Bilanz – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Beinahe-Rekordsommer am K 2 https://blogs.dw.com/abenteuersport/sommer-bilanz-k2/ Thu, 04 Sep 2014 13:27:20 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27225 K 2

K 2

Ich fühlte mich dem K 2 nahe, und doch war ihm noch ziemlich fern. Das stellte ich fest, als ich nach meiner Rückkehr von der Erstbesteigung des 7129 Meter hohen Kokodak Dome die Entfernung zwischen beiden Bergen ermittelte: 300 Kilometer Luftlinie. Nicht gerade um die Ecke. Wegen meiner Expedition verpasste ich (und damit womöglich auch ihr als Leser meines Blogs), was sich am zweithöchsten Berg der Erde in diesem Sommer abspielte.

 

32 an einem Tag

Jubiläumsjahre scheinen am K 2 Gipfelerfolge wahrscheinlicher zu machen. Vielleicht liegt es aber auch schlicht daran, dass sich dann mehr Bergsteiger am „König der Achttausender“ tummeln. 2004, als sich die Erstbesteigung des K 2 zum 50. Mal jährte (und auch ich aus diesem Anlass das Basislager besuchte), erreichten 51 Bergsteiger den höchsten Punkt auf 8611 Metern. Dieser Rekord wurde jetzt zum 60-Jahr-Jubiläum zwar verfehlt, aber nur knapp. 48 Gipfelerfolge, 32 davon am 26. Juli, sind bemerkenswert viele. Schließlich gab es in der Vergangenheit auch einige Sommer wie den von 2013, als kein einziger Bergsteiger ganz oben stand.

Wie viel Mann darf sein?

Im Basislager

Im Basislager

Unter denen, die im Juli den Gipfel des K 2 erreichten, waren auch sechs Frauen: die Nepalesinnen Dawa Yangzum Sherpa, Pasang Lhamu Sherpa und Maya Sherpa sowie die Südtirolerin Tamara Lunger, die Chinesin Luo Jing und die Neuseeländerin Chris Jensen Burke (die auch einen australischen Pass hat). Ob die Expedition der drei Sherpani wirklich als reine Frauensache durchgehen kann, wird derzeit in der Szene diskutiert. Das Trio sei auf dem Weg zum Gipfel von drei Sherpa-Männern begleitet worden, berichtet die Zeitschrift National Geographic. Am selben Tag, dem bereits erwähnten 26. Juli, reihte sich auch der Tscheche Radek Jaroš in die Liste der K-2-Besteiger ein. Der 50-Jährige, der ohne Flaschensauerstoff aufstieg, komplettierte damit als erster Tscheche überhaupt seine Achttausender-Sammlung. Jaroš ist erst der 15., der ohne Atemmaske die 14 höchsten Berge der Welt bestieg.

Heiße Füße

K 2 von oben

K 2 von oben

2012 an der Annapurna, seinem 13. Achttausender, hatte sich Radek einige Zehen erfroren. Jetzt am K 2 wäre ihm beinahe das Gegenteil widerfahren. Die Heizspiralen in seinen Expeditionsschuhen liefen heiß. „Als wir auf dem Weg zum Gipfel waren, haben andere Bergsteiger, die vor mir gingen, mit ihren Füßen gegen das Eis gestampft, um sie zu durchbluten. Sie froren an den Zehen und mussten aufpassen, dass diese nicht erfrieren“, erzählte Jaroš hinterher. Er habe mit seinen Füßen dasselbe getan, „aber nur damit sie nicht verbrennen.“

Tod in Lager 4

Einen Todesfall gab es in dieser Saison am K 2. Der Spanier Miguel Angel Perez starb in Lager 4 auf 8200 Metern. Zuvor hatte er den Gipfel erreicht und anschließend, offenbar bereits höhenkrank, oberhalb des Lagers biwakiert. Perez, der mit dem K 2 neun Achttausender bestieg, wurde 46 Jahre alt. R.I.P.

P.S. Der Versuch der österreichischen Top-Bergsteiger David Lama, Hansjörg Auer und Peter Ortner, erstmals die Nordostwand des 7821 Meter hohen Masherbrum (einst von britischen Landvermessern K 1 getauft) zu durchsteigen, ist gescheitert. Das Trio machte im unteren Wandteil wegen zu großer Lawinengefahr kehrt. „Diese Wand zu klettern hat nichts mit dem gemein, was wir drei bislang in unserer Kletterlaufbahn erlebt haben“, schreibt David Lama auf seiner Internetseite. „Sie ist so neu und so schwierig, dass ein Erfolg schwer vorstellbar ist.“

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Den Brunnen erreicht https://blogs.dw.com/abenteuersport/den-brunnen-erreicht/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/den-brunnen-erreicht/#comments Sun, 27 Jul 2014 13:16:28 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27017 Gruppenbild mit Kokodak Dome

