Bergtote – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Eigenverantwortung statt Vollkasko-Mentalität https://blogs.dw.com/abenteuersport/dav-bergunfallstatistik-2012/ Fri, 26 Jul 2013 10:17:42 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=22599

Bergretter im Einsatz

„Empirische Methoden der Sozialforschung“, der blanke Horror. Stinklangweilig. Mit Ach und Krach bestand ich an der Uni München die Klausur. Ich atmete tief durch. Abgehakt, nie wieder! Das Skript der Vorlesung verschwand sofort im Papierkorb. Fast 30 Jahre ist das her. Und doch hat sich überraschenderweise in meinem Hinterkopf der Appell des Dozenten von damals gehalten: Misstraut jeder Statistik, vor allem den Schlussfolgerungen, prüft die Fakten! „Weniger Tote in den Bergen“, so oder ähnlich titeln heute viele Zeitungen und beziehen sich auf die Bergunfall-Statistik des Deutschen Alpenvereins (DAV) 2012. Es lohnt sich – wie immer –  genauer hinzusehen. 

Historischer DAV-Tiefstand 

Korrekt müsste die Schlagzeile eigentlich heißen: „Weniger tote DAV-Mitglieder in den Bergen“. Die Statistik erfasst nämlich nur die Bergunfälle von Alpenvereinsmitgliedern, die der Versicherung des DAV gemeldet wurden. 28 Mitglieder ließen 2012 in den Bergen ihr Leben, laut Alpenverein so wenige wie noch nie seit Beginn der Statistik im Jahr 1952 – und das, obwohl sich die Mitgliederzahl seitdem fast verzehnfacht habe: 2012 waren es knapp eine Million, inzwischen ist die Marke geknackt

Wetter spielte wichtige Rolle 

Nur mit Hilfe nach unten

„Das Todesfallrisiko im Bergsport ist innerhalb von 61 Jahren auf ein Dreizehntel gesunken“, schließt der DAV. Auch hier müsste es eigentlich heißen: das Risiko für DAV-Bergsportler. Denkbar wäre doch etwa, dass Vereinsmitglieder über die Gefahren in den Bergen besser informiert und deshalb sicherheitsbewusster unterwegs sind als Nicht-DAVler. Der Alpenverein verweist zudem selbst auf einen wichtigen Faktor für die niedrige Zahl an Bergtoten: das Wetter. „Die Skitourensaison 2011/12 endete früh, und durch einen Wintereinbruch im Oktober war auch die Sommersaison kurz“, sagt Florian Hellberg vom DAV.   

Immer unvorsichtiger 

Erst vor wenigen Tagen hat die Bergrettung Tirol darauf verwiesen, dass in Österreich schon jetzt, also früh in der Saison 2013, die Zahl der Bergtoten von 2012 (23) beinahe erreicht sei. „Generell ist leider zu beobachten, dass die Leute immer unvorsichtiger werden und noch unvorbereiteter als bisher auf den Berg gehen“, beklagte Geschäftsführer Peter Veider. „Oft gibt es überhaupt keine Tourenplanung mehr, und niemand kümmert sich um die Wetterlage.“

!!! 

In diesem Punkt schlägt auch der DAV mit Blick auf die eigene Statistik Alarm: „Immer mehr Bergssportler bringen sich in eine Notsituation, die den Einsatz der Rettungskräfte erfordert.“ Das zeige sich besonders deutlich an Klettersteigen. Immer häufiger müsse die Rettung ausrücken, um Kletterer zu bergen, die weder vor noch zurück kämen und dann einen Notruf absetzten. Eine ehrliche Selbsteinschätzung und die entsprechende Auswahl der Tourenziele sei besonders wichtig. „Statt Vollkasko-Mentalität ist im Gebirge eigenverantwortliches Handeln gefragt“, sagt Stefan Winter vom DAV. Dahinter setze ich drei Ausrufezeichen – und mache daraus die Schlagzeile für diesen Artikel.

P.S. Endspurt! Am Sonntag endet die Hauptwahl zum Online-Star 2013. Auf der rechten Blogseite findet ihr den Link. Tausend Dank!

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Zahlen, die nachdenklich machen sollten https://blogs.dw.com/abenteuersport/zahlen-die-nachdenklich-machen-sollten/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/zahlen-die-nachdenklich-machen-sollten/#comments Sun, 06 May 2012 18:16:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14325

Bergsport liegt im Trend

Nicht umsonst gilt Bergsport als Risikosport. Immer wieder sind nicht nur Verletzte, sondern auch Tote zu beklagen. Wie jetzt in Japan. Ein Wettersturz kostete in den japanischen Alpen (die nennt man wirklich so) auf der Insel Honshu mindestens acht Bergsteigern das Leben. Nach japanischen Presseberichten starben die Wanderer im Seniorenalter an Unterkühlung. Sie waren bei schönem Wetter aufgebrochen, wurde dann aber von einem Sturm mit heftigem Regen überrascht. Viele Japaner nutzen traditionell Anfang Mai die so genannte „Goldene Woche“ mit einer Serie von Feiertagen zu ersten Bergwanderungen. – Auch in den europäischen Alpen ist Wandern und Bergsteigen Trendsport. Die Kehrseite der Medaille: Mehr Tote und Verletzte als früher.

Mehr Bergtote in der Schweiz und Österreich

Nach Angaben des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) kamen 2011 in den Schweizer Alpen und im Jura 217 Menschen ums Leben, 44 mehr als im Vorjahr. Auch wenn ich mich damit schwer tue, Menschenleben in Prozentzahlen umzurechnen,  ist das ein Zuwachs von 25 Prozent. Beim „klassischen Bergsport“ –  per Definition des SAC Wandern, Bergsteigen und Klettern –  waren 151 Tote zu beklagen, 27 mehr als im Vorjahr (plus 22 Prozent). Die meisten Opfer (40 Prozent) kamen aus Deutschland. Auch in Österreich schlagen die Rettungskräfte Alarm. 163 Bergtote zählte das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) im Jahr 2011, 26 mehr als im Vorjahr (plus 19 Prozent).

Zu schlapp, mit Neigung zur Selbstüberschätzung

Lockende Berge

„Selbstüberschätzung und mangelnde körperliche Fitness sind einmal mehr die Hauptgründe für Unfälle“, sagte KfV-Chef Othmar Thann – und liegt damit auch auf der Linie des Deutschen Alpenvereins, der schon 2010 feststellte, „dass eine typische Ursachenkombination für Notfälle in den Bergen auf dem Vormarsch ist – mangelhafte Kondition, mangelndes Wissen und Selbstüberschätzung. An der Ausrüstung mangelt es hingegen nicht.“ Es hat sich also offenbar in den Bergen weitestgehend „ausgesandalt“.

Die Zahlen der deutschen Bergretter für das vergangene Jahr werden derzeit noch zusammengetragen. Doch erste Meldungen aus einzelnen Bezirken deuten darauf hin, dass auch hierzulande mehr Menschen ihr Leben in den Bergen verloren haben. So wurden in den Allgäuer Alpen 22 Todesfälle verzeichnet, zehn mehr als 2010. Fast eine Verdopplung.

Ich halte nichts davon, den moralischen Zeigefinger zu heben. Aber vielleicht sollten diese Zahlen doch den einen oder anderen zum Nachdenken animieren, ob er in den Bergen seiner Eigenverantwortung gerecht wird. Schließlich gefährdet er unter Umständen nicht nur fahrlässig sein eigenes Leben, sondern auch das der Bergretter.

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