Diamir-Seite – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Lunger: „Der Prinz muss lange kämpfen“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tamara-lunger-der-prinz-muss-lange-kaempfen/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tamara-lunger-der-prinz-muss-lange-kaempfen/#comments Sat, 06 Feb 2016 16:10:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31837 Tamara Lunger

Tamara Lunger

Die Hängepartie am Nanga Parbat geht weiter. 15 Zentimeter Neuschnee bedecken das Basislager auf der Diamir-Seite. Möglicherweise müssen Alex Txikon, Ali Sadpara, Simone Moro und Tamara Lunger ihren eigentlich für Sonntag geplanten Aufstieg verschieben, mit dem sie sich neuerlich akklimatisieren wollten. Das Tischtuch zwischen dem Spanier Txikon und dem Italiener Daniele Nardi scheint endgültig zerschnitten zu sein. „JA, die Zusammenarbeit ist beendet“, schreibt mir Alex aus dem Basislager. „Obwohl ich dieser Kooperation mehr als eine Chance gegeben habe, war es letztlich unmöglich, sie fortzusetzen.“ Der Streit belastet auch Tamara Lunger. Die 29 Jahre alten Südtirolerin hat bereits zwei Achttausender bestiegen: 2010 als jüngste Frau den Lhotse (mit Flaschensauerstoff) und 2014 den K 2 (ohne Atemmaske). Am Nanga Parbat ist sie erneut mit dem Italiener Simone Moro unterwegs. Im vergangenen Jahr hatten die beiden ihren Versuch am Manaslu wegen starker Schneefälle abbrechen müssen. Ich habe Tamara im Nanga-Parbat-Basislager kontaktiert.

Tamara, das schlechte Wetter hält euch nun schon seit Tagen im Basislager fest. Wie vertreibst du dir die Zeit und dich selbst fit?

Ich selbst hatte mit der Gesundheit zu kämpfen, da ich starken Husten hatte. Also war es für mich nicht mal so schlecht, dass alles so gelaufen ist. Und dann haben wir natürlich versucht, jeden Tag abwechselnd unseren Weg zum Lager 1 offen zu halten. Es ist schon so, wenn man nur hier im Basislager herum sitzt und nichts macht, dann geht es dem Körper nicht besser. Er wird immer schwerfälliger. An den Tagen wo man wirklich nichts macht, habe ich immer die Möglichkeit, an meinem Buch zu schreiben, zu waschen, zu filmen, einfach nur die Sonne genießen, oder mit den ganzen Männern hier über Frauen zu sprechen.

Bei Winterexpeditionen ist Geduld noch mehr gefragt als bei Expeditionen in den anderen Jahreszeiten. Fällt dir das Warten sehr schwer?

Ich muss ehrlich sagen: ja. Aber dieser Gipfel jetzt im Winter ist mir dermaßen wichtig, dass ich dafür wirklich diese drei Monate hernehme und mir keinen Druck mache. Ich bin hier mit dem Ziel, auf den Gipfel zu kommen. Ich werde alles versuchen, und ich weiß, dass ich mit Simone Moro als Kletterpartner den Besten habe. In dieser letzten Zeit habe ich schon sehr viel von ihm gelernt, vor allem was den Winter anbelangt. Wir verstehen uns super gut, und ich bin glücklich hier zu sein und diese Chance zu haben.

Spurarbeit vonnöten

Spurarbeit vonnöten

Ihr habt euren Plan aufgegeben, über die Messner-Route aufzusteigen. Tomek Mackiewicz und Elisabeth Revol waren auf dieser Route immerhin auf Schlagdistanz zum Gipfel gestiegen. Was hat euch bewogen, euren Plan zu ändern?

Als Tomek und Elisabeth Richtung Gipfel gegangen sind, waren auch wir gemeinsam mit ihnen auf Lager 2. Wir mussten zwei Tage dort ausharren wegen des Wetters, und uns ist blöderweise das Essen ausgegangen. Trotz des Gutwetterfensters haben wir uns dazu entschlossen, herunterzugehen.
Nach ihrer Rückkehr haben sie uns von einem Aufstieg eher abgeraten, weil der Serac dermaßen gefährlich ist, dass er jederzeit bereit ist einzustürzen.

Welche Verhältnisse erwartet ihr nun auf der Kinshofer-Route?

