Free Solo – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Honnold: „Die größte Inspiration meines Lebens“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/honnold-die-groesste-inspiration-meines-lebens/ Sat, 14 Oct 2017 22:27:57 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38159

Alex Honnold

Spätestens seit heute weiß Alex Honnold, was das Gegenteil von einem Free Solo ist: der „Press Walk“ des International Mountain Summit. Der 32-Jährige kann sich weder frei bewegen, noch ist er allein. Rund 60 Reporter, Kameraleute und Fotografen wuseln an der Plose, dem Hausberg von Brixen, um den Topkletterer aus den USA herum. „Crazy“, entfährt es dem 32-Jährigen. Spätestens seit dem 3. Juni ist der Name Honnold nicht mehr nur unter Insidern, sondern weltweit in aller Munde. An jenem Tag stieß er in eine neue Dimension vor: Alex kletterte als Erster free solo, also im Alleingang und ohne Seilsicherung, in nur vier Stunden durch die 900 Meter hohe Granitwand des legendären El Capitan im Yosemite-Nationalpark in den USA – auf der Route „Freerider“, die 1995 von Alexander Huber eröffnet und 1998 von ihm und seinem Bruder Thomas erstmals frei geklettert worden war. Zum Vergleich: Die Huberbuam hatten damals – mit Seilsicherung – mehr als 15 Stunden für ihren Aufstieg gebraucht.

Moderner Nomade

Immer für einen Spaß zu haben

Alex Honnold entspricht so gar nicht dem Klischee eines Extremkletterers. Er trägt die Haare kurz, trinkt keinen Alkohol, raucht nicht und ernährt sich vegetarisch. Seit vielen Jahren lebt er wie ein moderner Nomade, ganz bescheiden in einem Wohnmobil, mit dem er von Felswand zu Felswand fährt. Seit fünf Jahren unterstützt er mit seiner Stiftung Umweltschutzprojekte in aller Welt.

Schon während des Aufstiegs zur Rossalm, wo die Macher des IMS eine Pressekonferenz mit Honnold angesetzt haben, gelingt es mir, Alex ein paar Fragen zu stellen – getreu dem Motto „Walk and talk“. 😉

Alexander und Thomas Huber und auch Tommy Caldwell haben dein Free Solo am El Capitan mit der ersten Mondlandung verglichen. Wie hast du selbst deinen Erfolg empfunden?

Mir erging es ähnlich. Als ich jünger war, träumte ich davon, dass dies das Verrückteste sein würde, was ich jemals tun würde. Aber als ich es dann wirklich gemacht habe, empfand ich es als ziemlich normal, weil ich so viel Zeit in die Vorbereitung investiert hatte, dass es sich fast schon vernünftig anfühlte. Ich meine, es war schon etwas wirklich Besonderes für mich, aber doch irgendwie auch normal. Das ist echt kompliziert. Ich wäre ja gar nicht in der Lage gewesen, etwas derartiges zu tun, wenn ich es nicht geschafft hätte, dass es sich normal anfühlt. Gleichzeitig ist es aber auch ziemlich verrückt, ohne Seil den El Capitan zu klettern.

Alex Honnold: Pretty crazy

Gab es während des Kletterns einen Moment des Zweifels?

Nein, ich war zu 100 Prozent auf das Klettern fixiert. Ich wäre gar nicht erst losgeklettert, wenn ich nicht total darauf konzentriert gewesen wäre. Ich habe so lange daran gearbeitet. Neun Jahre lang habe ich davon geträumt.

Viele fragen sich, ob Free Solos überhaupt verantwortbar sind – besonders dieses in einer 900 Meter hohen, extrem steilen Wand. Was antwortest du ihnen?

Ich hatte das Gefühl, dass es verantwortbar war. Ich würde die richtigen Entscheidungen treffen und mein Bestes geben. Ich denke, ich bin mir der Risiken ziemlich bewusst, die ich eingehe.

Alex Honnold: Intentional about the risks

War es für dich so etwas wie das große Projekt deines Lebens?

Für mich hatte es wirklich viel von einem Lebenstraum, definitiv war es die größte Inspiration meines ganzen Lebens.

Kletterer am El Capitan

Musstest du, nachdem du dir diesen lange gehegten Traum erfüllt hattest, ein mentales Tal durchqueren?

Ich weiß nicht so recht. Sollte es wirklich so sein, bin ich genau jetzt in diesem Tal. Es ist schließlich erst ein paar Monate her, und ich verarbeitete es noch. Gleichzeitig suche ich aber schon nach meiner nächsten Inspiration, nach meinem nächsten Projekt. Im kommenden Jahr wird ein Film über das Ganze herauskommen. Derzeit tue ich nichts anderes, als über den El Cap zu reden. Es fühlt sich noch nicht wie Vergangenheit an.

