Gletscher – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Nach 16 ½ Jahren: Leiche von Alex Lowe gefunden https://blogs.dw.com/abenteuersport/nach-16-%c2%bd-jahren-leiche-von-alex-lowe-gefunden/ Mon, 02 May 2016 14:09:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32527 Alex Lowe (l., 1995 mit Conrad Anker)

Alex Lowe (l., 1995 mit Conrad Anker)

Gletscher bewegen sich ständig. Und so spucken sie irgendwann aus, was sie einst verschluckt haben. Der Klimawandel, der die Gletscher schneller abschmelzen lässt, beschleunigt den Prozess. So häufen sich in den letzten Jahren auch Berichte aus aller Welt, dass die Leichen verschollener Bergsteiger entdeckt werden. Ob am Mont Blanc, am Matterhorn, am Mount Everest  – oder jetzt am Achttausender Shishapangma in Tibet. Die Alex-Lowe-Stiftung gab bekannt, dass der Schweizer Ueli Steck und der Deutsche David Göttler während ihrer Akklimatisierung für die Shishapangma-Südwand im Blankeis die Körper zweier Bergsteiger entdeckt hätten. Der Gletscher werde die Leichen bald freigeben. Die Beschreibung der Kleidung und der Rucksäcke lasse keinen Zweifel daran, dass es sich bei den entdeckten Leichen um Alex Lowe und David Bridges handele.

Pilgerreise zur Shishapangma

Die beiden US-Amerikaner waren am 5. Oktober 1999 mit ihrem Landsmann Conrad Anker in der Shishapangma-Südwand von einer Lawine erfasst und verschüttet worden. Nur Anker hatte sich schwer verletzt aus den Schneemassen befreien können. Der damals 40 Jahre alte Lowe, zu jener Zeit einer der besten Kletterer der Welt, hatte mit Skiern die Südwand hinunterfahren wollen. Bridges gehörte als Kameramann zum Team. Später heiratete Conrad Anker Jennifer, die Witwe Lowes, und adoptierte die drei Söhne des Paares. „Conrad, die Jungs und ich werden eine Pilgerreise zur Shishapangma machen“, sagte Jennifer Lowe-Anker, nachdem sie Uelis und Davids Nachricht erhalten hatte. „Es ist Zeit, Alex beizusetzen.“ Und Anker ergänzte: „Nach 16 ½ Jahren bringt dies Abschluss und Entlastung für Jenni, mich und unsere Familie.“

]]>
Näher heran https://blogs.dw.com/abenteuersport/naeher-heran/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/naeher-heran/#comments Sun, 13 Jul 2014 16:31:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26803 Erstes Beschnuppern des Kokodak Dome

Erstes Beschnuppern des Kokodak Dome

Ich bin auf dem Mont Blanc. Gewissermaßen. Nur, dass ich nicht auf dem Gipfel des höchsten Bergs der Alpen stehe, sondern irgendwo in der Mitte des Kokodak Dome auf einem Felsblock sitze: 4867 Meter hoch (dort, wo auf dem Bild der weiße Pfeil zu sehen ist). Der vermeintliche Ruhetag gestaltet sich aktiver, als ich vorher gedacht hatte. „Heute machen wir ein kleine Wanderung“, kündigt Expeditionsleiter Luis beim Frühstück an. „Wir erkunden den besten Weg vom Basislager zum Einstieg in unsere Aufstiegsroute. Ganz locker, niemand sollte sich überanstrengen. Einfach nur, um uns besser zu akklimatisieren.“ Aus der lockeren Wanderung wird eine Sechs-Stunden-Tour.

Spalier aus Eistürmen

Gletscher wie im Märchen

Gletscher wie im Märchen

Vom Basislager aus ziehen wir über Gletschergeröll bergauf. Die Steigung ist moderat, doch Unaufmerksamkeit kannst du dir beim Weg über die Steine und Felsplatten nicht leisten. Ein falscher Tritt, du knickst mit dem Fuß um, und schon kann die Expedition für dich beendet sein. Wir erreichen die Ausläufer des Gletschers, der seitlich des Kokodak Dome in einem gewaltigen Eisbruch talwärts fließt. Hier unten auf etwa 4500 Metern zeigt der Gletscher ein fast märchenhaftes Gesicht. Unser Weg führt durch ein Spalier von etwa fünf Meter hohen Eistürmen, durch die sich ein kleiner Gletscherbach schlängelt. „Hier fehlen eigentlich nur noch die Trolle“, sagt Ursula. Wir haben Glück. Der Pfad, den wir mit kleinen Eistürmchen markieren, um ihn später wiederzufinden, endet weder an einer großen Spalte, noch vor einer unüberwindbaren Eismauer, sondern führt uns auf die unteren Hänge „unseres“ Bergs.

