome ist kein weißer Fleck mehr auf der Weltkarte der Berge. Wir haben den 7129 Meter hohen Berg im Westen Chinas am heutigen 24. Juli erstbestiegen. Für alle im Team geht damit ein Traum in Erfüllung. „Es ist besonders schön, dass niemand enttäuscht nach Hause fahren muss.“ Selbst unser Ältester, Richard, stand mit 69 Jahren ganz oben.

Mäßige Steigung

Wolkenmeer vom Gipfel aus

Das Wetter spielt an unserem Gipfeltag leider nicht mit. Im Gegensatz zu fast allen unseren Tagen in Kirgistan und China verstecken sich die Berge diesmal hinter dichten Wolken. Sie ziehen mit schnellem Tempo die Hänge des Kokodak Dome empor. Immerhin hat Luis mit seiner Schneeprognose ins Schwarze getroffen. Als wir um 3 Uhr von Lager 2 in 6300 Meter Höhe aufbrechen, sind seine und Chhongbas Tritte im Schnee vom Vortag gut durchgefroren. Die Temperaturen sind mit minus sieben Grad Celsius moderat. Und auch mit seiner Erwartung, wie sich das Gelände oberhalb unseres Lagers entwickelt, liegt Luis goldrichtig. Die Steigungen sind moderat. Wir können uns an die immer dünnere Luft gewöhnen, ohne zunächst an die letzte physische Grenze gehen zu müssen. Ein Kinderspiel ist es dennoch nicht. Im Gipfelbereich auf über 7000 Metern wird der Sauerstoff nur noch mit etwa 40 Prozent des Drucks in unsere Lungen gepresst wie auf Meereshöhe.

Freudentränen

Chhongba hilft mir beim Halten der FC-Fahne

„Wir können erstmals den Gipfel sehen“, gibt Luis irgendwann am Vormittag per Funk durch – etwas voreilig. Als er mit der schnellsten Gruppe die Gipfelzone erreicht, muss er feststellen, dass mehrere Bergspitzen fast gleich hoch aussehen. Luis schickt Manuel und André auf zwei Erhebungen und macht schließlich den richtigen Gipfel des Kokodak Dome aus. Dort bläst ein starker Wind, eigentlich eher ein Sturm. Die obligatorischen Gipfelbilder mit Wimpeln oder Ähnlichem (mein Andenken (l.) kennen treue Blogleser längst) sind nur schwer zu realisieren. Ich habe mich eigentlich auf den Blick hinunter auf die Takla Makan gefreut. Doch daraus wird nichts. Statt der Wüste nur ein Wolkenmeer. Dennoch sind Churchy und ich ergriffen. Vor Tagen haben wir noch darüber gesprochen, dass wir es nie für möglich gehalten hätten, einmal als Erstbesteiger auf einem Siebentausender zu stehen. Tränen kullern unsere Wangen hinunter, als wir uns in den Armen liegen. Kein Grund, sich zu schämen.

P.S. Wegen des Sturms am Gipfel habe ich vergessen, den Spot-Messenger (GPS) einzuschalten. Das müssen dann irgendwann die Zweitbesteiger erledigen. 😉 Morgen räumen wir Lager 2, übermorgen Lager 1.

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Gipfeltag https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltag/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltag/#comments Thu, 24 Jul 2014 05:54:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26957 7.20 (MEZ) Anruf von Stefan, 20 Meter unterhalb des Gipfels:

Die komplette Gruppe inclusive Luis und der beiden Sherpas hat den Gipfel erreicht!

Stefan ist in der Mitte der Gruppe auf dem 7129 Meter hohen Kokodak Dome angekommen.

Es war sehr stürmisch am Gipfel. Wolken versperrten die Sicht. Aber die schönen Ausblicke hätten sie schon die vergangenen Tage gehabt, sagt er. VN.

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Tag der Entscheidung https://blogs.dw.com/abenteuersport/tag-der-entscheidung/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tag-der-entscheidung/#comments Wed, 23 Jul 2014 12:39:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26945

Großes Palaver in Lager 2

Bleibt der 7129 Meter hohe Kokodak Dome ein weißer Fleck auf der Berglandkarte oder wird er erstmals bestiegen? Am morgigen Donnerstag fällt die Entscheidung. Nachdem wir alle nach Lager 2 auf 6300 Meter aufgestiegen sind, ziehen Expeditionsleiter Luis und Chhongba Sherpa noch einmal los. Sie erkunden den weiteren Weg, steigen weitere 200 Höhenmeter auf. Nach einer Stunde kehren die beiden zurück und trommeln das gesamte Team zusammen. „Unten war es ziemlich ekelhaft. Da sind wir teilweise bis zu den Knien im weichen Schnee eingesunken“, berichtet Luis. „Aber das ist bei der heutigen Hitze auch normal. In der Nacht sollten unsere Spuren gut anfrieren, so dass wir einen guten Tritt hätten.“ Hinter dieser ersten Steigung lege sich der Hang zurück, ein Plateau mit einer sanfteren Neigung reihe sich an das andere. „Das sieht gut aus“, fasst Luis zusammen. „Ich glaube, wir haben morgen eine gute Gipfelchance.“

Sechs bis neun Stunden bis zum Gipfel

Sonnenaufgang am Mustagh Ata

Das gilt nicht für Langschläfer. Um 2 Uhr nachts wird Luis einen Weckschrei ertönen lassen. Eine Stunde später brechen wir auf. Der Expeditionsleiter hat seine ursprüngliche Planung für die Seilschaften geringfügig geändert. Er wird mit Chhongba vorneweg spuren. Dahinter folgt die starke Seilschaft mit André, Sven, Manuel, Jürgen, die um Eva-Maria erweitert wird. Volker stößt zum Team mit Churchy, Hannes und mir. Die vierte Seilschaft mit Edith, Richard, Ursel, Jan und Singi bleibt unverändert. „Wahrscheinlich werden wir im Aufstieg gar nicht am Seil gehen müssen“, erwartet Luis. „Ich rechne damit, dass wir sechs bis neun Stunden benötigen werden.“ Beim Abstieg jedoch sollten sich alle anseilen, da um die Mittagszeit der Schnee aufweicht und sich  Spalten weiter öffnen könnten.