Vor diesem Free Solo hast du bereits viele andere Aufsehen erregende Klettertouren gemacht. Ich denke zum Beispiel an die Fitz-Traverse mit Tommy Caldwell. Für dieses Projekt in Patagonien im Februar 2014 wurdet ihr später mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar der Bergsteiger“. Wie stufst du das Free Solo am El Capitan ein, wenn du es mit der Fitz-Traverse vergleichst?

Die Fitz-Traverse war ein tolles Klettererlebnis, weil ich es mit Tommy geteilt habe. Er ist ein sehr guter Freund und Kletterpartner. Aber die Fitz-Traverse war niemals ein Lebenstraum wie die „Freerider“, an die ich jahrelang gedacht habe. Die „Freerider“ war mein ganz persönlicher Traum, die Fitz-Traverse eher Tommys Idee. Ich war ja vorher auch noch nie in Patagonien gewesen, deshalb hatte ich dort keine Pläne. Tommy sagte, wir sollten das machen. Wir haben es dann getan, und es war ein tolles Erlebnis. Aber ich habe es nicht mit vorbereitet.

Wie genau hast du dich denn auf dein Free Solo am El Capitan vorbereitet?

Viele Jahre im Vorfeld eher mental. Ich habe es mir vorgestellt, davon geträumt, darüber nachgedacht, ob es möglich ist. Im letzten Jahr davor habe ich mich dann körperlich vorbereitet. Ich habe mir die Moves eingeprägt, habe sie ausprobiert und dann mit dem eigentlichen Training begonnen, um fit genug zu werden.

Du hattest also jeden Kletterzug im Kopf, bevor du in die Wand eingestiegen bist?

Ich hatte definitiv die Stellen im Kopf, auf die es ankommt. Nicht die leichten, aber die harten hatte ich mir vollkommen eingeprägt.

Worin lag für dich die Hauptschwierigkeit im mentalen Bereich?

Der wahrscheinlich größte Schritt war, überhaupt daran zu glauben, dass es möglich ist. Jahrelang dachte ich, wie toll es wäre, es zu machen, aber so richtig glaubte ich nicht daran, dass ich es auch könnte. Deshalb war der größte mentale Schritt, wirklich daran zu glauben und dann mit der eigentlichen Arbeit zu beginnen.

Alex Honnold: The biggest step

Und als du losgelegt hast, konntest du alles hinter dir lassen?

Ich wäre nicht losgeklettert, wenn ich nicht bereit gewesen wäre. In dem Augenblick, als ich in die Wand einstieg, war alles in Ordnung.

„Verglichen mit dem El Cap sehen die Dolomiten wie Müll aus“, sagt Alex

Warum hast du dich für die „Freerider“ und nicht irgendeine andere Route entschieden?

Es ist die leichteste Route am El Cap. (lacht) Na ja, ganz so leicht ist sie dann doch nicht, aber die anderen wären noch härter gewesen.

Thomas Huber sagte mir, er hoffe, dass du rechtzeitig mit dem Free-Solo-Klettern aufhörst, weil du sonst wahrscheinlich stirbst, wenn du deine Grenzen immer weiter hinausschiebst.

Thomas Huber: Wie Everest ohne Sauerstoff oder Mondlandung

Ich stimme in dem Punkt zu, dass es immer gefährlicher wird, wenn du die Latte kontinuierlich höher legst. Aber Alex (Huber) zum Beispiel hat sich auf verschiedene Weise auch immer weiter gesteigert und ist dabei trotzdem sicher geblieben. Ich denke, es ist möglich, die Herausforderung zu erhöhen, ohne zu weit zu gehen.

Honnold: Not going too far

Es war also nicht dein letztes Free Solo?

Nein, ich habe vor ein paar Tagen ein paar in den Dolomiten gemacht (lacht), aber die waren sehr leicht. Für mich war das Free Solo am El Cap das Härteste, was ich jemals gemacht habe, und ich kann mir im Augenblick noch nichts vorstellen, was inspirierender wäre. Aber in der Vergangenheit, etwa in den letzten zehn Jahren, hat es immer zwischen sechs Monaten und einem Jahr gedauert, bis ich nach Projekten, die hart waren und auf die ich stolz war, wieder etwas Neues gefunden habe, was mich gepackt hat. Wir werden sehen.