Es soll recht gut und hart sein. Bis Lager 1 haben wir uns um die Spur bemüht, und von Lager 1 bis 3 ist es ziemlich eisig. Der starke Wind war uns hier sehr behilflich. 😉

Simone und du habt euch mit Alex Txikon und Co. zu einem Team zusammengeschlossen. Bedeutet das, ihr würdet auch einen Gipfelvorstoß gemeinsam angehen? Oder würdet ihr dann wieder als getrennte Seilschaften unterwegs sein?

Dazu kann ich jetzt noch nichts sagen. Jedenfalls starten wir gemeinsam, und wir freuen uns jetzt schon richtig drauf. Alle sind gut drauf und haben Spaß zusammen.

Drei Teams sind bereits wieder abgereist, wie viel Zeit gebt ihr euch?

Bis zum Ende des Winters. Ich spüre ganz viel Positives. Bis jetzt hatten wir mit vielen Problemen zu kämpfen, aber hier ist es mehr eine Liebesgeschichte. Der Prinz muss lange kämpfen, bis er seine Prinzessin bekommt. Aber alles mit der Ruhe. 😉

Lunger, Moro, Sadpara und Txikon (v.l.)

Lunger, Moro, Sadpara und Txikon (v.l.)

Viele Berichterstatter in den Medien – ich übrigens nicht – schreiben von einem Wettlauf am Nanga Parbat. Wie siehst du das?

Wenn es einen gegeben hat, dann ist er jetzt vorbei! Und ich bin sehr glücklich darüber und freue mich auf alles, was kommt. Und die Medien machen es sich wirklich einfach. Teilweise reimen sie sich Dinge zusammen, hören nur eine Meinung an oder spekulieren, wissen aber nicht, was sie hier alles anrichten. Viele der Auseinandersetzungen, Meinungsverschiedenheiten und Streitereien hier im Basislager sind nur dank und für die Medien entstanden. Bergsteiger hier werden von außen als gut oder böse dargestellt, verhalten sich falsch oder richtig, und man selber, wie man hier im Basislager sitzt, ist nur mehr am Staunen, hat aber keinen Einfluss auf manches Geschehen.

Aber mir hat das auch sehr die Augen geöffnet, muss ich sagen. Sobald die Bergsteiger nur mehr hierher kommen, um der Welt da draußen zu gefallen, um Aufregendes zu berichten, damit man so viele Likes, Klicks und weiß Gott was sonst noch bekommt, dann ist das nicht der richtige Platz. Hier geht es unter anderem auch ums Überleben. In der Eiseskälte genügt ein blöder Fehler und man ist bei Gott. Da können auch seine Kameraden nur mehr schwer helfen. Das alles, was wir hier machen, hat seinen Wert. Aber auch wir selbst haben einen gewissen Wert, der manchmal wirklich zerbrechlich scheint.

Wie gehst du mit den Meinungsverschiedenheiten zwischen Alex und Daniele um, die der Spanier öffentlich gemacht hat?

Ich, oder besser gesagt, alle, die noch hier sind, leiden unter diesen Meinungsverschiedenheiten. Eine Person hat hier wirklich mit schmutzigen Mitteln gespielt und muss jetzt halt auch dafür gerade stehen.

Ist es für dich eine besondere Situation, als einzige Frau unter Männern auf der Diamir-Seite?

Ich habe noch Igone (Mariezkurrena) als Unterstützung hier, die Freundin von Alex. Manchmal ist es recht angenehm, nur unter Frauen zu sein. Mit den Männern kann man immer nur über dieselben zwei Themen reden: Frauen und das Gehänge zwischen den Beinen.

Update 8.2.: Der Italiener Daniele Nardi hat seine Zelte im Basislager abgebrochen und hat die Heimreise angetreten.

