Hochlager – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Sauerei am Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/sauerei-am-everest/ Mon, 11 Jun 2018 14:00:50 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41111

Müll im Everest-Hochlager

„Verdammt noch mal! Was für eine Sauerei!“, fluchte ich heute morgen, als ich nach dem sonnigen Wochenende mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr. „Ist bei diesen Leuten das Gehirn ausgeschaltet?“ Der Weg war geradezu gepflastert mit Plastikbechern, Fast-Food-Verpackungen, Grillschalen und Scherben zerschlagener Bierflaschen. So ähnlich, wenn auch mit anderen, teilweise noch unappetitlicheren Zutaten, sah es nach dieser Frühjahrssaison in den Hochlagern am Mount Everest aus. Selbst Fäkaliensäcke lagen dort herum. Mit Bildern dokumentiert hat diese Sauerei der mexikanische Bergsteiger David Liano Gonzalez. „Ich habe zehn Jahre lang an ‚Öko Everest Expeditionen‘ teilgenommen. Wir haben mehr als zehn Tonnen Unrat heruntergebracht. Ich trage auch meinen Kot in Spezialsäcken nach unten“, schreibt mir der 38-Jährige, der in diesem Jahr zum siebten Mal den höchsten Berg der Erde bestiegen hatte. „Ich versuche, den Berg sauberer zu hinterlassen, als ich ihn vorgefunden habe. Aber mit so vielen Leuten, ohne Kontrolle und ohne Bergethik ist das Problem außer Kontrolle.“

Kein Respekt

David Liano auf dem Gipfel des Everest

Der Everest liege den meisten Gipfelanwärtern gar nicht am Herzen, sagt David: „Sie besteigen ihn nur, um ein Gipfelfoto zu schießen und es auf den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Und fertig!  Kein Respekt. Für sie ist es völlig belanglos, ob der Berg eine Müllhalde ist. Oder ob sie ihren Abfall wegwerfen, wenn sie dort sind.“ Fassungslos macht den Mexikaner, dass selbst Sherpas die Hochlager zumüllen: „Für sie ist er doch ein heiliger Berg, und sie verschmutzen ihn genauso oder sogar noch mehr als die Ausländer. Das ist schockierend und enttäuschend.“

Prämie für leichten Abfall erhöhen

Ein Sinneswandel unter den Bergsteigern müsse dringend her, sagt Liano. „Das dauert eine Generation, aber wir müssen schon jetzt damit beginnen.“ Es gehe darum, die Verschmutzung in den Everest-Hochlagern zu stoppen und den dort schon vorhandenen Unrat zu entfernen. Es sei ein guter erster Schritt, den Sherpas Prämien pro Kilogramm Müll zu bezahlen, den sie herunterbrächten, findet David: „Allerdings neigen die Leute dazu, meist nur schweres Zeug runterzuschleppen. Zerrissene Zelte und Planen werden für immer oben bleiben, weil sie nicht viel wiegen. Das ist kein Anreiz. Also bezahlt mehr pro Kilogramm, wenn es sich nur um Stoff handelt!“

Lebenslange Sperren

Der mexikanische Bergsteiger fordert außerdem harte Strafen gegen die Umweltsünder unter den Sherpas und ausländischen Teilnehmern der kommerziellen Gruppen. Lebenslange Sperren für die Teilnahme an Expeditionen seien denkbar. Veranstaltern könnte die Lizenz entzogen werden, schlägt Liano vor: „Lasst uns Leute dazu ermuntern, die Verschmutzer zu fotografieren. Wir sollten zudem Nicht-Regierungs-Organisationen einbinden, um die Vorschriften zu kontrollieren und durchzusetzen.“

Weniger Permits ausstellen

Letztlich, findet David, führe auch kein Weg daran vorbei, die Zahl der Everest-Gipfelanwärter einzuschränken, um das Müllproblem in den Hochlagern in den Griff zu bekommen. „Ich habe immer daran geglaubt, dass die Berge für alle verfügbar sein sollten. Für den Everest habe ich nun meine Meinung geändert“, sagt Liano. „Die Zahl der Bergsteiger muss kontrolliert werden. Wenn das für Nepal ein Problem ist, weil die Einkünfte beschnitten werden, dann verdoppelt eben, falls nötig, die Permitgebühren!“

