Martin Maier – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Shishapangma, die letzte! https://blogs.dw.com/abenteuersport/shishapangma-die-letzte/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/shishapangma-die-letzte/#comments Thu, 22 Sep 2016 11:29:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33645 Shishapangma

Shishapangma

Ein Kaugummi wird nicht besser dadurch, dass man endlos auf ihm herumkaut. Irgendwann sollte man ihn ausspucken. Ähnlich ist es auch mit Geschichten. Zu einem bestimmten Zeitpunkt ist einfach alles durchgekaut. Dann sollte man den Mut haben, einen Schlussstrich zu ziehen, ehe daraus eine unendliche Geschichte wird, die nur noch nervt. Dies wird mein letzter Artikel zur Lawine an der Shishapangma am Samstag vor genau zwei Jahren sein. Vielleicht ist noch nicht alles gesagt, aber aus meiner Sicht doch genug, um das Kapitel zu schließen. Und hoffentlich daraus zu lernen.

Schiefes Bild

Es war gut, dass Martin Maier – wie berichtet – die Debatte mit seinem Interview mit der Zeitschrift „Bergsteiger“ lostrat. Nun haben wir ein ziemlich genaues Bild davon, was damals geschah, und es stimmt in einigen Details nicht mit dem überein, was zuvor berichtet worden war. Dieses schiefe Bild habe er geraderücken wollen, sagte Martin in einer TV-Dokumentation des Bayerischen Rundfunks über die Ereignisse 2014 an der Shishapangma (s.u.), „weil die Sachen, die einfach irgendwo dastehen, die gesagt worden sind, von den Leuten als wahr und als Fakt hingenommen werden.“

Bei dem Unglück waren der Deutsche Sebastian Haag und der Italiener Andrea Zambaldi ums Leben gekommen. Wie die beiden war auch Maier von der Lawine 600 Meter tief mitgerissen worden, jedoch auf den Schneemassen liegen geblieben. Er hatte sich schließlich, schwer verletzt, aus eigener Kraft ins letzte Hochlager schleppen können. Benedikt Böhm und der Schweizer Ueli Steck, die mit Glück der Lawine entkommen waren, hatten keine Möglichkeit gesehen, zum Lawinenkegel zu queren, und waren zu diesem Zeitpunkt bereits ins Basislager abgestiegen.

Böhm: „Es tut mir leid“

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.)

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.)

Maier belegte mit Bildern, die vom Basislager aus mit einer hoch auflösenden Kamera aufgenommen wurden: Nicht Basti Haag spurte, als die Lawine abging, wie Benedikt Böhm bisher behauptet hatte, sondern Böhm selbst ging vorneweg. Nach langem Zögern äußerte sich Benedikt in der BR-Dokumentation erstmals zu dem Vorwurf, er habe mit seiner Darstellung womöglich Haag die Schuld in die Schuhe schieben wollen. „Wenn es so verstanden wurde, tut es mir sehr, sehr leid“, sagte Benedikt. „Es war nie die Intention, irgendwem einen Vorwurf zu machen, die Lawine ausgelöst zu haben. Wenn überhaupt ein einzelner Fuß dafür ausschlaggebend war, ist das vollständig irrelevant, weil wir uns alle zu fünft entschieden haben, da oben reinzugehen, auf eigenes Risiko und aus freien Stücken da oben zu sein.“ Warum er nicht früher die Dinge klar rückte – Maier hatte ihn nach eigenen Angaben mehrfach dazu aufgefordert – bleibt im Dunkeln.

„Schlimmster Moment“

Böhm (r.) und  Haag an der Shishapangma

Böhm (r.) und Haag an der Shishapangma

Neu war auch die Information, dass Böhm und Steck von oben erkannt hatten, dass einer der drei Mitgerissenen auf dem Schnee lag. „Wir haben einen farbigen Punkt gesehen“, sagte Ueli dem BR. „Da war jemand draußen, das hat man gesehen. Der hat sich am Anfang noch ein bisschen bewegt, und irgendwann lag er nur noch im Schnee.“ Wegen der großen Lawinengefahr hätten sie sich gegen einen Versuch entschieden, in den Hang zu queren. „Für mich war es das Schlimmste, was ich jemals erlebt habe. Du siehst, da unten liegt jemand, und du kommst nicht hin.“ Auch Böhm bezeichnete die Entscheidung abzusteigen in dem BR-Beitrag als „schlimmsten Moment meines Lebens. Es war der Umstand, dass die Geschichte so tief in mir sitzt, dass ich das nicht groß breittreten wollte. Aber im Nachhinein war es auch ein Fehler.“

„Ureigene Verantwortung“

Er mache sich Vorwürfe, dass er Martin auf dem Lawinenkegel nicht zu Hilfe geeilt sei, schreibt Ueli Steck unter der Überschrift „Meine Grundsätze am Berg“ auf seiner Homepage. „Ich danke ihm, dass er mir keine Vorwürfe deswegen macht. Und ich werde die aus diesem Unglück gewonnene Erfahrung für Entscheide in vergleichbaren Situationen nutzen – was hoffentlich nie nötig sein wird.“ Und doch kann man Unglücke wie jenes an der Shishapangma niemals ganz ausschließen. „Bergsteigen ist eine der wenigen Tätigkeiten, die nicht komplett reglementiert sind, und damit jedem einzelnen erlaubt, die für ihn tragbaren Risiken weitgehend selbst festzulegen“, schreibt Ueli. „Freiheit heißt aber auch Verantwortung. Wir alle wissen, dass wir letztlich für die Risiken dieses schönen Sports unsere ureigene Verantwortung tragen müssen.“

Und was kann man noch aus der Debatte um die Lawine an der Shishapangma lernen? Man sollte bei der Wahrheit bleiben, sagt Martin Maier. Unbedingt!

