AWI – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Schlechte Zeiten für Nordpol-Abenteurer https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlechte-zeiten-fur-nordpol-abenteurer/ Sun, 20 Jan 2013 10:14:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=19161

Wie lange noch zum Nordpol?

Der Südpol hat aus Abenteurer-Sicht einen bedeutenden Vorteil gegenüber seinem Bruder im Norden. Selbst wenn die Eiskappe der Antarktis eines Tages komplett abschmelzen sollte, könnte man 90 Grad Süd noch zu Fuß erreichen. Unter dem Nordpol-Eis verbirgt sich dagegen kein Land, sondern nur Wasser, vier Kilometer tief. Verschwindet die eisige Auflage, könnte der nördlichste Punkt der Erde nur noch per Boot oder Flugzeug erreicht werden. Noch ist es nicht so weit, doch der Trend geht eindeutig in diese Richtung. Seit drei Jahren gelangte niemand mehr von Land aus zum Nordpol. Immerhin gelang es im Juli 2012 dem Esten Timo Palo und dem Norweger Audun Tholfsen noch, in Gegenrichtung, also vom Pol aus, auf Skiern und mit Kajaks Spitzbergen zu erreichen. Für 2013 haben bereits einige Abenteurer ihre Expeditionen abgesagt – wegen der schlechten Eisverhältnisse in der Arktis. 

In erbärmlichem Zustand

„Schweren Herzens verschieben wir unsere geplante Nordpol-Expedition 2013, weil das arktische Eis in einem erbärmlichen Zustand ist“, teilen die beiden Iren Clare O’Leary und Mike O’Shea mit. „Gründe sind erstens die größte Eisschmelze aller Zeiten und zweitens ein heftiger Sturm aus dem Baltikum, der das Eis in der ersten Phase des Zufrierens aufgebrochen hat.“ Auch der Brite Tim Williamson blies seine angekündigte Nordpol-Expedition ab, unter Verweis auf die schwierigen Eisbedingungen.

Jung und dünn

Junges Eis

Im vergangenen September war die arktische Eisfläche nach Angaben von US-Forschern auf das Rekordtief von 3,61 Millionen Quadratkilometer abgeschmolzen. Damit war sie nur noch halb so groß wie 1979, als die regelmäßigen Messungen begannen. „Die Eisdecke des Arktischen Ozeans verändert sich seit einigen Jahren grundlegend. Dickes, mehrjähriges Eis sucht man mittlerweile fast vergebens“, sagt Marcel Nicolaus, Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. „Stattdessen besteht die Eisdecke heutzutage zu mehr als 50 Prozent aus dünnem einjährigen Eis, auf dem sich Schmelzwasser besonders großflächig ausbreitet.“ Und unter diesen Tümpeln schmilzt das Eis sogar noch schneller ab. Nordpol-Expeditionen auf Skiern sind wohl ein Auslaufmodell. Der Klimawandel lässt grüßen.

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Schrumpf-Eis am Nordpol https://blogs.dw.com/abenteuersport/schrumpf-eis-am-nordpol/ Wed, 29 Aug 2012 14:12:43 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=16421

Schwindende Schönheit

Wenn das so weitergeht, verschwindet bald eine eisige Spielwiese für Abenteurer. Nach Angaben des Schnee- und Eisdatenzentrums der USA (NSIDC) schrumpfte das Eis um den Nordpol in diesem Sommer auf eine Fläche von nur noch 4,1 Millionen Quadratkilometer. Ein neuer Minusrekord. Freuen werden sich darüber wahrscheinlich nur die Vertreter der Rohstoffindustrie, die seit Jahren mit den Hufen scharren, weil unter dem Nordpol riesige Öl- und Gasvorräte vermutet werden. Mich machen die Zahlen dagegen nachdenklich und traurig. Ich erinnerte mich daran, dass ich vor meiner Last-degree-Expedition zum Nordpol 2009 mit Professor Rüdiger Gerdes über das Problem der arktischen Eisschmelze gesprochen hatte. Der Mann ist Experte für Meereis am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Zeit nachzuhaken.

