Julius Seidenader – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Everest-Ski-Permit – eine Farce! https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-ski-permit-eine-farce/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-ski-permit-eine-farce/#comments Wed, 09 May 2018 08:24:44 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=40575

Rätselhaftes Ski-Permit

Auf die Idee musst du erst einmal kommen. Wenn du den Mount Everest besteigen und dabei irgendwann auch mal die Ski anschnallen willst, benötigst du ein spezielles Permit. Diese Erfahrung mussten der 20 Jahre alte US-Amerikaner Matt Moniz und sein Mentor, der 49-jährige Argentinier Willie Benegas, machen. Die Zeitung „Himalayan Times“ berichtet unter Berufung auf Quellen im Tourismusministerium, den beiden Bergsteigern drohe jetzt sogar, dass ihnen die Erlaubnis, in diesem Frühjahr Everest und Lhotse zu besteigen, entzogen werde. Dabei hatte alles so gut begonnen. „Nach 10 Jahren, in denen ich davon geträumt habe, ist es passiert! Ich habe es geschafft, mit Skiern von Lager 3 am Everest auf 7200 Metern nach Lager 2 auf 6400 Metern abzufahren“, freute sich Benegas. „Gar nicht so schwierig, aber du brauchst definitiv gute Augen, um das Gelände zu lesen. Eine Eisplatte zu erwischen, wäre eine schlechte Sache.“ Dass sie sich mit ihrer Abfahrt aber auf bürokratisches Glatteis begeben hatten, ahnten Matt und Willie nicht.

Kein Grund für ein schlechtes Gewissen

Willie Benegas (l.) und Matt Moniz (r.)

Plötzlich sahen sie sich mit dem Vorwurf des Tourismusministeriums konfrontiert, sie seien illegal abgefahren, weil sie nur ein Besteigungspermit für Everest und Lhotse hätten, nicht aber das erforderliche „Ski-Permit“. „Wir wussten nicht, dass es ein solches Permit gibt“, twitterte Moniz und kündigte demütig an, dass sie umgehend die geforderten 1000 Dollar pro Mann plus eine Müllgebühr von 500 Dollar bezahlen würden. Ein schlechtes Gewissen müssen die beiden nicht haben. Ihr Verbindungsoffizier war (oh Wunder!) nicht im Basislager. Andere Vertreter des Ministeriums zu Füßen des Everest sagten nichts, als Matt und Moniz mit Skiern loszogen. Die große Mehrheit der ausländischen Bergsteiger dürfte in Sachen Existenz eines solchen Ski-Permits auch völlig ahnungslos gewesen sein. Im „Tourism Act, 2035“, in dem die Regierung Nepals die Expeditionsregeln zusammengefasst hat, findet sich schließlich nichts über die Notwendigkeit, für Skiabfahren eine gesonderte Genehmigung zu erwerben. Einen ähnlichen Fall hatte es lediglich im Herbst 2013 gegeben. Damals hatten die beiden italienischen Skibergsteiger Federico Colli und Edmond Joyeusaz am Lhotse ebenfalls Ärger wegen eines zunächst fehlenden Ski-Permits bekommen.

 Stitzinger: „Reine Geldschinderei“

Luis Stitzinger 2012 am Manaslu

Der Argentinier Willie Benegas ist ein „alter Hase“ im Himalaya.  Seit über 20 Jahren organisiert er mit seinem Zwillingsbruder Damian Expeditionen. Elfmal hat Willie bereits den Everest bestiegen. Wenn selbst er nicht wusste, dass es überhaupt Ski-Permits gibt, sagt dies einiges aus. Auch für den deutschen Ski-Bergsteiger Luis Stitzinger, der sieben Achttausender bestiegen hat und in dessen Gepäck seine Skier eigentlich nie fehlen, ist die Existenz eines solchen Spezial-Permits völlig neu. „Wir sind niemals auf so etwas hingewiesen worden“, schreibt mir der 49-Jährige. „Das halte ich auch für reine Geldschinderei, was sollte an Skifahren so viel anders sein?“

Informationen nur auf Nepali

Julius Seidenader

Julius Seidenader ist einer der wenigen aus der Himalaya-Szene, die über Ski-Permits überhaupt Bescheid wissen. Der 26 Jahre alte Deutsche gehört zu den Gründungsmitgliedern der „Ski and Snowboarding Foundation Nepal“, die sich das Ziel gesetzt hat, jungen Nepalesen das Skifahren, Snowboarden und Skitourengehen beizubringen. Nach Seidenaders Worten werden Ski-Permits für Gruppen von maximal 20 Personen ausgestellt und sind nur zehn Tage gültig. Für die ersten zehn Expeditionsmitglieder kostet das Permit 1000 Dollar, ab der 11. Person je 100 Dollar. Zudem muss ein zusätzlicher Verbindungsoffizier engagiert werden. Diese Informationen gebe es jedoch nur auf Nepali, nicht auf Englisch, sagt Julius. Vor diesem Hintergrund wäre es ein Skandal, sollten Matt Moniz und Willie Benegas ihre Permits für Lhotse und Everest wirklich verlieren. Eine Farce ist es schon jetzt.

