Kasachstan – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Maxuts neuer Everest ist höher als 8848 Meter https://blogs.dw.com/abenteuersport/maxut-zhumayev/ Thu, 06 Feb 2014 14:17:05 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25261 Maxut Zhumayev

Maxut Zhumayev

„Als ich mich dem höchsten Punkt näherte, sah ich Vassiliy im Schnee sitzen, zehn Meter vom Gipfel entfernt. Ich freute mich sehr, dass mein Freund auf mich gewartet hatte“, erinnert sich Maxut an den Gipfeltag auf dem K 2, den 23. August 2011. „Das war etwas ganz Besonderes.“ An diesem Tag komplettierten Maxut Zhumayev und Vassiliy Pivtsov ihre Achttausender-Sammlung, zehn Jahre und zehn Tage, nachdem sie auf dem Gasherbrum I gestanden hatten, ihrem ersten Achttausender. Die beiden Kasachen bestiegen 13 der 14 höchsten Gipfel der Welt gemeinsam, nur am Manaslu waren sie in getrennten Expeditionen unterwegs. Das sei einzigartig, sagt Maxut: „In der Geschichte des Bergsteigens hat es das noch nicht gegeben, dass zwei Kletterer so viele Achttausender-Gipfel gemeinsam erreicht haben.“  

Hartes Stück Arbeit am K 2

Maxut und Vassiliy auf den letzten Metern zum Gipfel des K 2

Maxut und Vassiliy auf den letzten Metern

Ich treffe den 37-Jährigen auf der ISPO in München, wo es auch ein Wiedersehen mit anderen Teammitgliedern von 2011 gibt: Maxut spricht mit Gerlinde Kaltenbrunner, die an besagtem Tag ebenfalls den K 2 bestieg, den letzten Achttausender, der ihr noch fehlte. Und mit ihrem Mann Ralf Dujmovits, der auch zum Team gehörte, auf den entscheidenden Gipfelvorstoß aber verzichtete. „Der K 2 war wirklich hart“, sagt Maxut. „Es war mein sechster und Vassiliys siebter Versuch.“ Die anderen Achttausender hatte Zhumayev gleich im ersten Anlauf bestiegen. Bei allen Besteigungen verzichtete er auf Flaschen-Sauerstoff.

Aus der Ebene auf die Gipfel

Maxut wurde in der Steppe Westkasachstans geboren und fand erst spät zum Bergsteigen: „Ich begann zu klettern, als ich 20 Jahre alt war. Damals arbeitete ich als eine Art Sherpa, als Träger. Ich schulterte das Gepäck einer Trekkinggruppe aus Frankreich.“ Maxut freundete sich mit einigen Kletterern an, die zu der Gruppe gehörten. „Ich bin glücklich, dass ich ihre Philosophie und ihren Lebensstil kennengelernt habe. Sie sind schuld, dass ich immer noch in den Bergen unterwegs bin und klettere.“ Wie sein Freund Vassiliy Pivtsov verdient auch Zhumayev sein Geld als Leutnant der kasachischen Armee.

Kasachischen Alpinverein gegründet

Zhumayev 2007 auf dem Everest

Zhumayev 2007 auf dem Everest

Nachdem er alle Achttausender bestiegen hatte, fiel Maxut zunächst in ein mentales Loch. „Ich brauchte ungefähr ein Jahr, um neue Träume und neue Ziele zu finden“, erzählt Maxut. Anfang 2013 gründete Zhumayev den Kasachischen Alpinverein. Er will die Einstellung seiner Landsleute zu den Bergen ändern: „Es geht um die Philosophie, wie man mit der Natur umgeht. Für mich ist die Natur kein Spielzeug, sondern meine Heimat.“ Maxut ist sich bewusst, dass er nicht von heute auf morgen in Kasachstan Strukturen wie jene westeuropäischer Alpenvereine schaffen und dazu noch seine Bergphilosophie verbreiten kann: „Das ist mein neuer Everest. Er ist höher als 8848 Meter, weil meine Lebenszeit nicht ausreichen wird, um dieses Projekt zu vollenden.“

Weniger Gefahr

Aus Verantwortung für seine Frau, seine vierjährige Tochter und den fünfjährigen Sohn macht Maxut jetzt einen Bogen um gefährliche Klettereien. Zhumayev hat sich vorgenommen, die „Seven Summits“ zu besteigen, die höchsten Gipfel aller Kontinente. Auf dem Mount Everest (Asien) stand er schon, auf dem Kilimandscharo (Afrika) auch. Für dieses Jahr hat er sich im Mai den Denali (Nordamerika) vorgenommen und im Herbst den Aconcagua (Südamerika). Wenn es ihm gelingt, Sponsoren zu gewinnen, will er sich anschließend auch noch am Mount Vincent (Antarktis) versuchen.

