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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Speedy Ueli

Ueli bei seiner Solo-Tour am Mont Blanc

Steck is back. Gut drei Monate nach dem unseligen Sherpa-Angriff am Mount Everest auf ihn, Simone Moro und Jonathan Griffith meldet sich der Schweizer Top-Bergsteiger Ueli Steck eindrucksvoll zurück. Der 36-Jährige setzt am Mont Blanc ein Ausrufezeichen. Solo und in Rekordzeit klettert Ueli die „Intégrale de Peuterey“, den nach seinen Angaben längsten Grat der Alpen: „1000 Höhenmeter Zustieg, 4500 Höhenmeter Kletterei,  3800 Höhenmeter Abstieg, horizontale Distanz: Keine Ahnung!“

Normalerweise zwei bis drei Tage

1953 meisterten die deutschen Kletterer Richard Hechtel und Günther Kittelmann die Traverse erstmals. Die Tour beginnt normalerweise an der auf 2325 Meter gelegenen Borelli-Schutzhütte auf der italienischen Seite des Mont Blanc und endet nach einem aufregenden Auf und Ab über scharfe Grat-Schneiden am Gipfel auf 4810 Metern. (Einen guten Eindruck vermittelt das Video von Jonathan Griffith, das ihr unten ansehen könnt.)  Im Normalfall brauchen Kletterer für die Strecke zwei bis drei Tage. Der 25 Jahre alte Slowene Luka Lindic kletterte vor wenigen Wochen nach eigenen Angaben in fünfzehneinhalb Stunden über die „Intégrale“ zum Gipfel.

Wahnsinnszeit

Speedy Ueli ist 16 Stunden und neun Minuten unterwegs. Allerdings bricht Steck nicht an der Borelli-Hütte auf, sondern von einem Campingplatz im Val Vény aus. Und die Gesamtzeit schließt auch noch den Abstieg ins Tal ein, nach Les Houches auf der französischen Seite des höchsten Bergs der Alpen. Für den eigentlichen Grat benötigt der Schweizer nur gut zehn Stunden. Wahnsinn! Während der Kletterei habe er sich ganz in seinem Element gefühlt, schreibt Ueli: „Ich bin völlig alleine, muss auf niemand Rücksicht nehmen, kann mein eigenes Tempo gehen. Mein Rhythmus – mein Tag. Es ist einfach genial. Für mich sind solche Tage das Schönste, was es gibt. Der Berg und ich.“

Ein Lachen auf den Lippen

Auf dem Grat, am Gipfel der Aiguille Noir

Meiner einer wäre nach einer solchen Leistung (abgesehen davon, dass sie für mich so realistisch ist wie die Durchquerung des Ärmelkanals für einen Nichtschwimmer) reif für die Intensivstation. Und Ueli? Er duscht, schlürft einen Fitness-Drink und schlüpft in den Schlafsack: „Mit einem kleinen Lachen auf den Lippen schlafe ich ein! Ich hatte einen super Tag!“

Und was kommt noch?

Es scheint, als hätte Ueli die traumatischen Erlebnisse vom Everest weggesteckt. Nach seiner Mont-Blanc-Tour ist Steck mit seiner Frau nach Kanada geflogen. Eigentlich hatte der Spitzenbergsteiger aus der Schweiz für die Nach-Monsun-Zeit noch einen Trip zu einem Achttausender im Himalaya geplant. Das war allerdings vor den Ereignissen am Everest. Vielleicht überlegt es sich „Speedy Ueli“ ja noch einmal. Die Topform für einen neuerlichen großen Coup hat er jedenfalls.

P.S. In den Alpen gab es noch einen Speed-Rekord. Der katalanische Bergläufer Kilian Jornet Burgada brauchte am Matterhorn für Auf- und Abstieg über die italienische Normalroute zwei Stunden und 52 Minuten und war damit 22 Minuten schneller als der bisherige Rekordhalter Bruno Brunod aus Italien. Der 25 Jahre alte Jornet hält seit Juli auch den Rekord des schnellsten Mont-Blanc-Auf- und Abstiegs: vier Stunden 57 Minuten von Chamonix aus und zurück. Natürlich auf der Normalroute, nicht über die „Integrale“! Der flinke Spanier hat übrigens auch noch den Mount Everest im Visier.

Datum

27. August 2013 | 16:28

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