Gruppenbild mit Kokodak Dome

Die Zeichen stehen auf Abschied vom Kokodak Dome. Heute früh tauchten Treiber mit ein paar Eseln und Kamelen im Basislager auf. Die erste Hälfte unseres Gepäcks ist auf dem Weg ins Tal. Morgen werden wir unsere Zelte abbrechen und einen Tag früher als ursprünglich geplant in die Stadt Kashgar reisen. Zeit, Bilanz zu ziehen. Luis, der Leiter unserer Expedition, ist rundum zufrieden. „Ich habe mich irre gefreut, dass alle am Gipfel waren. Bei einer Erstbesteigung ist das natürlich doppelt schön. Es war eine Super-Teamleistung“, sagt Luis. „Unsere Expedition hat wie am Schnürchen geklappt.“

Wie im Film

Erinnerung an unsere Erstbesteigung

Erinnerung an unsere Erstbesteigung

Auch Manuel strahlt mit der Sonne um die Wette. „Ich habe neun Monate für die Erstbesteigung des Kokodak Dome trainiert, so hart wie noch nie zuvor“, erzählt der 33-Jährige. „Ich hatte hier die Chance zu scheitern. Da ist diese Ungewissheit, meine Nerven und Muskeln sind angespannt. Und wenn ich diese Situation dann meistere, gibt mir das eine ungeheure Befriedigung und macht mich stärker.“ Für Eva-Maria wird der Gipfeltag unvergesslich bleiben: „Es war ein genialer Moment, in der Nacht eine kurze Zeit lang vorneweg durch den Schnee zu spuren. Wie in einem Film, in den ich eigentlich nicht gehöre. Es war unglaublich, unvergesslich.“

Biblisches Ausmaß

Futter für die Kamele

Futter für die Kamele

Ursel hat den Aufstieg weniger gefühlsbetont erlebt. „Als wir Lager 2 erreicht hatten, wusste ich, dass ich den Gipfel schaffen würde. Es war kein besonders emotionaler Augenblick. Aber ich habe mich gefreut, dass alle oben waren.“ Für Ehemann Jan ist „eine Erstbesteigung der Traum jedes Bergsteigers. Und diese hatte ein geradezu biblisches Ausmaß: Zusammengenommen rund 750 Jahre standen am Gipfel des Kokodak Dome.“ Richard hat als Ältester mit 69 Jahren sein Scherflein dazu beigetragen. Leicht sei es ihm nicht gefallen, sagt Richard: „Ich fand die Tour sehr anstrengend: lange Strecken, Schotter, tiefer Schnee. Aber es war fast wie im Paradies, an diesem Berg allein unterwegs zu sein.“ Das findet auch seine Frau Edith, die ursprünglich auf den Mustagh Ata hatte steigen wollen, sich aber von Richard hatte umstimmen lassen. „Ich habe es sehr genossen. Für mich war es schön, die Besteigung mit Richard gemeinsam durchzuziehen. Ich war gar nicht so sehr auf den Gipfel fixiert, freue mich aber, dass es für alle geklappt hat.“

Eine zünftige Tour

Schwer bepackt und doch würdevoll

Schwer bepackt und doch würdevoll

Churchy beginnt erst langsam, den Erfolg zu realisieren. „Ich habe den Brunnen erreicht und spüre schon die Frische“, schwärmt Churchy. „Es war für mich am Limit, mit sehr viel Herz und Wille. Ich verspüre eine große Dankbarkeit. Durch den Gipfel ist das Ganze irrsinnig rund geworden.“ Für ihn sei der Kokodak Dome der letzte sehr hohe Berg gewesen. Andersherum sieht die Sache bei Hannes aus: „Es war meine erste richtige Expedition, und sie ist besser gelaufen als erhofft. Der Start einer großen Höhenbergsteiger-Karriere wird es aber wohl nicht, weil ich Familienvater bin.“ Diesen Zwiespalt empfindet auch Sven: „ Am Gipfel hatte ich – wie eigentlich immer – ein zweischneidiges Gefühl. Auf der einen Seite war ich froh, oben zu sein. Auf der anderen Seite fühlte ich mich ein bisschen als Egoist, weil meine Familie für mein Abenteuer zurückstecken muss.“ Dennoch bereut es Sven nicht, zum Kokodak Dome gekommen zu sein. „Es war eine schöne Mischung aus einer Erstbegehung und einer interessanten Route.“ Ins selbe Horn stößt auch Jürgen: „Es war nie grenzwertig, aber es hat immer gekribbelt. Es war rundum eine zünftige Tour.“

Ehrlich zu sich selbst

André ist ein Mann der offenen Worte. „Meine Bilanz ist geteilt. Der Kokodak Dome ist ein sehr schöner Berg, alpinistisch ansprechend, aber nicht zu schwierig“, sagt André. „Es gab Leute, die haben hart gekämpft und gesiegt. Und es gab einige, die im Windschatten gesiegt haben, ohne zu kämpfen. Letztere sollten ehrlich zu sich selbst sein.“

P.S.: Hier endet ein Abschnitt unserer Reise, aber nicht die ganze Expedition. Es wird in den nächsten Tagen weitere Berichte geben. Also, bleibt dran!