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Dean Potter ist tot https://blogs.dw.com/abenteuersport/dean-potter-ist-tot/ Mon, 18 May 2015 10:06:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29589 Dean Potter (1972-2015)

Dean Potter (1972-2015)

Einer der Extremsten unter den Extremen ist tot. Dean Potter kam bei einem Wingsuit-Unfall im Yosemite-Nationalpark ums Leben. Mit dem 43-Jährigen US-Amerikaner starb auch sein 29 Jahre alter Landsmann Graham Hunt. Die beiden waren am Samstag mit ihren fledermausartigen Fluganzügen vom Taft Point, einem knapp 2300 Meter hohen Aussichtspunkt, in die Tiefe gesprungen. Ihre Leichen wurden am Sonntagmorgen an einer Felseinkerbung gefunden. Offenkundig waren beide gegen die Felsen geprallt, ihre Fallschirme waren nicht geöffnet. Basejumping und Wingsuit-Flights sind im Yosemite-Nationalpark verboten.

Immer auf schmalem Grat

Potter scherte sich nie um Normen oder darum, was andere sagten oder dachten. Er war ein Extremer. Grenzen existierten für ihn nur in dem Sinne, dass er sie überwinden wollte. Als Kletterer gelangen ihm 2002 in Patagonien gleich zwei Solo-Erstbegehungen legendärer Routen: Dean kletterte die „Supercanaleta“ am Fitz Roy und die „Kompressorroute“ am Cerro Torre. Potters Hauptspielwiese aber waren die Granitwände im Yosemite. Dort gelangen ihm Speedrekorde, Free Solos, also ungesicherte Alleingänge, auf schwierigsten Routen oder auch spektakuläre Überquerungen von Abgründen über so genannte Highlines, Gurtbänder, die zwischen zwei Felsen gespannt werden. Auch dort verzichtete Dean häufig auf die sonst üblichen Sicherungen.

„Frei wie ein Rabe“

Für Diskussionen sorgte Potter auch, als er seinen Hund „Whisper“ im Rucksack bei seinen Basejumps mitnahm. Bei Deans Klettertouren im Yosemite war Whisper ebenfalls häufig im Gepäck. „Im Grunde bin ich sozial ungeschickt und kann kaum die Grundverpflichtungen unserer modernen Welt erfüllen. Mein Künstlergeist und mein athletischer Körper beanspruchen einfach zu viel Zeit“, schrieb Potter vor gut drei Wochen. „Ich weiß wirklich nicht, wie ich überlebt habe? Vielleicht, weil ich die Bewohner des Waldes bewundere und studiere. Ich sehne mich danach, so frei wie ein Rabe zu sein, fernab der überladenen Normalität und moderner ‚Notwendigkeiten‘ wie Zeit vor dem Bildschirm oder Telefonkonferenzen. In gewisser Weise führe ich ein Leben, in dem ich meine Zehen in eiskaltes Wasser tauche, den Auftrieb frischer klarer Luft und die Anziehungskraft der Planeten am Himmel fühle. Natürlich verpasse ich eine Menge, aber auf der anderen Seite ist ebenso sicher, dass ich frei bin und fliege.“

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Albert Precht tödlich abgestürzt https://blogs.dw.com/abenteuersport/albert-precht-toedlich-abgestuerzt/ Sun, 10 May 2015 13:04:26 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29483 Abert Precht (1947-2015)

Abert Precht (1947-2015)

Österreich trauert um einen weiteren seiner großen Bergsteiger. Am Freitag – dem Tag, als in Linz der bei einer Skitour in Georgien erfrorene Edi Koblmüller zu Grabe getragen wurde – kam Albert Precht bei einem Kletterunfall auf Kreta ums Leben.  Der 67-Jährige stürzte mit seinem ein Jahr älteren langjährigen Seilpartner Robert Jölli aus der Kapsa-Wand in der Pervolakia-Schlucht in den Tod. Die Ursache des Unglücks ist noch unklar. Precht war mit seiner Ehefrau Herta und Freunden aus seiner Heimatstadt Bischofshofen auf die griechische Insel gereist, auf der er seit Jahren regelmäßig Kletterurlaube verbrachte.

