Julian Zanker – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Spektakuläre Erstbegehung am Cerro Kishtwar https://blogs.dw.com/abenteuersport/spektakulaere-erstbegehung-am-cerro-kishtwar/ Fri, 10 Nov 2017 08:00:31 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38405

In der Nordwestwand

Auf den Bildern wirkt es fast, als seien sie in den legendären Granitwänden des El Capitan geklettert – wären da nicht der Schnee und die verfrorenen Gesichter. Die beiden Schweizer Stephan Siegrist und Julian Zanker sowie der Deutsche Thomas Huber haben Mitte Oktober erstmals die zentrale Nordwestwand des 6150 Meter hohen Cerro Kishtwar im indischen Teil der Unruheprovinz Kaschmir durchstiegen. Zwei Anläufe brauchten die drei Topkletterer, ehe sie am 14. Oktober den Gipfel erreichten. Es war überhaupt erst die vierte Besteigung des entlegenen Bergs. Insgesamt war das Trio zehn Tage in der extrem steilen, teilweise überhängenden Wand unterwegs – drei Tage beim ersten Versuch, sieben beim erfolgreichen zweiten.

Schwierig von Anfang bis Ende

„Die Wand hat meine Erwartungen mehr als erfüllt“, schwärmt Stephan Siegrist. „Eine Wand in der Höhe mit so homogenen Schwierigkeiten gibt es wohl kaum ein zweites Mal.“ Der 44 Jahre alte Schweizer hatte sich in die zentrale Nordwestwand verguckt, als ihm 2011 zusammen mit seinem Landsmann Denis Burdet und dem Österreicher David Lama die zweite Besteigung des Cerro Kishtwar über eine neue Route rechts der Wand geglückt war. 1993 hatten der Brite Mick Fowler und der US-Amerikaner Steve Susted den Sechstausender erstmals bestiegen. Im Jahr zuvor hatten sich die beiden Engländer Andy Perkins und Brendan Murphy an der Nordwestwand versucht, nach 17 Tagen aber rund 100 Meter unter dem Gipfel erschöpft aufgeben müssen.

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Wand unterschätzt

Die Route durch die Wand

Siegrist, Zanker und Huber stiegen am 1. Oktober erstmals in die Wand ein, mit dem Ziel, in fünf Tagen den höchsten Punkt zu erreichen. „Rückblickend kann man sagen, wir hatten den Berg, die Wand und unser Vorhaben unterschätzt“, berichtet Thomas Huber. Nach drei Tagen hätten sie „nicht einmal ein Drittel Wandhöhe erreicht“. Das Team, so der 50-Jährige, habe dann die Taktik überdacht: „Entweder wir reduzieren radikal unsere Essensrationen, oder wir setzen alles auf einen neuen Versuch. Wir haben uns für den Rückzug entschieden.“

Erfrierungen an den Zehen

Mit neuer Kraft und Motivation startete das Trio am 8. Oktober seinen zweiten Versuch. Das Wetter war stabil, aber alles andere gemütlich: Morgens wolkenlos, nachmittags Schneefall, Temperaturen bis zu minus 20 Grad Celsius. Die extremen Herausforderungen hinterließen Spuren bei den Kletterern: Stephan kämpfte mit einer Sehnenscheidenentzündung an der linken Hand, alle drei froren sich die Zehen an. „Julian und Thomas erwischte es dabei ziemlich stark. Das wird die beiden bestimmt noch länger beschäftigen“, sagt Siegrist.

Einzigartiger Gipfelmoment

Am Ziel: Stephan Siegrist, Julian Zanker, Thomas Huber (v.l.)

Als sie schließlich den Gipfel erreichten, sei dies, so Stephan, ein Moment gewesen, der „emotional jedem von uns tief unter die Haut ging.“ Das bestätigt auch Thomas Huber: „An dem Tag hatten wir, wie durch ein Wunder, bestes Wetter. Wir hatten fast das Gefühl, dass wir nicht alleine wären und wurden für all das, was wir durchgemacht haben, mit einem einzigartigen Moment belohnt. 500 Meter über uns zogen die Schleierwolken im Jetstream, und wir standen hier in der Sonne, bei Windstille. Wir wussten alle, dass wir es nur schaffen konnten, weil wir uns als mutige Gemeinschaft gefühlt haben!“

„Reiss di zam!“

Durchbeißen angesagt

Julian Zanker, der am Sonntag seinen 27. Geburtstag feiert, war der mit Abstand Jüngste im Team. Es sei für ihn „eine riesengroße Chance“ gewesen, mit den Routiniers Siegrist und Huber unterwegs sein zu dürfen, sagt Julian. „Für mich waren es sechs Wochen gefüllt mit schönen Momenten, neuen Erfahrungen und dazu noch einer wunderschönen neuen Linie an einem unglaublichen eindrucksvollen Berg.“ Die drei Kletterer tauften ihre Route nach dem Titel eines populären Hindu-Lieds „Har-Har Mahadev“, was laut Thomas Huber ins Bayrische übersetzt so viele heißt wie „Reiss di zam!“ (für alle Nicht-Bayern: Reiß dich zusammen!) Der Cerro Kishtwar habe sein Leben „mit einer wilden Geschichte bereichert“, bilanziert der ältere der beiden Huberbuam. Für Stephan Siegrist ist der Berg nach zwei Besteigungen auf neuen Routen jetzt abgearbeitet. „Doch Kaschmir allgemein ist für mich noch nicht abgeschlossen“, schiebt der Schweizer hinterher. Die entlegene Region bietet eben noch viele unberührte Gipfel und Wände. Wenn da nur nicht dieser endlos schwelende Konflikt zwischen Indien und Pakistan wäre.