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Lampenfieber und Adrenalinkick https://blogs.dw.com/abenteuersport/lampenfieber-und-adrenalinkick/ Thu, 11 Nov 2010 13:18:05 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/11/11/lampenfieber-und-adrenalinkick/ Einen Preis als „Vater des Jahres“ wird Denis Urubko mit dieser Aussage wohl kaum gewinnen: Er sei sich zwar der Verantwortung für seine drei Kinder bewusst, aber „sie wachsen so oder so auf, mit oder ohne meine Hilfe“.
Natürlich, so der Kasache, wäre er lieber stets da, um sie zu unterstützen. „Aber es ist mein Leben, in dem ich mein Bestes geben muss, nicht nur für die Kinder, auch für mich selbst. Vielleicht klingt das egoistisch, und andere verstehen es nicht. Aber das ist nun einmal meine Meinung.“


Denis Urubko

Ständig unterwegs

Kompromisse sind nicht unbedingt seine Sache. Zwei gescheiterte Ehen hat Denis schon hinter sich, jetzt ist er mit der Russin Olga verheiratet. „Wir wohnen zwar offiziell in der kasachischen Stadt Almaty, aber eigentlich leben wir überall auf der Welt“, erzählt mir Urubkos Frau während der Wanderung beim International Mountain Summit in Brixen. Denis ist fast dauernd in den Bergen unterwegs. Urubko hat – als achter Mensch – alle 14 Achttausender ohne Flaschen-Sauerstoff bestiegen. Vier davon erklomm er sogar zweimal.

Zeitschrift war schuld

Seine Leidenschaft für die Berge erwachte früh, als sein Vater ihn zum Jagen mitnahm. So richtig „klick“ habe es allerdings erst gemacht, als er einmal ein Bergsteiger-Magazin in die Finger bekam. Darin wurde über Reinhold Messners Solobesteigung des Nanga Parbat berichtet und über zwei Kasachen, die am Dhaulagiri eine neue Route eröffnet hatten. „Von diesem Moment an hatte ich das Bergsteigen als meinen ‚Gott‘ gefunden, dem ich in Zukunft folgen wollte“, sagt Denis.


Denis nahm kein Blatt vor, aber einen Apfel in den Mund

Als Russe in Kasachstans Armee

Weil er den hohen Bergen nahe sein wollte, zog Urubko, der auf der russischen Insel Sachalin aufgewachsen war, mit 19 Jahren nach Kasachstan. Obwohl er damals noch russischer Staatsbürger war, trat er in die kasachische Armee ein. Grund: Es gab dort eine Sportgruppe von Bergsteigern.
Denis kletterte, so häufig er konnte, im Tian-Shan-Gebirge – auch im Winter, als Training für die Expeditionen im Himalaya und Karakorum, die er schon damals im Hinterkopf hatte. Im Jahr 2000 bestieg Urubko den Mount Everest, in den folgenden neun Jahren auch die restlichen Achttausender.

Um den Schlaf gebracht

2009 war ein besonderes Jahr für den Kasachen: Mit seinem italienischen Freund Simone Moro gelang Denis im Februar die erste Winterbesteigung des Makalu. Im Mai durchstieg er mit seinem Landsmann Boris Dedeshko die Südwand des Achttausenders Cho Oyu, über eine neue, schwierige Route (siehe links). „Das war die gefährlichste Tour meines Lebens: Lawinen, mieses Wetter, unsere schlechte Verfassung“, erinnert sich Urubko. „Manchmal werde ich jetzt noch nachts wach und erinnere mich an diese Situationen. Dann schüttelt es mich regelrecht, und ich kann kaum wieder einschlafen.“ Für dieses Projekt erhielten die beiden Kasachen 2010 den Piolet d’Or, den Goldenen Pickel, so etwas wie den Oscar der Bergsteiger.

Wenn die Zeit reif ist

Am liebsten steigt Denis im Alpinstil auf die höchsten Berge: ohne Atemmaske, Hochlager und Fixseile, im kleinen Team, mit wenig Gepäck. Bergsteigen, sagt Urubko, sei für ihn nicht einfach nur Sport. „Vor vielen Jahren habe ich mich als Schauspieler versucht. Für mich spielt das Künstlerische immer noch eine große Rolle: Lampenfieber zu haben, mich auszudrücken, auch Risiken einzugehen. Es setzt Adrenalin frei, gefährliche Routen zu klettern und am Leben zu bleiben.“ In erster Linie suche er das Abenteuer, so Denis, aber er finde in den Bergen auch die Freiheit. „Hier kann ich Situationen ändern, allein mit meinen Händen und meinem Willen.“ Dennoch ist der Kasache lieber mit Freunden unterwegs als allein. Solo-Bergsteigen in großer Höhe sei „wie eine Droge: interessant, aber zu gefährlich“.
Mit Simone Moro will Denis demnächst den Gasherbrum II in Pakistan erstmals im Winter besteigen. Doch seinen ganz großen Traum hebt er sich für später auf: „Eine neue Route auf den Mount Everest, im Alpinstil. Wenn die Zeit dafür reif ist.“

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