Daumen drücken!

Immer schön langsam

Wie groß unsere Chance wirklich ist, wird sich erst zeigen, wenn wir noch im Dunkel der Nacht hinter die Stelle kommen, bis zu der Luis und Chhongba heute noch aufgestiegen sind. Wir sind einigermaßen optimistisch, auch wenn ein Rest Ungewissheit bleibt, der zum Versuch einer Erstbesteigung einfach dazugehört. Den anspruchsvollen Aufstieg nach Lager 2 mit vollem Rucksack haben Churchy, Hannes und ich heute ganz ordentlich über die Bühne gebracht. Für die 800 Höhenmeter brauchten wir sechseinhalb Stunden, davon gönnten wir uns eine Stunde Pause. Können wir dieses Tempo auch morgen mit leichterem Rucksack, aber in dünnerer Luft halten, könnten wir den Gipfel des Kokodak Dome im erwarteten Zeitfenster erreichen. Aber wer weiß das schon? Alles muss zusammenpassen. Drückt uns allen die Daumen!

 

P.S. Wir passen auf uns auf. Versprochen! Wo unser Lager 2 steht, könnt ihr auf der rechten Blogseite sehen.

 

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Halleluja, was für ein Tag! https://blogs.dw.com/abenteuersport/halleluja-was-fuer-ein-tag/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/halleluja-was-fuer-ein-tag/#comments Tue, 22 Jul 2014 15:18:11 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26925 Saziergang geht anders

Spaziergang geht anders

Einen verunglückten Spaziergang hat der großartige Kurt Tucholsky einst das Golfspiel genannt. Er hätte auch unseren heutigen Aufstieg nach Lager 1 meinen können. Natürlich fiel er uns leichter als bei den beiden ersten Malen, weil wir inzwischen besser akklimatisiert sind. Doch ein Spaziergang war es darum noch lange nicht, bestenfalls eben ein verunglückter. Immerhin mussten wir wieder 1200 Höhenmeter überwinden, durch Gletschermoränen wandern, über Bruchgestein und durch weichen Schnee bergauf stapfen. „Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass ich dabei nicht am Limit war“, freute sich Hannes aus meiner Seilschaft. Obwohl wir noch nicht ans Seil mussten, stiegen Churchy, Hannes und ich schon heute gemeinsam auf. Wir haben einfach dasselbe Tempo und senden auch noch auf derselben Wellenlänge. Churchy ist in unserem Trio der Gute-Laune-Bär. Immer wieder juchzt er laut auf oder ruft „Halleluja, was für ein toller Tag!“

Schinken zur Begrüßung

Hannes (l.) und Churchy kurz vor dem Tagesziel

Hannes (l.) und Churchy kurz vor dem Tagesziel

Kaum eine Wolke trübte während unseres Aufstiegs nach Lager 1 auf 5525 Metern den Himmel. Die Weitsicht war wieder einmal berauschend. Bis weit in das Pamir-Gebirge reichte der Blick. Churchy sorgte dafür, dass wir ab und zu die Köpfe hoben und die Aussicht genossen. Wir hatten schon vorher vereinbart, dass wir uns Zeit nähmen. Schließlich müssen wir uns unsere Kräfte für die nächsten Tage gut einteilen. Wer sich schon am ersten Tag verausgabt, hat, realistisch betrachtet, wahrscheinlich keine Chance, übermorgen den höchsten Punkt auf 7129 Metern zu erreichen. Nach fünf Stunden und 45 Minuten erreichten wir Lager 1 – in ordentlichem Zustand. Ich hätte keine Bäume mehr ausreißen können, außer vielleicht einen Bonsai. Aber ich erholte mich sehr schnell von den Strapazen des Aufstiegs. Sollte ich am Donnerstag oder Freitag tatsächlich den Gipfel des Kokodak Dome erreichen, verdanke ich das auch zu einem guten Teil Sven, der mich überragend versorgt. Mein Zeltpartner empfing mich heute mit dünn geschnittenen Streifen Schwarzwälder Schinken. Köstlich, genau das, was ich brauchte.

Früher Aufbruch

Sven, die gute Seele unseres Zelts

Sven, die gute Seele unseres Zelts

Die Stimmung in Lager 1 ist gut. Alle Teammitglieder wirken optimistisch und auf unser Ziel fokussiert. Morgen werden wir uns die 800 Höhenmeter nach Lager 2 auf 6300 Metern hinaufschinden müssen, mit deutlich mehr Gepäck als beim ersten Mal. Doch die Spur ist getreten. Luis hat die Weckzeit auf 4.30 Uhr festgelegt, um 6 Uhr sollen wir starten. Dann dürfte der Schnee noch relativ hart sein und und uns den Aufstieg erleichtern. Ein Spaziergang wird auch das nicht. Bestenfalls ein verunglückter. Wie verunglückt, erfahrt ihr morgen. Jetzt muss ich mir noch eine Mütze Schlaf holen.

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