Baltoro-Gletscher – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Dujmovits: „Ziemlich von den Socken“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-ziemlich-von-den-socken/ Fri, 17 Jun 2016 10:36:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32965 Blick vom Basislager auf den Gasherbrum VI

Blick vom Basislager auf den Gasherbrum VI

„Blöd, dass mir das gleich am Anfang passiert ist!“ Ralf Dujmovits, Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger, ärgert sich, dass er sich beim Trekking über den Baltoro-Gletscher erst eine Durchfall-Erkrankung und dann noch eine starke Erkältung zugezogen hat. „Es geht mir zwar schon besser, aber ich merke, dass mir noch die Leistung fehlt“, erzählt mir Ralf, als ich ihn während einer Erkundungstour am Satellitentelefon erreiche. Der 54-Jährige und seine Freundin, die 47 Jahre alte kanadische Bergsteigerin Nancy Hansen, sind in den Karakorum gereist, um sich an gleich zwei unbestiegenen Bergen zu versuchen: zunächst am Gasherbrum VI (die Höhenangabe schwankt zwischen 6973 und 7004 Meter), dann nicht weit entfernt am Praqpa Ri (auch hier gibt es noch keine exakte Höhenangabe: 7134 bzw. 7152 Meter). Die beiden haben inzwischen ihr Basislager zu Füßen des Gasherbrum VI bezogen.

Ralf, wie habt ihr Pakistan bisher erlebt? Nach wie vor gilt das Land ja als Risikogebiet.

Nancy Hansen (im Hintergrund der 7000er Masherbrum)

Nancy Hansen (im Hintergrund der 7000er Masherbrum)

Wir sind überall herzlich empfangen worden. Als wir in Skardu (Stadt im Norden Pakistans, Ausgangspunkt der meisten Expeditionen im Karakorum) ein Polo-Spiel besuchten, riefen uns die Leute „Welcome“ entgegen. Nancy war dort die einzige Frau am Platz. Auch die Träger haben uns überall willkommen geheißen. Ich empfinde die Situation als sehr friedlich. Überall herrscht große Euphorie, dass in diesem Jahr erstmals wieder knapp 30 Expeditionen gekommen sind.

Mehr als 100 Bergsteiger haben sich in diesem Sommer alleine für den K 2 angemeldet. Habt ihr von dem Andrang bei eurem Trekking über den Baltoro-Gletscher schon etwas mitbekommen?

Nein. Wir haben ungefähr 30 Träger getroffen, die schon Material zum K 2-Basislager trugen. Aber ansonsten haben wir von dem Auflauf, der am K 2 erwartet wird, nichts mitbekommen.

Die letzten Sommer im Karakorum waren sehr warm. Wie ist es jetzt?

Heute ist es wieder fantastisch schön. Es macht uns fast Angst, hier auf 5000 Metern in dieser Affenhitze zu sitzen. Wir hatten jetzt anderthalb Tage schlechtes Wetter. In der Nacht hat es vielleicht eine Stunde lang geschneit, ansonsten immer geregnet. Und das Anfang Juni auf 5000 Metern! Es ist einfach viel zu warm.

Die Gasherbrum-Gruppe

Die Gasherbrum-Gruppe

Ihr habt inzwischen einen Blick auf euer erstes Ziel geworfen, den Gasherbrum VI. Welchen Eindruck habt ihr?

Bis zum Sattel unterhalb der Südwand sieht es ganz gut aus, auch von der Schneebedeckung. Es sieht aus, als könnten wir auf der linken Seite des Eisfalls, der vom Baltoro-Gletscher in dieses kleine Hochtal hinaufführt, ganz gut durchkommen. Von diesem Tal geht es dann über eine 45, 50 Grad steile Flanke in den Sattel auf 6100 Meter. Aber wir waren ziemlich von den Socken, als wir sahen, was uns darüber erwartet: viel Felskletterei. Wir hatten eigentlich mit mehr Eiskletterei gerechnet. Es ist vor allem ein Felsriegel oberhalb des Sattels, der uns zu denken gibt. Er zieht sich über die ganze Südwand, in einigen Bereichen sogar leicht überhängend. Noch sehen wir nicht, wie wir dort herüberkommen können. Aber wir sehen auch noch nicht den gesamten Felsriegel ein. Vielleicht gibt es weiter rechts einen Durchschlupf. Alles, was ich sehe, präsentiert sich mit deutlich weniger Schnee und Eis, als ich es von meinen letzten Besuchen in Erinnerung habe.

Wollt ihr den Berg im Alpinstil angehen?

Wir hatten ursprünglich vor, uns am Snow Dome (einem Gipfel nahe dem Siebentausender Chogolisa) zu akklimatisieren. Aber bei diesen Verhältnissen werden wir uns wohl am Gasherbrum VI richtig vorarbeiten und oberhalb des Sattels wahrscheinlich auch ein paar Meter Fixseil anbringen müssen. Ich habe das Gefühl, dass wir unseren ersten Gipfel eher nicht im Alpinstil angehen werden. Das wird wohl nicht möglich sein, weil es sich dort oben um ziemlich anspruchsvolles Felsgelände handelt. Wir hatten eigentlich geplant, in einem Zug vom Sattel zum Gipfel durchzusteigen. Aber es sieht nicht so aus, dass man in einem Rutsch durchkommt.