Herr Professor Gerdes, US-Wissenschaftler haben festgestellt, dass die Eisfläche um den Nordpol in diesem Sommer so klein ist wie noch niemals zuvor. Müssen bei uns jetzt die Alarmglocken schrillen?

Na ja, es ist ein Zeichen dafür, dass wirklich etwas vorgeht mit dem Klimasystem. Dieser Rückgang – genauso  wie der starke Rückgang des Eises in den vorausgegangenen Jahren – kann nicht durch natürliche Ursachen erklärt werden. Es gibt einen äußeren Antrieb, das ist der Temperaturanstieg, der durch die Treibhausgase bedingt ist. Es gibt auch natürliche Ursachen, aber zum großen Teil ist es der Treibhausgas-Effekt, und insofern muss uns das schon beunruhigen.

Prof. Gerdes: Grund zur Beunruhigung

Professor Rüdiger Gerdes, Meereis-Experte

Kann man sagen, dass wir in der Arktis den Wettlauf gegen den Klimawandel verlieren?

Insofern, dass wir wahrscheinlich nicht wieder zu solchen Verhältnissen zurückkehren wie wir sie noch vor 20 Jahren hatten. Das halte ich für ziemlich ausgeschlossen. Das Eis wird sich nicht so stark erholen, sondern voraussichtlich weiter abbauen, weil der Temperaturanstieg weitergeht. Kurzfristig kann sich das Eis zu einem gewissen Grad erholen, aber langfristig ist der weitere Rückgang wohl unvermeidlich.

Das heißt, wir müssen uns damit abfinden, dass das Gebiet um den Nordpol irgendwann einmal im Sommer eisfrei sein wird?

Es wird eventuell gewisse Reste von Eis geben, auch im Sommer. Aber wenn Sie sich schon jetzt eine Karte der Eisverteilung angucken, dann sehen Sie, dass wirklich weite Teile der Arktis eisfrei sind. Der ganze westliche Teil, außer nördlich des kanadischen Archipels, ist völlig eisfrei. Südlich von 80 Grad Nord ist praktisch überhaupt kein Eis mehr. Und in weiten Teilen sieht es aus, als würde es sich in den nächsten zwei, drei Wochen noch bis 85 Grad Nord zurückziehen.

Vergängliche Pracht

Bisher ging man davon aus, dass die Arktis in einem Zeitraum irgendwann zwischen 2040 und dem 22. Jahrhundert im Sommer komplett eisfrei sein würde. Muss man den Termin jetzt vorverlegen?

 Man kann keinen genauen Zeitpunkt nennen. Es gibt ja auch natürliche Temperaturschwankungen. Außerdem wissen wir nicht genau, wie sich die Wirtschaft, die Technik, die Bevölkerung und deren Nutzung von Energie entwickeln werden – deswegen auch der lange Bereich zwischen 2040 und dem 22. Jahrhundert. Das waren übrigens Modelle, die zu dem vorherigen Bericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change – Internationaler Ausschuss zum Klimawandel der Vereinten Nationen) beigetragen haben. Es gibt eine neue Runde von Modellrechnungen für den nächsten IPCC-Bericht. Jetzt werden die Zahlen etwas näher heranrücken an 2012.

Prof. Gerdes: Tendenz zu größeren Extremen

Die Arktis gilt als Fieberthermometer des Erdklimas. Was bedeutet das immer schnellere Abschmelzen des Arktis-Eises für die gesamte Welt?

Wenn das Eis jetzt großflächig verschwindet und der Ozean dadurch auch die Gelegenheit hat, während der Sommermonate ordentlich Wärme aufzunehmen, hat das natürlich Auswirkungen auf das gesamte Klima. Es gibt zum Beispiel Hinweise aus Beobachtungen und Modellrechnungen, dass wir im Gegensatz zu den hier bisher üblicherweise vorherrschenden westlichen Winden vermehrt nord-süd-gerichtete Winde haben werden. Das bedeutet, dass diese Winde entweder sehr kalte Luft zu uns transportieren oder auch sehr warme Luft – also eine gewisse Tendenz zu größeren Extremen. 

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