Brendlberg – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Thomas Huber: „Danke, dass ich leben darf!“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/thomas-huber-danke-dass-ich-leben-darf/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/thomas-huber-danke-dass-ich-leben-darf/#comments Tue, 19 Jul 2016 20:16:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33246 Thomas Huber (2014)

Thomas Huber (2014)

Rund 1,8 Sekunden. So lange dauerte der 16-Meter-Sturz Thomas Hubers aus einer Felswand am Brendlberg im Berchtesgadener Land – heute vor zwei Wochen. Wie berichtet, war der 49 Jahre alte deutsche Top-Kletterer, der ältere der beiden „Huberbuam“, auf weichem Waldboden gelandet. Wie sich später herausstellte, hatte sich Thomas einen Schädelbruch zugezogen und musste sofort operiert werden. Die beruhigende Prognose der Ärzte hinterher: keine bleibenden Schäden. Inzwischen hat Thomas das Krankenhaus verlassen und erholt sich zu Hause. Ich habe mit ihm telefoniert.

Thomas, das Wichtigste zuerst: Wie geht es dir?

Es geht mir insgesamt sehr gut. Ich bin mir des unermesslichen Glücks, das ich hatte, sehr bewusst. Ich habe es dankbar angenommen. Ich schaue nicht mehr zurück, was hätte passieren können, sondern ich bin nur happy, dass es so geschehen ist, wie es geschehen ist. Optimal wäre natürlich, wenn ich es vermieden hätte und der Unfall gar nicht erst passiert wäre. Aber das ist beim Bergsteigen immer so. Ich habe mich in meiner Routine total sicher gefühlt, und oft ist dann genau darin der Teufel versteckt.

Felswand am Brendlberg

Felswand am Brendlberg

Sind deine Verletzungen allesamt kurierbar?

Es ist wie ein Wunder, dass mir nicht mehr passiert ist. Das haben auch die Chirurgen gesagt. Ich bin immerhin aus 16 Metern abgestürzt, das haben wir nachgemessen. Alles ist wieder kurierbar. Und wie es aussieht, werde ich in naher Zukunft wieder zu 100 Prozent fit sein.

16 Meter, das ist so hoch wie anderthalb Einfamilienhäuser. Hast du beim Sturz noch irgendetwas gedacht oder war alles nur noch purer Instinkt?

Alles Instinkt. Da denkst du nicht mehr, sondern handelst nur noch. Ich war zu jeder Sekunde bei vollem Bewusstsein und habe instinktiv anscheinend alles richtig gemacht. Aber lenken konnte ich das nicht mehr. Das ging so schnell und war so überraschend. Du bist dann auch gar nicht mehr in der Realität, sondern es ist wie eine zweite Ebene, wo nur noch der Körper reagiert und dich letztendlich überleben lässt. Ich hatte 1000 Schutzengel. Ich bin sicher, da war irgendetwas, was mich hat überleben lassen. Sonst wäre ich hinterher nicht einfach aufgestanden und wäre selbstständig vom Berg gegangen. Ich habe ja keinen einzigen blauen Fleck. Ich habe lediglich den Schädelbruch, die Fingerluxation (Ausrenkung), und die Dornfortsätze (der Wirbel), die am Fels runtergeschrappt sind, sind abgebrochen.

Thomas nach der Operation

Thomas nach der Operation

Du hast wahrscheinlich in deinem Leben schon zehntausende Male abgeseilt. Da fragt man sich, wie konnte dieses Unglück überhaupt passieren? War es einfach ein kurzer Augenblick mangelnder Konzentration?

