Feuerland – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Dujmovits kehrt zum Mount Everest zurück https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-dujmovits-nanga-parbat-everest/ Thu, 16 Jan 2014 16:31:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25071 Ralf Dujmovits

Ralf Dujmovits

Zwei Wochen sind vergangen, seitdem sich Ralf Dujmovits entschieden hat, seine Winterexpedition am Nanga Parbat wegen des zu großen Eisschlag-Risikos abzubrechen. Zwei Wochen, um sich noch einmal in Ruhe Gedanken über die Erlebnisse in Pakistan zu machen und auch den Blick in die Zukunft zu richten. Ich erreiche den 52 Jahre alten Bergsteiger daheim in Bühl zu Füßen des Schwarzwalds.

Ralf, wie fühlt sich der deutsche Winter für dich an im Vergleich zu dem in Pakistan, besonders am Nanga Parbat?

Ich stand in Frankfurt am Flughafen und dann in Mannheim und Karlsruhe beim Umsteigen am Bahnhof im kurzen Hemd, um mich herum dick eingepackte Leute. Ich habe mich erst mal wieder an die Wärme gewöhnen müssen. Wir haben hier einen sehr warmen Winter, und das ist schon ein krasser Gegensatz zu dem, was wir in Pakistan hatten. Trotz allem komme ich allmählich an und fühle mich auch in der Wärme wieder wohl.

Ist inzwischen die Enttäuschung darüber verflogen, dass du dein Vorhaben, den Berg erstmals im Winter zu besteigen, größtenteils im Alleingang, schon in 5500 Meter Höhe aufgeben musstest?

Die Enttäuschung spüre ich schon noch. Ich bin natürlich traurig, dass es nicht geklappt hat. Auf der anderen Seite, wenn ich mir jetzt im Nachhinein die Bilder anschaue, wo ich da herumgestiegen bin, dann muss ich sagen, es war sicher die richtige Entscheidung. Und dass wir am letzten Tag noch einmal einen großen Eislawinenabgang hatten, der uns fast erreicht hätte, war Zeichen genug, dass wir zusammenpacken sollten. Deshalb hält sich diese Traurigkeit in Grenzen.

Du hast die Eislawine vom letzten Tag angesprochen, als ihr euer Hochlager abgebaut habt. Wie knapp war es?

Die letzten Brocken, die auf uns zugeflogen sind, waren vielleicht noch 15 Meter von uns weg. Da waren Brocken so groß wie ein Kühlschrank dabei. Wir haben da richtig Schwein gehabt. Wir sind wirklich so schnell gelaufen, wie es unsere Beine in diesem Schnee hergegeben haben.

Ralf Dujmovits: Es war knapp

Gefährlicher Anstieg

Gefährlicher Anstieg

War das, hinterher betrachtet, eine Bestätigung dafür, dass du mit deiner Entscheidung, die Expedition abzubrechen, richtig lagst?

Ja, so habe ich das wirklich verstanden. Was mich beschäftigt ist, dass der Bereich, wo diese Eislawine herkam, den ganz normalen Zustieg zum Lager 1 auf der Kinshofer-Route bedroht. Das macht mich natürlich nachdenklich für zukünftige Expeditionen. Ich glaube, davor muss man eindringlich warnen. Wir haben eine besonders aktive Zeit des Eisbruchs erlebt. Aber man muss auf dem Normalweg zum Gipfel zwingend immer darunter hindurch.

Dein Plan lautete: Anderswo akklimatisieren, schnell hinauf, hinunter und wieder weg? Hast du am Nanga Parbat in dieser Hinsicht Lehrgeld bezahlen müssen?

