Adam Ondra – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Adam Ondra: „Immer härter zu klettern, macht einfach mehr Spaß“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/adam-ondra-immer-haerter-zu-klettern-macht-einfach-mehr-spass/ Sat, 27 Oct 2018 15:38:35 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42595

Adam Ondra

Auch der Meister des Unmöglichen steht zuweilen vor ganz profanen Problemen. „Steig ein, ich muss noch einen Parkplatz finden“, sagt mir Adam Ondra, als wir uns vor zwei Wochen am vereinbarten Ort im Zentrum der norditalienischen Stadt Trient treffen. Der 25 Jahre alte Tscheche gehört zu den Topstars eines Sportfestivals, zu dem er mit seinem Kleinbus aus seiner Heimatstadt Brünn angereist ist.

Ondra verschiebt seit Jahren die Grenzen im Sportklettern. Schon mit 13 Jahren kletterte er eine Route im Schwierigkeitsgrad 9 a auf der in der Sportkletterszene üblichen französischen Skala – was in der Bewertung des Weltverbands der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) einer Route im elften Grad entspricht. Zum Vergleich: Reinhold Messner beherrschte zu seinen besten Zeiten als Felskletterer den siebten Grad. Ende 2016 gelang Ondra am El Capitan im Yosemite-Nationalpark im Alleingang in nur acht Tagen die erste Wiederholung der Route „Dawn Wall“, die als schwierigste Big-Wall-Route der Welt gilt. Im September 2017 meisterte er in einer Höhle nahe Flatander in Norwegen eine extrem überhängende Route – die weltweit erste 9c (glatter zwölfter Grad in der UIAA-Skala). Die Kletterwelt verneigte sich einmal mehr vor Ondra, niemand zweifelte seine Bewertung an.

Nachdem ich Adam zu dem Parkhaus in Trient gelotst habe, in dem auch mein Auto steht, nutzen wir den Weg zurück zum Veranstaltungsort für das verabredete Interview.

Adam, du kletterst, seit du ein kleiner Junge warst. Kannst du dir vorstellen, eines Tages die Nase davon voll zu haben?

Adam in der Route „Silence“

Ich denke, in einem solchen Moment wäre ich einfach nur müde, aber nicht unbedingt vom Klettern. Manchmal ist es einfach notwendig, die Batterien wieder aufzuladen und sich wieder frisch zu fühlen. Aber das hat nichts mit dem Klettern zu tun. Klettern ist so toll. Ich glaube nicht, dass ich es leid werde, denn es gibt so viele verschiedene Disziplinen. Es ist doch etwas ganz anderes, einen zwei Meter hohen Felsbrocken oder eine 1.000 Meter hohe Wand zu klettern. Ich glaube, ich kann meine Motivation immer sehr hoch halten, wenn ich zwischen den Disziplinen wechsele.

Was machst du, um dich zu entspannen?

Jeden Dezember nehme ich mir eine Kletter-Auszeit von zwei oder drei Wochen. Nach einer kompletten Saison Training und Klettern braucht mein Körper das. Und mental hilft es mir wie gesagt, zwischen Kletterhalle und Felsklettern zu wechseln, zwischen Wettkämpfen und Klettern im Freien. All das hilft mir, immer zu 100 Prozent motiviert zu sein.

Muss man vielleicht auch ein wenig verrückt sein, um solche beeindruckenden Routen zu klettern?

Was mich wirklich motiviert, immer härter zu klettern, ist nicht unbedingt, dass ich meine Grenzen verschieben will, mich darüber freuen will oder den anderen zeigen möchte, wer der Beste ist. Es ist vielmehr, dass es irgendwie mehr Spaß macht, immer härtere Routen zu klettern. Je schwieriger sie sind, desto interessanter wird das Klettern und desto mehr verrückte Moves musst du dir ausdenken. Und sobald du weißt, wie es sich anfühlt, auf einem bestimmten Level zu klettern, willst du es nicht mehr darunter tun, weil du weißt, dass du dann nicht mehr das Gleiche fühlen würdest.

Adam Ondra: Immer härter zu klettern, macht einfach mehr Spaß

Du hast in einer Höhle bei Flatander in Norwegen die erste Route der Welt im französischen  Grad  9c (12. Grad der UIAA-Skala) eröffnet. Zuerst hast du sie „Hard Project“ getauft, hartes Projekt. Nachdem du sie gemeistert hattest, nanntest du sie „Silence“, Stille. Warum?

