Iran – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Wenn das Kopftuch einfach nur stört https://blogs.dw.com/abenteuersport/wenn-das-kopftuch-einfach-nur-stoert/ Tue, 27 Jun 2017 12:22:32 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36803

Nasim Eshqi

Donald Trump steht zwischen ihr und dem El Capitan. Zu gerne würde Nasim Eshqi auch einmal an den legendären Granitwänden im Yosemite-Nationalpark klettern, doch der US-Präsident hat bekanntlich ein Einreiseverbot für Iraner verfügt. Die 35-Jährige aus Teheran nimmt es mit Humor. „Ich meine, er ist doch der Unglückliche, wenn ich nicht da bin“, sagt Nasim und lacht. Die Kletterin entspricht schon äußerlich so gar nicht dem westlichen Klischee einer iranischen Frau: Schulterfreies T-Shirt, Sonnenbrille, kein Kopftuch. Und sie sagt, was sie denkt. „Die traditionelle Kultur im Iran akzeptiert mich oder andere Mädchen, die so sind wie ich, nicht als echte Frauen, die man heiraten oder mit denen man zusammen sein möchte“, erzählt Nasim. „Aber das war für mich von Beginn an okay. Ich habe überall auf der Welt Freunde, die mich mental unterstützen.“

Einfach weitergemacht

Die Kletterin ist es gewöhnt, mit Ablehnung umzugehen. Selbst ihre weltoffenen Eltern, ein Universitätsprofessor und eine Lehrerin, taten sich schwer mit den Ambitionen ihrer Tochter, die erst als Kickboxerin Erfolge feierte und dann vor 14 Jahren ihr Herz für das Bergsteigen und Klettern entdeckte. „Du verlässt die Stadt, kommst spät nach Hause und deine Eltern fragen dich: ‚Wo bist du gewesen?‘ Sie hatten Angst vor den Gefahren beim Klettern, vor der Polizei oder schlechten Menschen“, erzählt Nasim. „Aber ich habe einfach weitergemacht. Sie mögen immer noch nicht, was ich mache. Aber ich kann es nicht ändern.“

Nasim Eshqi: I have an open family but they don’t like what I do

Gleichheit am Fels

Nasim in Aktion am Polekhab nahe Teheran (Route „Iran-Swiss“, 8a+)

Eshqi geht konsequent ihren Weg, und der führt über den Fels. „Wenn ich irgendwo auf der Welt klettere, fühle ich mich einfach gleich“, beschreibt Nasim ihre Motivation. „Die Regeln sind überall dieselben. Es geht um Gravitation. Egal, wo wir herkommen, welches Geschlecht oder wie viel Geld wir haben. Es zählt nur der Weg und was wir können.“

Nasim Eshqi: Climbing makes me feeling equal

Nasim klettert Routen bis zum zehnten Grad. Etwa die Hälfte des Jahres verbringt sie in ihrem Heimatland Iran, wo sie auch als Kletter-Trainerin arbeitet. Davon leben kann sie nicht. Die restlichen Monate hält sich Nasim im Ausland auf, wo sie sich mit Vorträgen finanziell über Wasser hält. „Was ich verdiene, gebe ich wieder aus. Manchmal muss ich mir auch Geld leihen, um die Flugtickets zu bezahlen.“

Mit Glück und Willen

Reisen in Länder wie Georgien, Armenien oder Türkei seien kein Problem, erzählt Eshqi. Doch für europäische Staaten, die USA oder auch den größten Teil Afrikas benötige sie Einladungen von dort. Und auch die seien keineswegs die Garantie, dass sie anschließend wirklich einreisen dürfe. Mit ein bisschen Stolz verweist Nasim darauf, dass sie schon in mehr Ländern geklettert sei als viele andere aus Staaten ohne Reisebeschränkungen: „Wenn ich Glück habe und es wirklich will, dann passiert es auch irgendwann.“ So kletterte die Iranerin schon an Felsen im Elbsandstein-Gebirge in Ostdeutschland, den italienischen Dolomiten, im Schweizer Rätikon oder in den Bergen rund um Chamonix.

