Dean Potter – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Traurige Liste https://blogs.dw.com/abenteuersport/traurige-liste/ Tue, 19 May 2015 15:37:07 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29605 Wingsuit_1Ein Zischen, ein grüner Blitz, vorbei. Als ich vor einigen Wochen mit den Skiern am 2550 Meter hohen Brevent oberhalb von Chamonix eine kleine Pause machte, flog, nein, schoss ein Basejumper im grünen Wingsuit über mich hinweg talwärts. Wie eine Fledermaus mit Düsenantrieb. Ich räume ein, dass ich einerseits fasziniert war. Andererseits fragte ich mich, ob bei diesem Extremsport das Risiko wirklich noch kalkulierbar ist. Je nach Gelände genügt eine unerwartete Windböe von der Seite und das Leben des Springers endet an einem Felsvorsprung.

Nummer 256

So wie am vergangenen Samstag die Leben der beiden US-Amerikaner Dean Potter und Graham Hunt. Die beiden starben – wie berichtet – bei einem Wingsuit-Flug vom knapp 2300 Meter hohen Taft Point im Yosemite-Nationalpark. Potter hatte immer wieder mit extrem gefährlichen Projekten für Schlagzeilen gesorgt: ob er nun free solo (also im Alleingang und ohne jede Art von Hilfsmitteln) kletterte, ohne Absicherung auf einer Highline zwischen zwei Felsnadeln balancierte oder eben mit einem Wingsuit von einer Felsklippe sprang. Potter ist die Nummer 256 auf der Todesliste der Basejumper, die seit 1981 geführt wird.

Allein seit 2010 kamen 111 Springer ums Leben, die Zahl der Toten bewegte sich in diesem Zeitraum zwischen 15 und 25 pro Jahr. Auch eine Statistik wird mitgeliefert: Danach starben 71,5 Prozent aller Basejumper bei Sprüngen von Felswänden, 12 Prozent der Opfer waren von Antennenmasten, zehn Prozent von Gebäuden gesprungen. Häufigste Todesursache war in 38 Prozent der Fälle, dass sich die Fallschirme nicht geöffnet hatten. 30 Prozent der tödlich verunglückten die Springer prallten gegen Felswände. Gut ein Drittel der Opfer (35,5 Prozent) trugen Wingsuits. Die Fluganzüge sind erst seit etwa zehn Jahren im Einsatz.

Nummer 254

Wingsuit_2Auf der traurigen Liste stehen auch die Namen von zwölf Deutschen. Erst am vergangenen Donnerstag, gerade einmal zwei Tage vor Potter und Hunt, starb ein deutscher Basejumper (der nicht im Wingsuit sprang) beim Sprung von Monte Brento in Italien. Warum sich sein Schirm nicht öffnete, ist unklar. Möglicherweise hat er sich einfach nur verschätzt. Er wurde nur 25 Jahre alt. Jetzt steht er auf Nummer 254 der Todesliste.

Unweigerlich hohe Todesrate?

Immer wieder wird nach tödlichen Unfällen der Ruf nach einem Verbot dieser Extremsportart laut. Vor anderthalb Jahren fragte ich den Wingsuit-Flieger Alexander Polli, was er davon halte. „Es ist fast unmöglich ist, so etwas mit Verboten zu regeln. Sollen wir jetzt am Absprungort auf dem Berg einen Kontrollposten für die Sicherheit einrichten? Ja, du kannst springen! Nein, du darfst nicht!“, antwortete Polli und lachte.

Eigentlich, findet Bergsteiger-Legende Chris Bonington, unterscheiden sich Basejumper in puncto Motivation kaum von Extrembergsteigern. „Du hast die Adrenalin-Junkies – und das sind wir wirklich – die suchen das Extreme und schieben ihre Grenzen so weit wie möglich hinaus“, sagte mir der 80 Jahre alte Brite kürzlich. „Da muss es doch fast unweigerlich eine hohe Todesrate geben. Und es gibt sie tatsächlich unter den Extrem-Höhenbergsteigern, genauso wie unter den Basejumpern oder Wingsuit-Fliern. Ich glaube nicht, dass sich diese Menschen nach dem Tod sehnen. Vielmehr erleben sie eine Euphorie dabei, ihren Körper und sich selbst ans absolute Limit zu bringen, um ein Ziel zu erreichen.“

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Dean Potter ist tot https://blogs.dw.com/abenteuersport/dean-potter-ist-tot/ Mon, 18 May 2015 10:06:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29589 Dean Potter (1972-2015)

Dean Potter (1972-2015)

Einer der Extremsten unter den Extremen ist tot. Dean Potter kam bei einem Wingsuit-Unfall im Yosemite-Nationalpark ums Leben. Mit dem 43-Jährigen US-Amerikaner starb auch sein 29 Jahre alter Landsmann Graham Hunt. Die beiden waren am Samstag mit ihren fledermausartigen Fluganzügen vom Taft Point, einem knapp 2300 Meter hohen Aussichtspunkt, in die Tiefe gesprungen. Ihre Leichen wurden am Sonntagmorgen an einer Felseinkerbung gefunden. Offenkundig waren beide gegen die Felsen geprallt, ihre Fallschirme waren nicht geöffnet. Basejumping und Wingsuit-Flights sind im Yosemite-Nationalpark verboten.