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Spannender Versuch am Cerro Kishtwar https://blogs.dw.com/abenteuersport/spannender-versuch-am-cerro-kishtwar/ Wed, 27 Sep 2017 14:02:07 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=37977

Westwand des Cerro Kishtwar (© Stefan Schlumpf)

Seit drei Wochen sind sie unterwegs und dürften inzwischen am Ziel ihrer Expedition eingetroffen sein. Die Schweizer Bergsteiger Stephan Siegrist und Julian Zanker sowie der deutsche Top-Kletterer Thomas Huber haben sich vorgenommen, erstmals die Westwand des 6155 Meter hohen Cerro Kishtwar zu meistern. Der Berg, abgelegen im indischen Teil der Unruheprovinz Kaschmir, wurde erst dreimal bestiegen. Die Erstbesteigung gelang 1993 dem Briten Mick Fowler und dem US-Amerikaner Steve Susted über die Nordwestwand.  2011 standen Siegrist und sein Schweizer Landsmann Denis Burdet sowie der Österreicher David Lama als zweite Seilschaft auf dem Gipfel des Cerro Kishtwar, nachdem sie eine neue Route am Rand der Westwand eröffnet hatten. Die dritte Besteigung gelang 2015 den Slowenen Marko Prezelj und Urban Novak sowie dem Amerikaner Hayden Kennedy und dem Franzosen Manu Pellisier. Für ihre Erstbegehung der Südwand wurden sie mit dem Piolet d’Or, dem „Oscar der Bergsteiger“, ausgezeichnet.

Nicht mehr aus dem Kopf gegangen

Die Westwand, „die größte unbestiegene Felswand im Kashmir Himalaya“, sei ihm seit 2011 einfach nicht mehr aus dem Kopf gegangen, schrieb mir Stephan Siegrist vor der Abreise des Teams. „Wir sind damals eine Eisroute rechts der Hauptwand geklettert. Immer wieder habe ich diese geniale Wand betrachtet. Die Idee, diese Linie anzugehen, ließ mich nicht mehr los.“ Laut Stephan will das Trio versuchen, einige Seillängen frei zu klettern. Der 44-Jährige hat mit seiner Begeisterung auch Thomas Huber angesteckt. Der ältere der Huberbuam schwärmte mir gegenüber von „einer der schönsten, geilsten undurchstiegenen Wände der Welt“ mit bestem Granit: „Als ich Bilder von der Cerro-Kishtwar-Westwand gesehen habe, habe ich gesagt: Eigentlich ist das der zweite Cerro Torre “, sagte der 50-Jährige.

Thomas Huber: Der zweite Cerro Torre

Spürnase gefordert

Thomas Huber (l.) und Stephan Siegrist

Dritter im Bunde ist der Schweizer Kletterer und Bergführer Julian Zanker, der bereits im Herbst 2016 mit Siegrist im indischen Kashmir unterwegs war. Beide waren damals von der indischen Polizei vorübergehend festgesetzt worden, weil man ihnen fälschlicherweise vorwarf, ein Satellitentelefon benutzt zu haben. Die Benutzung privater Satellitengeräte ist in Indien wegen der Angst vor Terroranschlägen verboten. „Da muss man sich wieder auf die alte Spürnase verlassen, wie das Wetter wird. Das wird total spannend“, sagte Huber. „Wir haben uns eine Taktik zurechtgelegt und ich glaube, sie wird auch aufgehen.“ Er sei unglaublich gerne mit Stephan Siegrist unterwegs, so Thomas: „Stef ist ein unglaublich toller Seilpartner. Mit ihm hast du immer Spaß im Basislager und am Berg. Es gibt immer etwas zu lachen. Er weiß auch genau, wann es ernst wird. Und dann wird durchgezogen.“

Thomas Huber: Mit Stef hat man immer Spaß

„Lebe so intensiv wie möglich!“

Eine weniger erfreuliche Gemeinsamkeit verbindet Siegrist und Huber. Beide erlitten bei Abstürzen Schädelbrüche. Stephan musste wegen der Spätfolgen der Verletzung, die er vor einigen Jahren erlitt, 2013 einen Versuch am Achttausener Makalu abbrechen. Seitdem sucht er sich eher seine Ziele an schwierigen Sechstausendern. Thomas hatte sich Anfang Juli 2016 bei einem 16-Meter-Sturz im Berchtesgadener Land einen Schädelbruch zugezogen und war anschließend notoperiert worden. Bereits gut einen Monat später war er zu einer Siebentausender-Expedition nach Pakistan aufgebrochen. „Ich habe einfach dieses unfassbare Glück angenommen. Ich hinterfrage das nicht. Und dadurch geht es mir gut“, versicherte mir Thomas unlängst. „Ich habe jetzt keine Angst mehr vor meinem Tod. Das Wichtige ist vielmehr: Lebe jetzt, so gut, so intensiv und so schön wie möglich!“

Thomas Huber_Keine Angst mehr vor dem Tod

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