Gabl – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Dujmovits wählt Everest-Normalroute – „so schwer es mir fällt“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-everest/ Mon, 19 May 2014 20:34:33 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26165 Ralf Dujmovits

Ralf Dujmovits

„Es wäre ein Traum gewesen, diese schöne Route zu nehmen, aber ich traue mich nicht in das Bröselzeug hinein.“ Ralf Dujmovits klingt ein wenig enttäuscht, als er mich aus dem vorgeschobenen Basislager (ABC) auf der tibetischen Nordseite des Mount Everest über Satellitentelefon anruft. Eigentlich wollte der 52-Jährige über die Route aufsteigen, die Reinhold Messner bei seinem Alleingang 1980 eröffnet hatte: unterhalb des Nordgrats, dann durch den oberen Teil des Norton-Couloirs, aufs Gipfelplateau. Der Wind sei schuld, dass er seinen Plan aufgegeben habe, erklärt Ralf: „ Es bläst seit 14 Tagen. Im oberen Bereich des Norton-Couloirs, dort wo es am steilsten ist, gibt es eine felsige Unterbrechung. Dort liegt kein Schnee, wahrscheinlich ist es eher sandig.“ Auch die Stelle, an der Messner einst aus der Rinne in die Gipfelflanke stieg, sei schneefrei. Diese Herausforderung auf über 8000 Metern sei ihm zu groß, da er alleine und ohne Flaschensauerstoff unterwegs sein werde. „Das ist mir zu schwierig, zu spannend. Ich bin nicht mehr der Jüngste, dafür reichen meine Kräfte nicht.“ Er werde es jetzt über den Normalweg versuchen, „so schwer es mir fällt.“

Allein am Berg

Wenig Schnee im und am Norton-Couloir

Wenig Schnee im und am Norton-Couloir

Dujmovits ist der erste und bislang einzige Deutsche, der alle 14 Achttausender bestiegen hat. Nur am Everest, 1992, griff er zu Flaschensauerstoff. Diese Scharte würde Ralf gerne noch auswetzen. Dieser sechste Versuch am Everest werde aber definitiv sein letzter sein, hat der erfolgreichste deutsche Höhenbergsteiger vor seiner Abreise gesagt.

Ralf fühlt sich fit, von Erkältungen oder anderen Krankheiten blieb er bisher verschont. Seine Akklimatisation ist abgeschlossen, sie verlief nicht ganz nach Plan. Eigentlich wollte Dujmovits am Wochenende noch eine zweite Nacht in seinem Lager auf 7600 Metern übernachten, doch es war zu windig. Deshalb stieg er am Sonntag wieder ins ABC auf 6400 Metern ab. Zuvor hatte er auf 7700 Metern einen Materialsack deponiert, mit Zelt, Schlafsack, Kocher und Essen. „Ich trage mein Zeug selbst“, sagt Ralf. „Gestern war ich am Berg komplett allein.“

Nicht im Stau stehen

Blick auf den Nordsattel, dahinter der Changtse

Blick auf den Nordsattel, dahinter der Changtse

Auch das ABC sei noch ziemlich verwaist. Eine chinesische Gruppe sei dort, dazu gesellten sich ein paar vereinzelte Bergsteiger. Das seien nicht gerade die Vorboten der ersten großen Besteigungswelle der Saison, über die im Internet spekuliert werde, sagt Ralf. Er erwartet eher den 25. und 26. Mai als mögliche Gipfeltage. Ein erstes Wetterfenster öffne sich zwar wohl schon am 23. Mai, „voraussichtlich aber noch mit zu viel Wind, um ohne Atemmaske aufzusteigen“. Wahrscheinlich konzentriere sich die Mehrheit der insgesamt neun Gruppen auf den späteren Termin. Wann er selbst aufbrechen wird, lässt Dujmovits deshalb noch offen. „Ohne Flaschensauerstoff kann ich es mir nicht leisten, im Stau zu stehen.“ Er will sich auch noch mit dem erfahrenen Innsbrucker Meteorologen Charly Gabl beraten. Möglicherweise gebe es Anfang Juni ja noch ein weiteres Schönwetterfenster.