Nicht im Vorbeigehen

Hier soll unser Zwischenlager stehen

Hier soll unser Zwischenlager stehen

Die Flanken sind in dieser Höhe begrünt, mit wenig Blockgestein, so dass wir ganz entspannt aufsteigen können. „Jeder geht so hoch, wie er mag“, schlägt Luis vor. Wir lassen unsere Rucksäcke an einem Felsblock zurück und steigen noch eine Weile auf. Wir machen einen guten Lagerplatz auf 4830 Metern aus, wo Singhi und Chhongba schon einmal zwei Zelte und Bambusstangen deponieren. Mit den Stangen wollen wir später, weiter oben in Schnee und Eis, die Route markieren. Ich steige noch ein Stück weiter, bis auf Mont-Blanc-Höhe, und setze mich auf einen großen Stein. Meine Blicke und Gedanken wandern bergauf. Der Kokodak Dome flößt mir Respekt ein. Er ist wirklich kein Berg, den man mal eben im Vorbeigehen erstmals besteigt. Ich bin neugierig, wie er sich weiter oben präsentiert und ob ich den Herausforderungen gewachsen bin.

Erst mal ausruhen

In drei Tagen werden wir einen ersten Eindruck bekommen. Morgen ist erst einmal Ruhetag. Wir richten uns endgültig im Basislager ein, nachdem nun auch endlich die letzten Expeditionstaschen eingetroffen sind. Und vielleicht feiern wir ja auch den Weltmeistertitel der deutschen Fußballer. Übermorgen wollen wir dann auf 4800 Metern übernachten und anschließend zum nächsten Lager aufsteigen. Die Akklimatisierung schreitet voran. Und gleichzeitig rücken wir dem Kokodak Dome näher auf die Pelle.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/naeher-heran/feed/ 2
Nie ohne Seil aufs Eis https://blogs.dw.com/abenteuersport/laengste-seilschaft-der-welt/ Thu, 12 Sep 2013 09:24:49 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=23145

Erst anseilen, dann losstapfen

Die längste Seilschaft der Welt. Das ist das Ziel einer Aktion am Großglockner, die, wenn alles klappt, im Guinness-Buch der Rekorde landen wird. Auf dem Ködnitzkees, dem auf der Kalser Seite gelegenen Gletscher unterhalb des höchsten Gipfels Österreichs, werden Mitglieder der Osttiroler Bergrettung am Samstag um 14 Uhr so viele Menschen wie möglich aneinander seilen. Jeder kann mitmachen, vorausgesetzt er trägt vernünftige Bergschuhe und einen Klettergurt mit Karabiner. Ein Notar wird im Auftrag der Guinness-Buch-Rekordwächter die Teilnehmer zählen. Anschließend ist noch eine Performance des Künstlers Dieter Remler geplant, die unter dem Motto steht: „Frei wie ein Adler mit dem Verstand eines Menschen.“ Die Aktion ist nur eine von mehreren an diesem Wochenende in Osttirol, das ganz im Zeichen der Sicherheit am Berg steht. Ich habe Kontakt zu Peter Ladstätter aufgenommen, dem Bezirksleiter der Bergrettung Osttirol. Er hat die Aktion auf dem Ködnitzkees organisiert.

Peter, worauf wollt ihr mit der geplanten längsten Seilschaft der Welt hinweisen?

Die Kernbotschaft, die wir hier transportieren möchten, lautet: Es muss Standard sein, Gletscher nur angeseilt zu betreten oder angeseilt zu überqueren. Viele wissen leider nicht, dass Gletschereis immer in Bewegung ist und daher auch die Spalten wandern“. Immer wieder kommt es zu Spaltenstürzen, die nur angeseilt glimpflich – meist sogar unverletzt – enden. Ein tödlich geendeter Spaltensturz aus dem letzten Jahr hat uns auf die Idee gebracht, in dieser Richtung eine präventive Aktion zu setzen, um die Bergsteiger noch mehr für alpine Gefahren zu sensibilisieren. Übrigens ist meiner Meinung nach nicht der Berg gefährlich, sondern der Mensch, der Sicherheitsstandards zu wenig bis gar nicht berücksichtigt.