Wenn ich das Ende einer superharten Route erreiche, schreie ich normalerweise meine Freude heraus. Aber in diesem Moment war die Emotion so stark, dass ich nichts sagen konnte. Eine Minute lang schwieg ich.

Aus welchem Grund?

Ich weiß es nicht. Vielleicht konnte ich einfach nicht fassen, dass es jetzt wirklich passiert war. Wenn du vierzehn Wochen lang an einem einzelnen Projekt arbeitest und rund zwei Saisons lang speziell darauf hintrainiert hast, dann geschieht es wohl einfach auf diese Weise.

„Die Route passt zu meinem Stil“

Glaubst du, dass deine Route wiederholt wird? Und wenn ja, wann und wer könnte es schaffen?

Ich weiß es nicht. Ich wünschte, sie könnte wiederholt werden, aber warten wir es ab! Es gibt definitiv Leute, die es draufhaben – wie Alex Megos, der meiner Meinung nach in der Lage ist, eine 9c zu klettern. Gleichzeitig glaube ich aber nicht, dass diese Route zu seinem Stil passt. Er könnte sicher eine 9c mit ‚Pockets‘ (minimalen Vertiefungen für die Finger) oder schmalen ‚Crimps‘ (Felsleisten) klettern. Aber meine Route „Silence“ ist stilistisch sehr speziell. Und ich gebe zu, dass ich sie genau deswegen ausgesucht habe. Weil ich dachte, dass sie richtig gut zu dem passt, was ich am besten kann.

Adam Ondra: Die „Silence“ passt zu dem, was ich am besten kann

Das ist ziemlich genau das, was Alex mir gesagt hat. Worin liegt denn die besondere Herausforderung deiner Route?

Es ist die Route, in die ich so viel Zeit investiert habe wie in keine andere zuvor. Ich bin die meisten 9b+ Routen weltweit geklettert und denke, dass diese Route wirklich zu meinem Stil passt. Deshalb hatte ich den Mut zu sagen: Das ist die erste 9c der Welt. Wäre ich mir nicht ganz sicher gewesen, hatte ich sie eher mit 9b+ bewertet. Aber sollte sie jemals heruntergestuft werden, wäre mir das schon total peinlich. (lacht).

Ondra bei der WM in Innsbruck

Du nimmst auch an Kletterwettbewerben teil. Bei der Weltmeisterschaft in Innsbruck im vergangenen September warst du Zweiter in der Olympischen Kombination. Sind die Olympischen Spiele in Tokio 2020 für dich ein Ziel?

Ja, definitiv. Im nächsten Jahr werde ich sowohl im Boulder-Weltcup starten, als auch im Lead-Weltcup. Das ist meine Vorbereitung für die Saison 2020, in der die Olympischen Spiele mein größtes Ziel sein werden.

Als beschlossen wurde, dass Sportklettern in Tokio zum ersten Mal olympische Disziplin wird, gehörtest du zu den Kritikern des neuen Formats – der Kombination aus Speedklettern, Lead und Bouldern. Hast du deine Meinung geändert?

Im Wettkampf

Dass ich immer noch gegen das Format bin, ändert ja nichts daran. Ich wollte immer schon bei Olympischen Spielen starten. Da spielt es keine Rolle, wie kritisch ich dem Format gegenüberstehe. An meiner kritischen Haltung hat sich nichts geändert. Aber wenn ich teilnehmen will, muss ich das Format akzeptieren. Eine andere Option gibt es nicht – außer auf die Spiele zu verzichten.

Es ist also die bittere Pille, die du schlucken musst.

Ja, genau.

Können die Olympischen Spiele das Klettern in irgendeiner Weise voranbringen?

Adam in der Route „Dawn Wall“ am El Capitan

Ich würde immer noch zwischen der Welt der Wettkämpfe und der des Kletterns im Freien unterscheiden. Ich glaube, dass es die Wettkämpfe selbst definitiv verbessern kann. Sie werden größer werden, das Interesse der Mainstream-Medien wird zunehmen. Es könnte sich sogar zu einer besseren Show entwickeln. Gleichzeitig muss es nicht unbedingt einen negativen Einfluss auf das Felsklettern haben, denn das ist eine Welt für sich. Ich glaube nicht, dass es zwangsläufig so kommen muss, dass unser Sport irgendwann zu groß wird und unsere Klettergebiete überfüllt sein werden. Ich erwarte, dass die Wettbewerbe immer beliebter werden und dass auch viel mehr Leute in die Kletterhalle gehen. Vielleicht wird auch die Anzahl derer steigen, die im Freien klettern, aber nicht in so beträchtlichem Umfang.

