Österreich – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Muh! Ein Plädoyer für die Kuh https://blogs.dw.com/abenteuersport/muh-ein-plaedoyer-fuer-die-kuh/ Tue, 19 Aug 2014 15:34:40 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27161 Aug' in Aug'

Aug‘ in Aug‘

Kühe habe ein Imageproblem. Jedenfalls derzeit hier in Österreich. Dieser Tage war es dem „Hitradio Ö 3“ die Aufmacher-Meldung wert, dass ein 77 Jahre alter Wanderer in den Bergen von einer Kuhherde angegriffen und schwer verletzt worden sei. Einfach so, aus heiterem Himmel. Der Senior habe sich nicht einmal auffällig verhalten. Er sei auch nicht von einem Hund begleitet worden, den die Kühe vielleicht als Bedrohung hätten empfinden können. Genau das war offenbar Ende Juli im Stubaital einer 45 Jahre alten deutschen Urlauberin zum Verhängnis geworden. Sie hatte den Angriff einer Kuhherde nicht überlebt. Seitdem wird in den Alpen darüber diskutiert, ob die Kuh den alpinen Gefahren zugerechnet werden muss. Sogar von „Killer-Kühen“ ist die Rede. „Kuhflüsterer“ verweisen darauf, dass mit dem Einzug der Elektronik in die Landwirtschaft die persönliche Beziehung zwischen Bauer und Viech abhanden gekommen sei und deshalb manche Kuh den Menschen nicht mehr wie früher als Freund und Helfer, sondern als Bedrohung empfinde. Wahrscheinlich schreiben bereits die ersten Drehbuch-Autoren in Hollywood (oder im Wienerwald) am neuen Film-Schocker „Planet der Kühe“. Da können sie dann auch gleich mit einarbeiten, dass die Kühe mit ihrem Methan-Gefurze und -Gerülpse den Klimawandel befeuern. 

Ein Stück Bergkultur

Frisch gekalbt

Frisch gekalbt

Schluss, Ende, Muh! Die Kuh muss verteidigt werden. Und wenn ich mich zu ihrem Anwalt mache! Die Alpen ohne Kühe sind für mich nicht vorstellbar, der Himalaya ohne Yaks übrigens auch nicht. Seitdem ich in den Bergen unterwegs bin, also von Kindesbeinen an, gehören die Begegnungen mit den Rindviechern ebenso dazu wie das Geläut ihrer Glocken, von Milch und Bergkäse ganz zu schweigen. Kühe sind Bergkultur. Zugegeben, ein einziges Mal habe ich es auch mit der Angst bekommen und mein Tempo spürbar erhöht. Aber das war auch nicht auf einer gewöhnlichen Kuhweide, sondern einer Stieralpe. An deren Gatter stand ein Schild „Durchgang auf eigene Gefahr“, und oben am Hang scharrte ein mächtiger Bulle mit den Hufen, als wäre ich der kleine Torero und mein Rucksack das rote Tuch in der Arena. Ich suchte das Weite und fand es hinter dem Zaun.

Zunge raus!

Molly

Molly

Gestern haben wir auf dem Bauernhof, auf dem wir seit vielen Jahren regelmäßig Urlaub machen, die Geburt eines Kälbchens miterlebt. Verblüffend: Erst erblicken die beiden Vorderhufe das Licht der Welt, dann aber schon steckt das Neugeborene die Zunge heraus – so als wollte es erst einmal schmecken, worauf es sich auf dieser merkwürdigen Welt einlässt. Es folgt die Schnauze und schwupps, rutscht das ganze, kleine Rindvieh heraus. Mutter Kuh beginnt nun, Baby-Kuh abzuschlecken, dass es sich – im wahrsten Sinne des Wortes – gewaschen hat. Heute steht Molly (wie ich die kleine Kuh für mich getauft habe) schon wacklig im Stall. Und im nächsten Jahr kann ich sie dann hoffentlich auf der Hochalm besuchen. Und dass mir bloß niemand einen Zaun um sie herum baut!

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Zahlen, die nachdenklich machen sollten https://blogs.dw.com/abenteuersport/zahlen-die-nachdenklich-machen-sollten/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/zahlen-die-nachdenklich-machen-sollten/#comments Sun, 06 May 2012 18:16:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14325

Bergsport liegt im Trend

Nicht umsonst gilt Bergsport als Risikosport. Immer wieder sind nicht nur Verletzte, sondern auch Tote zu beklagen. Wie jetzt in Japan. Ein Wettersturz kostete in den japanischen Alpen (die nennt man wirklich so) auf der Insel Honshu mindestens acht Bergsteigern das Leben. Nach japanischen Presseberichten starben die Wanderer im Seniorenalter an Unterkühlung. Sie waren bei schönem Wetter aufgebrochen, wurde dann aber von einem Sturm mit heftigem Regen überrascht. Viele Japaner nutzen traditionell Anfang Mai die so genannte „Goldene Woche“ mit einer Serie von Feiertagen zu ersten Bergwanderungen. – Auch in den europäischen Alpen ist Wandern und Bergsteigen Trendsport. Die Kehrseite der Medaille: Mehr Tote und Verletzte als früher.