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Der müde Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-mude-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-mude-everest/#comments Tue, 07 Jun 2011 08:33:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/06/07/der-mude-everest/ Vielleicht erinnert ihr euch noch an das Telefonat, das ich vor der „Besteigungs-Saison“ mit dem Mount Everest führte. Jetzt will ich doch mal nachhören, wie es ihm so ergangen ist. Ich wähle über das seit neuestem bestehende Breitbandnetz seine Handynummer. Er meldet sich erst nach dem zehnten Klingeln mit müder Stimme.

Hallo, hier Chomolungma, wer da?

Hier ist Stefan. Habe ich dich etwa geweckt? Es muss bei dir doch schon Mittag sein?

Ich habe zur Abwechslung mal länger in den Federn gelegen. Nach dem Stress der vergangenen Monate habe ich mir den kleinen Schönheitsschlaf ja wohl mehr als verdient.


War es so schlimm?

Was soll ich sagen? Der normale Wahnsinn halt, wie in den letzten Jahren auch. Hunderte von Menschen in den Basislagern auf beiden Seiten, Fixseile bis zum höchsten Punkt, oben Gedränge an den wenigen Gipfeltagen.

Wie viele Besteigungen hast du in diesem Frühjahr gezählt?

Ich zähle nicht mehr. Als im letzten Jahr die Marke 5000 geknackt wurde, habe ich beschlossen, dass es sich nicht mehr lohnt. Früher war ich mal ein heiliger, ein exklusiver Berg. Und heute? Manchmal fühle ich mich regelrecht ausgelutscht, wenn du verstehst, was ich meine. Nehmen wir nur mal Freitag, den 20. Mai. An diesem Schönwettertag standen die Bergsteiger zu Dutzenden auf dem Gipfel.

Hast du auch einmal die Muskeln spielen lassen, als dir das Treiben zu bunt wurde?

Na ja, mit gutem Wetter habe ich die Hanseln nicht gerade verwöhnt. Häufig war es kalt und windig. Abgeschreckt hat es sie aber nicht.

Waren diesmal spektakuläre Besteigungen dabei?

Du kannst Fragen stellen. Spektakel haben viele veranstaltet, aber war es deshalb spektakulär? Die anspruchsvollen Routen blieben wieder verwaist. Alle sind mir über die beiden Normalwege aufs Haupt gestiegen, ausnahmslos mit Flaschensauerstoff. Immerhin hat Michael Horst die erste Traverse von meinem Gipfel über den Südsattel auf den Lhotse geschafft. Aber nicht, ohne dass Sherpas für den Amerikaner auf der Route zum Lhotse 500 Meter Fixseile gelegt hatten.

Es gab vier Todesfälle.

Also komm, damit habe ich nun wirklich nichts zu tun. Wenn ein 82 Jahre alter Ex-Außenminister Nepals meint, er müsse sich an mir versuchen, darf er sich nicht wundern, wenn seine Pumpe schlapp macht. Und die anderen drei habe ich auch nicht abstürzen lassen. Die sind ebenfalls kollabiert, wahrscheinlich höhenkrank. Das kannst du mir nicht in die Schuhe schieben.


Hat dir denn in dieser Frühjahrs-Saison gar nichts gefallen?

Den Gleitschirm-Tandemflug der beiden Sherpas Sanu Babu Sunuwar und Lakpa Tshering vom Gipfel 31 Kilometer weit bis zum Flugplatz Syampoche oberhalb von Namche Bazaar fand ich ganz witzig. Die beiden sind über die nepalesische Normalroute aufgestiegen und dann von der tibetischen Seite aus gestartet.

Hatten die Chinesen nichts dagegen?

Bevor die das hätten spitz kriegen und ihre Abfangjäger losschicken können, waren die beiden längst über den Westgrat zurück nach Nepal geschwebt.

Ein deutscher Bergsteiger hat sich beschwert, ihm seien auf deiner Nordseite im Hochlager auf 8300 Metern die Steigeisen gestohlen worden.

Ich bin unschuldig. Aber ehrlich gesagt, wundert es mich auch nicht. Wahrscheinlich werden demnächst Zeltwachen abkommandiert.

Das Handy-Breitbandnetz scheint ja zu funktionieren. Der Brite Kenton Cool twitterte beim Aufstieg und rief dann vom Gipfel aus seine Frau mit dem Smartphone an.

Nein, wie nett. Und am Ende hat er sich nicht bei mir bedankt, dass ich ihn den Gipfel erreichen ließ, sondern beim Hersteller des Telefons. So weit ist es schon gekommen.

Nimm es nicht so tragisch. Immerhin können wir beide jetzt auch leichter miteinander plaudern.

(Lacht) Ja, darauf hat die Welt gewartet!

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