Immer auf schmalem Grat

Potter scherte sich nie um Normen oder darum, was andere sagten oder dachten. Er war ein Extremer. Grenzen existierten für ihn nur in dem Sinne, dass er sie überwinden wollte. Als Kletterer gelangen ihm 2002 in Patagonien gleich zwei Solo-Erstbegehungen legendärer Routen: Dean kletterte die „Supercanaleta“ am Fitz Roy und die „Kompressorroute“ am Cerro Torre. Potters Hauptspielwiese aber waren die Granitwände im Yosemite. Dort gelangen ihm Speedrekorde, Free Solos, also ungesicherte Alleingänge, auf schwierigsten Routen oder auch spektakuläre Überquerungen von Abgründen über so genannte Highlines, Gurtbänder, die zwischen zwei Felsen gespannt werden. Auch dort verzichtete Dean häufig auf die sonst üblichen Sicherungen.

„Frei wie ein Rabe“

Für Diskussionen sorgte Potter auch, als er seinen Hund „Whisper“ im Rucksack bei seinen Basejumps mitnahm. Bei Deans Klettertouren im Yosemite war Whisper ebenfalls häufig im Gepäck. „Im Grunde bin ich sozial ungeschickt und kann kaum die Grundverpflichtungen unserer modernen Welt erfüllen. Mein Künstlergeist und mein athletischer Körper beanspruchen einfach zu viel Zeit“, schrieb Potter vor gut drei Wochen. „Ich weiß wirklich nicht, wie ich überlebt habe? Vielleicht, weil ich die Bewohner des Waldes bewundere und studiere. Ich sehne mich danach, so frei wie ein Rabe zu sein, fernab der überladenen Normalität und moderner ‚Notwendigkeiten‘ wie Zeit vor dem Bildschirm oder Telefonkonferenzen. In gewisser Weise führe ich ein Leben, in dem ich meine Zehen in eiskaltes Wasser tauche, den Auftrieb frischer klarer Luft und die Anziehungskraft der Planeten am Himmel fühle. Natürlich verpasse ich eine Menge, aber auf der anderen Seite ist ebenso sicher, dass ich frei bin und fliege.“

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Extremhund https://blogs.dw.com/abenteuersport/extremhund/ Tue, 03 Jun 2014 14:15:29 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26379 Miss Whisper ist hart im Nehmen. Was bleibt ihr auch anderes übrig. Schließlich ist das Herrchen des vier Jahre alten Australischen Treibhunds  (Australian Cattle dog) ein Extremsportler. Der US-Kletterer Dean Potter hat sich seine Hundedame im Internet ausgesucht, um sie mit auf seine waghalsigen Touren mitzunehmen. „Sie ist nur halb so groß wie gewöhnliche Exemplare dieser Hunderasse. Das erlaubt unserer Familie,  überall  in der Welt im Flugzeug herumzureisen, mit Whisper zu unseren Füßen“, sagt der 42-Jährige. „ Ihre geringe Größe macht es uns auch leicht, sie bei  Felsklettertouren, die zu schwierig für Hunde sind, in einem Rucksack zu tragen.“ Selbst beim Klettern an den legendären Granitwänden des El Capitan im Yosemite-Valley sei Whisper dabei gewesen. „Sie hat sich an das Ausgesetzt-Sein gewöhnt, und auch an das Gefühl, frei in der Luft zu hängen.“  Whisper wolle schlicht bei ihrer Rucksack-Familie sein. „Sie ist einfach nur ein treuer Hund mit einem sehr abenteuerlichen Papa.“

Mit Sicherheit geht Whisper als der erste Hund in die Geschichte ein, der in einem Wing-Suit vom Eiger geflogen ist. Potter hat einen 22-Minuten-Film drumherum gestrickt mit dem Titel: „Wenn Hunde fliegen“.  Die heftige Kritik von Tierschützern lässt Dean kalt. Er habe bereits rund ein Dutzend Flüge mit seinem Hund gemacht. „Whisper liebt es, in ihrem Basejumper-Sack zu sein. Oft höre ich sie vor dem Start schnarchen. In den Videos habe ich festgestellt, dass sie während des Flugs den Kopf dreht, als strecke sie ihre Schnauze aus einem Autofenster.“ Wenn Hunde reden könnten …

Da sind mir die Kletterbären im Santa Elena Canyon in Texas doch lieber. Sie beweisen, dass Tiere auch ganz natürlich Abenteuerliches vollbringen können.