Adam Ondra über die möglichen Auswirkungen von Olympia auf den Klettersport

Ende 2016 hast du als Erster die Route „Dawn Wall“ am El Capitan wiederholt, in nur acht Tagen. Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson, hatten für ihre Erstbegehung 19 Tage gebraucht und sich mehr als sieben Jahre darauf vorbereitet.

Ich brauchte insgesamt einen Monat.

Wie war es für dich, eine so schwierige Big-Wall-Route alleine zu klettern?

Für mich war es eine komplett neue Erfahrung, denn ich war absoluter Anfänger in Sachen Big-Wall-Klettern. Und als eine meiner ersten Routen wählte ich zufällig diejenige, die als die härteste der Welt gilt. Ich habe viel gelernt, aber am Ende stellte sich heraus, dass es nicht wirklich schwierig war, diese Big-Wall-Kniffe zu lernen. Der schwierige Teil ist eigentlich das Klettern selbst. Es ist eine harte Route, und es hat ziemlich lange gedauert, bis ich mich mit diesem speziellen Stil vertraut gemacht hatte. Aber schließlich gelang es mir. Dennoch muss ich auch darauf hinweisen, dass Tommy und Kevin so lange gebraucht haben, weil sie erst einmal herausfinden mussten, auf welchem Weg man durch diese Wand klettern kann. Jahrelang waren sie sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt möglich sein würde. Deshalb ist es für mich super beeindruckend. Ich kannte bereits alle Details der Route und musste nur das nötige Kletterlevel mitbringen, um sie zu durchsteigen.

Adam Ondra über die „Dawn Wall“

Grenzen verschieben bis zum Alter von 35

Das klingt, als hätte es dir gefallen, aber nicht so sehr wie das Sportklettern.

Nein, ich habe es definitiv sehr genossen. Aber mit Sicherheit ist Big-Wall-Klettern eine Menge Arbeit. (lacht) Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, nur in Big Walls unterwegs zu sein, auch in puncto Training. Um eine solche Route sehr schnell klettern zu können, braucht man zunächst ein sehr hohes Sportkletterniveau. Dieses Level erreichst du vor allem durch – Sportklettern. Und wenn du dann noch eine sehr hohe körperliche Fitness hast, kannst du nach Yosemite gehen und versuchen, die Route schnell zu durchsteigen.

Denkst du, dass der Grad 9c für dich das Limit ist?

Ich glaube, dass Menschen noch härter klettern können. Ob ich es sein werde oder jemand anderer, der eine 9c+ meistert, weiß ich nicht. Es wäre schön, eines Tages eine 9c+ zu schaffen. Aber ich bin mir definitiv sicher, dass ich nie eine 10a klettern kann – obwohl ich glaube, dass es möglich ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es in 20, 30 Jahren 10a-Routen geben wird.

Du bist erst 25, aber der Tag wird kommen, an dem du merkst, dass deine körperliche Stärke nachlässt. Hast du schon darüber nachgedacht, was nach dem Sportklettern kommen könnte?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich so lange Sportklettern werde, wie ich kann. Ich bin davon überzeugt, dass ich mein Sportkletterniveau steigern kann, bis ich 35 Jahre alt bin. Danach wird es dann wahrscheinlich nicht mehr möglich sein. Gleichzeitig würde ich gerne alles, was ich gelernt habe, in die größeren Wände bringen – nicht unbedingt an einem Achttausender, aber vielleicht an einem Sechstausender, wo die Hauptschwierigkeit das Klettern selbst ist und man noch mit bloßen Händen und Kletterschuhen unterwegs sein kann. Das würde mich für die fernere Zukunft reizen.

Adam Ondra: Grenzen verschieben, bis ich 35 bin

Du fürchtest dich also nicht vor der Kälte, die du an Sieben- oder Sechstausendern aushalten müsstest?

Doch. Aber das ist Teil des Spiels, ein wenig Abenteuer, um das Klettern interessanter zu machen.

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Sharma: „Ich bin eher ein Strandmensch“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/sharma-ich-bin-eher-ein-strandmensch/ Fri, 31 Mar 2017 18:13:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35653

Chris Sharma (© PRana)

Eigentlich empfiehlt es sich, zurückhaltend mit Superlativen umzugehen. Doch dass Chris Sharma seit vielen Jahren zu den besten Felskletterern der Welt gehört, ist unumstritten. Der 35 Jahre alte US-Amerikaner und der 24 Jahre alte Tscheche Adam Ondra sind bisher die einzigen Kletterer, die eine Route im Schwierigkeitsgrad 9 b+ (nach französischer Skala) gemeistert haben – teilweise extrem überhängend, eigentlich unmöglich zu klettern. Derzeit das Maß aller Dinge. Chris lebt mit seiner Frau Jimena Alarcon und der gemeinsamen kleinen Tochter Alana in Barcelona.