Nein, die Routine war schuld. Wenn man das erste Mal an einer Wand ist, wirkt sie furchteinflößend, nicht nur am El Capitan, sondern auch am Brendlberg, auch wenn diese Wand nur 70 Meter hoch ist, aber sehr steil, sehr alpin. Ich war dort in den letzten zwei Monaten ständig unterwegs, habe verschiedene Routen erschlossen. Die Wand ist für mich wie ein Wohnzimmer geworden, ich habe mich dort total wohl gefühlt. Es war mein zweites Zuhause, meine Sommerbeschäftigung vor der Expedition. Wir haben in der Route „Watzmannflimmern“ gefilmt, die ist (Schwierigkeitsgrad) 9+. Dort wollte ich ein Fixseil reinhängen für die Kameramänner. Ich hatte in den Monaten vorher, als ich in der Route trainiert habe, bevor ich sie schließlich durchstieg, immer ein 60-Meter-Seil benutzt. Das reichte allemal bis zu dem Felsband und dann waren immer noch fünf Meter übrig. Dieses Seil, das ich jetzt benutzte, gehörte aber einem Freund. Ich habe nicht gewusst, dass es abgeschnitten war. Ich seile ab, räume in der Nachbarroute noch drei Expressen (Sicherungsmittel beim Klettern) aus der ersten Seillänge. Alles ist gut, ich seile runter auf das Band. Und – tamm! – geht es schon los und ich stürze. Ich war wirklich voll konzentriert. Schuld war eine andere Geschichte, eben die volle Routine, dass vorher monatelang immer alles gut gegangen war. Wie bei einem Schreinermeister, der sich nach 10.000 Schnitten mit der Kreissäge den Finger abschneidet.

Weiter bergsteigen

Weiter bergsteigen

Es war sehr knapp, du bist dem Tod von der Schippe gesprungen. Stellst du dir jetzt auch die Grundsatzfrage: Mache ich weiter wie bisher?

Wenn man mit einer Sache nicht fertig wird, muss man sich diese Frage wirklich stellen. Aber wenn man sich dieses unermesslichen Glückes bewusst ist und ihm mit der Dankbarkeit begegnet, leben zu dürfen, dann kann man auch weiter bergsteigen. Man muss sich einfach immer bewusst sein, was man tut. Am gefährlichsten ist, wenn man glaubt, alles im Griff zu haben. Das habe ich daraus gelernt: Du darfst dich eigentlich auf niemanden und gar nichts verlassen, außer auf dich selbst. Zieh deinen Klettergurt an und schau wirklich hin, dass die Schnalle geschlossen ist! Auch wenn es Routine wird, immer wieder backup-mäßig draufschauen! Auch wenn ich dort schon zum 20. Mal abgeseilt habe, ein neues Seil heißt eben eine neue Situation. Michael Schumacher (der Formel-1-Rekordweltmeister verunglückte 2013 beim Skifahren schwer) ist nicht so weit gefallen wie ich, und ihm geht es leider Gottes nicht so gut. Andere stürzen einen halben Meter tief und können tot sein. Ich sage nur: Danke, danke, dass ich leben darf.

Du hattest ursprünglich vor, mit Freunden zum Siebentausender Latok 1 nach Pakistan zu fahren, um dich dort an der legendären Nordgrat-Route zu versuchen. Dieser Plan ist natürlich erst einmal hinfällig. Wie geht es jetzt weiter mit dir?

Darüber möchte ich jetzt gar nicht sprechen. Ich bin in ärztlicher Betreuung. Ich habe gerade ein erstes EEG gemacht, das war sehr positiv. Schauen wir jetzt einfach, dass ich gesund und voll einsatzfähig werde. Man macht viel zu oft den großen Fehler, zu weit in die Zukunft zu schauen. Ich schaue auf das Jetzt. Und jetzt bin einfach nur glücklich und sehr dankbar, dass ich lebe.