Abenteuer ohne doppelten Boden

Precht war Bergführer und gelernter Tischler, verdiente aber sein Geld bis zur Pensionierung als Zugführer der österreichischen Bahn. Er begann erst spät zu klettern, dann aber umso leidenschaftlicher. Mit 21 Jahren gelang ihm seine erste Erstbegehung: eine 600 Meter lange Route durch die Südwestwand des Bratschenkopfes im heimischen Tennengebirge. Die Angaben darüber, wie viele neue Routen er bis zu seinem Tod erschloss, schwanken zwischen 800 und über 1000 – nicht nur in den Alpen, sondern auch in Norwegen, auf Korsika, in Jordanien oder Oman. Albert galt als Verfechter einer strengen Kletterethik, sein Credo: Keine Erstbegehung mit Bohrhaken. Auch als Free-Solo-Kletterer sorgte er für Furore. „Das Höchste an Herausforderung ist eine allein und ohne Hilfsmittel gekletterte neue Linie. Alleingänge sind Abenteuer ohne doppelten Boden“, sagte Precht einmal in einem Interview mit der Zeitschrift des Österreichischen Alpenvereins.

Begegnung mit dem Leben

Die höchsten Berge der Welt blieben ihm versagt: „Mangels Höhentauglichkeit – es ist die Erkenntnis aus drei Versuchen – führten meine Wege nicht auf die Achttausender, leider!“ Als Extremkletterer war sich Albert Precht des Risikos, dabei sein Leben verlieren zu können, bewusst: „Wenn ich so manche dieser Situationen aus meiner Erinnerung ausgrabe, muss ich auch gestehen, dass da ein Wille des Loslassens vom Leben, das Loslassen von der Besessenheit des Überleben-Müssens sicherlich auch da war. Aber diese Konfrontation mit dem Tod war gleichzeitig immer wieder die tiefste Begegnung mit dem Leben.“

 

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Free-Solo-Kletterer abgeriegelt https://blogs.dw.com/abenteuersport/clif-bar-free-solo-sponsoring/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/clif-bar-free-solo-sponsoring/#comments Mon, 24 Nov 2014 16:04:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27817 clif-barEin bisschen Gefahr ist gut fürs Geschäft, aber bloß nicht zu viel. So könnte man die Entscheidung des US-Energieriegel-Herstellers Clif Bar zusammenfassen, das Sponsoring der Kletterer Alex Honnold, Dean Potter, Steph Davis, Cedar Wright und Timmy O’Neill zu beenden. „Wir haben vor über einem Jahr begonnen, über Base-Jumping, Highlinen und Free-Solo-Klettern zu diskutieren“, teilte Clif Bar mit.  „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Disziplinen des Sports Grenzen überschreiten und das Risiko so weit ausreizen, dass wir als Unternehmen nicht mehr mitziehen wollen.“ In der Kletterszene hat die Entscheidung von Clif Bar eine heftige Diskussion darüber ausgelöst, wie viel Einfluss Sponsoren nehmen dürfen. „Ich ziehe die Grenzlinie selbst”, schrieb Alex Honnold, der vier Jahre lang von Clif Bar finanziell unterstützt worden war, in der New York Times. “Sponsoren haben keinen Einfluss auf meine Entscheidungen oder meine Gefahrenanalyse. Wenn ich alleine am Fuße einer Wand stehe, hinauf blicke und überlege, ob ich einsteigen soll, sind die Sponsoren wirklich das Letzte, an das ich denke. Wenn ich Risiken eingehe, betreffen sie mich selbst, nicht irgendeine Firma.“

Auer: „Wer will schon ein Verrückter sein?“

Hansjörg Auer

Hansjörg Auer

Wie Honnold hat auch der österreichische Topkletterer Hansjörg Auer schon mit Free-Solo-Projekten für Aufsehen gesorgt. So kletterte er 2007 in den Dolomiten die schwierige 1220 Meter lange Route „Weg durch den Fisch“ durch die Marmolada-Südwand alleine und ohne Seilsicherung. Probleme mit seinen Sponsoren habe er deswegen nie gehabt, schreibt mir der 30-Jährige: „Allerdings habe ich das Thema ‚Free Solo‘ nie extrem medial gepusht. Ich wollte, dass mich die Leute nicht ausschließlich mit diesem Thema identifizieren. In Europa funktioniert es sowieso anders. In Amerika werden mit risikoreichen Sportarten sofort Helden kreiert. Als Free-Solo-Kletterer in Österreich bist du eher ein Verrückter als ein Held. Und wer will schon ein Verrückter sein?“ Auer findet, dass Clif Bar durchaus das Recht habe, zu entscheiden, Free-Solo-Kletterern, Basejumpern oder Highlinern nicht länger zu unterstützen. „Unverständlich ist für mich, dass es so plötzlich passiert ist“, sagt Hansjörg. „Die Protagonisten sind schon seit vielen Jahren für ihren risikoreichen Sport bekannt.“ Der Österreicher plädiert dafür, Topkletterer nicht ständig nach dem Sinn ihres Tuns zu fragen: „Im Grunde gibt es für das Free-Solo-Klettern keine Rechtfertigung, und es ist auch nicht notwendig, eine zu suchen. Wer es nicht versteht, warum man so etwas macht, der soll sich für etwas anderes interessieren.“