Chris, du klettert schon seit so vielen Jahren auf höchstem Niveau. Glaubst du, dass du es eines Tages leid wirst?

Für mich ist Klettern mein Leben, meine Leidenschaft, der Weg, mich selbst zu verwirklichen. Ich glaube nicht, dass ich das Klettern jemals leid werde. Es ist so eng damit verbunden, wer ich bin, und ich bin so dankbar für die Rolle, in der ich mich gerade befinde. Wenn wir durch die verschiedenen Phasen unseres Lebens gehen, wechselt auch unser Verhältnis. Ich bin jetzt ein Vater, ich habe eine Tochter. Selbstverständlich ändert das auch ein bisschen meine Beziehung zum Klettern, aber eigentlich verstärkt es sogar meine Leidenschaft für den Sport. Bei jedem Eintritt in eine neue Lebensphase hatte ich das Gefühl, dass meine Liebe zum Klettern eher noch tiefer wurde. Ich empfinde das Klettern noch leidenschaftlicher als vorher.

Chris Sharma: My love of climbing is deepening

Denkst du, dass du deine Leistungsgrenze schon erreicht hast oder sie noch weiter hinausschieben kannst?

Ich habe das Gefühl, dass ich noch härtere Sachen klettern kann. Es ist interessant, auch nach mehr als 20 Jahren Klettern noch in der Lage zu sein, sich weiter zu steigern. Klettern hat so viel mit Vorwärtskommen zu tun. Es gibt verschiedene Wege, sich als Kletterer weiterzuentwickeln. Klar, ein Weg ist, immer schwierigere Routen zu klettern. Das hat mich sehr inspiriert und angetrieben. Aber es gibt auch noch viele andere Wege, unsere Erfahrungen als Kletterer zu vertiefen. Und sie alle bringen uns weiter. Ich empfinde es zum Beispiel als Fortschritt für mich, dass ich eine Kletterhalle gegründet habe, um dort meine Leidenschaft mit anderen Kletterern zu teilen. Unsere Lebensreise und das Klettern sind total eng miteinander verbunden. So wie wir uns als Menschen auf verschiedene Weisen entwickeln, entwickelt sich auch unsere Beziehung zum Klettern auf verschiedene Weisen weiter.

Du bist inzwischen 35 Jahre alt. Andere Sportkletterer sagen, sie hätten in diesem Alter ihren Zenit überschritten. Hast du das Gefühl, dass auch du deine Prioritäten ändern musst?

Im Augenblick habe ich noch das Gefühl, auf meinem höchsten Niveau zu klettern. Diese Notwendigkeit ergibt also jetzt noch nicht. Aber wie ich eben schon sagte, ist es wichtig, das Ganze in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Das Schöne am Klettern ist, dass es sich nicht um eine typische Sportart handelt, wie Turnen oder Fußball. Es ist eher ein Lebensstil, den du dein ganzen Leben lang beibehalten kannst. Dies nur auf extremes Sportklettern zu reduzieren, ist eine sehr eingeschränkte Sichtweise. Im Augenblick fühle ich noch die Möglichkeit in mir, mich weiter zu steigern. Und selbstverständlich verfolge ich dieses Ziel auch. Aber es ist eben nur eine Seite der Erfahrungen eines Kletterers. Kleine Kinder klettern genauso wie alte Leute über 70. Es gehört wirklich zum Wesen des Kletterns, die eigenen Ziele hinauszuschieben, etwas auszuprobieren, was jenseits deiner Komfortzone liegt und dir vielleicht unmöglich erscheint. Und wenn du dann hart für diese Ziele arbeitest, merkst du plötzlich, dass du viel mehr erreichen kannst, als du vorher gedacht hast. Ganz egal ob du eine 6a- oder 9a-Route kletterst, es ist die gleiche Erfahrung –  für dich, für mich, für irgendwen.

Chris Sharma: The essence of climbing

Du lebst seit langem in Spanien. Bist du ein Sonnenkletterer, der einfach warmes Wetter braucht?