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Schneeschauer und eine Maus https://blogs.dw.com/abenteuersport/schneeschauer-und-eine-maus/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/schneeschauer-und-eine-maus/#comments Mon, 17 Oct 2011 14:56:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10831

Schnee in Lager 1 (r. Sergio)

Das hatten wir nicht bestellt: Kaum waren wir in Lager 1 auf 5500 Metern eingetroffen, begann es zu schneien. Nicht ergiebig, keine dicken Flocken, eher Graupel, aber stark genug, um unsere gute Laune zumindest kurzfristig zu trüben. Das wird doch wohl nach all den Tagen mit Bilderbuchwetter nicht der Vorbote einer Schlechtwetterfront sein!

Kein Wettrennen

Als wir heute morgen aufstanden, war alles wie immer. Die Sonne begrüßte uns von einem wolkenlosen Himmel. In aller Ruhe frühstückten wir noch gemeinsam. Dann hieß es Abschied nehmen. Von Brigitte Eibl, die im Basislager auf uns wartet, von Brigitte Bayr und Hans, die, wie berichtet, erst morgen aufsteigen. Und von unserem Küchenteam, das uns viel Glück wünschte. „Lasst euch mit dem Aufstieg nach Lager 1 Zeit. Wir müssen kein Wettrennen gewinnen“, schärfte uns Herbert ein.

Blöder Steinbruch

Vier Musketiere

Wir brachen gegen 10 Uhr ganz gemütlich auf. Der Rucksack zog jedoch kräftig an den Schultern. Schließlich mussten wir die Hochlagerverpflegung für vier Tage hinaufschleppen. Dazu je zwei Gaskartuschen und was an Daunenkleidung nötig ist, um einen 7000er wie den Putha Hiunchuli zu besteigen. Michael brachte es auf den Punkt, als wir uns auf halber Strecke trafen: „Ich steige jetzt zum dritten Mal diesen Steinbruch hinauf, habe aber nicht das Gefühl, dass es schneller und leichter geht – oder sogar schöner wird. Einen Trost aber habe ich: In meinem Leben werde ich diese Gletschermoränen bestimmt nicht mehr hinauflaufen müssen.“

Nach gut drei Stunden trafen wir fast als geschlossene Mannschaft in Lager 1 ein. Lediglich Sergio und Herbert hatten ein Tempo vorgelegt, dem wir anderen nicht folgen konnten oder wollten. Die beiden erwarteten uns am Lagerplatz. Sergio hatte bereits Schnee zum Schmelzen gesammelt, Herbert mit dem Eispickel ein Loch in einen kleinen Gletschersee geschlagen, aus dem wir Wasser schöpfen konnten. Die beiden hatten auch eine fette Maus beobachtet, die sich an einigen unserer Zelte zu schaffen gemacht hatte.

Ankunft in Lager 1

Wie eine Schnecke

Über die Geröllwüste

Den Lagerplatz 1 teilen wir mit einer französischen Expedition, die den Berg mit einer anderen Taktik besteigen will,  der „strategie de l´escargot“, der Taktik der Schnecke: Sehr langsam aufsteigen, mehr Hochlager als sonst üblich aufschlagen, oben bleiben. So viel Muße haben wir nicht. Donnerstag soll unser Gipfeltag sein, Freitag wäre unter Umständen auch noch möglich, ist aber eher unwahrscheinlich. Herbert hat nämlich eben den neuen Wetterbericht abgerufen. Dienstag und Mittwoch soll es keine Niederschläge geben, morgen allerdings ziemlich starken Wind. Der wird sich nach der Prognose übermorgen wieder legen. Am Donnerstag wird gutes Wetter erwartet. Unser Plan könnte also aufgehen. Anschließend soll es vier Schlechtwettertage mit Schneefall bis auf 5000 Meter hinunter geben. Also nichts wie los! Nach einer hoffentlich erholsameren Nacht als zuletzt in Lager 1 wollen wir morgen das nächsthöhere Lager auf 6100 Metern beziehen. Dorthin wird sich wohl kaum eine Maus verirren und Zelte anknabbern.