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https://blogs.dw.com/abenteuersport/clif-bar-free-solo-sponsoring/feed/ 1
Leichter als auf der Highline https://blogs.dw.com/abenteuersport/leichter-als-auf-der-highline/ Tue, 19 Jun 2012 15:01:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=15465

Wallenda über den Niagara-Fällen

Über 27 Millionen Fernsehzuschauer sahen hierzulande am Sonntag zu, als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ihr EM-Spiel gegen Dänemark mit 2:1 gewann. Immerhin 10 Millionen waren am selben Tag in den USA live dabei, als der Sender ABC einen Drahtseilakt in die Fernsehstuben übertrug. „Das bestbesuchte nicht-sportliche Sommerprogramm seit 2006“, jubelte der Sender. Der 33 Jahre alte Nik Wallenda, Urenkel eines deutschen Zirkusakrobaten, balancierte in 60 Meter Höhe auf einem Stahlseil über die breiteste Stelle der Niagara-Fälle. 25 Minuten brauchte er für die Distanz von 550 Metern. „Ich finde die Idee gut. Lässig, dass er es gemacht hat, ein tolles Spektakel“, sagt Heinz Zak. „Aber ehrlich gesagt, eine Riesenleistung ist es – sportlich gesehen – nicht.“

Slackline-Pionier

Ich habe den Extremkletterer, Fotograf und Filmemacher aus Österreich angerufen, weil er ein ausgewiesener Experte für Balancieren in luftiger Höhe ist. Zak gilt als Slackline-Pionier in Europa. 2006 veranstaltete er in seinem Heimatort Scharnitz in Tirol das erste internationale Treffen der Seilkünstler. Längst ist der Tanz auf dem schwingenden Seil zum Trendsport geworden, nicht nur in den Bergen. „Bei uns erlebe ich das nach wie vor als richtigen Boom“, sagt Heinz. „Ich glaube, es wird sich vom Trendsport weiter entwickeln zu einem ganz normalen Schulsport.“ Der 54-Jährige selbst sorgte schon oft auf  so genannten „Highlines“ für Furore, auf Seilen, die zwischen zwei Felsen in schwindelerregender Höhe gespannt waren.

Heinz Zak auf der Leine am Lost Arrow im Yosemite-Nationalpark (© Archiv Zak)

Konnte kaum schiefgehen

Heinz Zak macht darauf aufmerksam, dass an dem Seil, über das Nik Wallenda über die Niagara-Fälle balancierte, in gewissen Abständen Gewichte hingen. „Damit nimmt er die Schwingung komplett heraus, und er marschiert wie auf einem richtig betonierten Stahlkabel.“ Außerdem nutzte Wallenda eine meterlange Balancierstange, die er mit einem Gurt um die Schulter fixiert hatte. „Der hat ein unglaubliches Trägheitsmoment eingebaut. Die Stange wiegt ja fast 20 Kilo“, erklärt Heinz. Dazu war der Artist noch am Seil gesichert. „Wenn der jetzt nicht gerade einen Herzkasperl auf der Leine kriegt, dann sollte eigentlich nicht großartig etwas schief gehen.“

Slackline schwingt mehr

Schon vor dem Ziel ein Interview

Wallenda gab noch auf dem letzten Drittel der Strecke sein erstes Live-Interview. „Er kann auf dem Seil auch laufen, eine Hand hochreißen, jubeln, niederknien. Da sieht man schon, dass das Balancieren auf dem Drahtseil wesentlich leichter ist als über eine Highline zu gehen“, sagt Heinz. „Der größte Unterschied ist, dass sich unsere Leine stark bewegt. Je länger sie ist, desto stärker schwingt sie.“ Zak weiß, wovon er redet. Er hat die berühmteste Highline der Welt bewältigt, am Lost Arrow, einer Granitnadel im Yosemite-Nationalpark. Und ist auch schon free solo, also ohne Sicherung, übers Seil balanciert. „Das ist für den Kopf der Hammer“, erzählt Heinz. „Da weiß man, wenn man wirklich ausrutscht und die Leine nicht fängt, ist man tot.“