Mehr Bergtote in der Schweiz und Österreich

Nach Angaben des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) kamen 2011 in den Schweizer Alpen und im Jura 217 Menschen ums Leben, 44 mehr als im Vorjahr. Auch wenn ich mich damit schwer tue, Menschenleben in Prozentzahlen umzurechnen,  ist das ein Zuwachs von 25 Prozent. Beim „klassischen Bergsport“ –  per Definition des SAC Wandern, Bergsteigen und Klettern –  waren 151 Tote zu beklagen, 27 mehr als im Vorjahr (plus 22 Prozent). Die meisten Opfer (40 Prozent) kamen aus Deutschland. Auch in Österreich schlagen die Rettungskräfte Alarm. 163 Bergtote zählte das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) im Jahr 2011, 26 mehr als im Vorjahr (plus 19 Prozent).

Zu schlapp, mit Neigung zur Selbstüberschätzung

Lockende Berge

„Selbstüberschätzung und mangelnde körperliche Fitness sind einmal mehr die Hauptgründe für Unfälle“, sagte KfV-Chef Othmar Thann – und liegt damit auch auf der Linie des Deutschen Alpenvereins, der schon 2010 feststellte, „dass eine typische Ursachenkombination für Notfälle in den Bergen auf dem Vormarsch ist – mangelhafte Kondition, mangelndes Wissen und Selbstüberschätzung. An der Ausrüstung mangelt es hingegen nicht.“ Es hat sich also offenbar in den Bergen weitestgehend „ausgesandalt“.

Die Zahlen der deutschen Bergretter für das vergangene Jahr werden derzeit noch zusammengetragen. Doch erste Meldungen aus einzelnen Bezirken deuten darauf hin, dass auch hierzulande mehr Menschen ihr Leben in den Bergen verloren haben. So wurden in den Allgäuer Alpen 22 Todesfälle verzeichnet, zehn mehr als 2010. Fast eine Verdopplung.

Ich halte nichts davon, den moralischen Zeigefinger zu heben. Aber vielleicht sollten diese Zahlen doch den einen oder anderen zum Nachdenken animieren, ob er in den Bergen seiner Eigenverantwortung gerecht wird. Schließlich gefährdet er unter Umständen nicht nur fahrlässig sein eigenes Leben, sondern auch das der Bergretter.

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Herbert Wolf, der bergsteigende Polizist https://blogs.dw.com/abenteuersport/herbert-wolf-der-bergsteigende-polizist/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/herbert-wolf-der-bergsteigende-polizist/#comments Fri, 23 Sep 2011 14:36:51 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10209 Porträt Herbert Wolf vor Berg in Peru

Expeditionsleiter Herbert Wolf

Eine Polizeieinheit namens Cobra? Da denken die meisten wohl an eine Fernsehserie: die älteren Zuschauer an „Kobra, übernehmen Sie!“ aus den 1960er Jahren, die jüngeren an die Autobahn-Cops von „Alarm für Cobra 11“. In Österreich jedoch ist Cobra nicht Polizei-Fiktion, sondern Realität. Der Name steht für eine etwa 450 Mann starke Anti-Terroreinheit, vergleichbar mit der GSG 9 der Bundespolizei in Deutschland. „Ich habe dort eine intensive Freundschaft zwischen Kollegen erlebt, wie ich sie vorher nicht gekannt habe“, sagt Herbert Wolf. „Die drei Jahre möchte ich nicht missen.“ Doch das Kapitel Cobra ist abgeschlossen. Aus dem Verbrecherjäger ist ein Bergsammler geworden. Herbert leitet unsere Expedition zum Siebentausender Putha Hiunchuli, die heute in einer Woche beginnt.

Fast nie zu Hause

„Irgendwann ließ sich das intensive Bergsteigen nicht mehr mit der Arbeit in der Spezialeinheit verbinden“, erzählt der 44-Jährige. Er wechselte zur Alpin-Polizei nach Bad Ischl im Salzkammergut. Dort widmet sich Herbert nun allen Arten von Unfällen in den Bergen, ob beim Skifahren, Wandern, Klettern oder Mountainbiken. „Es könnte ja auch Fremdverschulden vorliegen.“ Wenn er als Bergführer in den Himalaya, den Karakorum, nach Patagonien oder sonst eine Bergregion reisen will, stellt ihn sein Arbeitgeber frei.