Das Zeitfenster, das einem zur Verfügung steht, um diese Geschichte zu realisieren, ist relativ kurz. Das habe ich natürlich schon vorher gewusst. Aber ich habe am eigenen Leib erfahren, dass es, wenn das Gutwetterfenster nicht daherkommt wie erwartet, von der Akklimatisation her brenzlig wird. Da kommst du an einen Punkt, an dem du dich fragst, ob das wirklich gut geht, ob du wirklich noch ausreichend akklimatisiert bist. Eigentlich müsste man sich ein Zeitfenster von zehn, maximal 14 Tagen vorgeben und sich entsprechend auch nur für dieses Zeit mit Verpflegung eindecken. Wenn es dann passt, ist es gut, wenn nicht, gehe ich wieder heim. Ich glaube, dass es in dieser Form stimmig ist und funktionieren kann. Aber du brauchst im Winter natürlich auch ein bisschen Wetterglück.

Ralf Dujmovits: Zeitfenster von zwei Wochen setzen

Ralf: Leute sind konservativ und fundamentalistisch

Ralf: Leute sind konservativ und fundamentalistisch

Oder aber sehr viel Geduld, wie man jetzt auf der anderen Seite des Bergs sieht, wo die Teams auch noch nicht über eine Höhe von 6000 Meter gelangt sind.

Darek (Zaluski, mit dem Ralf am Nanga Parbat unterwegs war) hat mir gesagt, das sei der ganz normale Werdegang von Winterexpeditionen. Dass man sich langsam nach oben arbeitet, Fixseile anbringt, immer mehr Kraft verliert. Das geht dann irgendwann vielleicht auch an die Gesundheit, an die Substanz. Die Wahrscheinlichkeit, dass man dann über die Schlüsselstelle hinauskommt, dass man da oben auf über 7400 Metern auf die Diamir-Seite wechseln kann, ist nach den Worten von Darek verschwindend gering.

Du wolltest mit deiner Expedition auch ein Zeichen setzen, dass man trotz des Anschlags im vergangenen Sommer weiterhin zum Nanga Parbat reisen kann, um dort bergzusteigen. Hältst du die Empfehlung aufrecht?

Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, es sind weniger die Probleme mit den Taliban im größeren, überregionalen Umfeld des Nanga Parbat, sondern es sind eher kleinräumige, soziokulturelle Zusammenhänge oberhalb von Chilas, direkt im Diamir-Tal. Die Bevölkerung dort ist sehr konservativ und fundamentalistisch. Es gibt nach wie vor viele Fehden. Wenn irgendwann einmal die Großväter miteinander gestritten haben, tragen es noch die Enkelkinder aus.  Die Leute sind Fremden gegenüber wenig offen. Man fühlt sich dort nicht unbedingt willkommen. Ich bin mir inzwischen auch nicht mehr hundertprozentig sicher, ob der Anschlag im Basislager wirklich von den gemutmaßten Taliban verübt wurde.  Ich sage das ganz offen, ich bin von meiner ursprünglichen Überzeugung sehr stark abgekommen.  

Ralf Dujmovits: Kann keine Reiseempfehlung für das Diamir-Tal geben

Wie geht es für dich jetzt weiter?

Ich werde dieses Jahr relativ viel unterwegs sein. Ende Februar reise ich nach Feuerland, um eine Fernsehdokumentation über die dort lebenden Indianer zu drehen. Gleichzeitig wollen wir (Ralf Gantzhorn, Rainer Pircher, Ralf Frau Gerlinde Kaltenbrunner und er) versuchen, den Monte Sarmiento  zu besteigen. Danach werde ich zwei Tage zu Hause sein, um anschließend direkt zum Everest zu starten.

Nordseite des Mount Everest

Nordseite des Mount Everest

Um ihn im vierten Anlauf endlich auch ohne Flaschensauerstoff zu besteigen?

Es ist definitiv der letzte Versuch. Ich probiere es jetzt noch einmal auf der Nordseite.

Als Mitglied einer internationalen Expedition?

Im Basislager bin ich wahrscheinlich mit anderen zusammen, aber oben am Berg will ich völlig unabhängig agieren und mich auch für die Route entscheiden, von der ich das Gefühl habe, das sie für mich passt. Ich mache mir da überhaupt keinen Druck. Ich würde mich natürlich freuen, wenn ich durch den oberen Teil des Norton-Couloirs aufsteigen könnte, aber ich halte mir das völlig offen. Von meiner Fitness her habe ich keine Bedenken. Ich hoffe, dass es vielleicht noch einmal klappt. Ich werde mir alle Mühe geben.