Zwei Sherpas brachen ab

Die Nachricht von der verheerenden Lawine im Khumbu-Eisbruch, bei der am Karfreitag 16 Nepalesen ums Leben kamen, habe sich natürlich auch auf der Nordseite schnell herumgesprochen, erzählt der 52-Jährige: „Fast alle nepalesischen Sherpas, die für die Teams hier arbeiten, haben bei dem Unglück Angehörige oder Freunde verloren. Zwei, drei Tage lang herrschte eine sehr traurige Stimmung im Basislager. Zwei Sherpas brachen ihre Expeditionen ab. Einer von ihnen ist inzwischen wieder zurückgekehrt. Ansonsten haben wir von der Unruhe auf der Südseite nicht so viel mitbekommen.“

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Wetterfensterln https://blogs.dw.com/abenteuersport/wetterfensterln/ Tue, 06 Sep 2011 11:09:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/09/06/wetterfensterln/

So einfach funktioniert das Wetter am Stripsenjoch

Bin ich froh, dass Karl, genannt „Charly“ Gabl erst Ende des Jahres in Pension geht! Oder gehen muss. Der Meteorologe und Bergsteiger aus Innsbruck feiert im Dezember seinen 65. Geburtstag und wird dann aus dem Staatsdienst ausscheiden. Gabl kann sich frohen Mutes in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden. Schließlich hat der Wetterexperte, auf dessen Vorhersagen fast alle Stars der Szene vertrauen, immer erklärt, er wolle erst gehen, wenn seine Lieblingsbergsteigerin und Landsfrau Gerlinde Kaltenbrunner alle 14 Achttausender bestiegen habe.

Einsatz rund um die Uhr

„Charly Gabl begleitet uns seit einigen Jahren sehr professionell und ist dann, wenn es ans Eingemachte geht – nämlich den Gipfel – Tag und Nacht für uns da“, bedankte sich Gerlinde nach ihrem Erfolg am K 2 bei dem „Bergwetter-Guru“ aus Tirol. Ohne seine Prognose, so die 40-Jährige, „wären wir sicher nicht aufgestiegen und hätten eher zugewartet. Und dann wäre ganz klar gewesen, dass wir die tatsächlich schönen Gipfeltage nicht erwischt hätten.“

Frei nach Goethe

Sicher werden auch wir uns auf Charly Gabls Vorhersagen verlassen, wenn wir im Oktober am Putha-Hiunchuli „wetterfensterln“ gehen, also versuchen werden, die günstigsten Tage auszuwählen, um den 7246 Meter hohen Gipfel im Westen Nepals zu besteigen. Denn schließlich wussten schon Goethe und ich: „Packt dich bös‘ das Bergwetter, muss er lös, der Bergretter.“

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Gipfelversuch am Broad Peak https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelversuch-am-broad-peak/ Tue, 08 Mar 2011 09:44:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/03/08/gipfelversuch-am-broad-peak/ „Die Hoffnung friert zuletzt ein“ – dieses Motto hat sich die polnische Expedition gegeben, die immer noch versucht, den 8051 Meter hohen Broad Peak in Pakistan erstmals im Winter zu besteigen. Anderthalb Monate halten sich die Bergsteiger um Expeditionsleiter Artur Hajzer nun schon im bitterkalten Karakorum auf. Der Frühlingsanfang rückt immer näher und damit schwindet auch die Zeit, das Projekt erfolgreich abzuschließen.


Robert Szymczak oberhalb von Lager II

Jetzt endlich hat der erste Gipfelversuch begonnen. Die Meteorologen kündigten für diesen Mittwoch und Donnerstag ein kleines Wetterfenster mit wenig Wind und Wolken an. So brachen Hajzer und vier weitere Bergsteiger am Montag auf. In Lager II auf 6200 Metern mussten sie ernüchtert feststellen, dass der Sturm ein weiteres Zelt zerstört hatte. Zwei Teammitglieder waren gezwungen, die Nacht in den Zeltresten zu verbringen, einem besseren Biwaksack.

Kein Frühlingsspaziergang

Inzwischen hat der Innsbrucker „Wetter-Guru“ Charly Gabl die zu erwartenden Windgeschwindigkeiten an den geplanten Gipfeltagen nach oben korrigiert. Am Mittwoch soll es mit bis zu 45 Stundenkilometern, am Donnerstag mit über 70 km/h blasen. Das wird alles andere als ein Frühlingsspaziergang. Das Thermometer soll im Gipfelbereich unter -40 Grad Celsius fallen. Die gefühlte Temperatur durch den sogenannten Windchill-Effekt wird noch einmal deutlich niedriger liegen, bei Böen von 45 km/h um die -60 Grad Celsius. Sollte der Wind wirklich, wie von Gabl vorhergesagt, auffrischen, wäre der Donnerstag als Gipfeltag wohl gestorben. „Drückt uns die Daumen, wir schnappen uns den Windmesser“, meint Rafal Fronia trotzig.