Herbert hat seit sieben Jahren „eine ganz liebe Freundin. Die hat mich kennen gelernt, wie ich bin: fast nie zu Hause, immer auf den Bergen unterwegs, dazwischen mein Job als Polizist. Sie zeigt dafür sehr viel Verständnis, und darüber bin ich froh.“ Herbert hat aus erster Ehe einen 24 Jahre alten Sohn, seine Freundin eine 17-jährige Tochter.

Optimale Gipfelchance für jeden

Herbert Wolf zieht am Ortler das Seil ein

Herbert am Ortler

Die Erfahrungen als Polizist helfen Herbert auch bei seiner Arbeit als Expeditionsleiter: „Ich habe in meinem Job mit unterschiedlichsten Charakteren zu tun. Da kriegt man mit der Zeit ein Gefühl, wie man mit Menschen in schwierigen Situationen umgeht.“ In erster Linie will der Bergführer alle Teilnehmer wieder gesund nach Hause bringen, „aber der Erfolg ist natürlich noch größer, wenn der eine oder andere von uns am Gipfel stand.“

Ein Expeditionsleiter bewegt sich auf einem schmalen Grat. Die Mannschaft ist ein bunt zusammen gewürfelter Haufen Bergbegeisterter. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten auch fast schon auf. Einige Bergsteiger haben mehr Erfahrung in großer Höhe als andere. Auch das Leistungsvermögen schwankt. „Es wird sicherlich nicht einfach für mich, für jeden die richtige Taktik anzulegen“, ahnt Herbert. „Aber das ist die Herausforderung, jedem die optimale Gipfelchance zu geben.“

Herberts Expeditionsbilanz bei einem guten Kaffee

Keinen Traumberg

Der Österreicher hat bereits vier Achttausender bestiegen: die Shishapangma (2000), den Cho Oyu (1998 und 2006), den Nanga Parbat (2004) – und auch den Mount Everest (2007). Herbert führte einen Kunden auf den höchsten Berg der Erde. Beide benutzten ab einer Höhe von 8000 Metern Atemmasken.

Auch nach dem Mount Everest auf dem Boden geblieben

Einen Traumberg habe er nicht, sagt der bergsteigende Polizist aus dem Salzkammergut. „Jeder Berg hat seinen Reiz, seine eigene Charakteristik. Es muss nicht immer ein Achttausender sein.“ Herbert schätzt an den Bergen auch die Stille, die Möglichkeit, mit sich selbst ins Gespräch zu kommen. Unter Umständen muss ein Expeditionsleiter aber auch einmal laut werden. Schließlich trägt er die Verantwortung für die Sicherheit der Teilnehmer. „Das letzte Wort habe ich“, versichert Herbert, schränkt aber gleich ein: „Seit 2004 bin ich für Amical alpin als Bergführer auf Expeditionen und Trekkings unterwegs. Das letzte Wort habe ich Gott sei Dank aber noch nie gebrauchen müssen.“

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Schilda in Österreich https://blogs.dw.com/abenteuersport/schilda-in-osterreich/ Thu, 14 Jul 2011 11:29:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/07/14/schilda-in-osterreich/ Bill Gates kauft den Mount Everest und tauft ihn in Windows 8000 um. Quatsch! Noch jedenfalls. Aber vielleicht nimmt sich das chronisch arme Nepal ja ein Beispiel an Österreich. Dort waren nämlich zwei Berge zum Verkauf ausgeschrieben: der Große Kinigat (2690 Meter) und der Roßkopf (2600 Meter) in Osttirol. Beide Gipfel nahe der 840-Seelen-Gemeinde Kartitsch gehörten der österreichischen Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Und die wollte sie verscherbeln, einzeln oder im Paket, zum Mindestkaufpreis von 121.000 Euro für eine Gesamtfläche von 1.214.483 Quadratmeter. Für jemandem mit einer gut gefüllten Geldbörse „Peanuts“.


Große Kinigat

Ashampoo I und II

Schnell meldeten sich auch rund 20 Interessenten. Mit dabei das deutsche Unternehmen Ashampoo aus Oldenburg, das kein Haarwaschmittel für den Allerwertesten, sondern Computer-Software verkauft. Die „Piefkes“ (wie die Österreicher die Deutschen gerne nennen) kündigten an, die beiden Berge nach dem Erwerb in „Ashampoo I“ und „Ashampoo II“ umzubenennen. Spätestens da klingelten in der Alpenrepublik die Alarmglocken. Der Widerstand formierte sich – bis hinauf zum österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer, der sich vehement gegen einen Ausverkauf der Bergwelt aussprach.
Jetzt haben die Österreicher eine Lösung gefunden. Die BIG verkauft den Großen Kinigat und den Rosskopf an die Bundesforste. Die Berge bleiben also gewissermaßen in der Familie. Der Staat ist Verkäufer und Käufer zugleich. Schilda lässt grüßen.

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