Ralf Dujmovits: Hoffe, dass es am Everest noch einmal klappt

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Haifischflosse https://blogs.dw.com/abenteuersport/haifischflosse/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/haifischflosse/#comments Fri, 11 May 2012 13:29:12 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14491

"Shark's Fin" (Route führte von links über den Grat)

Berge müssen nicht 8000 Meter hoch sein, um Abenteuer zu erleben. Das bewies einmal mehr der deutsche Spitzenkletterer Robert Jasper, dem Anfang April an einem nicht nur sprichwörtlich am Ende der Welt gelegenen formschönen Berg eine Erstbesteigung gelang. Zusammen mit Jörn Heller und Ralf Gantzhorn erreichte der 44-Jährige (den ich euch Ende Februar hier im Blog vorgestellt hatte) erstmals den Gipfel des Monte Giordano im Süden Feuerlands. Eine Höhe von 1517 Metern zeigte das GPS-Gerät, Karten weisen 500 Meter mehr aus. Die Erstbesteiger tauften den chilenischen Berg wegen seiner spektakulären Form „Shark’s Fin“, Haifischflosse. Das Ziel der sechswöchigen Expedition war außergewöhnlich, weil zuvor erst wenige Menschen den entlegenen Berg überhaupt gesehen hatten.

Mit gebrochener Rippe auf den Gipfel

Gipfelfoto bei Nacht (r. Robert)

Allein drei Wochen brauchte der erfahrene Skipper Osvaldo Escobar, um die Bergsteiger mit seiner Segelyacht durch die chronisch stürmische See zwischen Magellan-Straße und Kap Hoorn an den Fuß des entlegenen Bergs zu bringen. Tagelang musste die Crew auf einer unbewohnten Insel einen Orkan aussitzen, ehe sie zur „Shark’s Fin“ weitersegeln und die Besteigung in Angriff nehmen konnte. „Der Weg zum Berg führte durch subpolaren Regenwald, Sümpfe und Gletscherspalten – natürlich bei Schlechtwetter“, heißt es auf Roberts Internetseite. Der erste Anlauf scheiterte. Jörn Heller brach sich zudem an Bord der Yacht, die als schwimmendes Basislager diente, eine Rippe. Kurz vor der geplanten Abreise riskierte das Trio doch noch einen letzten Gipfelversuch, „bei dem sich die Schnelligkeit des eingespielten Teams als Schlüssel zum Erfolg erwies“. Kurz nach Mitternacht am 7. April erreichten die drei Bergsteiger nach eigenen Angaben den Gipfel. 27 Stunden brauchten sie für Auf- und Abstieg über den Westgrat des Bergs – um sich dann bei der Rückreise auf See wieder tüchtig durchschütteln zu lassen.

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https://blogs.dw.com/abenteuersport/haifischflosse/feed/ 1
Mr. Nordwand https://blogs.dw.com/abenteuersport/mr-nordwand/ Wed, 22 Feb 2012 15:20:38 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=13235

Robert Jasper

Robert Jasper hat eine Schwäche für Nordwände. „Ich möchte dort neue Maßstäbe setzen“, sagt der 43 Jahre alte deutsche Extrembergsteiger. Das hat er längst getan. Bereits 1991 durchstieg er die drei klassischen Alpen-Nordwände (Eiger, Matterhorn, Grande Jorasses) solo, auf schwierigen Routen und dabei äußerst schnell. In diesen Wänden vollendete er im Oktober vergangenen Jahres eine weitere spektakuläre Trilogie: „Ich wollte das Freiklettern (Anm.: Haken, Klemmkeile und Seil werden nur zur Sicherung, nicht zur Fortbewegung genutzt) in die großen Nordwände übertragen“, erläutert Robert sein Projekt, das ihn fast ein Jahrzehnt lang beschäftigt hat. Mit den Schweizern Markus Stofer (2003 Grandes Jorasses) und Roger Schaeli (2010 Eiger, 2011 Matterhorn) gelangen ihm die ersten freien Begehungen schwierigster Routen. Zwischendurch habe er manchmal am Erfolg gezweifelt, räumt Jasper ein. „Die Wände sind in der direkten Linie wirklich gefährlich.“

Eiger-Nordwand ausgelutscht?