Gerfried Göschl nach einer weiteren kalten Nacht am G I

Auch Göschl und Co. am Berg

Auch das Trio am nur einige Kilometer Luftlinie entfernten, 8080 Meter hohen Gasherbrum I ist wieder unterwegs. Der Österreicher Gerfried Göschl, der Baske Alex Txikon und der Kanadier Louis Rousseau stiegen zum zuvor planierten Lager I auf 6300 Metern auf. Für sie gilt dasselbe wie für die Polen am Broad Peak: Die Zeit verrinnt. „Wir fühlen uns den Umständen entsprechend gut und könnten jederzeit Richtung Gipfel aufbrechen“, schreibt Gerfried. Wenn der Wettergott sie denn ließe.

Update 9. März: Gerfried, Alex und Louis haben auch 6650 Metern umgedreht und sind wieder Richtung Basislager abgestiegen. Nähere Informationen folgen.

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Dreimal ist göttlich https://blogs.dw.com/abenteuersport/dreimal-ist-gottlich/ Fri, 16 Jul 2010 21:57:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/07/16/dreimal-ist-gottlich/ Das politische Pulverfass Pakistan scheint abzuschrecken: Nur 25 Expeditionsteams sind derzeit in ganz Pakistan unterwegs. Kein Vergleich zu meinen Erlebnissen 2004, als so viele Bergsteiger und Trekker in den Karakorum kamen, dass die Träger nicht ausreichten.


Gerlindes dritter Versuch am zweithöchsten Berg

Gerlinde (Kaltenbrunner) und Ralf (Dujmovits) haben ihr Zelt wieder zu Füßen des 8611 Meter hohen K 2 aufgeschlagen. Der Chogori, der „große Berg“, wie ihn die einheimischen Balti nennen, fehlt noch als einziger Berg in Gerlindes Achttausender-Sammlung. Im dritten Anlauf will sie es packen: 2007 musste Gerlinde am zweithöchsten Berg der Erde auf 8100 Metern, 2009 auf 8300 Metern umkehren.
Ihr Ehemann war schon einmal auf dem höchsten Punkt. 1994 bestieg Ralf als 32-Jähriger ohne Flaschen-Sauerstoff den K 2, seinen dritten Achttausender. Bei unserem Treffen vor der Abreise nach Pakistan ließ der 48-Jährige durchblicken, dass er sehr gerne noch einmal den Gipfel erreichen würde, diesmal an Gerlindes Seite. Sie wäre nach Oh Eun Sun und Edurne Pasabán die dritte Frau auf allen Achttausendern, aber die erste, die niemals zur Atemmaske griff.


Godwin-Austen-Gletscher, links das Gipfeltrapez des 7000ers Chogolisa

Platte Matte

Bei einer ersten viertägigen Erkundungstour auf der Česen-Route (benannt nach dem slowenischen Bergsteiger Tomo Česen, der die Route über einen Felssporn 1986 allein durchstieg) gelangten Gerlinde und Ralf bis auf eine Höhe von 7200 Metern. In ihrem Expeditionstagebuch schreiben die beiden über „erstaunlich wenig Schneeauflage“. Die erste Nacht am Berg auf 6300 Metern verlief für Gerlinde wenig angenehm. Ihre daunengefüllte Schlafunterlage hatte die Luft verloren – platte Matte. Ralf erwies sich als Meister der Improvisation: Am nächsten Morgen hackte er ein verrottetes Zelt aus dem Eis, in dem noch eine halbwegs taugliche Schlafmatte lag. Die nächsten Nächte waren gerettet, umso wichtiger, da Gerlinde noch von den Folgen einer Magen-Darm-Infektion geschwächt war. Am vierten Tag in der Route verschlechterte sich das Wetter. Sturm zog auf, Schneefall setzte ein. Höchste Zeit, wieder zum Basislager abzusteigen.


Bei diesem Wetter nichts wie runter!

Charly macht Mut

Ralf klingt optimistisch: „Die Verhältnisse am Berg sind laut Gerlinde um vieles besser als im vergangenen Jahr. Zwar hat es im Basislager reichlich Schnee, ab 6000m jedoch sehr viel weniger als 2009 oder 2007, – was für uns einen großen Vorteil bedeutet.“ Bei ihren gescheiterten Versuchen war Gerlinde durch tiefen Schnee gebremst worden.
Charly Gabl, der fast schon legendäre Wetterexperte aus Innsbruck, macht den beiden Mut. Es soll relativ trocken bleiben, und ein Wetterfenster zeichnet sich ab – also einige Tage lang stabile Wetterverhältnisse, die einen Gipfelversuch zulassen würden. „Wir sind sehr gespannt und zuversichtlich, dass es dieses Mal klappen könnte“, schreibt Ralf. „Gemeinsam dort oben am Gipfel stehen zu dürfen, wäre ein wunderbares Geschenk. Wir werden uns dafür tüchtig anstrengen.“ Hoffentlich werden ihre Mühen belohnt und der „König der Achttausender“ lässt sie auf sein Haupt.

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