Ich komme aus Santa Cruz in Kalifornien, einer Surfer-Stadt. Als ich mit Klettern angefangen habe, bin ich in eine Kletterhalle gegangen. Ich war wirklich einer der ersten dieser neuen Kletterer-Generation, die aus den Kletterhallen kommt. Ich habe meine ersten Erfahrungen nicht so gemacht wie vielleicht andere Leute in den Alpen. Meine erste Verbindung zum Klettern lief über das Sportklettern. Heute liebe ich „Psicobloc“, Solos über tiefem Wasser [Klettern an Küstenfelsen, solo, ohne Seil und Sicherung. Wenn man abrutscht, fällt man ins Meer.]. Das verbindet meine zwei Welten, die Berge und das Meer. Ich bin eher ein Strandmensch als ein Bergmensch.

Psicobloc, Extremklettern an Küstenfelsen (© PRana)

Viele Sportkletterer, die älter werden, wenden sich dem Himalaya zu und sagen: Wir sind gute Felskletterer, haben jede Menge Erfahrung und versuchen nun, unsere Kletterfähigkeiten in niedrigerer Höhe auf die hohen Wände zu übertragen. Ist das auch für dich eine Option?

Ich weiß es noch nicht. Ganz ehrlich, im Augenblick kann ich es mir noch nicht vorstellen. Ich habe noch eine Menge Dinge abzuarbeiten, die näher vor meiner Haustüre liegen. Aber ganz ausschließen möchte ich es nicht. Mal sehen, was passiert. Eigentlich bin ich offen für alles.

Bist du schon im Himalaya gewesen?

Ich war in Indien und Nepal, aber nur um dort herumzulaufen, nicht um Berge zu besteigen.

Hat es dich nicht gepackt, als du diese Berge gesehen hast? Hast du nicht gedacht: Dort muss ich raufklettern?

Ich empfinde eine große Wertschätzung für Berge und alpines Klettern. Aber ehrlich, die Gefahren des Himalaya-Bergsteigens mit den Lawinen und all dem Kram interessieren mich im Augenblick nicht so sehr.

Chris mag es warm (© PRana)

Spricht da gerade der Vater?

Na klar. Für die Leute, die das machen, ist es ihre Leidenschaft. Aber es nur so nebenher zu machen, ist das Risiko nicht wert. Wenn du es als deine Bestimmung im Leben empfindest, nimmst du das Risiko in Kauf.  Aber ich bin kein Bergkletterer, ich bin eher ein Küstenfels-Kletterer. Ich denke, egal was du machst, du musst fokussiert und entschlossen sein, die Sache durchzuziehen. Zumindest im Augenblick empfinde ich das nicht für das Himalaya-Bergsteigen. Es geht mir nicht nicht durch den Kopf, also macht es auch keinen Sinn, mich damit zu beschäftigen.

Im November 2016 hat Adam Ondra weltweit Schlagzeilen gemacht, als er die „Dawn Wall“ am El Capitan im Yosemite-Nationalpark in acht Tagen frei kletterte. Viele vergleichen Adam und dich. Gibt es so etwas wie einen Wettkampf zwischen euch? Oder würdest du sagen, ich kämpfe nur gegen mich selbst?

Ich würde sagen, ich stehe nur im Wettkampf mit mir selbst. Ehrlich, es ist eine Ehre, mit Adam zu klettern. Ich empfand es oft als ziemlich hart, in der Vergangenheit alle meine Projekte alleine durchzuziehen. Adam und ich sind in Spanien zusammen geklettert. Das macht richtig Spaß und treibt mich auch an. Es gibt so viele verschiedene Weisen, an die Dinge heranzugehen. Stelle dir vor, zwei der besten Musiker der Welt kommen zusammen. Du kannst einen Ego-Trip daraus machen und versuchen herauszufinden, welcher von beiden der bessere ist. Aber das ist eigentlich Verschwendung. Viel interessanter ist es doch, wenn die beiden zusammen musizieren und etwas noch Unglaublicheres hervorbringen. Genau dazu sind Adam und ich in der Lage. Ich finde das richtig cool. Ich schätze Adam, all die Dinge, die er macht. Und ich genieße es, mit ihm zusammen zu klettern. 

Chris Sharma about Adam Ondra

Was empfindest du, wenn du ein Kletterprojekt erfolgreich beendet hast?

Wie ich schon sagte, ist Klettern für mich die Art, mein Potential zu entfalten. Ich widme dem Klettern mein Leben.  Und wenn du dann diese Augenblicke erlebst, in denen alles perfekt zusammenpasst, sind es fast übersinnliche, magische Momente.