Ralf Dujmovits (r., mit Ashraf Aman, Chef von Adventure Tours Pakistan)

Ralf Dujmovits (r., mit Ashraf Aman, Chef von Adventure Tours Pakistan)

Wie viel Zeit nehmt ihr euch für den Gasherbrum VI? Ihr wollt euch ja anschließend auch noch am Parqpa Ri versuchen, einem anderen unbestiegenen Siebentausender nahe dem K 2.

Wir wollten hier am Gasherbrum VI eigentlich Ende Juni fertig sein. Sollte es jedoch aus gesundheitlichen Gründen oder wegen der Schwierigkeiten oben länger dauern, wäre das überhaupt kein Problem. Wir haben ausreichend Zeitreserve, so dass wir hier auch ein paar Tage dranhängen könnten. Wenn du nur zu zweit unterwegs bist, kannst du es ganz flexibel handhaben.

Sind die beiden unbestiegenen Siebentausender als Ziele für euch gleichwertig oder habt ihr eine Präferenz?

Während der Planung war Nancy eher vom Parqpa Ri begeistert, ich etwas mehr vom Gasherbrum VI. Aber ich denke, die Ziele sind ziemlich gleichgewichtig. Wir haben Lust darauf. Vor allem Nancy, die gesundheitlich total gut beieinander ist, will jetzt etwas voranbringen. Ich bremse sie momentan noch ein bisschen ein. Aber die Euphorie für beide Gipfel ist da. Und wir haben genügend Zeit für beide Ziele.

]]>
Auf dem Weg zum K 2 (Teil 4): Magischer Moment https://blogs.dw.com/abenteuersport/auf-dem-weg-zum-k-2-teil-4-magischer-moment/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/auf-dem-weg-zum-k-2-teil-4-magischer-moment/#comments Sat, 26 Jun 2010 11:57:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/06/26/auf-dem-weg-zum-k-2-teil-4-magischer-moment/ Es war dieser magische Weihnachtsaugenblick: Einen Tag lang war das Wohnzimmer Tabu-Zone gewesen. Die Tür abgeschlossen, das Oberlicht mit einer Wolldecke verhängt. Ungeduldig und neugierig warteten wir Kinder darauf, hinein zu dürfen. Dann endlich war es so weit. Wir betraten den geheimnisvollen Raum. Und alles war wie immer: das Kerzenlicht, der liebevoll geschmückte Baum, die Geschenke darunter. Dieser Moment war für mich immer der schönste an Weihnachten.


Rast auf dem Gletscher

Nicht mehr Bremsklotz

So ähnlich erging es mir auf dem Baltoro-Gletscher in Goro, 4500 Meter hoch. Als wir in Urdukas aufgebrochen waren, hatten sich die Berge wieder hinter dichten Wolken verborgen. Während wir die Zelte abbauten, schneite es heftig. Und es hörte auch nicht auf, als wir uns auf den Weg machten.
Wie an einer langen Schnur aufgefädelt zogen Träger, Bergsteiger und Trekker über den Gletscher. Der Neuschnee verwandelte die Stein- in eine Schneewüste. Der halbe Rasttag hatte mir gut getan. Die Durchfall-Erkrankung war ausgestanden, die Kräfte kehren zurück. Die Akklimatisierung machte Fortschritte. Erstmals fühlte ich mich nicht mehr als Bremsklotz.

Schlaflos in Goro

Nach sechs Stunden erreichten wir das Lagerplatz Goro. Es schneite noch immer.


Mehr ahnen als sehen

Ich war völlig durchnässt, auch die feuchte Ersatzkleidung im Seesack brachte kaum Linderung. In der Nacht sank das Thermometer auf minus 15 Grad. Die Bergstiefel froren am Zeltboden fest. Die Kälte kroch durch die Schlafmatte, den Schlafsack und erreichte meinen Körper. Egal wie ich mich drehte und rollte, ich fror – und bereute, dass ich vor meiner Tour nicht mehr Wert auf die Qualität meiner Ausrüstung gelegt hatte.

Endlich!

Irgendwann siegte aber doch die Müdigkeit. Kurz vor fünf Uhr wurde ich aus meinem leichten Schlaf gerissen. Jemand klopfte aufgeregt auf mein Zelt. „Man from Germany, wake up! Masherbrum without clouds!“ Es war ein Japaner, mit dem ich am Abend zuvor vergeblich darauf gewartet hatte, dass sich der Fast-Achttausender einmal ohne Wolkendecke zeigte. Ich kroch aus dem Zelt.


Wild und schön – der Masherbrum, 7821 Meter hoch

Und endlich, nach fünf Tagen, konnte ich erstmals die fantastischen Berge entlang des Baltoro-Gletschers bestaunen, an denen ich vorbeigewandert war, ohne sie zu sehen. Das Fenster hatte sich geöffnet – wie früher die Wohnzimmertür an Weihnachten. Ein magischer Moment.

Radio-Reportageserie (2004): Auf dem Weg zum K 2 (Teil 3)

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/auf-dem-weg-zum-k-2-teil-4-magischer-moment/feed/ 1