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Kontroverse um Lawine an der Shishapangma https://blogs.dw.com/abenteuersport/kontroverse-um-lawine-an-der-shishapangma/ Tue, 12 Jul 2016 08:44:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33193 Vorgeschobenes Basislager an der Shishapangma

Vorgeschobenes Basislager an der Shishapangma

24. September 2014, 6:55 Uhr: Fünf Bergsteiger steigen auf einer Höhe von rund 7900 Metern dem Gipfel des Achttausenders Shishapangma entgegen, als sich eine Lawine löst. Die beiden Deutschen Sebastian Haag und Martin Maier sowie der Italiener Andrea Zambaldi werden mehrere hundert Meter den Hang hinuntergespült. Der Deutsche Benedikt Böhm und der Schweizer Ueli Steck haben Glück und entkommen den Schneemassen. Der 36 Jahre alte Haag und der 32-jährige Zambaldi kommen ums Leben. Maier überlebt wie durch ein Wunder und kann sich aus eigener Kraft ins Hochlager retten. Die Nachricht über das Unglück erscheint zuerst in meinem Blog. Auch die ersten Interviews über die Lawine mit Bene Böhm und Martin Maier sind auf „Abenteuer Sport“ zu lesen.

„Die Zeit heilt nicht alles“

Mehr als anderthalb Jahre danach hat Martin mit einem Interview in der Zeitschrift „Bergsteiger“ eine Debatte über das Unglück losgetreten. Der 41 Jahre alte Wirtschaftsingenieur leidet nach eigenen Worten noch immer an den Spätfolgen, nicht nur gesundheitlicher Art: „Die Zeit heilt nicht alles – weder Verletzungen, die bis heute geblieben sind, noch die Traurigkeit und Erbitterung darüber, dass Menschen ihren Selbstwert auf Kosten anderer steigern möchten.“ Maier wirft den beiden anderen Überlebenden der Lawine, Böhm und Steck, zum einen vor, die Unwahrheit gesagt zu haben, zum anderen, dass sie ihn zu schnell aufgegeben hätten.

Wer ging wo?

Mit Hilfe von Bildern, die mit einer Zeitrafferkamera vom Basislager aus gemacht wurden, dokumentiert Maier, dass Benedikt Böhm offenbar zum Zeitpunkt des Lawinenabgangs an der Spitze der Gruppe ging (siehe Video).

Benedikt hatte mir drei Wochen nach seiner Rückkehr im Interview gesagt: „Basti (Haag) spurte und ging ein bisschen vom Grat weg. Er wollte sich mir gerade wieder zuwenden. In diesem Moment löste sich der ganze Hang. (…) Weil ich nahe am Grat war, konnte ich zur Seite springen. Ebenso Ueli, der knapp unter mir war.“ Nach Erscheinen des Interviews bat mich Böhm, zwei seiner Aussagen (u.a. die am Anfang des Videos zitierte) herauszunehmen, die den Eindruck hätten erwecken können, dass Haag möglicherweise das Unglück verschuldet hätte. Ich kam seiner Bitte nach – auch mit Rücksicht auf Sebastians Eltern, die gerade ihren zweiten Sohn am Berg verloren hatten.
Die Kernaussage blieb jedoch bestehen, Benedikt hatte sie im Verlauf des Interviews noch einmal bestätigt: „Ich war ja schon in Bastis Spur, habe dann aber instinktiv umgedreht und bin ein paar Schritte aus dem Hang herausgegangen.“ Ich habe Böhm um eine Stellungnahme zu Maiers Vorwurf gebeten, er habe „Dinge erfunden und konstruiert, die einfach nicht den Fakten entsprechen. Benedikt antwortete mir, er wolle die ganze Angelegenheit zunächst direkt mit Martin klären und dann an die Öffentlichkeit gehen. Voraussichtlich für Ende Juli, Anfang August sei ein gemeinsamer Fernsehauftritt geplant.