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Ondras „Dawn Wall“-Coup: „Genial“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ondras-dawn-wall-coup-genial/ Wed, 23 Nov 2016 14:38:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34287 Adam Ondra bejubelt seinen Erfolg

Adam Ondra bejubelt seinen Erfolg

Was für ein Teufelskerl! Adam Ondra hat die Route „Dawn Wall“ im Granit des El Capitan in nur acht Tagen frei geklettert, sich also bloß mit Händen und Füßen durch die meist senkrechte, teilweise überhängende Wand bewegt und technische Hilfmittel wie Seile oder Klemmkeile nur genutzt, um sich zu sichern. Dem 23 Jahre alten Tschechen gelang damit die erst zweite freie Begehung der Felsroute, die als die schwierigste der Welt gilt. Anfang 2015 hatten die beiden US-Amerikaner Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson die „Dawn Wall“ nach 19 Tagen in der rund 900 Meter hohen Wand erstmals „befreit“, ein Meilenstein der Klettergeschichte. Mehr als sieben Jahre hatten sie sich darauf vorbereitet. Ondra hielt sich gerade einmal zweieinhalb Wochen am El Capitan im Yosemite-Nationalpark auf. „Total krass“ findet Kevin Jorgeson den Erfolg des jungen Tschechen: „Für Tommy und mich stellte sich die Frage, ob es überhaupt möglich ist. Wir ließen viel Raum, um den Stil zu verbessern und Adam machte genau das! Super beeindruckend ist, dass er sich so schnell an den einzigartigen Stil der ‚Dawn Wall‘ anpassen und so viele komplexe Passagen so schnell meistern konnte.“ Auch die deutsche Kletterszene ist begeistert.

„Als würde Bolt den Marathon gewinnen“

Auch im Dunkeln unterwegs

Auch im Dunkeln unterwegs

Alexander Huber, mit 47 Jahren der jüngere der „Huberbuam“, bewertet Ondras Leistung „seiner Fähigkeit entsprechend: meisterhaft, genial.“ Alexanders älterer Bruder sieht es ähnlich. „Das ist ‚das‘ Statement der neuen Generation“, schreibt mir Thomas Huber (der übrigens am Freitag vergangener Woche seinen 50. Geburtstag feierte). „Für mich ist es die bisher größte Leistung im Klettern unserer Zeit. Die Latte liegt jetzt hoch!“ Auch Stefan Glowacz ist hin und weg. „Ich klettere nun seit über 40 Jahren, aber diese Leistung ist für mich kaum nachvollziehbar“, schreibt der 51-Jährige auf Facebook. „Es ist großartig zu beobachten, wie die junge Generation den Klettersport in immer neue, kaum für möglich gehaltene Dimensionen katapultiert.“ Die Leistung Ondras sei „eine Art Verschmelzung von Leidenschaft, Besessenheit und außergewöhnlichem Können, vor allem jedoch eine beispiellose mentale Leistung.“ Umso mehr, als es für Adam Ondra seine erste „Big Wall“-Erfahrung gewesen sei. „Irgendwo habe ich folgenden Vergleich gelesen: als würde Usain Bolt jetzt auch noch den Marathon gewinnen.“

„Dawn Wall“ in 24 Stunden?

Experten halten Adam Ondra bereits seit Jahren für den besten Sportkletterer weltweit. In der „Dawn Wall“ am El Capitan war er mit seinem Landsmann Pavel Blazek und dem österreichischen Fotografen Heinz Zak unterwegs. Ondra kletterte alle 32 Seillängen der Route im Vorstieg. „In den ersten beiden Tagen war ich nervös wie eine Katze“, gesteht Adam in einem Interview der tschechischen Website emontana.  Die beiden Schlüsselseillängen 14 und 15 zu klettern, habe sich angefühlt, „als hielte man sich an Rasierklingen fest. Aber von ihnen abgesehen, gibt es dort Seillängen, die ich zu den besten zähle, die ich jemals geklettert bin.“ Gut möglich, dass Ondra schon bald erneut in die Route einsteigen wird. „Ich würde sie gerne viel schneller klettern als diesmal“, sagt Adam und legt die Latte ganz hoch: „Ich denke, die „Dawn Wall“ in 24 Stunden ist eine tolle Herausforderung. Es ist ganz sicher nicht mein Ziel für das nächste Jahr. Ich würde gerne ein paar Saisons lang eine mentale Auszeit nehmen, aber das Projekt wäre schon interessant als ein Lebenstraum.“ So absurd dieser Traum auch klingen mag, diesem Teufelskerl ist wirklich alles zuzutrauen.