Beobachtet ihr als Bergretter vermehrt eine „Seilmüdigkeit“, die zu eigentlich vermeidbaren Unfällen führt?

Hier soll sich die Rekord-Seilschaft bilden

Es geht nicht alleine um die Bergrettung, sondern um alle alpinkompetenten Organisationen, die hier ihre Möglichkeiten (Netzwerke und Know-how) nützen müssen, um möglichst alle Bergsteiger und Wanderer zu erreichen. 83 Bergtote alleine in Tirol (Anm. inklusive Südtirol) in diesem Jahr sprechen wohl eine deutliche Sprache. Die Technik und die Ausrüstung haben in den letzten Jahren Riesenfortschritte gemacht und ermöglichen uns, weit über unsere persönlichen Leistungsgrenzen hinauszugehen. Wenn Ausrüstung, Technik und Wissen richtig aufeinander abgestimmt sind, steht einem wunderbaren, aber vor allem sicheren Bergerlebnis nichts mehr im Weg.

Es gibt auch tödliche Abstürze ganzer Seilschaften (wie unlängst am Langkofel im Grödner Tal), deren Ausmaß geringer wäre, wenn nicht angeseilt worden wäre. Wann soll man anseilen, wann nicht?

Tödliche Abstürze ganzer Seilschaften sind die absolute Ausnahme und haben meist andere Fehlerquellen wie z. B. Überschreitung einer Wechte oder Auslösen eines Schneebretts nach Neuschnee. Wir dürfen hier nicht den Fehler machen zu glauben, dass jeder Unfall vermeidbar ist. Es wird nach wie vor tödlich endende Bergunfälle geben, nur müssen wir alles daran setzen, die Bergsteiger und Wanderer bestmöglich zu informieren und für alpine Gefahren zu sensibilisieren. Es freut mich persönlich sehr zu beobachten, dass es wieder mehr Menschen in die Natur zieht, um dort Kraft zu tanken. „Menschen, die die Berge lieben, widerspiegeln Sonnenlicht, jene die im Tal geblieben, kennen ihre Sprache nicht.“

P.S. Wenn ihr hier klickt, findet ihr das Wochenend-Programms zur Sicherheit am Berg. Veranstalter sind neben dem Aktionskünstler Dieter Remler und der Bergrettung Tirol auch die Osttiroler Bergführer, die Alpinpolizei und das Alpinkompetenzzentrum Osttirol.

 

]]>
Gletscherschmelze am Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/gletscherschmelze-am-everest/ Wed, 15 May 2013 13:10:20 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=21679

Everest und Khumbu-Gletscher

Bergsteiger beobachten es seit längerem, Wissenschaftler der Universität Mailand haben es jetzt untermauert: Die Gletscher rund um den Mount Everest ziehen sich zurück. In den vergangenen 50 Jahren seien die Eismassen um 13 Prozent geschrumpft, sagt Sudeep Thukari, der die Untersuchung im Rahmen seiner Doktorarbeit leitete. Die Forschungen des  jungen Geowissenschaftlers aus Nepal werden vom Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) gefördert.

400 Meter kürzer

Das Wissenschaftler-Team untersuchte, wie sich die Gletscher im Sagarmatha-Nationalpark rund um den Mount Everest in den vergangenen fünf Jahrzehnten verändert haben. Im Schnitt seien sie seit 1962 um 400 Meter kürzer geworden, sagte Thukari. Die Gletscherzonen, die an der Oberfläche statt mit Eis mit Geröll bedeckt seien, hätten um 17 Prozent zugenommen. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Gletscherschmelze am höchsten Berg der Erde Folge des Treibhauseffekts ist. In den letzten 20 Jahren sei die durchschnittliche Temperatur im Everest-Gebiet um 0,6 Grad Celsius gestiegen. Gleichzeitig habe es im Vormonsun und im Winter 100 Millimeter (entspricht 100 Liter pro Quadratmeter) weniger Niederschläge gegeben.