Steck: „Näher zum Grat hin“

Ueli Steck hatte mir gut vier Monate nach dem Unglück auf der ISPO in München die Situation zum Zeitpunkt des Lawinenabgangs so geschildert: „Es war eigentlich nur Glück, dass Beni (Böhm) und ich uns noch etwas weiter oben aufhielten. Wir standen auch in der Lawine, aber eben ein wenig auf der Seite, wo nicht so viel wegrutschte.“ Ähnlich hatte er sich unmittelbar nach der Expedition in der Schweizer „Sonntagszeitung“ geäußert. Auf dem im „Bergsteiger“ veröffentlichten Bild sieht man, dass der Schweizer Top-Bergsteiger als Vorletzter der Gruppe aufstieg. Das sei kein Widerspruch zu seinen Worten, schreibt mir Ueli: „Das war so gemeint, dass ich von meiner Sicht aus weiter oben gegen die Rippe/den Grat war – und nicht oberhalb der anderen. Ich habe es genau so gesagt, wie es auf dem Bild zu sehen ist.“

Rettungsversuch verzögert?

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.)

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.) starben in der Lawine

Der zweite Vorwurf Maiers wiegt fast noch schwerer: Böhm und Steck hätten gesehen, dass jemand auf den Schneemassen gelegen habe. Mit ihrer kategorischen Aussage über Funk, es sei unmöglich, zum Lawinenkegel zu queren, hätten sie eine Rettungs- oder Bergungsaktion zumindest verzögert, beinahe sogar verhindert. „Ich will gar nicht sagen, dass mir die beiden selbst hätten helfen müssen“, sagte Maier im „Bergsteiger“-Interview. „Aber man hätte zumindest anderen die Entscheidung selbst überlassen müssen zu helfen oder nicht. Statt zu behaupten, es gibt keine Chance, jeder Rettungsversuch ist aussichtslos, hätten sie sagen können: Wir sind nicht in der Lage, uns ist die Lawinengefahr zu groß.“

Böhm: „Schwierigste Entscheidung meines Leben“

Böhm und Steck widersprechen. Böhm bezeichnet gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ den Entschluss, nicht zum Lawinenkegel zu queren, als „die schwierigste Entscheidung meines Lebens, die mich ein Leben lang verfolgen wird“. Vielleicht, so Benedikt, hätte er sich über Funk und später auch gegenüber Norbu Sherpa, der ihnen entgegen gestiegen war, differenzierter ausdrücken müssen, er habe jedoch „keinesfalls eine Rettungsaktion verhindern wollen“.

Steck: „Ich hatte Glück, andere weniger“

Wie Böhm verweist auch Steck darauf, dass sie alles versucht hätten, hinüber zu gelangen. Lawinengefahr, so Ueli, könne man leider Gottes nicht messen. „Ich habe hin und her diskutiert mit Suzanne (Hüsser vom Expeditionsveranstalter Kobler & Partner), was wir machen sollten“, schreibt mir Ueli. Jemand, der damals im Basislager Stecks Funkspruch mithörte, schilderte mir, dass der Schweizer damals „emotional wirklich fertig“ gewesen sei. „Im Nachhinein mit dem Finger auf uns zu zeigen, finde ich absolut daneben“, schreibt mir Ueli. „Es ist einfach, hinterher über andere zu urteilen, die oben waren und in dieser Situation die Entscheidung treffen mussten.“ Es sei falsch gewesen, bei diesen Dingen überhaupt aufzusteigen. „Dass wir alle zusammen eine Lawine ausgelöst haben, war der Fehler, für den wir alle die Konsequenzen tragen müssen. Ich hatte Glück, andere weniger.“ Im Herbst 2014 erreichte wegen der Schneemassen am Berg kein Bergsteiger den Gipfel der Shishapangma.

Maier: „Gebraucht, aber in der Darstellung unerwünscht“

Während der Akklimation

Während der Akklimation

Steck hatte damals den Achttausender ursprünglich gemeinsam mit seiner Frau Nicole besteigen wollen. Der Schweizer war nur für diesen Gipfelversuch zum Team der „Double 8“-Expedition gestoßen. Das Ziel der Expedition lautete: Speedbegehung der Shishapangma, Skiabfahrt vom Gipfel, mit dem Mountainbike zum Cho Oyu, auch dort Speedbesteigung und Skiabfahrt. Das Internetportal “Spiegel online” hatte die Expedition zunächst medial begleitet. Maier war der einzige Nicht-Profi im Team, sein Name fiel in der Berichterstattung nicht. Ich erinnere mich, dass ich mich bei seiner Erwähnung in der ersten Nachricht Benedikts über das Unglück fragte: Martin Maier? und dann erst einmal recherchierte, wer das überhaupt sei. „Am Tag des zweiten Gipfelversuches hatte ich von Lager 1 bis knapp unter Lager 3 fast 1000 Höhenmeter alleine gespurt“, sagte Maier im „Bergsteiger“-Interview. „Insofern war ich wohl ein gebrauchter, aber in der Darstellung unerwünschter Teil der Expedition.“

Bitte sachlich!

In der Szene wird heftig über Martins Vorwürfe diskutiert, auch mich erreichten zahlreiche Anfragen. In mehreren Zeitungen wurde über den Streit berichtet. Es fallen Begriffe wie „Bergsteiger-Ehre“, „Lüge“, „Schuld“ und „falscher Stolz“. Unter denen, die sich nun zu Richtern aufschwingen, haben die meisten im Herbst 2014 im warmen Wohnzimmer gesessen. Einige waren wahrscheinlich noch nie an einem hohen Berg unterwegs, geschweige denn sind sie dort in Extremsituationen geraten. Ich habe lange gezögert, ob ich mich zu dem Vorgang äußern sollte. Doch die Debatte hat sich inzwischen verselbstständigt, und ich kann nicht so tun, als würde sie nicht ausgetragen. Einige Fragen sind zu klären, vor allem zwischen Benedikt und Martin. Ich hoffe, dass es auf einer sachlichen Ebene geschieht.

