House – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Back to the roots https://blogs.dw.com/abenteuersport/back-to-the-roots/ Wed, 30 Mar 2011 08:21:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/03/30/back-to-the-roots/ Vor einem Jahr sprang er dem Tod von der Schippe. Jetzt macht sich Steve House wieder auf in die Todeszone. „Mit ein bisschen Glück werden wir in genügend Schwierigkeiten geraten, um ein großes Abenteuer zu erleben“, schreibt der Topbergsteiger aus den USA auf seiner Homepage. Der 40-Jährige hat sich einer slowenischen Expedition zum Achttausender Makalu angeschlossen und kehrt damit zu seinen Wurzeln als Bergsteiger zurück. Bei einem einjährigen Auslandsaufenthalt in Slowenien hatte Steve die Feinheiten des Klettern erlernt. Mit einer slowenischen Expedition war der damals erst 19-Jährige auch erstmals an einem der höchsten Berge der Welt unterwegs gewesen, am Nanga Parbat.


Steves Ziel 2011: Der Makalu

Zwei Goldene Pickel

Die Expedition zum Makalu, dem mit 8485 Metern fünfthöchsten Berg der Erde, wird von seinem Freund Marko Prezelj geleitet. Der 45-Jährige zählt seit über zwei Jahrzehnten zur internationalen Bergsteiger-Elite. Zweimal wurde Marko mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar der Bergsteiger“: 1992 für eine neue Route durch die Kangchendzönga-Südwand, die er mit seinem slowenischen Landsmann Andrej Štremfelj im Alpinstil (ohne Hochträger, Lagerkette und Atemmaske) meisterte, 2007 für die Erstbesteigung des Nordwestpfeilers des Siebentausenders Chomolhari mit Boris Locencic.

Junge Hüpfer, alte Säcke

Prezelj hat, abgesehen vom erfahrenen House, ein Team junger, hungriger Kletterer aus Slowenien um sich geschart. „Die jungen Hüpfer werden ein paar Tricks von uns alten Säcken lernen“, freut sich Steve. „Aber ich bin mir sicher, dass Marko und ich dafür mehr als entschädigt werden – durch Inspiration und reichhaltige Erfahrungen.“ Das Projekt passt gut zu Steves neuem Selbstverständnis nach seinem Sturz am Mount Temple in den kanadischen Rockies Ende März 2010, den er schwer verletzt überlebt hatte. Bei unserem Treffen im vergangenen Herbst beim International Mountain Summit in Brixen in Südtirol hatte mir Steve erzählt, dass er künftig vor allem seine Erfahrungen an junge Bergsteiger weitergeben wolle.


Steve House, für Reinhold Messner der derzeit „weltbeste Extrembergsteiger“

Wert auf Unabhängigkeit gelegt

Was genau das Team am Makalu plant, lässt Steve offen. Nur so viel: Es gehe um neue Routen oder bereits erschlossene erstmals im Alpinstil. Steve nennt für Letzteres den 1971 von den Franzosen Yannick Seigneur und Bernard Mellet erstbegangenen Westpfeiler als mögliches Ziel. „Wenn alles glatt läuft, werden wir den Fuß nicht auf die Normalroute setzen, bis wir auf dem Gipfel des Makalu stehen.“ Auf Neuigkeiten von House, Prezelj und Co. werden wir eine Weile warten müssen. Die Expeditionsmitglieder haben sich bewusst gegen eine eigene Internet-Seite entschieden. Auch auf Sponsoren wurde verzichtet. Lediglich der Slowenische Bergsteigerverband steuert Geld bei. „Wir wollen uns nicht von den Erwartungen anderer festlegen lassen“, sagt Steve.