Eine andere Hausnummer

Das Free-Solo-Klettern im Fels sei dennoch anspruchsvoller, meint Zak, dem 2005 im Yosemite die zweite ungesicherte Solo-Durchsteigung der legendären Route „Seperate Reality“ gelang. Sie führt durch ein sieben Meter überhängendes Felsdach, 200 Meter über dem Talgrund. „Beim Highlinen kann ich mich wesentlich genauer auf die Anforderungen einstellen. Es ist kontrollierbarer, auch wenn die Leine schwingt“, erklärt Heinz. „Eine 20- oder 30-Meter-Highline ist von der Sicherheit her vergleichbar mit dem Klettern im sechsten oder siebten Schwierigkeitsgrad.“ Bewege er sich im Fels free solo auf noch anspruchsvollerem Terrain, würden die Kletterbewegungen so schwierig, dass das Risiko deutlich steige, sagt der Österreicher. Oder die Griffe seien nicht mehr hundertprozentig kontrollierbar. „Wenn es so an die Grenze geht, bedeutet der kleinste Fehler den Tod.“ Anders als am Sonntag über den Niagara-Fällen.

P.S. Ans Herz lege ich euch Heinz Zaks Buch „Slackline am Limit“ mit guten Texten und sensationellen Bildern.

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Free Solo: Todesangst ist überlebenswichtig https://blogs.dw.com/abenteuersport/free-solo-todesangst-ist-uberlebenswichtig/ Thu, 22 Jul 2010 13:05:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/07/22/free-solo-todesangst-ist-uberlebenswichtig/ Für alle, sich nicht tagtäglich mit den Feinheiten des Bergsports beschäftigen: Freiklettern bedeutet nicht unbedingt, auf Haken, Klemmkeile oder Seil zu verzichten. Auch Freeclimber benutzen Hilfsmittel – allerdings nicht um sich fortzubewegen, sondern nur, um sich für den Fall eines Sturzes abzusichern.
Doch natürlich gibt es auch die reinste Form des Freikletterns, den Verzicht auf jegliche Hilfsmittel. Eine solche Kletterpartie nennt man Free Solo. Paul Preuß, ein Kletterpionier aus Österreich, war ein früher Vertreter dieser Spielart. Preuß lehnte es sogar ab, sich abzuseilen. Allerdings wurde er auch nicht alt. Mit 27 Jahren verunglückte er bei einem Absturz im Dachsteingebirge tödlich. Sind Free-Solo-Kletterer verrückt, waghalsig, gar lebensmüde?


Alexander Huber, Mann der Extreme

Reine Konzentration

Auch heute gibt es Extrembergsteiger, die free solo klettern, wie der US-Amerikaner Dean Potter, der Schweizer Ueli Steck, der Österreicher Hansjörg Auer – oder der Deutsche Alexander Huber. Den jüngeren der beiden Huber-Brüder habe ich nach der Faszination des Free-Solo-Kletterns gefragt (das Interview könnt ihr unten hören). Sie liege „in der Unmittelbarkeit“, sagt Alex. „Es ist eine sehr direkte Bedrohung für das Leben. Man braucht sich gar nicht die Frage zu stellen, was passieren könnte, wenn man an zwei kleinen Griffen 200 Meter über dem Einstieg in einer überhängenden Wand hängt. Das ist ja sonnenklar.“ Dennoch klammere er die Todesangst beim Klettern nicht aus, sagt der 42-Jährige. Ganz im Gegenteil. „Die Angst vor der Bedrohung des eigenen Lebens ist überlebenswichtig. Sie sagt mir, dass ich vorsichtig zu Werke gehen muss.“ Hinzukommen müsse jedoch das Vertrauen ins eigene Können, „um die Angst zu kontrollieren, damit sie keine übermäßige Nervosität, im schlimmsten Fall sogar Panik auslöst, sondern nichts anderes als reine Konzentration.“

Vernachlässigbar kleines Restrisiko

Alex Huber hat im Free-Solo-Klettern Marken gesetzt: So kletterte er 2002 in den Dolomiten die sogenannte „Hasse-Brandler-Direttissima“ free solo, eine direkte Route über 500 Höhenmeter durch die Nordwand der Großen Zinne (hier geht es zum Video). 2008 gelang Alex die erste Free-Solo-Besteigung des 3838 Meter hohen Grand Capucin im Montblanc-Gebiet über die sogenannte „Schweizerführe“ (Video).
Ohne Vorbereitung geht das natürlich nicht. Alex studiert die Routen bis ins Detail, bevor er sich ohne Sicherung in die Wand begibt. „Man will sich ja nicht blindlings in ein Abenteuer stürzen, das mit einer guten Wahrscheinlichkeit tödlich ausgeht.“ Free-Solo-Kletterer bräuchten einen „gesunden Menschenverstand“, der ihnen sage, „okay, ich kann das kontrollieren oder nicht.“ Wenn er in die Route einsteige, so Alex, dürfe es nur noch ein „vernachlässigbar kleines Restrisiko“ geben.

