Jeff Lowe – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Kletterlegende Jeff Lowe ist tot https://blogs.dw.com/abenteuersport/kletterlegende-jeff-lowe-ist-tot/ Sat, 25 Aug 2018 15:27:50 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41835

Jeff Lowe (1950-2018)

“Die Kletterei wird schon gutgehen. Mach dich vom Seil frei. Es lenkt dich nur ab“, sagte Jeff Lowe einmal. Er war ein kompromissloser Kletterer. Lowe liebte es, alleine oder in kleinen Teams auf extremen Routen unterwegs zu sein. Mehr als 1000 Erstbegehungen gelangen dem US-Amerikaner in seiner Karriere. Jeff erblickte das Licht der (Berg-)Welt 1950 in Ogden im US-Bundesstaat Utah, als viertes von acht Kindern. Als er vier Jahre alt war, nahm ihn sein Vater zum Skifahren mit, zwei Jahre später auch zum Klettern. Die Familie war bergsportbegeistert.  Mit 14 kletterte Jeff seine erste Neuroute am Mount Ogden – solo. Häufig war er mit seinen Brüdern Greg und Mike sowie seinem Cousin George Henry Lowe unterwegs.

Legendärer Versuch am Latok I-Nordgrat

Vor allem zwei Unternehmungen Jeff Lowes sind legendär. 1978 versuchten Jeff und George Henry Lowe gemeinsam mit ihren Landsleuten Jim Donini und Thomas R. Engelbach am 7145 Meter hohen Latok I im Karakorum in Pakistan, über den extrem schwierigen Nordgrat den Gipfel zu erreichen. 150 Meter unterhalb des höchsten Punkts hatten sie im Sturm umkehren müssen. Nach mehr als drei Wochen in der Wand waren sie entkräftet, aber wohlbehalten vom Berg zurückgekehrt. Mehr als 30 Versuche, exakte diese Route bis zum Gipfel zu vollenden, sind seitdem gescheitert. Immerhin war es – wie berichtet – am 9. August den Slowenen Ales Cesen und Luka Strazar sowie dem Briten Tom Livingstone gelungen, den Latok I erstmals über die Nordseite zu besteigen. Den Nordgrat hatte das Trio im oberen Bereich des Bergs jedoch verlassen.

Spektakuläre Route durch die Eiger-Nordwand

Jeff Lowes legendäre Route „Metanoia“

Nicht weniger spektakulär war Jeff Lowes legendäre Route „Metanoia“ (Buße) durch die Eiger-Nordwand. In einer Lebenskrise war Jeff im Winter 1991 in die Schweiz gekommen und hatte in neun Tagen solo und ohne Einsatz von Bohrhaken die extreme Eiger-Route eröffnet. Erst Ende 2016 war dem Deutschen Thomas Huber und den beiden Schweizern Stephan Siegrist und Roger Schaeli die erste Wiederholung der Route gelungen. „Wir waren zu dritt, Jeff war damals alleine. Ich habe mir bei jeder Seillänge, die ich als Seilerster geführt habe, vorgestellt, wie es sein muss, hier alleine unterwegs zu sein. Mental ist man da total beansprucht. Dass er das durchgezogen hat!“, wunderte sich Thomas hinterher. „Ich bin mit wahnsinnig viel Ehrfurcht aus der Route ausgestiegen.“

Unheilbare Krankheit

R.I.P.

In den letzten Jahren war Jeff Lowe an den Rollstuhl gefesselt und musste gepflegt werden. Er litt an einer seltenen, noch unheilbaren Krankheit, die in ihren Symptomen an Multiple Sklerose oder ALS erinnert. Als Lowe 2017 für sein Kletter-Lebenswerk mit dem Piolet d’Or geehrt wurde, dem „Oscar der Bergsteiger“, konnte er den Preis nicht mehr persönlich gegennehmen. „Ich bin froh, dass er jetzt von seinem physischen Körper und all seinen Schmerzen und dem Leiden, das er viele Jahre lang ausgehalten hat, erlöst wurde“, schreibt Jeffs Partnerin Connie Self, die ihn in den letzten acht Jahren gepflegt hatte, auf Facebook. Jeff Lowe wurde 67 Jahre alt.