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Ein Sturz, der vieles änderte https://blogs.dw.com/abenteuersport/ein-sturz-der-vieles-anderte/ Fri, 05 Nov 2010 18:51:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/11/05/ein-sturz-der-vieles-anderte/ Selten habe ich so viele verblüffte Menschen auf einem Fleck erlebt. Der Vortragssaal im Brixener Forum war gestern abend bis auf den letzten Platz gefüllt, als Steve House die Bühne betrat. Reinhold Messner adelte House einmal mit dem Lob, er sei der „derzeit beste Höhenbergsteiger der Welt“. 2005 hatte der US-Amerikaner mit seinem Landsmann Vince Anderson die Rupalwand am Achttausender Nanga Parbat, die mächtigste Fels- und Eiswand der Welt, erstmals im Alpinstil durchstiegen, also ohne Atemmaske, Fixseile und Hochlager.

Ein Mensch ist mehr als nur ein Bergsteiger

Die Besucher seines Vortrags beim International Mountain Summit erwarteten spektakuläre Bilder und Erzählungen von dieser und anderen extremen Expeditionen zu den höchsten Bergen der Welt.


Steve House, locker, aber alles andere als oberflächlich

Stattdessen forderte Steve House die Zuschauer auf, sich ein paar Minuten lang Gedanken darüber zu machen, ob man einen Menschen wirklich nur darüber definieren sollte, welche Leistungen er als Bergsteiger gebracht habe. Es folgte, während Steve schwieg, auf der Leinwand eine Auflistung von etwa 25 seiner bahnbrechenden Kletterpartien in den letzten 15 Jahren, begleitet nur von einigen wenigen Bildern.

Geteilte Meinung

Ausführlich schilderte Steve anschließend, wie er bei seinem Sturz am Mount Temple im vergangenen März dem Tod gerade eben so von der Schippe gesprungen war. Dieser Unfall habe sein Leben geändert, sagte Steve. Er wolle künftig mehr Wert auf die Beziehungen zu seinen Mitmenschen legen und sein Wissen über das Klettern an die nächste Generation weitergeben. Nach einer Stunde beendete House seinen Vortrag – ohne viele Worte über seine spektakulären Touren vor dem Sturz verloren zu haben.
Die Meinung im Publikum war geteilt. Die einen fanden es toll, wie offen Steve über seine Gedanken und Gefühle gesprochen hatte. Die anderen waren enttäuscht, weil sie sich um die erwartete akustische und optische Reise zu den Bergriesen des Himalaya und Karakorum betrogen fühlten.


Steve (2.v.l.) bei der Wanderung zum Astjoch

Vielleicht ein bisschen weniger intensiv

„Ich habe keine Anerkennung des Publikums finden oder Applaus ernten wollen“, erzählt mir Steve House heute bei unserer Wanderung im Pustertal zum Astjoch, einem 2194 Meter hohen Aussichtsberg mit einem beeindruckenden 360-Grad-Panorama. „In den letzten 15 Jahren habe ich mein Leben dem Klettern verschrieben. Aber meine Einstellung hat sich jetzt eben gewandelt. Und so wird es in den nächsten Jahren vielleicht ein bisschen weniger intensiv zugehen.“ Wir reden über seinen Sturz im Frühjahr, bei dem er dem Tod so nahe war, über den Verlust vieler Freunde, die in den Bergen ums Leben gekommen sind, und über seine Pläne für die Zukunft. (Diese Geschichte erzähle ich euch später.)


Dass Steve und Stefan mal einen Berg gemeinsam besteigen würden …

Zu 80 Prozent wiederhergestellt

Dass wir überhaupt gemeinsam auf einen kleinen Berg wie das Astjoch steigen können, grenzt fast schon an ein Wunder. Steves Brustkorb glich nach dem Unfall einem Trümmerfeld, die Lunge war kollabiert. „Ich bin jetzt bei 80 Prozent“, sagt der 40-Jährige, der inzwischen auch wieder geklettert ist. Die Ärzte haben ihm Hoffnung gemacht, dass er zwölf Monate nach seinem Sturz wieder vollständig hergestellt sein werde. Physisch. Und psychisch? Steve ist ein anderer als früher. Und er hat gestern in Brixen sicher nicht zum letzten Mal verblüffte Zuhörer zurückgelassen.