Buch der Erinnerungen

Aber sagt nicht gerade der gesunde Menschenverstand, dass eigentlich nur Lebensmüde in einer Felswand auf jede Sicherung verzichten? „Ganz und gar nicht“, sagt Alex. „Ich bin lebensfroh, sogar lebenssüchtig, das Gegenteil von todessüchtig. Ich bin bereit, mein Leben mit Händen und Füßen zu verteidigen, selbst wenn ich free solo klettere.“ Am Ende eines solchen geglückten Projekts stehe für ihn ein ganz besonders intensives Erlebnis. „Ich werde mich in 30 oder 40 Jahren noch minutiös an diese Momente erinnern können, während andere Gegebenheiten schon längst im Nebel der Vergangenheit verschwunden sind. Damit schaffe ich mir eine reich bebilderte, bunt kolorierte Seite im Buch meiner Erinnerungen.“


Alex beim Free-Solo-Klettern am Dent du Géant im Montblanc-Massiv

Und allen Sicherheitsfanatikern, die über seine Free-Solo-Klettertouren nur den Kopf schütteln, sagt Alex Huber: „Wenn man ganz ehrlich zu sich selbst ist, kommt es doch nicht auf die Anzahl der gelebten Jahre an, sondern auf das, was in diesem Buch der Erinnerungen steht.“ Sprich lieber kurz und intensiv gelebt, als lang und mittelmäßig.
Das bedeutet ja nicht, dass jetzt jeder free solo klettern muss. Das sollten wirklich nur die Allerbesten.

Interview mit Topkletterer Alex Huber

P.S. Wer sich intensiver mit dem Klettern ohne Sicherung beschäftigen will, sollte einen Blick in Alexander Hubers Buch „Free Solo“ werfen oder sich die Videodokumentation über seine Free-Solo-Trips ansehen. Beides findet ihr im Shop der Huberbuam-Seite.
P.P.S. Ich verabschiede mich jetzt in den Urlaub. Wundert euch also nicht, wenn ihr ein bisschen länger auf Einträge warten müsst… 😉

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Frei wie ein Vogel https://blogs.dw.com/abenteuersport/frei-wie-ein-vogel/ Sat, 19 Jun 2010 22:38:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/06/19/frei-wie-ein-vogel/ Streng genommen gibt es keine Steigerung von extrem. Denn das Wort beschreibt ja das Äußerste, ist also bereits ein Superlativ. Ich mache jedoch an dieser Stelle eine Ausnahme und steigere extrem: in Dean Potter.


Seit Jahren sorgt der US-Kletterer mit seinen Projekten für Aufsehen. Oft ist er alleine unterwegs, 2002 etwa an den sturmgepeitschten Granitfelsen in Patagonien in Südamerika. Dort durchstieg er in einer Saison als Erster zwei schwierige Routen solo, am legendären Cerro Torre („Kompressor-Route“) und am nicht weniger spektakulären Fitz Roy („Supercanaleta“), die letztgenannte sogar ohne Seilsicherung. „Wenn ich eine Route sehe, frage ich mich als Erstes: Kann ich sie free solo machen?“, sagte der Kletterer einmal in einem Interview.

Spirituelle Dimension

Free solo, der Verzicht auf jede Steighilfe und Sicherung. „Wahnsinn, etwas für Lebensmüde“, sagen die Kritiker. „Klettern in seiner reinsten, ursprünglichen Form“, entgegnen die Befürworter. Dean Potter schert sich nicht darum, was andere von ihm denken. Für den 38-Jährigen hat Klettern eine „spirituelle Dimension“. Er wolle nicht „testen, wie stark meine Finger sind. Ich versuche zu verstehen, wer ich bin und wie ich vielleicht dabei helfen kann, die Welt in einen besseren Ort zu verwandeln.“


Potter in Aktion – free solo

Dean Potter hat noch andere extreme Leidenschaften: Zum einen Slacklining, das Balancieren auf einer gespannten Leine über einem Abgrund. Zum anderen Basejumping, senkrechte Felswände hinab. Im freien Fall, um dann im letzten Moment mit einem Fallschirm den Flug abzubremsen. Es sei für ihn mit „das Schönste, was man tun kann: Nur mit einem kleinen Rucksack am Rande einer Wand zu stehen – und zu springen und frei wie ein Vogel zu fliegen.“