Mehr als 70 neue Routen

Klettern im Iran (hier am Berg Alamkooh)

Dort gibt es keine strengen Kleidungsvorschriften wie in ihrer Heimat. Im Iran ist Nasim verpflichtet, unter dem Kletterhelm ein Kopftuch zu tragen und die Arme bedeckt zu halten. „Ich kann damit leben. Es ist nicht so hart wie keine Visa zu bekommen“, sagt die Kletterin. „Ich bin auf das Klettern fokussiert und möchte meine Leidenschaft mit möglichst vielen Menschen teilen.“ Eshqi hat bereits mehr als 70 neue Routen in mehreren Ländern eröffnet. Die Kletterszene in ihrer Heimat ist noch überschaubar. „Die meisten Kletterer im Iran sind Picknick-Kletterer, die einfach draußen sein und das gute Wetter nutzen wollen. Es gibt im ganzen Land nicht mehr als zehn Kletterer, die wirklich darauf aus sind, ihre Grenzen voranzutreiben“, sagt Nasim.

Zu ungeduldig für Expeditionen

Deutlich populärer als Klettern ist im Iran das Höhenbergsteigen. Doch in dieser Tradition sieht sich die 35-Jährige eher nicht. „Klar würde ich auch gerne einmal den K 2 besteigen, aber ich habe nicht genug Geduld, um für so eine lange Expedition ausreichend zu trainieren. Das ist einfach nicht mein Weg“, sagt Eshqi. „Ich würde die Strapazen eines langen Anmarschs im Himalaya vielleicht auf mich nehmen, wenn am Ende eine Wand steht, die ich klettern will. Das ist eher mein Ding als nur eine Expedition auf 7000 oder 8000 Meter.“

Nasim Eshqi: Not patient enough for long expeditions

Von Feinden zu Fans

Durch Leistung überzeugt (hier in der Route „Man o to“, 7c+, am Baraghan)

Nasim Eshqi sieht Anzeichen dafür, dass sich die iranische Gesellschaft mehr und mehr öffnet – dank Internetnutzung und vermehrter Reisen. Die Feindseligkeit, die ihr anfangs oft entgegenschlug, habe inzwischen abgenommen, sagt die Kletterin.  Grund seien auch die Berichte westlicher Medien über sie. „Wenn die Leute sehen, dass die Europäer Respekt für eine Frau zeigen, die so viel an Energie investiert, um den eigenen Weg zu gehen, sagen sie irgendwann: ‚Oh, sie ist gut. Wenn die Europäer sie respektieren, respektieren wir sie auch.‘ So sind am Ende aus meinen Feinden meine größten Fans geworden. Ich finde, das kann ich als Erfolg für mich verbuchen.“ Vielleicht bittet ja eines Tages auch Donald Trump um ein Autogramm von Nasim Eshqi – wenn er sie am El Capitan hat klettern sehen.

Nasim Eshqi: Enemies turning into fans

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Glowacz: „Wegducken bedeutet akzeptieren” https://blogs.dw.com/abenteuersport/glowacz-wegducken-bedeutet-akzeptieren/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/glowacz-wegducken-bedeutet-akzeptieren/#comments Wed, 01 Feb 2017 13:48:52 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34921 Stefan Glowacz

Stefan Glowacz

Bergsteiger und Kletterer reisen. Häufig und wie selbstverständlich. Schließlich kommen die Berge nicht zu ihnen. Gerade deshalb sollte es eigentlich auch selbstverständlich sein, dass Bergsportler ihre Stimme erheben, wenn die Reisefreiheit eingeschränkt oder sogar aufgehoben wird – wie jetzt durch US-Präsident Donald Trump für Menschen aus Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen. Bisher ist der große Aufschrei der Szene noch ausgeblieben. Liegt es vielleicht daran, dass in diesen Ländern – mit Ausnahme Irans – die Zahl der Bergsteiger und Kletterer überschaubar ist? Oder dass jene Staaten (noch) nicht zu den bevorzugten Reisezielen der Bergfreunde zählen? Immerhin hat jetzt der deutsche Spitzenkletterer Stefan Glowacz Klartext geredet.