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Moonwalk https://blogs.dw.com/abenteuersport/moonwalk/ Wed, 09 Jan 2013 16:42:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=18975 Vollmondnächte werden gerne für schuldig erklärt. Dafür, dass mehr Kinder geboren werden als in anderen Nächten, dass mehr Schlafwandler unterwegs oder wir am Tag danach gerädert und schlecht gelaunt sind. Alles Quatsch, sagt Schlafforscher Jürgen Zulley von der Universität Regensburg. Stress oder falsches Essen seien meist die Gründe für Schlaflosigkeit. Der Mond leuchte viel zu schwach, um Schlafwandler anzuziehen. Und auch auf die Geburtenrate habe der Mond keinen Einfluss. Aber er sorgt für eine faszinierende Atmosphäre, wenn er in voller Größe scheint. Der Abenteuer-Filmer Bryan Smith hat für National Geographic den Extremkletterer Dean Potter beim Highlinen am Cathedral Peak im Yosemite-Nationalpark gefilmt – bei Vollmond. Das solltet ihr euch nicht entgehen lassen:

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Frei wie ein Vogel https://blogs.dw.com/abenteuersport/frei-wie-ein-vogel/ Sat, 19 Jun 2010 22:38:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/06/19/frei-wie-ein-vogel/ Streng genommen gibt es keine Steigerung von extrem. Denn das Wort beschreibt ja das Äußerste, ist also bereits ein Superlativ. Ich mache jedoch an dieser Stelle eine Ausnahme und steigere extrem: in Dean Potter.


Seit Jahren sorgt der US-Kletterer mit seinen Projekten für Aufsehen. Oft ist er alleine unterwegs, 2002 etwa an den sturmgepeitschten Granitfelsen in Patagonien in Südamerika. Dort durchstieg er in einer Saison als Erster zwei schwierige Routen solo, am legendären Cerro Torre („Kompressor-Route“) und am nicht weniger spektakulären Fitz Roy („Supercanaleta“), die letztgenannte sogar ohne Seilsicherung. „Wenn ich eine Route sehe, frage ich mich als Erstes: Kann ich sie free solo machen?“, sagte der Kletterer einmal in einem Interview.

Spirituelle Dimension

Free solo, der Verzicht auf jede Steighilfe und Sicherung. „Wahnsinn, etwas für Lebensmüde“, sagen die Kritiker. „Klettern in seiner reinsten, ursprünglichen Form“, entgegnen die Befürworter. Dean Potter schert sich nicht darum, was andere von ihm denken. Für den 38-Jährigen hat Klettern eine „spirituelle Dimension“. Er wolle nicht „testen, wie stark meine Finger sind. Ich versuche zu verstehen, wer ich bin und wie ich vielleicht dabei helfen kann, die Welt in einen besseren Ort zu verwandeln.“


Potter in Aktion – free solo

Dean Potter hat noch andere extreme Leidenschaften: Zum einen Slacklining, das Balancieren auf einer gespannten Leine über einem Abgrund. Zum anderen Basejumping, senkrechte Felswände hinab. Im freien Fall, um dann im letzten Moment mit einem Fallschirm den Flug abzubremsen. Es sei für ihn mit „das Schönste, was man tun kann: Nur mit einem kleinen Rucksack am Rande einer Wand zu stehen – und zu springen und frei wie ein Vogel zu fliegen.“

Dying to flying

Warum nicht alles miteinander kombinieren, dachte Dean im Jahr 2008. Er durchstieg die Eiger-Nordwand free solo. Auf dem Rücken trug er den Rucksack mit Fallschirm, gewissermaßen als „Mini-Lebensversicherung“ für den Fall des Absturzes. „FreeBase“ taufte Potter seine Idee. „Ich finde es faszinierend, die schlimmstmögliche Sache in die bestmögliche zu verwandeln: dying to flying (den Tod ins Fliegen).“ Auch beim Slacklining nutzt Potter inzwischen statt der sonst üblichen Sicherung mittels kurzem Seil und Karabiner den kleinen Fallschirm.


Dean ausnahmsweise in „niedriger“ Höhe mit Seilsicherung

Die Eiger-Nordwand meisterte Dean sturzfrei, um sich anschließend doch talwärts zu stürzen: mit einem speziellen Flügelanzug, der ihn fast wie einen Vogel durch die Luft gleiten ließ. Drei Minuten später landete Potter 2000 Meter tiefer. Sein Flug gilt als bisher längster Basejump. Das Magazin National Geographic zeichnete Dean dafür als Abenteurer des Jahres 2009 aus.
Privat lief es für Potter im vergangenen Jahr weniger gut. Seine Ehe mit der Spitzenkletterin Steph Davis scheiterte nach sieben Jahren. Warum, wissen nur die beiden. Am Ende bleibt Dean Potter eben doch nur ein Mensch. Ein extremer.

P.S. Schaut euch doch mal hier das Video über Dean von National Geographic an oder auch dieses! Und wundert euch bitte nicht, wenn ich derzeit etwas seltener im Blog schreibe. Die Fußball-WM beschäftigt mich – extrem.

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