 

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Dujmovits: Ab 5000 Metern alleine unterwegs https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-dujmovits-nanga-parbat/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-dujmovits-nanga-parbat/#comments Wed, 18 Dec 2013 11:05:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=24755 Ralf Dujmovits auf dem Gipfel des Aconcagua

Ralf Dujmovits auf dem Gipfel des Aconcagua

Schnell und allein. Das ist die Taktik, die sich Ralf Dujmovits für seine Winterbesteigung des Nanga Parbat vorgenommen hat. Der Bergsteiger, der als erster Deutscher auf allen 14 Achttausendern stand, wählte eine ungewöhnliche Form, um sich zu akklimatisieren: Der 52-Jährige bestieg den Aconcagua, den höchsten Berg Südamerikas, und verbrachte auch zwei Nächte am 6962 Meter hohen Gipfel. Ralfs Frau, die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner, fehlt bei der Expedition zum Nanga Parbat. Die 43-Jährige muss ihre beim Training überbeanspruchten Gelenke kurieren. Ralf ist heute nach Pakistan gereist. Während seines kurzen Zwischenstopp zu Hause in Bühl habe ich mit ihm gesprochen:

Ralf, warum der Nanga Parbat?

Der Nanga Parbat ist für mich – und war auch lange Zeit für Gerlinde – der schönste Achttausender. Wann immer wir, nachdem die 14 Achttausender geschafft waren, gefragt wurden, an welchen dieser Berge wir vielleicht noch einmal zurückgehen wollten, haben wir unabhängig voneinander geantwortet: an den Nanga Parbat. 

Und warum ausgerechnet im Winter?

Es bietet sich natürlich an, etwas zu versuchen, was bisher noch nicht geglückt ist. Insofern macht es Sinn, die Rückkehr zum Nanga Parbat mit einer Winterbesteigung zu kombinieren. Wenn man eine Besteigung schon kennt, wenn man weiß, was an welchen Stellen auf einen zukommt, wie viele Höhenmeter noch fehlen, welche Schwierigkeiten noch zu bewältigen sind, dann ist das ein mentaler Vorteil. Auch eine Besteigung im Winter ist dann sicher deutlich weniger schwierig, als wenn man so einen Berg noch nie bestiegen hat.

Aber du giltst nicht unbedingt als ausgewiesener Winterexperte im Himalaya und Karakorum.

Mit Sicherheit nicht, aber ich habe sehr viel Erfahrung, und ich hoffe, dass ich davon bei diesem Winterprojekt profitieren kann. Es sind ja nicht nur die 14 Besteigungen. Ich habe auch sehr oft umgedreht. Bei meinen insgesamt 32 Versuchen an Achttausendern habe ich viel Erfahrung gesammelt. Ich glaube schon, dass ich mir das zutrauen kann.

Ralf Dumovits: Winter-Experte an den Achttausendern?

Basislager auf der Diamir-Seite

Basislager auf der Diamir-Seite

Du willst über die Diamir-Flanke des Nanga Parbat aufsteigen. In den letzten Jahren sind Expeditionen dort häufig im Schnee gewissermaßen abgesoffen. Warum wählst du diese Seite?

Die Bergsteiger sind nur zum Teil im Schnee abgesoffen. Sie sind eher gescheitert, weil sie auf ihren Routen zu viel Blankeis angetroffen haben. Denis Urubko und Simon Moro zum Beispiel wollten 2012 eigentlich die Kinshofer-Route nehmen, haben aber gesehen, dass die Route zu viel Blankeis hatte. Ich denke, es hängt sehr viel von den aktuellen Verhältnissen ab. Ich mache mir im Vorfeld nicht den Stress, mich auf eine Route festzulegen, sondern lasse mir das offen. Ich schaue mir vor Ort die Verhältnisse an und werde mich dann für eine der Möglichkeiten entscheiden.

Du wirst dort unterwegs sein, wo im vergangenen Sommer Terroristen elf Bergsteiger erschossen haben. Machst du dir Sorgen um deine Sicherheit?

Was meine persönliche Sicherheit anbetrifft, nicht. Es wäre im Winter sicher einfacher, auf die Rupalseite zu gehen, wo jetzt auch andere Winterexpeditionen unterwegs sein werden. Aber ich glaube nicht, dass sich so ein furchtbarer Vorfall wiederholen wird, dass also die Taliban dort wieder auftauchen. Eine ganz andere Geschichte ist, damit umzugehen, dass ich jetzt quasi die nächste Expedition bin, die dort oben das Basislager aufschlagen wird. Damit habe ich mich sehr intensiv auseinandergesetzt. Die Leute brauchen den Bergtourismus und die Expeditionen. Das ganze Diamir-Tal lebt zu einem guten Teil von den Trägerdiensten. Wenn jetzt keine Expeditionen mehr kämen, wäre das ein Totalverlust für die Dörfer. Ich möchte einfach hinter das alles einen Punkt setzen und klarstellen, dass man dorthin weiter zum Bergsteigen gehen kann.

