Kibo Hut – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Tag der Entscheidung https://blogs.dw.com/abenteuersport/tag-der-entscheidung-2/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tag-der-entscheidung-2/#comments Fri, 23 Feb 2018 12:52:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39757

Sonnenaufgang mit Blick auf den Mawenzi

Jetzt gilt es. Heute Abend um 23 Uhr werden wir aufbrechen. So wie es jetzt, wenige Stunden zuvor, aussieht, werden bis auf Gerd, unseren Ältesten mit 76 Jahren, wohl alle noch verbliebenen 20 Expeditionsteilnehmer einen Gipfelversuch machen. Zuvor nimmt Christian Kreisel aus dem Marburger Ärzteteam bei allen weitere Blutproben. Christian wird als möglicher Nothelfer in der Kibo Hut zurückbleiben.

 

Es wird kalt

Letzte Instruktionen von Elias Lyimo (Mitte) und Expeditionsleiter Rainer Brähler (l.)

„Wir peilen an, im Idealfall um 6 Uhr Gilman’s Point auf 5681 Metern zu erreichen und um 8 Uhr am höchsten Punkt auf 5895 Meter, dem Uhuru Peak, zu stehen“, sagt Elias Lyimo, der uns als einer von mehreren Bergführern begleiten wird. Das Thermometer wird in der Nacht deutlich unter den Gefrierpunkt fallen, wir werden uns also warm anziehen müssen. Für jeden Gipfelaspiranten steht je ein Träger bereit, mit dem zusammen wir jederzeit absteigen können, sollte es uns schlecht gehen.

Zwei Koreaner in Rolltragen

Höhenkranker Koreaner

Wie nötig dies sein kann, beobachtete ich heute Mittag auf der Kibo Hut. Ein Südkoreaner, der um Mitternacht Richtung Gipfel aufgebrochen war, musste heruntergetragen werden – unfähig, auch nur einen weiteren Schritt selbstständig zu gehen. Er und eine weitere Bergsteigerin der koreanischen Expedition wurden später per Rolltragen talwärts transportiert.

 

Langsam, aber stetig

5000 Meter geknackt

Wir hatten heute einen weiteren Tag zur Akklimatisierung auf 4720 Metern. 17 Teilnehmer stiegen den staubigen Vulkanabhang bis auf eine Höhe von 5030 Metern hinauf. „Ich habe es geschafft“, freute sich Monika, als sie am Umkehrpunkt eintraf. Die 64-Jährige, die schon als Kind davon träumte, den Kilimandscharo zu besteigen, geht konsequent ihr eigenes, etwas langsameres Tempo und erreichte damit bisher stets das Tagesziel. „Die Guides sagen, dass ich gute Chancen habe, auch den Gipfel zu schaffen. Mal sehen!“

Ehrlich bleiben!

Seit gestern zeigten sich bei einigen Expeditionsteilnehmern Symptome der Höhenkrankheit wie Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen oder Schlaflosigkeit. Alle erholten sich relativ schnell. Dennoch stellt Bergführer Elias klar: „Wenn wir euch fragen, wie es euch geht, dann bleibt bei der Wahrheit! Und wenn wir euch empfehlen abzusteigen, fangt nicht an zu diskutieren, sondern dreht um!“ Also, Daumen drücken!

P.S.: Ich werde mich morgen voraussichtlich erst wieder nach dem Abstieg zur Horombo Hut auf 3700 Metern melden. Alles weitere wäre Zugabe! 😉

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In der Ruhe liegt die Kraft https://blogs.dw.com/abenteuersport/in-der-ruhe-liegt-die-kraft/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/in-der-ruhe-liegt-die-kraft/#comments Thu, 22 Feb 2018 16:45:16 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39741

Frank im Ruhezustand

Frank wirkt fast ein wenig erschrocken über sich selbst. Während einer Trinkrast auf 4300 Metern hat er sich zwischen den Felsen ausgestreckt und ist eingenickt. „Ich habe tatsächlich geschlafen“, sagt der 47-Jährige. „Und als ich aufwachte, war mir richtig kalt.“ Heute stiegen wir von der Horombo Hut auf 3700 Metern bis zur Kibo Hut auf 4720 Metern auf, Ausgangspunkt des Gipfelversuchs. Auf dem breiten, meist sanft ansteigenden Weg – von den Einheimischen „Coca-Cola-Route“ genannt, erlebten wir ein weiteres Beispiel gefährlicher Unvernunft.

Unvernünftig, unverantwortlich

Die Karawane zieht weiter

Bereits auf 4000 Metern torkelt ein etwa 14-jähriger Brite nur noch hin und her, und das obwohl er nicht mal mehr seinen eigenen Rucksack trägt. Als wir uns nach seinem Befinden erkundigen, antwortet er: „Ich bin nur müde.“ Christian Kreisel, der Arzt aus dem Forschungsteam der Uni Marburg, der uns zur Kibo Hut begleitet, macht den britischen Expeditionsleiter darauf aufmerksam, dass der Junge höhenkrank sei und dringend absteigen müsse. „Ich bin selbst Arzt, er kann weiterlaufen“, antwortet der Expeditionsleiter. Während der nächsten Rast sitzt der 14-Jährige nur noch apathisch am Tisch, den Kopf zwischen den Armen vergraben. 100 Höhenmeter weiter ist auch dem Letzten klar, dass es für den Jungen nur eine Richtung geben kann: abwärts! Seine Mutter, die ebenfalls zur Gruppe gehört, steigt weiter auf.