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Martin Maier: „Es wirkte alles surreal“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-martin-maier-lawine/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-martin-maier-lawine/#comments Sat, 08 Nov 2014 15:30:24 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27719 Martin Maier

Martin Maier

Überlebt! Rund 600 Meter tief wurde Martin Maier am 24. September am Achttausender Shispapangma von einer Lawine mitgerissen. Dass der 39 Jahre alte Bergsteiger aus München dabei nicht ums Leben kam, bezeichnet nicht nur Benedikt Böhm als „kleines Wunder„. Die Lawine hatte sich kurz unterhalb des Gipfels gelöst. Der deutsche Skibergsteiger Sebastian Haag und der Italiener Andrea Zambaldi waren ebenfalls von der Lawine erfasst, im Gegensatz zu Maier jedoch von den Schneemassen verschüttet worden. Die beiden starben. Böhm und der Schweizer Ueli Steck hatten sich gerade noch in Sicherheit bringen können, als der Hang abrutschte.

Martin Maier erholt sich langsam, aber sicher von den Verletzungen, die er sich bei dem Unglück zugezogen hat. Der Ingenieur ist kein Profibergsteiger, hat aber schon jede Menge Expeditionserfahrung gesammelt, unter anderem im patagonischen Inlandeis und auf einigen Sechstausendern in Südamerika. 2012 bestieg er in Nepal den 8163 Meter hohen Manaslu, den achthöchsten Berg der Erde. Martin hat mir seine wirklich unglaubliche Überlebensgeschichte von der Shishapangma erzählt:

Martin, wie geht es dir inzwischen?

Ich habe noch mit vielen Nachwehen der Lawine und der ganzen Tragödie zu kämpfen, mit den Verletzungen, die noch auszukurieren sind. Und dann sind da natürlich immer wieder die Gedanken an die Freunde, die ums Leben gekommen sind.

Welche Verletzungen hast du davongetragen?

Ich hatte ein Schädel-Hirn-Trauma mit einer Gehirnblutung, die zu Gleichgewichts- und koordinativen Störungen führte. Bis heute sehe ich Doppelbilder, die durch die Schädigung eines Hirnnervs verursacht werden. Darüber hinaus hatte ich Rupturen in beiden Knien und einem Sprunggelenk.

Du bist von der Lawine mehrere hundert Meter mitgerissen worden. Kannst du dich noch an irgendetwas erinnern?

Ich erinnere mich bis zu dem Moment, als ich einen Gletscherabbruch auf mich zukommen sah. Dann verlor ich das Bewusstsein und wachte erst wieder später auf. 

Wie war das in den ersten Momenten der Lawine? Hast du noch etwas gedacht oder nur noch rein instinktiv reagiert?

Sowohl als auch, wobei der Instinkt überwog. Es hat eine Zeit gebraucht, bis ich realisiert habe, was überhaupt passierte. Es hat mir die Füße weggezogen und mit den zunehmenden Schneemassen bin ich mir wie in einer Brandung vorgekommen. Ich hatte nicht im Gefühl, was da wirklich vor sich geht. Das Ganze hat langsam angefangen, mit einem Wegrutschen, und sich immens schnell entwickelt. Ich habe nur noch reagiert. Ich habe instinktiv meine Stöcke weggeworfen, dann nach der Schnalle des Rucksacks gesucht, sie auch öffnen und den Rucksack wegschmeißen können. 

Das hat dir möglicherweise das Leben gerettet. Du hast anschließend stundenlang bewusstlos auf dem Schnee gelegen. Wovon bist du wach geworden?

Ich weiß es nicht. Ich wachte auf wie nach einem tiefen, langen Schlaf. Ich fühlte mich zurückgeworfen in die Nichtigkeit meiner menschlichen Existenz, im Gegensatz zu den Naturgewalten. Ich hatte den Gipfel im Blick und über ihm die Sonne.

Du hast trotz deiner Verletzungen noch nach Basti Haag und Andrea Zambaldi gesucht.

Ich habe auf dem Lawinenfeld diverse Ausrüstungsgegenstände entdeckt: einen Stock, Handschuhe, einen Rucksack. Ein paar Meter neben mir ragte der Arm von Andrea aus dem Schnee. Da ist mir wirklich bewusst geworden, was eigentlich geschehen war.

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.) - R.I.P.

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.) – R.I.P.

Hast du nach den beiden Freunden gegraben?

Der Schnee auf dem Lawinenkegel war betonhart gefroren. Ich habe Andreas Hand angefasst, in der Hoffnung, dass er sich noch regt. Ich habe versucht, nach seinem Gesicht zu graben. Aber es hatte keinen Sinn, der Schnee war steinhart. Ich habe noch geschaut, ob Spuren aus dem Lawinenkegel führen, ob vielleicht irgendwer vor mir herausgekommen ist. Aber das war leider nicht der Fall.