Extrembergsteiger Ralf Dujmovits über Klimawandel am Everest

Wasserturm für Asien

„Die Gletscher des Himalaya sind wie ein Wasserturm für Asien“, sagt Sudeep Thakuri. „Sie speichern das Wasser und geben es in der Trockenzeit als Schmelzwasser wieder ab. Die Menschen in den niedrigeren Regionen sind davon abhängig, weil sie es als Trinkwasser, für die Landwirtschaft und für die Stromproduktion benötigen.“ Vielleicht wäre es mal wieder an der Zeit für eine außerordentliche Kabinettssitzung zu Füßen des Mount Everest, um auf die Folgen des Klimawandels für den Himalaya aufmerksam zu machen. Damit hatte die Regierung Nepals 2009 weltweit für Schlagzeilen gesorgt.

]]>
Gletscherleichen, Leichengletscher https://blogs.dw.com/abenteuersport/gletscherleichen-leichengletscher/ Tue, 03 Jul 2012 20:00:13 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=15661

In der Spalte

Unterwegs auf einem Gletscher beschleicht mich meist ein komisches Gefühl: Die Spaltenangst. Wenn das eisige Ungeheuer nun sein Maul aufreißt und mich verschlingt, könnte ich verloren sein. Seitdem ich im vergangenen Jahr einen Spaltenbergungskurs absolviert habe, weiß ich zumindest theoretisch, wie ich mich aus einer misslichen Gletscherlage befreien kann. Doch ein Restrisiko bleibt natürlich immer. „Wenn du reinfällst, tauchst du ein paar Jahre später als Leiche wieder am anderen Ende auf.“ So munterte mich 2004 mein pakistanischer Bergführer Akbar Syed auf, während wir ohne Seil (!) über den schneebedeckten Vigne-Gletscher im Karakorum liefen. Daran erinnerte ich mich, als ich heute die Berichte über den Leichenfund am Aletschgletscher in der Schweiz las.

Vor 86 Jahren verschwunden

Aletschgletscher mit Jungfrau, Mönch, Eiger (v.l.)

Ein Urlauberpaar aus Großbritannien entdeckte am Rand des mit einer Länge von gut 22 Kilometern und einer Fläche von etwa 81 Quadratkilometern größten Alpengletschers die sterblichen Überreste von drei Menschen. Außerdem fanden sie Kleiderreste, ein Fernglas, eine Taschenuhr, eine Tabakpfeife, Schneeschuhe, Bergstöcke und einen Geldbeutel mit neun Franken darin. Die neueste Münze hatte die Prägung 1921. Vermutet wird, dass es sich bei den Toten um Bergsteiger aus dem Dorf Kippel im Lötschental handelt, die seit dem 4. März 1926 vermisst wurden. Damals waren die drei Brüder Johann (31 Jahre), Cletus (29) und Fidelis Ebener (23) mit ihrem Freund Max Rieder (22) zu einer Bergtour aufgebrochen. Sie kehrten nie zurück und nahmen ihr Geheimnis mit ins eisige Grab. Eine Gen-Analyse der Skelette soll Gewissheit bringen, ob es sich bei den jetzt entdeckten Leichen wirklich um drei der vier Vermissten aus dem Lötschental handelt. Das Rätsel, wo und warum sie ums Leben kamen, wird jedoch wohl kaum zu lösen sein.

Fieberthermometer der Erde 

Der Aletschgletscher bewegt sich mit einer Geschwindigkeit zwischen 74 und 200 Metern pro Jahr. Der Klimawandel ist nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Gletscher sind schließlich die Fieberthermometer der Erde. Seit 1856 hat sich der „Aletsch“ um vier Kilometer zurückgezogen. Bis 2050 wird nach Berechnungen von Wissenschaftlern ein weiterer Gletscher-Kilometer verloren gehen. Wer weiß, wie viele Leichen vermisster Bergsteiger das Eis bis dahin noch frei gibt.