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Drama am Siebentausender Latok I in Pakistan https://blogs.dw.com/abenteuersport/drama-am-siebentausender-latok-i-in-pakistan/ Thu, 26 Jul 2018 20:04:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41553

Gukovs Position am Nordgrat des Latok I (s. Pfeil)

Daumendrücken für Alexander Gukov! Nach Informationen von Anna Piunova von der Internetseite mountain.ru sitzt der 42 Jahre alte russische Bergsteiger am Nordgrat des 7145 Meter hohen Latok I im Karakorum auf einer Höhe von 6200 Metern fest. Gukov habe am Mittwoch einen Notruf  abgesetzt: „Ich brauche Hilfe. Ich muss evakuiert werden. Ich hänge ohne Ausrüstung in der Wand.“ Sein 26 Jahre alter Kletterpartner Sergey Glazunov sei beim Abseilen in den Tod gestürzt.  

Rettung am langen Seil?

Offenbar waren die beiden am Dienstag auf einer Höhe von knapp 7000 Metern umgekehrt. Wegen schlechten Wetters mit Regen und Schneefall konnte ein Rettungshubschrauber der pakistanischen Armee bisher noch nicht aufsteigen. Es soll versucht werden, Gukov am langen Seil vom Berg zu holen. Einige Bergsteiger haben angeboten, sich an der Rettungaktion zu beteiligen – darunter der Italiener Herve Barmasse und der Deutsche David Göttler, die sich in diesem Sommer an der Südwestwand des 7925 Meter hohen Gasherbrum IV versuchen. Sie müssten mit dem Hubschrauber zum Latok I geflogen werden.

Vor zwei Wochen aufgebrochen

Alexander Gukov (l., 2014 mit Aleksei Lonchinsky)

Am 12. Juli waren Gukov und Glazunov aufgebrochen, um den Nordgrat erstmals bis zum Gipfel zu klettern. Spitzenkletterer aus aller Welt haben sich an dieser Aufgabe schon die Zähne ausgebissen. Seit dem legendären ersten Versuch 1978, als die US-Amerikaner Jeff und George Henry Lowe, Michael Kennedy und Jim Donini  im Sturm rund 150 Meter unterhalb des Gipfels hatten umkehren müssen, sind rund 30 Versuche gescheitert, die Route zu meistern. Gukov hat in der Szene einen Namen. 2015 erhielt er mit seinem Landsmann Aleksei Lonchinsky  für ihre neue Route durch die Südwand des 6618 Meter hohen Thamserku in Nepal den Piolet d’Or, den „Oscar der Bergsteiger“.

Mit gebrochenen Knochen zurück aus der Nordwand

Andere Mitglieder  der russischen Expedition zum Latok I hatten versucht, die Nordwand zu durchklettern. Wegen Steinschlags waren sie umgekehrt. „Wir haben den Abstieg ins Basislager überlebt, aber Helm, Rippe und Knochen sind gebrochen“, meldete Victor Koval nach Russland. „Am Ende traf uns eine Lawine.“  Eine slowenische Expedition ist ebenfalls vor Ort, um die Nordwand anzugehen.  Die beiden deutschen Kletterer Thomas Huber (der ältere der beiden „Huberbuam“ – der jüngere, Alexander Huber, ist derzeit mit Fabian Buhl am 6166 Meter hohen Choktoi Ri unterwegs, ebenfalls im Karakorum) und Rainer Treppte sowie der Südtiroler Simon Gietl sitzen quasi auf gepackten Koffern. Auch ihr Ziel: die Nordwand des Latok I.

Update 27. Juli, 11 Uhr: Alexander Gukov hat sich erneut bei Anna gemeldet: „Verdammt! Wo kommen nur die ganzen Lawinen her? Ich kann mir nicht mal Wasser kochen.“ Inzwischen wird erwogen, den Bergsteiger vom Hubschrauber aus mit Material zu versorgen. Möglicherweise wäre Alexander dann noch in der Lage, selbstständig abzusteigen. Herve Barmasse schreibt aus dem Gasherbrum-Basislager: „Das schlechte Wetter setzt sich fort. Keine Chance zum Latok I zu fliegen.“

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Roter Teppich für Jeff Lowe https://blogs.dw.com/abenteuersport/roter-teppich-fuer-jeff-lowe/ Thu, 09 Feb 2017 14:12:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35037 Thomas Huber auf der ISPO

Thomas Huber auf der ISPO

Thomas Huber strahlt pure Lebensfreude aus. „Es geht mir so gut wie lange nicht mehr“, erzählt mir der 50 Jahre alte deutsche Topkletterer, als wir uns auf der Sportartikelmesse ISPO in München über den Weg laufen. Am 30. Dezember hatte der ältere der beiden Huberbuam für ein weiteres Glanzlicht seiner Karriere gesorgt: Mit den Schweizern Stephan Siegrist und Roger Schaeli gelang Thomas die erste Wiederholung der legendären Route „Metanoia“ mitten durch die Eiger-Nordwand: „Wie kann ein Jahr besser aufhören? Ich habe genau diesen Flow jetzt mitgenommen“, schwärmt Huber.