War dir in diesem Moment klar, dass du dich selbst retten musst und nicht auf Hilfe von außen warten kannst?

Mir war im Vorhinein klar, dass ich auf mich allein gestellt bin, was man wahrscheinlich in dieser Höhe ohnehin ist. Ich hatte Basti oben in der Lawine gesehen, Andrea unten. Also wusste ich, dass die beiden definitiv verschüttet waren. Nachdem ich sechs bis sieben Stunden auf dem Lawinenkegel gelegen haben muss, ging ich davon aus, dass auch Beni und Ueli ums Leben gekommen waren.

Trotz deiner Verletzungen hast du Lager 3 erreicht. Wie weit war es vom Lawinenkegel entfernt?

Vielleicht 500, 600 Meter. Ich habe lange gebraucht, bis ich mich orientieren konnte, es wirkte alles surreal. Ich überlegte sogar, in das tibetische Hochland hinunterzusteigen, dorthin, wo kein Schnee mehr lag. Aber mir wurde schnell klar, dass es mit Sicherheit der falsche Weg wäre und ich stattdessen das Lager 3 finden musste. Irgendwann konnte ich einen Orientierungspunkt am Grat entdecken, der mir vom Aufstieg her in Erinnerung geblieben war. Ich war mir sicher, dass ich in dessen Verlängerung unser Zelt  finden würde. Es war kein normales Gehen. Ich bin aufgestanden, gefallen, habe mich wieder aufgerappelt, bin gekrochen. Mein Kopf hat funktioniert, aber der Körper hat nicht gehorcht.

Hast du in Lager 3 deine Teamkollegen wiedergetroffen?

Nein. Das Zelt war von den Stürmen der vergangenen Tage stark beschädigt. Wir hatten es bei unserem ersten Gipfelversuch aufgeschlagen und beim zweiten dort gar nicht mehr übernachtet. Das Zelt war eingerissen, innen lag ein halber Meter Schnee, den ich mit den Händen herausgeschaufelt habe. Völlig erschöpft fiel ich ins Zelt und schlief wieder ein. Nachts wachte ich auf, weil ich fror. Ich hatte keinen Schlafsack,  keine Taschenlampe, kein Feuerzeug, nichts zu trinken. Nachdem ich die Nacht dann doch einigermaßen gut überstanden hatte, versuchte ich am Morgen, aus eigener Kraft weiter abzusteigen. Doch als ich aus dem Zelt trat, fiel ich gleich ein paar Meter hinunter. Ich war nur froh, dass ich nicht vom Grat gestürzt war. Mir war klar, dass ich mich vor dem nächsten Versuch noch ausruhen musste. Ich setzte mich ins Zelt, fand nun auch ein Feuerzeug und schmolz mir Schnee zum Trinken. Gegen 10 Uhr erschien Norbu Sherpa, der mir den gesamten Weg vom Basislager entgegengekommen war und rief von weitem, ob jemand da sei. Ich war sehr glücklich, ihn zu sehen.

Vorgeschobenes Basislager an der Shishapangma

Vorgeschobenes Basislager an der Shishapangma

Wie wirst du mit diesem tiefgreifenden Erlebnis fertig? Beschäftigt dich das Erlebte Tag und Nacht?

Nein. Ich habe es, soweit man dies überhaupt kann, sehr gut verarbeiten können. Ich werde nicht von Alpträumen geplagt und habe keine nachhallenden Erinnerungen. Natürlich mache ich mir viele Gedanken. Ich muss mich auch täglich damit auseinandersetzen, weil sich die Versicherungen melden oder Freunde anrufen, die wissen wollen, was passiert ist. Auch wenn diese Phase sehr anstrengend ist, die Tragödie an sich ist bei mir recht klar angekommen. Ich bin mir der Gefahren beim Bergsteigen seit jeher bewusst und das, was passiert ist, ist unendlich traurig, aber es ist wohl Bestandteil dieses Sports.

Siehst du es auch als kleines Wunder an, dass du überlebt hast?

Ich bin mir meines Glücks bewusst. Ich hatte einen Schutzengel, der dafür gesorgt hat, dass ich, nachdem ich das Bewusstsein verloren hatte, auf der Lawine zum Liegen kam und nicht verschüttet wurde. Doch der Rest war mein eigener Kampf ums Überleben, gegen die Naturgewalten. Nachdem ich aufgewacht war, bin ich selbst zurückgegangen. Ich habe die Kälte und die Strapazen überstanden. Das war mein eigenes aktives Handeln. 

Andererseits verspüre ich eine tiefe Dankbarkeit gegenüber den Menschen, die mir in dieser Situation geholfen haben: Thomas Kämpf, der nach dem Lawinenabgang vom Basecamp auf einen gegenüberliegenden Berg gestiegen ist, um einen Einblick in den Lawinenkegel zu bekommen. Er sah, dass sich jemand in Richtung Lager 3 bewegte und animierte damit die vielen Helfer. Suzanne Hüsser, die von unten alles koordinierte. Allen voran Norbu, der zu mir aufgestiegen ist und Carlos Martinez, dem spanischen Expeditionsarzt, der mich ab Lager 2 medizinisch versorgt hat. Ich weiß gar nicht, wie ich all den Menschen danken soll.