P.S. Die Berichte in den nächsten Tagen werden sicher ein bisschen kürzer ausfallen als bisher. Ich muss mit meinen Kräften haushalten. Ich will schließlich, wenn möglich, auch den Gipfel erreichen. Wo wir gerade sind, könnt ihr auf der rechten Seite des Blogs sehen. (als Link: ‚Wo wir gerade sind’ – „Spot Messenger“)

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Steigung und Risiko gemäßigt https://blogs.dw.com/abenteuersport/steigung-und-risiko-gemasigt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/steigung-und-risiko-gemasigt/#comments Tue, 27 Sep 2011 14:38:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10501

Geplante Lager-Kette

Ich falle immer wieder darauf herein. „30 Prozent Steigung, wow!“, denke ich und male mir einen Winkel von 30 Grad aus. Quatsch! Eine 30-prozentige Steigung bedeutet, dass es auf 100 Metern in der Horizontale 30 Meter in die Höhe geht. Das entspricht aber nur einem Winkel von 16,7 Grad. Eine 100-prozentige Steigung heißt demzufolge 45 Grad aufwärts. Keine Angst, ihr seid nicht im Lexikon der populären Irrtümer gelandet. Ich will nur, dass ihr nachvollziehen könnt, wie steil oder nicht steil unsere Route auf den Putha Hiunchuli ist, die ich euch jetzt vorstellen werde.

Ausgezeichneter Kompromiss

„Ab einer Höhe von 21.000 Fuß (Anm. entspricht 6400 Metern) führt die Nordost-Wand, ein nur gemäßigt ansteigendes, riesiges Schnee- und Eisplateau, zum 23.750 Fuß (7238 Meter; nach heutiger genauer Messung 7246 Meter) hohen Gipfel.“ So beschrieb der Erstbesteiger des Putha Hiunchuli, Jimmy Roberts, den Weg zum höchsten Punkt. Für den Engländer, der eher ein Höhenwanderer als ein Kletterer war, gab die sanft ansteigende Route 1954 den Ausschlag zugunsten dieses Bergs. Eigentlich hatte Roberts den schwerer zugänglichen, 7751 Meter hohen Dhaulagiri II besteigen wollen. Der Putha Hiunchuli war – so der Pionier – „ein ausgezeichneter Kompromiss“.

Erst akklimatisieren

Wir werden der Route der Erstbesteiger durch die Nordost-Wand folgen. Das Basislager liegt auf etwa 4900 Metern. Dort fließt ein kleiner Gletscherbach entlang. Für Wasser ist also gesorgt. Geplant sind drei Hochlager auf etwa 5400 (Lager I), 6200 (II) und 6600 Metern (III). Im Idealfall steigen wir in einem ersten Vorstoß zum Lagerplatz I auf, richten ihn ein und kehren dann ins Basislager zurück. Beim zweiten Aufstieg übernachten wir in Lager I, richten den Platz für Lager II ein und steigen wieder ganz hinunter. Das dient der Akklimatisierung. Schließlich wird auf 7000 Metern der Sauerstoff nur noch mit 40 Prozent des Drucks in die Lungen gepresst wie auf Meereshöhe. Anders gesagt: die Luft ist verdammt dünn.

Sollten wir unsere Gipfelchance erhalten, werden wir in Lager I und II übernachten und dann zu Lager III aufsteigen. Dort verbringen wir nur die Nacht vor dem Gipfeltag. Bei der Rückkehr vom höchsten Punkt oder von wo auch immer bauen wir die Zelte ab und steigen direkt bis Lager II durch, am folgenden Tag bis ins Basislager.

Wenig Spalten

Die maximale Steigung der Route liegt bei etwa 35 Grad. Das entspricht 70 Prozent, was – wie wir gelernt haben – dramatischer klingt als es ist. Der gemäßigte Anstieg der Route sorgt dafür, dass die Lawinengefahr eher gering ausfällt – vorausgesetzt, es schneit nicht aus Kübeln. Aber in diesem Fall wäre ein Aufstieg ebenso ausgeschlossen wie bei starkem Wind.

Und wo wir schon einmal bei den Gefahren sind: Das Risiko, in einer Gletscherspalte zu verschwinden, erscheint überschaubar.

Expeditionsleiter Herbert Wolf zu den Risiken

Marc Faber, der im vergangenen Jahr den Gipfel erreichte, erzählte mir, er habe bei seinem Aufstieg keine einzige tiefe Spalte gesehen. Dennoch: Vorsicht ist nicht nur die Mutter der Porzellankiste, sondern auch der Vater des zerbrechlichen Bergsteiger-Lebens.

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