„Wow, es geht ja doch!“

Jeff Lowes legendäre Route "Metanoia"

Jeff Lowes legendäre Route „Metanoia“

2016 war ein extremes Jahr für ihn. Erst der 16-Meter-Sturz aus einer Felswand im Berchtesgadener Land, den er mit Riesenglück überlebte, bei dem er sich jedoch einen Schädelbruch zuzog. Dann die fast schon wundersame Turbo-Genesung. Die Reise nach Pakistan, um sich an der Nordwand des Siebentausenders Latok I zu versuchen, die erfolglose Rettungsaktion für die US-Kletterer Kyle Dempster und Scott Adamson am nahe gelegenen Ogre II, anschließend das Veto seiner Teampartner gegen einen Versuch am Latok. „Das waren alles schwierige Momente, die ich auch erst mal mental verarbeiten musste“, räumt Thomas ein. „Ich habe meinen Sturz akzeptiert und respektiert, dass ich dort einen Fehler gemacht habe. Ich habe mich auch reflektiert, dass ich einfach bewusster an die Sache herangehen muss. Vielleicht bin auch ich – wie Jeff Lowe – nach der Metanoia ein neuer Mensch geworden, weil ich sagen kann: Wow, es geht ja doch. Ich bin stark. Wir haben so viel Spaß gehabt, obwohl wir ganz schön an der Grenze waren.“

Seltene Krankheit

25 Jahre lang hatten sich Kletterer an der extremen Route, die Jeff Lowe im Winter 1991 solo und ohne Bohrhaken eröffnet hatte, die Zähne ausgebissen. Der US-Amerikaner war in einer Lebenskrise zur Eiger-Nordwand gekommen. „Ich bin mir nicht sicher, ob er noch nach Hause wollte“, sagt Roger Schaeli im Video zur Zweitbegehung.

Nicht umsonst taufte Lowe seine Route „Metanoia“, übersetzt „Buße“. Heute sitzt der Kletterpionier, dem in seiner Karriere mehr als 1000 Erstbegehungen gelangen, im Rollstuhl. Der 66-Jährige leidet an einer seltenen, noch unheilbaren Krankheit, die in ihren Symptomen an Multiple Sklerose oder ALS erinnert. Thomas Huber hatte vor seiner Expedition zum Latok I Jeff Lowe besucht. Lowe hatte 1978 zu einer Viererseilschaft gehört, die über den Nordgrat des Latok I bis knapp unter den 7145 Meter hohen Gipfel gestiegen war, ehe ein Sturm sie zurückgeschlagen hatte. 22 Tage nach dem Aufbruch war das Quartett völlig erschöpft ins Basislager zurückgekehrt.

Ehrfurcht und Dankbarkeit

Huber, Schaeli und Siegrist (v.l.)

Huber, Schaeli und Siegrist (v.l.)

„Ich habe Jeff kennengelernt und gesehen, wie er an seinen Rollstuhl gefesselt ist“, erzählt Thomas. „Da habe ich ganz genau gewusst, ich möchte seine Route Metanoia wiederholen. Ich möchte ihm einen roten Teppich hinlegen können, um ihm sagen zu können: Hej, Junge, was du damals geleistet hast, war der Hammer!“ Lowes Route sei nach den vielen über die Jahre gescheiterten Versuchen, sie zu wiederholen, ein „Mysterium“ geworden, sagt Thomas. „Irgendwann hieß es: Metanoia, verrückt, schräg.“ Neun Tage hatte der US-Amerikaner in der Wand gebracht. Huber, Siegrist und Schaeli benötigten im zweiten Anlauf zwei Tage, um die Route zu wiederholen. „Wir waren zu dritt, Jeff war damals alleine. Ich habe mir bei jeder Seillänge, die ich als Seilerster geführt habe, vorgestellt, wie es sein muss, hier alleine unterwegs zu sein. Mental ist man da total beansprucht. Dass er das durchgezogen hat!“, wundert sich Thomas. „Ich bin mit wahnsinnig viel Ehrfurcht aus der Route ausgestiegen – und auch mit Dankbarkeit: Dass ich nach wie vor leben darf.“

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