Update 10. Mai: 150 Climbing Sherpas haben die Regierung Nepals in einem Brief aufgefordert, Benegas und Moniz nicht die Permits für Everest und Lhotse zu entziehen. Sie wiesen auf die Verdienste der Benegas-Brüder um Nepal in den vergangenen beiden Jahrzehnten hin. Die beiden Argentinier hätten vielen Nepalesen Arbeit gegeben und sich zudem am Everest an zahlreichen Rettungsaktionen beteiligt.

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Die höchste Skischule der Welt https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-hoechste-skischule-der-welt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-hoechste-skischule-der-welt/#comments Thu, 25 Aug 2016 15:42:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33541 Skikurs in Nepal

Skikurs in Nepal

Sie werden höchstwahrscheinlich nicht die elegantesten Skifahrer am Mera Peak sein, aber an Motivation und Begeisterung wird es ihnen ganz sicher nicht fehlen. Sechs nepalesische Bergführer haben sich vorgenommen, im September von dem 6476 Meter hohen „Trekkinggipfel“ in Nepal abzufahren. Begleitet werden sie von zwei Skilehrern aus Europa, dem Deutschen Julius Seidenader und dem Österreicher Michael Moik. Das Ungewöhnliche daran: Die Nepalesen standen im Februar zum ersten Mal auf Skiern. „Ich traue es ihnen zu, dass sie mit uns herunterfahren können“, sagt Julius.

Jugendlicher Leichtsinn

Ihre erste Erfahrung an einem Fast-Sechstausender haben diese nepalesischen Bergführer schon hinter sich. Nach dem dreiwöchigen Skitraining im Februar nahe dem Dorf Naa auf 4200 Metern im Rolwaling stiegen sie mit Tourenski auf den 5925 Meter hohen Ramdung Go und fuhren vom Gipfel ins Tal. „Die haben das super gemacht“, erzählt mir Julius, der gemeinsam mit nepalesischen Freunden den Skikurs auf die Beine gestellt hatte. „Es war sicher auch eine Portion jugendlicher Leichtsinn dabei. Nach drei Wochen Skifahren gleich den ersten Sechstausender zu machen, ist schon eine Ansage. Aber sie haben sich nichts gebrochen, und alle sind gut heruntergekommen.“

Total motiviert

Julius Seidenader

Julius Seidenader

Der 24-Jährige gehört zu den Gründungsmitgliedern der „Ski and Snowboarding Foundation Nepal“, die sich das Ziel gesetzt hat, jungen Nepalesen das Skifahren, Snowboarden und Skitourengehen beizubringen. „Ich bin kein verrückter Europäer, der den Nepalesen seine Ideen aufzwingt“, stellt Julius klar. „Es war eine nepalesische Idee, und sie soll auch dort umgesetzt werden. Die Jungs und Mädels sind total motiviert.“ Sein nepalesischer Freund Utsav Pathak, der in Kathmandu Tourismus studiert, sei mit der Idee an ihn herangetreten. „Wir wollten mit Jugendlichen zusammenarbeiten, auch Mädels auf die Ski und Snowboards bringen, das gab es noch nie in Nepal.“ Und so standen im Februar bei mäßigen Schneebedingungen im Rolwaling rund 30 junge Nepalesinnen und Nepalesen unter Anleitung von fünf Skilehrern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erstmals auf den Brettern. „Die erste Skischule Nepals und die höchste der Welt“, jubelten die Macher des Projekts. Das Material dafür, 25 Paar gebrauchte Ski und vier Snowboards, stammten aus Spenden.

Nepalesen wollen als Skiguides arbeiten

Die jungen Leute träumen davon, einen neuen Tourismuszweig für Nepal zu erschließen. „Wir wollen keinen Ski-Alpinismus wie hier in Europa mit Skiliften und Skikanonen“, sagt Julius, der aus München stammt und jetzt in Wien studiert. „Wir streben einen sanften Tourismus an und setzen auf Skitouren.“ Fernziel sei es, Nepalesen zu Skilehrern auszubilden und auch den einheimischen Bergführern entsprechende Fähigkeiten zu vermitteln. „Die Nepalesen finden es cool, wenn sie langfristig als Skiguides arbeiten können“, berichtet Seidenader.

Schon jetzt gibt es Angebote von Skiexpeditionen in Nepal, etwa am Mera Peak. Doch die werden nicht von einheimischen, sondern ausländischen Bergführern mit Skierfahrung geleitet. Möglichkeiten für Skitouren gebe es viele in Nepal, etwa im Dolpo im Westen des Landes, doch dort fehle noch die nötige Infrastruktur, sagt Julius: „Wir brauchen ein wenig Sitzfleisch und Geduld“ – und Geld. Die „Ski and Snowboarding Foundation Nepal“ sammelt im Internet für ihr Projekt.

Bevor Julius im September erneut nach Nepal fliegt, wird er noch einen Zwischenstopp in Dubai einlegen. Der Leiter der dortigen Skihalle hat sich ihm gemeldet: „Er sagte, es gebe schon nepalesische Skilehrer: bei ihm in der Halle. Und die hätten auch Lust, ein paar Wochen im Jahr in einer Skischule in Nepal zu arbeiten. Für lau!“

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