Dying to flying

Warum nicht alles miteinander kombinieren, dachte Dean im Jahr 2008. Er durchstieg die Eiger-Nordwand free solo. Auf dem Rücken trug er den Rucksack mit Fallschirm, gewissermaßen als „Mini-Lebensversicherung“ für den Fall des Absturzes. „FreeBase“ taufte Potter seine Idee. „Ich finde es faszinierend, die schlimmstmögliche Sache in die bestmögliche zu verwandeln: dying to flying (den Tod ins Fliegen).“ Auch beim Slacklining nutzt Potter inzwischen statt der sonst üblichen Sicherung mittels kurzem Seil und Karabiner den kleinen Fallschirm.


Dean ausnahmsweise in „niedriger“ Höhe mit Seilsicherung

Die Eiger-Nordwand meisterte Dean sturzfrei, um sich anschließend doch talwärts zu stürzen: mit einem speziellen Flügelanzug, der ihn fast wie einen Vogel durch die Luft gleiten ließ. Drei Minuten später landete Potter 2000 Meter tiefer. Sein Flug gilt als bisher längster Basejump. Das Magazin National Geographic zeichnete Dean dafür als Abenteurer des Jahres 2009 aus.
Privat lief es für Potter im vergangenen Jahr weniger gut. Seine Ehe mit der Spitzenkletterin Steph Davis scheiterte nach sieben Jahren. Warum, wissen nur die beiden. Am Ende bleibt Dean Potter eben doch nur ein Mensch. Ein extremer.

P.S. Schaut euch doch mal hier das Video über Dean von National Geographic an oder auch dieses! Und wundert euch bitte nicht, wenn ich derzeit etwas seltener im Blog schreibe. Die Fußball-WM beschäftigt mich – extrem.

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By fair means https://blogs.dw.com/abenteuersport/by-fair-means/ Sat, 15 May 2010 16:52:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/05/15/by-fair-means/ Dieser Berg wurde im Gegensatz zum Mount Everest nie in Fesseln gelegt. Er entstand und verschwand. Ich habe ihn bestiegen, als Erster, als Einziger: Free Solo, eine reine Eiskletterei, ohne Eisschrauben, sogar ohne Seil, eine Speedbesteigung, auf der Magic Line, durch eine wie ein gerader Strich nach oben ziehende Rinne zum höchsten Punkt. Keine Hochträger, keine Zwischenlager, keine Atemmaske. Bei minus 30 Grad, perfekter Sicht, Windstille im Gipfelbereich.
Mount Nestler habe ich ihn getauft, seine Höhe: ca. 5,30, vielleicht auch 5,40 Meter. Er stand in der Arktis, irgendwo zwischen dem 89. Breitengrad und dem Nordpol, etwa auf dem 160. Längengrad. Wahrscheinlich hatte er sich erst ein paar Tage vorher in die Höhe geschoben, einige Tage später ist er möglicherweise wieder in sich zusammengebrochen. Warum ich ihn bestiegen habe? Weil er da war.


Nestler auf Mount Nestler

Wer träumt nicht davon, als erster Mensch seinen Fuß auf einen Berg zu setzen? Es gibt zwar weltweit noch einige nicht bestiegene Berge, doch war mir klar, dass ich als eher lausiger Bergsteiger wohl niemals eine Erstbesteigung zustande bringen würde. Bis mir die Idee mit dem Eisklotz kam. So schmiedete ich schon während der Vorbereitung auf unsere Last-degree-Expedition zum Nordpol meinen Plan einer Erstbesteigung – und setzte ihn bereits an unserem ersten Tag auf dem Eis um. Am 6. April 2009, während unserer zweiten Rast, erklomm ich den Mount Nestler.

Leider futsch

Vier Expeditionskameraden waren Zeugen dieser alpinistischen Pionierleistung, einer schoss das Gipfelfoto. Es ist – im Gegensatz etwa zu Oh Eun Suns-Foto vom Kangchendzönga – nicht verschwommen und belegt eindeutig, dass ich wirklich oben war. Das Gipfelfoto würde ganz sicher auch die strenge Prüfung durch die legendäre Himalaya-Chronistin Miss Hawley bestehen. Allerdings hat auch sie bis heute noch nichts vom Mount Nestler gehört. Kein Achttausender, aber ein formschönen Fünfer im ewigen Eis. Mein Berg – leider futsch.

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