Für Freiheit, Toleranz und Respekt

„Mit der Einschränkung der Reisefreiheit für bestimmte Nationalitäten, fühle ich mich mittelbar betroffen, weil Freunde und Bekannte unmittelbar betroffen sind“, schreibt der 51-Jährige auf Facebook. „Wie etwa die iranische Kletterin Nasim Eshqi, welche ich persönlich kenne und schätze.“ Die 36-Jährige gehört zu den besten Felskletterinnen ihres Landes.

Nasim Eshqi in Aktion

Nasim Eshqi in Aktion

Kletterer, so Stefan Glowacz weiter, definierten ihren Sport vor allem über Freiheit: „Keine Regeln, keine Schiedsrichter. Wir schätzen und leben die Freiheit, jederzeit (und fast überall hin) aufbrechen zu können. Freiheit ist d e r Bestandteil, warum der Klettersport für viele von uns so faszinierend ist.“ Demokratische Werte seien in Gefahr, sagt Glowacz: „Haben uns die Ereignisse und Kriege der Vergangenheit nicht gezeigt, dass es nur gemeinsam geht? Mit Toleranz und Respekt, wie u.a. wir Kletterer es immer wieder am eigenen Leib erfahren – ganz egal in welches Land wir reisen?“ Glowacz warnt davor, angesichts der Trumpschen Politik einfach nur den Kopf in den Sand zu stecken: „Wegducken oder Schweigen bedeutet akzeptieren. Wir sollten etwas verändern wollen.“

Eine Schande!

Farnaz Esmaeilzadeh ist wütend

Farnaz Esmaeilzadeh ist wütend

Die iranische Wettkampfkletterin Farnaz Esmaeilzadeh versteht nach Trumps Einreiseverbot die Welt nicht mehr. „Ich bin doch nur eine Athletin und habe mir nicht ausgesucht, wo ich geboren wurde“, schreibt die 28-Jährige auf Facebook. „Auch wenn ich meine Kultur und mein Land liebe, versuche ich doch einfach nur, weiterzukommen, ein besseres Leben zu führen, für meine Ziele zu arbeiten, wie es viel anderen erfolgreichen Leute auch tun.“ Trumps Entscheidung sei „rassistisch und inhuman“, findet Farnaz. „Es ist eine Schande! Wenn alle Menschen auf der Welt die gleichen Bedingungen hätten, könnte man sehen, wer wirklich talentiert ist.“

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Sorge um iranische Bergsteiger https://blogs.dw.com/abenteuersport/sorge-um-iranische-bergsteiger/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/sorge-um-iranische-bergsteiger/#comments Mon, 22 Jul 2013 21:43:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=22483

Broad Peak

Am Achttausender Broad Peak in Pakistan schwindet die Hoffnung, drei vermisste iranische Bergsteiger zu retten. Nach Angaben der pakistanischen Behörden wurde die Suche nach dem Trio vorerst eingestellt. Weder Suchmannschaften am Berg, noch die Besatzung eines Armeehubschraubers hätten die Vermissten entdeckt, teilte Manzoor Hussain mit, der Präsident des Alpine Club of Pakistan. Nach seinen Angaben hatten die Iraner einen Hilferuf abgesetzt und berichtet, dass sie erschöpft seien und nichts mehr zu essen hätten.

Letzter Funkkontakt am Samstag 

Am Dienstag vergangener Woche hatten Aidin Bozorgi, Pouya Keivan und Mojtaba Jarahi den 8051 Meter hohen Gipfel des Broad Peak erreicht. Bis Lager drei auf 6800 Metern seien sie über die Normalroute aufgestiegen, von dort aus hätten sie eine neue Variante durch die Südwestwand eröffnet, hieß es. Vom höchsten Punkt wollten die iranischen Bergsteiger auf dem Normalweg absteigen. Dabei gerieten sie offenkundig in Schwierigkeiten. Sie werden in einer Höhe von 7400 Metern vermutet. Am Samstag hatte es noch Funkkontakt zu den Vermissten gegeben.

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