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Sportklettern wird olympisch – Freude und Bedenken https://blogs.dw.com/abenteuersport/sportklettern-wird-olympisch-freude-und-bedenken/ Fri, 05 Aug 2016 14:00:42 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33402 climbing-olympicsNoch habe ich keine olympischen Ringe unter den Augen. Aber das wird sich in den nächsten zwei Wochen wegen der Zeitverschiebung zwischen Rio de Janeiro und hier sicher ändern. Wenn dann in vier Jahren in Tokio die nächsten Sommerspiele in anderer Zeitzone anstehen, gibt es einen zusätzlichen Grund, die täglichen Gewohnheiten zu ändern: Sportklettern wird 2020 olympisch. Das hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) beschlossen. „Ich finde es voll klasse“, sagt mir der deutsche Topkletterer Thomas Huber. „Wir müssen offen dafür sein. Das Sportklettern hat es sich wirklich verdient, ins olympische Programm aufgenommen zu werden, weil sich der Wettkampf positiv weiterentwickelt hat.“ Die Entscheidung des IOC könne für junge Menschen Signalwirkung haben.

Buntes Spektakel

Thomas Huber

Thomas Huber

Sein jüngerer Bruder Alexander und er hätten als junge Kletterer selbst an einigen Wettkämpfen teilgenommen, „eher schlecht als recht“, erzählt der 49-Jährige. Aber damals habe das Wettkampfklettern noch in den Kinderschuhen gesteckt. „Wenn ich mir heute den Boulder-Weltcup angucke, bin ich begeistert: Farbenfroh, spektakulärste Routen, fast schon Artistik. Da geht es richtig rund.“ Klettern sei zwar, wie es die Alpenvereine immer noch propagierten, auch Abenteuer, aber eben nicht nur, findet der ältere der beiden Huberbuam: „Es ist ein attraktiver, ernstzunehmender Sport. Auch ich trainiere wie ein Leistungssportler, um etwa auf Expedition nach Pakistan zu gehen.“

„Das ist Blödsinn!“

Thomas-Huber-klettertDer 23 Jahre alte Tscheche Adam Ondra, einer der weltbesten, wenn nicht der beste Sportkletterer derzeit, lehnt den Plan ab, Kletterer bei Olympia in allen drei Disziplinen – Lead (Vorstieg), Bouldern und Speedklettern – antreten zu lassen und die Ersten der Gesamtwertung mit Medaillen zu belohnen. Thomas Huber pflichtet ihm bei: „Das sind unterschiedlichste Disziplinen. Man kann nicht alles in einen Topf werfen. Das ist Blödsinn! Wenn die Funktionäre das machen, haben sie die Sportart Klettern nicht verstanden. Dann kannst du es gleich wieder vergessen.

Vom Kern entfernt

David Lama

David Lama

Ein eher grundsätzliches Problem mit Klettern bei Olympia hat David Lama. Der 26 Jahre alte Topkletterer aus Österreich war als Jugendlicher selbst ein sehr erfolgreicher Wettkämpfer, gab es dann aber auf, um sich voll auf alpine Ziele zu konzentrieren. Klettern, sagt David, „entwickelte sich aus dem Entdeckungsdrang der Menschen, aus dem Trieb, auf Berge zu steigen und sich auf ein Abenteuer einzulassen. Das ist der Kern des Kletterns, und in dieser Form gibt es auch heute noch keine richtigen Regeln.“ Um einen fairen Wettkampf zu garantieren, bedürfe es aber klarer Regeln. Schon allein deshalb habe sich das Wettklettern vom „richtigen Klettern“ entfernen müssen.

„Äpfel und Ananas“

David in der KletterwandDie Aufnahme des Sports in die Olympischen Spiele werde sicher dazu führen, dass sich der Sport weiter von seinem Kern entferne, glaubt Lama. „Aber ist das nun schlecht? Solange man sich dessen bewusst ist, dass ein Wettkampf noch nie die Grundidee des Kletterns widergespiegelt hat und nie widerspiegeln kann, ist es weder gut noch schlecht. Es ist schlicht und einfach egal.“ Schließlich könne man Äpfel und Birnen nur schwer vergleichen. „Müsste ich persönlich die Entscheidung treffen, würde ich mich aber klar gegen die Olympischen Spiele aussprechen, um die Kletter-DNA im Wettklettern nicht weiter zu verwässern“, sagt David. „Der passende Vergleich wäre sonst bald Äpfel und Ananas.“

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Olympische Gänsehaut https://blogs.dw.com/abenteuersport/olympische-gansehaut/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/olympische-gansehaut/#comments Fri, 10 Aug 2012 15:29:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=16183

Bald olympisch?