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Thomas Huber auf dem Weg der Besserung https://blogs.dw.com/abenteuersport/thomas-huber-auf-dem-weg-der-besserung/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/thomas-huber-auf-dem-weg-der-besserung/#comments Sat, 09 Jul 2016 13:56:05 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33167 Thomas Huber steht schon wieder

Thomas Huber steht schon wieder

„Es geht mir schon wieder ziemlich gut“, schreibt mir Thomas Huber aus dem Krankenhaus in Traunstein. Wenn das keine gute Nachricht ist! Schließlich war der 49 Jahre alte deutsche Topkletterer – wie gestern berichtet – am Dienstag zwölf Meter tief aus einer Felswand am Brendlberg nahe Scheffau gestürzt. Der Unfall geschah laut dem Internetportal bgland24.de beim Abseilen. Als Thomas sich, auf einem Felsabsatz stehend, aus der Sicherung ausgeklinkt habe, um ein weiteres Seil aufnehmen zu können, habe er das Gleichgewicht verloren. Das hätte böse ausgehen können. „1000 Schutzengeln“ (Thomas) und seinem Instinkt dürfte es der Kletterer zu verdanken haben, dass ihm nichts Schlimmeres passierte.

Keine bleibenden Schäden

Laut bgland24.de landete Thomas nach eigenen Worten „wia a Katz“ auf dem weichen Waldboden. Huber war sogar noch in der Lage, gemeinsam mit seinem Kletterpartner Michael Grassl dem Krankenwagen entgegenzulaufen. Die Diagnose im Krankenhaus in Traunstein war dann jedoch besorgniserregend: Schädelbruch. Thomas kam sofort unters Messer. Die Operation verlief ohne Komplikationen. Die Prognose der Ärzte ist positiv: Keine bleibenden Schäden. Auch die anderen Verletzungen – ab- oder angebrochene Dornfortsätze an einigen Wirbeln und ein verrenkter Finger – werden verheilen. Wenn alles gut läuft, kann Thomas in der kommenden Woche das Krankenhaus verlassen.

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Thomas Huber bei Absturz schwer verletzt https://blogs.dw.com/abenteuersport/thomas-huber-bei-absturz-schwer-verletzt/ Fri, 08 Jul 2016 09:09:26 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33143 Thomas-Huber

Thomas Huber

„Entgegen all den Meldungen: Mir geht’s so weit gut“, schreibt Thomas Huber auf Facebook. „Hatte 1000 Schutzengel.“ Nach Informationen der Internetseite BGLand24.de  stürzte der 49 Jahre alte deutsche Topkletterer bereits am Dienstag bei Vorbereitungen für Filmarbeiten aus einer Felswand am Brendlberg im Berchtesgadener Land 20 Meter weit ab. Thomas sprach inzwischen von einer Fallhöhe von zwölf Metern. Er hatte Ende Mai in der Wand eine neue Route eröffnet. Der Kletterer wurde nach dem Unfall ins Krankenhaus Traunstein eingeliefert. Nach unbestätigten Berichten soll sich Thomas bei dem Sturz einen Schädelbruch zugezogen haben. Er sei wegen eines Blutgerinnsels sofort operiert worden.

Latok I muss warten

Felswand am Brendlberg

Felswand am Brendlberg

Thomas hatte ursprünglich im August mit Toni Gutsch und Sebastian Brutscher nach Pakistan fliegen wollen. Ihr Ziel: Die Vollendung der Nordgrat-Route am 7145 Meter hohen Latok I im Karakorum. Seit dem legendären ersten Versuch 1978, als die US-Amerikaner Jeff und George Henry Lowe, Michael Kennedy und Jim Donini  im Sturm rund 150 Meter unterhalb des Gipfels hatten umkehren müssen, sind mehr als 20 Versuche, die Route zu meistern, gescheitert. Im Juni hatte Thomas die Pioniere in den USA besucht.

Dieser Plan des älteren der beiden Huberbuam (Alexander turnt gerade in Grönland herum) muss jetzt erst einmal wieder in der Schublade verschwinden. Jetzt gilt es, komplett gesund zu werden. Thomas, gute Besserung, ich drücke dir die Daumen, dass du schnell wieder auf die Beine kommst!

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