Du bist dem Tod von der Schippe gesprungen, kehrst du verändert in die Berge zurück?

Ich weiß es nicht. Ich hatte aufgrund der Verletzungen bisher noch keine Gelegenheit, in die Berge zu gehen. Aber die Lawine war natürlich ein einschneidendes Erlebnis. Ich kann mir vorstellen, dass ich viele Dinge intensiver erleben und bewusster aufnehmen werde.

Aber du machst keinen Bogen um die Berge?

Definitiv nicht.

Und feierst du jetzt zweimal im Jahr Geburtstag?

Nein, ich habe nur einen. (lacht)

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Böhm: „Der ganze Hang brach einfach weg“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-boehm/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-boehm/#comments Thu, 16 Oct 2014 08:10:39 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27485 Benedikt Böhm

Benedikt Böhm

Zeit ist relativ, je nachdem, wie du sie empfindest. Schon drei Wochen? Erst drei Wochen? So viel Zeit ist seit dem Lawinenunglück am Achttausender Shishapangma in Tibet vergangen. Am 24. September waren der deutsche Skibergsteiger Sebastian Haag und der Italiener Andrea Zambaldi ums Leben gekommen, als sich kurz unter dem Gipfel eine Lawine gelöst hatte. Der ebenfalls mitgerissene Martin Maier hatte überlebt. Benedikt Böhm und der Schweizer Ueli Steck waren nicht von den Schneemassen erfasst worden. Ich erreiche Benedikt telefonisch zu Hause in München.

Benedikt, das Lawinenunglück an der Shishapangma liegt jetzt drei Wochen zurück. Hast du das Ganze für dich persönlich schon ein wenig verarbeiten können?

Nein, nicht wirklich. Unmittelbar nach der Lawine war ich mit der Rettungsaktion von Martin Maier beschäftigt, der wie durch ein Wunder überlebt hat. Das hat zwei Tage gedauert, dann sind wir sofort zurück gereist. Mein unglaublich schönes Leben, das ich hier führen darf, hat mich jetzt wieder fest im Griff. Als Geschäftsführer einer relativ großen Sportmarke stehen sofort viele Aufgaben an, wenn man so lange weg war. Da bleibt nicht viel Zeit, um wirklich herunterzukommen. Diese Zeit habe ich bisher nur gehabt, wenn ich ein paar Stunden lang Sport getrieben habe, frühmorgens oder spätabends am Berg. 

Böhm (r.) und  Haag an der Shishapangma

Böhm (r.) und Haag an der Shishapangma

Wo genau ging die Lawine ab?

Ziemlich genau auf 7900 Metern, 100 Höhenmeter unter dem Gipfel. Wir konnten ihn schon deutlich vor uns sehen, zum Greifen nahe. Es war 6.30 Uhr, die Sonne ging auf, es war sofort zehn Grad wärmer, von -30 auf -20 Grad Celsius. Die Stimmung im Team war super. Wir hatten alle Schlüsselstellen hinter uns. Es ging ein Glücksraunen durch die Gruppe. Wir gingen davon aus, dass wir alle zusammen den Gipfel erreichen würden, spätestens um 8 Uhr. Wir versuchten, uns immer am Gipfelgrat zu halten. Wir hatten die Ski unten gelassen, weil wir gesehen hatten, dass zu viel Schnee in der Bergflanke lag. Basti spurte und ging ein bisschen vom Grat weg. Er wollte sich mir gerade wieder zuwenden. In diesem Moment löste sich der ganze Hang. Er ist einfach weggebrochen. Es gab keinen Knall oder so etwas. Man hat gemerkt, es zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Es ging zunächst gespenstisch langsam, aber dann hat die Lawine stark beschleunigt. Weil ich nahe am Grat war, konnte ich zur Seite springen. Ebenso Ueli, der knapp unter mir war. Aber die anderen drei hatten keine Chance, sich herauszuwinden.

Martin Maier wurde – wie Basti Haag und Andrea Zambaldi – von der Lawine erfasst. Wie konnte er sich retten?

Wir haben die drei schnell aus den Augen verloren, weil die Lawine durch einen konvexen Gletscherbereich donnerte, den wir nicht einsehen konnten. Wir sahen die Lawine erst wieder, als sie etwa 600 Meter tiefer in einer Mulde zum Stillstand kam. Es war eine gigantische Lawine, die klein begonnen, aber sich wie ein umgedrehtes „V“ enorm ausgebreitet hatte. Martin hatte wahnsinnig viel Glück. Unter Umständen hat ihm das Leben gerettet, dass er sofort seinen Rucksack abgestreift und seine Stöcke weggeschmissen hatte. Er kam auf der Lawine liegend unten an. Sein zweites Glück war, dass er relativ geringe Verletzungen hatte. Obwohl er natürlich eine Kopfverletzung hatte, keine offene, sondern ein Hämatom. Er lag zunächst sieben Stunden lang bewusstlos auf dem Schnee, dann wachte er auf. Er riss sich zusammen und rettete sich trotz eines Kreuz- und Innenbandrisses am Knie nach Lager 3. Alles in allem ist es ein kleines Wunder, dass er überlebt hat.   