Schrittgeber Bayo

Frank an der Kibo Hut

„Pole, pole!“. Langsam, langsam! Bayo wird nicht müde, dies zu wiederholen. Der 34 Jahre alte Guide gibt an der Spitze unserer Gruppe das Tempo vor. „Vor allem auf den letzten 300 Höhenmetern bis zur Kibo Hut dürft ihr nicht zu schnell gehen.“ Und so schleicht unsere Karawane langsam hinter Bayo her dem Tagesziel entgegen. Nach rund sechs Stunden erreichen alle 22 Expeditionsmitglieder, inklusive Christian Kreisel, verteilt auf mehrere Gruppen das Tagesziel. Von Linus, mit 19 Jahren der Jüngste im Team, bis zu Gerd, mit 76 Jahren der Senior. Der Jubel ist groß. Für viele ist schon die erreichte Höhe von 4720 Metern persönlicher Höhenrekord.

Für den morgigen Freitag ist nur ein kurzer Aufstieg an die 5000-Meter-Grenze geplant. In der Nacht zum Samstag starten wir dann Richtung Gipfel. Pole, pole!

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Auf du und du mit dem zellulären Stress https://blogs.dw.com/abenteuersport/auf-du-und-du-mit-dem-zellulaeren-stress/ Wed, 21 Feb 2018 14:12:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39725

Empfehlung in der Horombo Hut

„Wahrscheinlich hat es hier noch nie eine Expeditionsgruppe gegeben, die so viel medizinisches Fachpersonal und entsprechende Ausrüstung hatte“, sagt Harald Renz. Der Professor von der Philipps Universität Marburg erklärt den Bergsteigern verständlich, was im Körper geschieht, wenn jemand höhenkrank wird. „Der in dieser Höhe fehlende Sauerstoff sorgt für zellulären Stress. Die spannende Frage ist, wie der Körper mit diesem Stress umgeht. Welche rund 200 der zur Verfügung stehende 20.000 Gene die Zellen in Gang setzen.“ Aus diesem Grund hat das Ärzteteam uns mehrmals Blut abgezapft und in spezielle Röhrchen gefüllt. „So haben wir von jedem je einen Stoffwechsel-Fingerabbruch auf jeder Höhe,“, erklärt der Mediziner. Wenn wir morgen zur Kibo Hut auf 4700 Metern aufgestiegen sind, werden wir eine weitere Blutprobe abgeben, die letzte dann nach dem Gipfelgang am Samstag. Die ersten Ergebnisse der Analyse werden in etwa einem halben Jahr vorliegen. „Wir erhoffen uns Erkenntnisse über die genetischen Prozesse, die zur Höhenkrankheit führen“, sagt Harald Renz.

Empfehlung vor dem Gipfelgang

Harald Renz erklärt die Höhenkrankheit

Christian Kreisel wird mit auf die Kibo Hut aufsteigen und dort gewissermaßen der medizinische Vorposten sein. Tim Jäcker bleibt in der Horombo Hut. Wenn einer der Bergsteiger höhenkrank werden sollte, kann er also auf 4700 Metern notbehandelt und anschließend auf 3700 Meter hinuntergebracht werden. „Sollte der Zustand ernst sein, werde ich dafür sorgen, dass ihr mit dem Krankenwagen sofort ins Tal gebracht werdet und werde gegebenenfalls auch mitfahren“, sagt der Arzt. Christian Kreisel wird kurz vor dem Gipfelgang auf der Kibo Hut in der Nacht von Freitag auf Samstag einen letzten medizinischen Check machen und jedem einzelnen empfehlen, ob er aufsteigen kann oder doch lieber absteigen sollte. „Wer aufsteigt, obwohl ich ihm abgeraten habe, muss es mir schriftlich geben, dass er auf eigene Verantwortung den Gipfel in Angriff nimmt“, stellt Kreisel klar.

Eigenverantwortung ist gefragt

Unsere Gruppe an den Zebra Rocks

„Es ist zum einen wichtig, dass das Schnaufen funktioniert“, erklärt Harald Renz. „Zum anderen muss euer Gehirn weiterhin in der Lage sein, vernünftige Entscheidungen zu fällen. Also horcht in euch hinein! Der Gipfel ist nicht alles.“ Man spürt, dass die Spannung unter den Gipfelaspiranten steigt. Es gibt Nachfragen, ob etwa die Sauerstoffsättigung, die man mit dem Pulsoxymeter misst, ein verlässlicher Wert ist, um das Risiko einzuschätzen, höhenkrank zu werden. „Der Wert kann einen Hinweis geben, mehr nicht“, sagt Renz. „Jemand kann einen Wert von 91 Prozent Sauerstoffsättigung haben und trotzdem Gefahr laufen, höhenkrank zu werden.“ Manfred, selbst Arzt und einer der Bergsteiger, versucht, das Ärzteteam aus Marburg aus der Verantwortung zu nehmen: „Letztlich muss doch jeder von uns selbst entscheiden, wie weit er geht. Wir allein tragen die Verantwortung für unser Handeln, nicht die Ärzte.“

Länger akklimatisiert als die meisten anderen

Dilettant in der Wand 🙂

Heute sind wir noch einmal bis auf eine Höhe von 4100 Metern aufgestiegen, um uns weiter zu akklimatisieren. Ziel der gemütlichen Wanderung waren die „Zebra Rocks“, eine beeindruckende schwarz-weiß gestreifte Felsformation. „Wir haben uns einen Tag länger auf 3700 Meter aufgehalten, als die Gruppen es normalerweise machen. Ich glaube, das hat sich ausgezahlt,“ sagt Harald Renz. „Viele, die gestern noch über Kopfschmerzen und Schlafstörungen klagten, fühlen sich heute gut.“

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