Gänsehaut-Atmosphäre. Die gab es in den letzten zwei Wochen reichlich bei den Olympischen Spielen. Das erinnerte mich an einen meiner Lieblingsträume aus Kindertagen: Ich muss den entscheidenden Elfmeter im Finale meines Leib- und Magenvereins 1. FC Köln schießen. Mucksmäuschenstill ist es im Stadion. 50.000 Zuschauer starren gebannt auf mich. Ich laufe an und versenke den Ball im Netz. Das Stadion tobt, auf den Schultern werde ich hinausgetragen. Mein kaum vorhandenes Fußball-Talent verhinderte, dass aus diesem Traum Wirklichkeit wurde. Auch sonst langte es sportlich nur zu persönlichen Bestleistungen, Galaxien entfernt von Olympia. Zur Meisterschaft brachte ich es lediglich im Mitfreuen. Und ich würde auch mit Kletterern jubeln – wenn sie im Jahr 2020 um olympisches Edelmetall wetteifern sollten.

Einer von acht kommt durch

Das Sportklettern hat es nämlich im vergangenen Jahr auf die so genannte „Shortlist“, also in die Endauswahl der acht Kandidaten geschafft. Im September 2013 in Buenos Aires entscheidet das Internationale Olympische Komitee (IOC), welche neue Sportart bei den Spielen in acht Jahren ins olympische Programm aufgenommen wird. Nur eine von der Liste kommt durch. Die Konkurrenten heißen Baseball, Softball, Squash, Rollersports (Inline-Skater, Rollhockey und ähnliches), Wakeboard, Karate und Wushu (ebenfalls eine asiatische Kampfsportart).

„Klettern verdient es, olympischer Sport zu sein und natürlich wäre ich gerne mit dabei“, sagt Adam Ondra, der 19 Jahre alte Tscheche, der seit Jahren zur absoluten Weltspitze der Sportkletterer gehört. Sportklettern ist weltweit in. Im internationalen Fachverband IFSC (International Federation of Sport Climbing) sind inzwischen 64 nationale Kletterverbände als Vollmitglieder registriert, für Deutschland der Alpenverein.

Gold für Tauhangeln und Himalaya-Expedition

Gold für Expeditionsteam 1922

Zwischen 1896 und 1924 war Klettern schon einmal olympisch – allerdings nur „beinfrei“ und damit eher turnerisch. Beim Tauhangeln gewann Gold, wer am elegantesten und schnellsten an einem knapp 15 Meter hohen, frei hängenden Seil empor kletterte – bei gestreckten und unbewegten Beinen. Und auch fürs Bergsteigen gab es einst olympisches Edelmetall. Das IOC belohnte insgesamt dreimal besondere Leistungen im Hochgebirge. Bei den Winterspielen 1924 in Chamonix wurden die Mitglieder der britischen Mount-Everest-Expedition 1922 mit Gold dekoriert. 1932 bei den Sommerspielen in Los Angeles ehrte das IOC die deutschen Brüder Franz und Toni Schmid mit dem „Prix olympique d’alpinisme“. Die beiden Münchner hatten im Jahr zuvor als Erste die Matterhorn-Nordwand durchstiegen. Toni Schmid erlebte den „Olympiasieg“ nicht mehr: Zweieinhalb Monate vor den Spielen stürzte er in den Hohen Tauern aus der Wiesbachhorn-Nordwestwand in den Tod. Die letzten Olympia-Gewinner im Bergsteigen kamen aus der Schweiz. Günter und Hettie Dyhrenfurth wurden 1936 in Berlin für „eine Reihe von bemerkenswerten Aufstiegen und wissenschaftlichen Expeditionen im Himalaya“ ausgezeichnet.

Ü 50

Dann war Sense mit olympischen Medaillen für Bergsportler. Vielleicht klappt es ja für die Sportkletterer 2020 in Tokio, Madrid oder Istanbul. Die Entscheidung, wer die Spiele ausrichtet, fällt ebenfalls im September 2013. Ich erwäge, vorher noch den Antrag beim IOC zu stellen, einen eigenen Wettbewerb in der Altersklasse Ü 50 ins Programm aufzunehmen. Als bekennender „Dilettant in der Wand“ hätte ich zwar auch in dieser Disziplin eine gegen minus unendlich tendierende Medaillenchance, würde ich mich aber auf das olympische Motto berufen: „Dabeisein ist alles!“ Damit ich doch noch zu meiner Gänsehaut komme.

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