Auf dem Rückzug 

Zugspitzplatt mit südlichem (l.) und nördlichem Schneeferner (2006)

In Deutschland ist in dieser Hinsicht wenig Überraschendes zu erwarten – weil es kaum noch Gletscher gibt. Nur weniger als einen Quadratkilometer bedecken die fünf bayerischen Eisflächen. Und es kommt noch dünner. Die beiden Berchtesgadener Gletscher, das Blaueis und der Watzmanngletscher, „könnten selbst bei gleich bleibenden klimatischen Bedingungen bis 2020 nahezu verschwunden sein“, heißt es im jetzt von der bayerischen Landesregierung veröffentlichten ersten Gletscherbericht. Auch die Eisflächen an der Zugspitze sind todgeweiht: Dem südlichen Schneeferner werden noch 10 bis 15 Jahre gegeben. Der nördliche Schneeferner und der Höllentalferner könnten aufgrund ihrer Lage ein wenig länger überleben, auf Dauer aber nicht. Schade um sie. Trotz Spaltenangst.

P.S. In drei Tagen endet die Abstimmung zum „Online-Star 2012“. Also wer noch nicht hat und will, sollte bald für meinen Blog stimmen (Kategorie ‚Private blogs‘). Vielen Dank!

]]>
Schneeschauer und eine Maus https://blogs.dw.com/abenteuersport/schneeschauer-und-eine-maus/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/schneeschauer-und-eine-maus/#comments Mon, 17 Oct 2011 14:56:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10831

Schnee in Lager 1 (r. Sergio)

Das hatten wir nicht bestellt: Kaum waren wir in Lager 1 auf 5500 Metern eingetroffen, begann es zu schneien. Nicht ergiebig, keine dicken Flocken, eher Graupel, aber stark genug, um unsere gute Laune zumindest kurzfristig zu trüben. Das wird doch wohl nach all den Tagen mit Bilderbuchwetter nicht der Vorbote einer Schlechtwetterfront sein!

Kein Wettrennen

Als wir heute morgen aufstanden, war alles wie immer. Die Sonne begrüßte uns von einem wolkenlosen Himmel. In aller Ruhe frühstückten wir noch gemeinsam. Dann hieß es Abschied nehmen. Von Brigitte Eibl, die im Basislager auf uns wartet, von Brigitte Bayr und Hans, die, wie berichtet, erst morgen aufsteigen. Und von unserem Küchenteam, das uns viel Glück wünschte. „Lasst euch mit dem Aufstieg nach Lager 1 Zeit. Wir müssen kein Wettrennen gewinnen“, schärfte uns Herbert ein.

Blöder Steinbruch

Vier Musketiere

Wir brachen gegen 10 Uhr ganz gemütlich auf. Der Rucksack zog jedoch kräftig an den Schultern. Schließlich mussten wir die Hochlagerverpflegung für vier Tage hinaufschleppen. Dazu je zwei Gaskartuschen und was an Daunenkleidung nötig ist, um einen 7000er wie den Putha Hiunchuli zu besteigen. Michael brachte es auf den Punkt, als wir uns auf halber Strecke trafen: „Ich steige jetzt zum dritten Mal diesen Steinbruch hinauf, habe aber nicht das Gefühl, dass es schneller und leichter geht – oder sogar schöner wird. Einen Trost aber habe ich: In meinem Leben werde ich diese Gletschermoränen bestimmt nicht mehr hinauflaufen müssen.“

Nach gut drei Stunden trafen wir fast als geschlossene Mannschaft in Lager 1 ein. Lediglich Sergio und Herbert hatten ein Tempo vorgelegt, dem wir anderen nicht folgen konnten oder wollten. Die beiden erwarteten uns am Lagerplatz. Sergio hatte bereits Schnee zum Schmelzen gesammelt, Herbert mit dem Eispickel ein Loch in einen kleinen Gletschersee geschlagen, aus dem wir Wasser schöpfen konnten. Die beiden hatten auch eine fette Maus beobachtet, die sich an einigen unserer Zelte zu schaffen gemacht hatte.