Ralf Dujmovits über die Lage nach dem Mordanschlag am Nanga Parbat

Du wirst vom Polen Dariusz, genannt „Darek“, Zaluski begleitet, einem Weggefährten eurer K-2-Expedition 2011. Seid ihr eine Zweier-Seilschaft?

Nein, Darek wird mich bis zum Basislager begleiten, maximal bis auf eine Höhe von 5000 Meter. Das ist der vordere Bereich mit eher flacheren Gletschern, wo man mit Spalten rechnen muss. Oberhalb von 5000 Metern hat man durchgängig steile Flanken, wo es zwar auch Spalten gibt, aber mit Sicherheit keine so tückischen wie auf in den flacheren Passagen. Darek hat nicht die gleiche Akklimatisation, wie ich sie von Südamerika mitgebracht habe. Deshalb werde ich oberhalb von 5000 Metern alleine unterwegs sein.

Das ist ja noch einmal eine ganz spezielle Herausforderung.

Ja, mit Sicherheit. Auf sich allein zurückgeworfen zu sein, mit der Einsamkeit umzugehen, das ist ein eigenes Thema. Aber ich möchte sehr unkompliziert und sehr schnell unterwegs sein. Und die schnellste Art, völlig frei und unabhängig agieren zu können, ist, alleine aufzusteigen. Ich habe mich darauf eingestellt. Ich war am Aconcagua tagelang alleine und habe mich dort gut akklimatisiert. Ich habe den Kopf frei genug und denke, dass ich mit der Einsamkeit umgehen kann.

Ein Soloprojekt ist auf jeden Fall risikoreicher, als wenn man im Team unterwegs ist. Was sagt Gerlinde als deine Frau dazu?

Gerlinde war nicht glücklich, als ich mit ihr über mein Projekt gesprochen habe. Aber sie weiß, dass ich das schon so lange im Hinterkopf mit mir herumtrage, dass sie mir keinen Stein in den Weg legen wollte. Aber ganz happy war sie damit natürlich nicht.

Blick auf den Westgipfel des Aconcagua

Blick auf den Westgipfel des Aconcagua

Du hast deine Akklimatisierung am Aconcagua angesprochen. Das ist sehr ungewöhnlich.

Ich habe über die Jahre hin bei den Winterexpeditionen festgestellt, dass sich viele bei der reinen Vorakklimatisation an den Achttausendern aufgerieben haben. Sie haben sehr viel Energie verbraucht für den Aufbau der Hochlager, für das Einrichten der Fixseile und  andere Dinge mehr. Man hat im Winter nur sehr wenige, sehr kurze Wetterfenster. Wenn man die für die Akklimatisation quasi  verschwendet, ist das ein riesiger Verlust an Energie, die man sich für die  eigentliche Besteigung aufsparen sollte. Deshalb habe ich meine Vor-Akklimatisation in Südamerika gemacht, nicht ohne Anstrengung, aber angenehmer, weniger aufwändig, weniger hart  als an einem Achttausender. Ich habe heute Morgen auf der Waage gestanden. Ich habe in den dreieinhalb Wochen in Südamerika kein einziges Kilo verloren. Dabei habe ich im Hochlager vier Nächte auf 6000 Metern und zwei Nächte auf dem Gipfel des Aconcagua mit fast 7000 Metern verbracht. Ich bin also, meine ich, perfekt akklimatisiert.

Ralf Dujmovits über seine Akklimatisation am Aconcagua

Wie sieht dein Zeitplan für den Nanga Parbat aus?

Ich weiß, dass man im Winter nicht sehr lange die Kälte und den Wind am Berg aushält, deshalb habe ich nicht viel Zeit eingeplant. Wenn ich einen Tag nach der Ankunft im Basislager von Charly Gabl in Innsbruck die Auskunft bekommen sollte, dass ein Wetterfenster bevorsteht, könnte ich eigentlich sofort starten. Ich würde also versuchen, ohne Hochlager und Fixseile in einem Versuch durchzustarten.

Und wie viele Versuche gibst du dir?

Einen, maximal zwei.

P.S. Ich bleibe auch in Pakistan in Kontakt mit Ralf. Ihr werdet also hier im Blog aus erster Hand erfahren, wie es ihm am Nanga Parbat ergeht.

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