Wurde er von den Schneemassen wirklich die gesamten 600 Meter heruntergespült?

Ja, Martin lag im Lawinenkegel auf dem Schnee. Er wusste erst gar nicht, wo er war und was geschehen war. Dann kehrte aber die Erinnerung zurück. Er hat sogar noch nach Basti und Andrea gesucht, sie aber nicht gefunden.

Ueli und du, ihr habt stundenlang vergeblich versucht, in die Lawinenzone zu gelangen. War eine Bergung der beiden Verschütteten unmöglich?

Den Weg der Lawine hinunter konnten wir nicht, das war zu steil und zu gefährlich. Meine Idee war, bis auf 7300 Meter abzusteigen und von dort aus mit den Skiern in den Lawinenhang zu queren. Ueli war aufgrund der Lawinengefahr zu Recht skeptisch. Wir haben es probiert, aber es hat überall gekracht, die Hänge waren dermaßen geladen. In diesem Augenblick war mir klar, dass ich zurück muss. Ich habe gedacht: Ich habe zwei kleine Söhne, und es ist niemandem geholfen, wenn ich auch noch mein Leben riskiere. Die Chancen, jemanden noch lebend zu bergen, waren sehr, sehr gering. Wir hatten etwa 45 Minuten für den Abstieg nach Lager drei gebraucht und wären bis zum Lawinenkegel sicher noch einmal eine Stunde unterwegs gewesen. Eindreiviertel Stunden, viel zu lang für jemanden, der unter einer Schneedecke liegt, die dicht zusammengepresst ist wie Beton. Abgesehen davon hatten wir gar keine Schaufeln zum Graben. Wir sind noch einmal 100 Meter aufgestiegen und haben versucht, dort hinüberzukommen. Aber das Risiko war einfach zu groß. Es wäre nicht unmöglich, aber sehr, sehr gefährlich gewesen. Auch die Sherpas, die aufgestiegen waren, um uns zu helfen, haben sofort gesagt, dass sie dort nicht hinübergehen.

Auf dem Gasherbrum II, ihrem ersten Achttausender

2006 auf dem Gasherbrum II, ihrem ersten Achttausender

Bei eurem ersten Gipfelversuch wart ihr etwas unterhalb der Unglücksstelle wegen der großen Lawinengefahr umgekehrt. Habt ihr auch diesmal diskutiert, ob ihr weitergehen sollt oder nicht?

Beim ersten Versuch war nicht die Lawinengefahr der Hauptgrund, warum wir umkehrten. Wir hatten schon das Gefühl, dass wir das Risiko kontrollieren konnten, wenn wir am Grat blieben. Aber wir hatten am 18. September einfach keine Power mehr. Der Schnee auf dem Grat lag so hoch, dass wir bis zur Brust einsanken.

Ihr habt schon vor diesem zweiten Gipfelversuch gesagt, das sei definitiv euer letzter. Habt ihr euch damit nicht selbst unter zu großen Druck gesetzt?

Schwer zu sagen. Druck ist auch wichtig. Wenn man nicht bis in jede Haarspitze motiviert ist, solche Projekte an den Achttausendern zu machen, dann schafft man es auch nicht. Du brauchst diesen Druck, der dich anschiebt und dir sagt, jetzt legst du alles in diesen Versuch. Aber natürlich musst du auch einen klaren Kopf behalten. Dass wir dazu in der Lage sind, haben wir zum Beispiel 2012 am Broad Peak bewiesen, als wir 20 Höhenmeter vor dem Hauptgipfel umkehrten, weil es zu gefährlich war. 

Ueli und du hattet viel Glück.

Auf jeden Fall. Ich war ja schon in Bastis Spur, habe dann aber instinktiv umgedreht und bin ein paar Schritte aus dem Hang herausgegangen.

Nach dem Unglück hat Reinhold Messner euch in einem Interview vorgeworfen, euer Projekt als Rekordversuch verkauft zu haben. Ziehst du dir diesen Schuh an?

Nein. Ich habe mich immer von dem Wort „Rekord“ im Zusammenhang mit dem, was ich in den Bergen mache, distanziert. Rekorde machen auf einer 100-Meter-Bahn Sinn, aber nicht an einem Achttausender, der heute so und morgen ganz anders sein kann. Für mich ging es immer darum, mich schnell am Berg zu bewegen, um sicherer zu sein, nicht um Rekorde zu brechen. Wir haben im Zusammenhang mit unserem Projekt „Double8“ nie von Rekord oder Weltrekord gesprochen. Das habe ich hier nach meiner Rückkehr zum ersten Mal gehört. Es ist nervig. Aber man kann es den Medien auch nicht übel nehmen, dass sie es so verkaufen. Wenn über dem Artikel „Weltrekord“ steht, klicken wahrscheinlich acht von zehn Usern, bei „Double8“ vielleicht einer.