Ankunft in Lager 1

Wie eine Schnecke

Über die Geröllwüste

Den Lagerplatz 1 teilen wir mit einer französischen Expedition, die den Berg mit einer anderen Taktik besteigen will,  der „strategie de l´escargot“, der Taktik der Schnecke: Sehr langsam aufsteigen, mehr Hochlager als sonst üblich aufschlagen, oben bleiben. So viel Muße haben wir nicht. Donnerstag soll unser Gipfeltag sein, Freitag wäre unter Umständen auch noch möglich, ist aber eher unwahrscheinlich. Herbert hat nämlich eben den neuen Wetterbericht abgerufen. Dienstag und Mittwoch soll es keine Niederschläge geben, morgen allerdings ziemlich starken Wind. Der wird sich nach der Prognose übermorgen wieder legen. Am Donnerstag wird gutes Wetter erwartet. Unser Plan könnte also aufgehen. Anschließend soll es vier Schlechtwettertage mit Schneefall bis auf 5000 Meter hinunter geben. Also nichts wie los! Nach einer hoffentlich erholsameren Nacht als zuletzt in Lager 1 wollen wir morgen das nächsthöhere Lager auf 6100 Metern beziehen. Dorthin wird sich wohl kaum eine Maus verirren und Zelte anknabbern.

P.S. Die Berichte in den nächsten Tagen werden sicher ein bisschen kürzer ausfallen als bisher. Ich muss mit meinen Kräften haushalten. Ich will schließlich, wenn möglich, auch den Gipfel erreichen. Wo wir gerade sind, könnt ihr auf der rechten Seite des Blogs sehen. (als Link: ‚Wo wir gerade sind’ – „Spot Messenger“)

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/schneeschauer-und-eine-maus/feed/ 4
Nützlicher Dreck https://blogs.dw.com/abenteuersport/nutzlicher-dreck/ Tue, 29 Mar 2011 14:02:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/03/29/nutzlicher-dreck/ Wie habe ich das Geröll verflucht! Sogar ein Klagelied habe ich 2004 über die Steine des Baltoro geschrieben, als ich den Gletscher im Karakorum (was übersetzt „schwarzes Geröll“ bedeutet) auf meinem Weg zum Basislager des K 2 überquerte. Jetzt muss ich mein Urteil wohl revidieren. Die Felsbrocken, die sich auf dem Eis zur Ruhe gesetzt haben, sind in Zeiten des Klimawandels durchaus nützlich.


Steine bedecken den Baltoro-Gletscher

Die einen so, die anderen so

Das Geröll wirke ab einer gewissen Dicke „wie eine Wärmedämmschicht“, erklärt Dr. Dirk Scherler (Das Gespräch könnt ihr unter dem Artikel nachhören). „Die Schmelzrate des Eises verringert sich stark.“ Der Wissenschaftler hat mit Kollegen des Instituts für Geowissenschaften an der Universität Potsdam Satellitenbilder von 286 Gletschern im Himalaya und Karakorum ausgewertet. Die Aufnahmen entstanden in einem Zeitraum von acht Jahren. Sie belegen, dass sich derzeit 70 Prozent der Himalaya-Gletscher zurückziehen. „Einige langsamer, andere schneller. Das hängt unter anderem mit der Steilheit des Gletschers und der Schuttbedeckung zusammen.“

Trugschluss möglich

Mit anderen Worten: Gletscher können nicht über einen Bergkamm geschoren werden. Im zentralen Himalaya etwa gibt es laut Scherler Gletscher, die sich nicht zurückziehen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass es ihnen gut geht. Vielmehr sorgen der Schutt an der Oberfläche und eine schwache Neigung dafür, dass das Eis nicht mehr fließt. „Das lässt darauf schließen, dass diese Gletscher stagnieren“, erklärt der Wissenschaftler. „Sie werden nicht mit genügend Eis von stromaufwärts gefüttert.“

Schwierige Prognosen

Ganz anders viele Gletscher im Karakorum. 58 Prozent der großen Eisbänder gelten nach der Studie der Potsdamer als stabil oder wachsen sogar um bis zu zwölf Meter pro Jahr. „Diese Gletscher fließen im Gegensatz zu jenen im zentralen Himalaya zum Teil mit sehr hohen Geschwindigkeiten“. Das könne nicht allein mit der Geröllauflage erklärt werden.
Es gibt also noch jede Menge zu erforschen. „Prognosen weit in die Zukunft greifen nicht. Schon gar nicht im Himalaya, wo die Datengrundlage so dürftig ist“, meint Geowissenschaftler Dirk Scherler. Eines aber stehe fest. „Der Klimawandel kann nicht wegdiskutiert werden.“ Steine hin oder her.

Interview mit Geowissenschaftler Dr. Dirk Scherler

]]>