Das Panorama wollte ich euch nicht vorenthalten

Steve House über seinen Vortrag in Brixen

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Gelesen: Jenseits des Berges https://blogs.dw.com/abenteuersport/gelesen-jenseits-des-berges/ Mon, 27 Sep 2010 13:07:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/09/27/gelesen-jenseits-des-berges/ Besser als Steve House hätte ich es nicht auf den Punkt bringen können: „Eine große alpinistische Unternehmung hat alles, was zu einer guten Geschichte gehört: ein würdiges Ziel, Einsatzbereitschaft und Hingabe, Krise, Kampf und Entschluss.“

Der 40 Jahre alte US-Amerikaner liefert seit Jahren Stoff für gute Geschichten. Denn Steve House ist einer der besten Bergsteiger der Welt. So durchstieg er mit seinem Seilpartner Vince Anderson 2005 die mächtige Rupalwand am Achttausender Nanga Parbat in Pakistan erstmals im Alpinstil, also ohne Atemmaske, Hochträger und Lagerkette. Völlig zu Recht erhielten die beiden dafür den Piolet d’Or, den Goldenen Eispickel, den „Oscar“ der Profibergsteiger.

“Fixseile und Lager sind eine Katastrophe“

Immer wieder taucht der Nanga Parbat in Steves preisgekröntem Buch „Beyond the mountain“ auf, das jetzt in deutscher Übersetzung („Jenseits des Berges“) erschienen ist. Schon als 19-Jähriger versuchte sich House als Mitglied einer slowenischen Expedition an dem Achttausender – vergeblich. Damals schrieb er in sein Tagebuch: „Ich muss so gut werden, dass ich keine Fixseile mehr brauche. Was für eine Katastrophe die Fixseile und die Lager sind!“ House setzte seinen Schwur um, trainierte wie ein Besessener und sorgte bald für Furore.

Erfrischend offen

Steve macht keinen Hehl daraus, dass er die Lobeshymnen auch genossen hat. Mehr noch: „Auf meinem Tiefpunkt habe ich die Leistungen anderer kritisiert, um mich selbst zu erhöhen“, räumt House ein. „Auch diese negativen Dinge gehören zu der Person, die ich heute bin.“ Nicht nur an dieser Stelle wirkt der US-Bergsteiger erfrischend offen. Nichts wird schöngeredet, nichts verklärt. „Ich überwinde meinen Stolz und hänge mich in die nächste alte Eisschraube ein, die ich entdecke“, schreibt House etwa in einer Passage über den Abstieg vom Nanga Parbat.

An so viel Ehrlichkeit sollten sich manche schreibenden Bergsteiger ein Beispiel nehmen. „Diese Geschichten sind keine Märchen. Es sind die Gedanken und die Taten eines fehlbaren Menschen und seiner sehr menschlichen Partner“, resümiert Steve House am Ende seines Buchs. „Im schmalen Rahmen des Alpinismus streben wir nach Transzendenz und suchen nach dem, was uns auf ebener Erde verborgen bleibt: unser wahres Ich.“ Das Buch von Steve House kann ich euch nur wärmstens ans Herz legen. Und so viel sei verraten: der Epilog gehört zum Besten, was ich seit langem aus der Feder eines Bergsteigers gelesen habe.

Carpe diem

Als treue Leser meines Blogs werdet ihr euch erinnern, dass Steve House Ende März mit sehr viel Glück und einigen schweren Verletzungen einen 25-Meter-Sturz am Mount Temple in den kanadischen Rockies überlebt hat. Inzwischen klettert er wieder. „Carpe diem (lat. Nutze den Tag) ist nicht länger nur ein Ausruf bei einer Studenten-Party“, schreibt Steve in seinem Blog. „Heute, das bedeutet alles.“

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