Robert in der Eiger-Nordwand

Vor allem die Eigernordwand hat es Robert angetan – nicht nur, weil er sie bei gutem Wetter von seinem Heimatort Schopfheim im Südschwarzwald aus sehen kann. Mehr als ein Dutzend Mal hat er sie bereits durchklettert. „Es ist einfach die größte Wand in den Alpen,  man wird in ihr als Bergsteiger komplett gefordert“, antwortet Jasper, als ich ihn frage, ob die Eiger-Nordwand nicht ausgelutscht sei (das Gespräch könnt ihr unten nachhören). „Dann könnte man auch sagen, ein Stadion ist ausgelutscht. Am Ende kommt es doch darauf an, was dort geleistet wird. Auch am Eiger kann man noch ganz neue Routen klettern.“ Eine der schwierigsten in der Wand („Symphonie de liberté“) eröffnete Robert 1999 mit seiner Frau. In Daniela, erzählt der Kletterer, habe er „die extreme, perfekte Partnerin“ gefunden.

Familienverträglich

Die beiden haben zwei Kinder: Amelie und Stefan. Dennoch gehen Robert und Daniela auch weiterhin in den Alpen zusammen auf Bergtouren. „Ganz ohne Klettern, da würde unser Leben einfach nicht mehr stimmen“, findet Robert. „Man muss es eben familienverträglich machen, wenn man gemeinsam unterwegs ist.“ Dieses Kriterium ist bei langen Expeditionen nicht erfüllt, deshalb muss der Extrembergsteiger dann auf seine Frau verzichten. Immer wieder zieht es ihn nach Südamerika – nach Patagonien oder Feuerland. Dort, sagt Robert, könne er Abenteuer nach seinem Geschmack erleben: „Wenn ich auf einen Berg steige, auf dem noch nie jemand war oder über den es keine Informationen gibt. Wenn ich noch nicht weiß, wohin mich der Weg führt. Wenn ich mich auf mein inneres Gespür verlassen muss.“

Mehr der Kletterer

Hoch über Feuerland

Seit Robert 2007 am Cho Oyu nur mit viel Glück eine Lawine überlebte, hat er die höchsten Berge der Welt erst einmal ad acta gelegt. „Es ist auch toll, auf einen Achttausender zu steigen“, sagt Robert, „aber ich bin einfach mehr der Kletterer. Schwierige Routen frei zu klettern oder Expeditionen in unentdeckte Regionen reizen mich mehr.“ Jasper vergleicht das Bergsteigen mit der Leichtathletik. „8000er-Bergsteigen ist wie Marathon, Bouldern wie der 100-Meter-Sprint, und dazwischen gibt es noch viele andere Disziplinen. Ich finde es schön, dass sich jeder seine eigene heraussuchen kann.“

Muss auf die Berge hoch

Robert bezeichnet sich als „Bergsteiger aus Leidenschaft“. Und für eine Passion müsse man sich auch schinden können: „Gerade bei meinen Expeditionen mit Stefan Glowacz in Patagonien (Anm.: 2005 gelang beiden nach mehrfachem Anlauf eine schwierige Route durch die Nordwand des Cerro Murrallón.) habe ich gelernt, dass ich an großen Zielen auch wirklich lange dranbleiben und durch Mühe und Schweiß gehen muss. Irgendwann, wenn ich hartnäckig genug bin, schaffe ich es.“ Andere Menschen, sagt Robert, könnten ähnliche Glücksgefühle auch beim Wandern im Schwarzwald oder den Alpen erleben. „Aber ich bin der Extrembergsteiger und muss einfach auf die Berge hoch.“

Interview mit Extrembergsteiger Robert Jasper

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