Beste Freunde: Basti (l.) und Bene

Beste Freunde: Basti (l.) und Bene

2012 am Manaslu seid ihr, Sebastian und du, schon einmal knapp einem Lawinenunglück entkommen. Damals starben 11 Bergsteiger. Jetzt hast du in der Lawine an der Shishapangma Basti, deinen besten Freund und Bergpartner, verloren. Was bedeutet das für deine Zukunft als Bergprofi?

Das kann ich noch gar nicht abschätzen. So ein Partner wie Basti ist nicht ersetzbar. In solchen Grenzbereichen brauchst du jemanden, auf den du dich blind verlassen kannst, den du in- und auswendig kennst, der dieselben Werte vertritt und der genauso tickt wie du. Wir haben uns über alles Mögliche unterhalten, Politik, Kultur, Wirtschaft, was auch immer, nicht nur über irgendwelche Berggeschichten. Das war uns zu einseitig. Ich weiß noch nicht, wie es sich jetzt weiter entwickelt. Ich hatte ja sowieso schon versucht, mit den eher leichten Achttausendern Shishapangma und Cho Oyu die Gefahr etwas herauszunehmen. Basti wollte lieber zum Dhaulagiri. Aber ich habe zu ihm gesagt: Der ist zu gefährlich. Ich will nicht mehr so unkalkulierbare Steilwände fahren. Das habe ich früher gemacht, aber mit Familie ist das für mich passé.

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Steck: „Es war gespenstisch“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/steck-es-war-gespenstisch/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/steck-es-war-gespenstisch/#comments Sun, 05 Oct 2014 16:17:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27443 Ueli Steck

Ueli Steck

Ueli Steck hat den Nebel gelichtet, der sich um das Lawinenunglück vor anderthalb Wochen am Achttausender Shishapangma gebildet hatte. Benedikt Böhm und er hätten sich etwas höher am Hang aufgehalten, „als sich plötz​lich ein Schnee​brett lös​te und die drei Leute unter uns, Sebastian Haag, Andrea Zambaldi und Martin Maier, mit​riss“, sagt Ueli in einem Interview, das er in Kathmandu der Schweizer „Sonntagszeitung“ gab. „Das Schneebrett lös​te sich fast geräuschlos. Es war gespenstisch.“ Maier habe sich selbst aus dem Schnee befreien können. „Er hat kei​ne le​bens​be​droh​li​chen Ver​let​zun​gen davongetragen. Er kam ja selber vom Berg run​ter und kämpf​te sich zu den Hel​fern vor. Jetzt ist er in Deutschland.“

Alle Versuche, den Lawinenkegel zu betreten, um möglicherweise nach den verschütteten Haag und Zambaldi zu suchen, seien erfolglos gewesen. „Es war zu riskant. Wir hät​ten neue La​wi​nen aus​ge​löst“, sagte Steck. „So mussten wir schließlich absteigen. In der Ver​zweif​lung darf man kei​nen Feh​ler ma​chen und damit womöglich an​de​re Leu​te in Ge​fahr brin​gen.“ 

Keine Harakiri-Aktion

Deshalb – so der Schweizer, der gestern 38 Jahre alt wurde – mache es auch keinen Sinn, zu versuchen, die beiden Leichen aus über 7500 Metern Höhe zu bergen. „Das wä​re nur ei​ne zu große Ge​fahr für das Suchteam. Lei​der ist das so.“ Ueli wurde auch gefragt, ob er denke, dass er eine Mitschuld am Tod von Basti Haag und Andrea Zambaldi trage. „Je​der der fünf Berg​stei​ger konn​te sel​ber ent​schei​den, ob er mitmacht. Kei​ner ist für den an​de​ren ver​ant​wort​lich“, antwortete Steck. „Wir wa​ren al​le dort, weil wir dort sein woll​ten. Es hät​te auch mich tref​fen kön​nen.“ Ausdrücklich nimmt Ueli die beiden deutschen Skibergsteiger Böhm und Haag in Schutz, die sich das Projekt Double8 – Speedbesteigung und Skiabfahrt an den Achttausendern Shishapangma und Cho Oyu, dazwischen mit dem Mountainbike von Basislager zu Basislager – ausgedacht hatten: „Es war si​cher kei​ne Ha​ra​ki​ri-Ak​ti​on. Da stan​den kei​ne ex​trem gefährlichen Wän​de im Weg. In​so​fern nen​ne ich es ein reizvol​les, an​ste​cken​des Proj​ekt. Auch wenn es jetzt sehr trau​rig her​aus​ge​kom​men ist.“

Auf seiner Homepage spricht Benedikt Böhm der Familie seines besten Freundes, Basti Haag, sein Mitgefühl aus – und erinnert sich an die Minuten vor dem Unglück: „Kurz bevor eine Lawine Sebastian Haag und Andrea Zambaldi aus dem Leben riss, erstrahlte der Gipfel der Shishapangma in der aufgehenden Morgensonne. Ein Moment des Glücks. Einer der vielen, die Basti und ich gemeinsam erleben durften.“

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