Otegui – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Zwei wie Jean und John https://blogs.dw.com/abenteuersport/zwei-wie-jean-und-john/ Wed, 07 Nov 2012 15:45:44 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=17915

Josune in Aktion

Zahlen können verwirren. Besonders wenn es um Schwierigkeitsgrade von Kletterrouten geht. Eine 9 a (französische Skala) entspricht in etwa einer 5.14 d (US-Skala) oder einer glatten 11 (Skala des Weltverbands der Alpinisten UIAA). Wie auch immer: Für die allermeisten ist eine solche Route nicht kletterbar. Josune Bereziartu war 2002 die erste Frau, die eine 9 a meisterte: in einer senkrechten, ziemlich glatten, fast grifflosen Felswand in Saint Loup in der Schweiz. „Das war wirklich eine sehr extreme Kletterei, in allen Bereichen am Limit“, erzählt mir die Baskin beim IMS in Brixen. Technik, Kraft und Psyche, alles habe optimal zusammenpassen müssen. „Wenn du zu viel Kraft investiert hast, bist du gestürzt. Wie bei einem Ferrari, den du in der Kurve zu schnell fährst.“ Erst 2011 gelang es der US-Amerikanerin Sasha DiGiulian als zweiter Frau, eine vergleichbar schwere Route zu klettern. 

Josune Bereziartu: Klettern am Limit

Emotionales Klettern 

Josune Bereziartu und Rikar Otegui

Dem Sportklettern kann Josune heute nicht mehr ganz so viel abgewinnen wie vor zehn Jahren. Heute bevorzugt die 40-Jährige alpine Klettertouren, gemeinsam mit ihrem Ehemann Rikar Otegui. „Sportklettern ist eher egoistisch“, findet Josune. „Erfolg oder Scheitern betrifft nur dich. Du hast zwar einen Partner, der dich sichert und vielleicht anfeuert, aber wenn es darauf ankommt, bist du allein.“ In einer großen Wand seien beide im Team gleichermaßen gefordert. „Das ist viel lebendiger. Emotionales Klettern.“ 

Josune: Abenteuer ist …

Ganz eng beieinander 

Ricar zählt zu den besten Kletterern Spaniens

Nebenwirkungen sind dabei nicht ausgeschlossen. Schließlich betreiben die beiden eine Risikosportart, und das auf einem gefährlich hohen Niveau. „Das sind zwei Seiten einer Medaille“, findet Josune. Einerseits verstünden sie sich beim Klettern ohne Worte. Ein Blick reiche, um zu wissen, was der andere denke. „Das Vertrauen ist wirklich sehr groß. Aber die Krux ist, dass der wichtigste Mensch in meinem Leben auch abstürzen und ich ihn möglicherweise sogar verlieren könnte.“ Auch Ricar verweist auf das fast blinde Verständnis mit seiner Frau beim Klettern. Konkurrenz am Fels gebe es zwischen ihnen nicht. „Unsere Charaktere ergänzen sich“, sagt Ricar. „Sie ist eher hektisch, voller Leidenschaft. Ich dagegen bin scheuer und ruhig. Wir sind wie ‚Jean und John’, ganz eng beieinander.“ 

Josune und Ricar über das Klettern als Paar

Kurze Wege 

Das Extreme höre aber nach dem Abseilen auf, versichert der Baske. Dann führten die beiden ein ganz normales Leben als Paar. „Wir sitzen auch mal vor dem Fernseher und schauen uns alte Filme an.“ Nachwuchs sei für sie derzeit kein Thema, sagt Josune und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Wir haben noch nicht den Ruf der Natur vernommen: Hey, ihr braucht Kinder!“ Josune und Ricar leben in San Sebastian, mit direktem Blick auf den Atlantik. Die Meeresfelsen zum Klettern liegen quasi vor der Haustür und auch zu den Felswänden in den Pyrenäen sind die Wege kurz. Beide sind noch nicht im Himalaya oder Karakorum geklettert. „Aber es ist unser Traum, diese hohen Berge zu besuchen“, sagt Ricar. „Und irgendwann werden wir ihn auch verwirklichen.“

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Mit und ohne Seil verbunden https://blogs.dw.com/abenteuersport/mit-und-ohne-seil-verbunden/ Tue, 23 Oct 2012 06:20:49 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=17559

Stoanamandl

Wieder draußen, wieder ein traumhaft schöner Tag in Südtirol. Diesmal führt der IMS-Walk über die Höhen des Valser Tals zum „Stoanamandel“ auf 2118 Metern, einem Platz mit Gipfelkreuz, Steintürmchen und Dolomitenpanorama. Die Gruppe ist deutlich kleiner als gestern, diesmal hat ein Bus ausgereicht, um alle zum Ausgangspunkt der Wanderung zu chauffieren. Mit von der Partie sind drei Zweier-Seilschaften der besonderen Art.

 

Blindes Verständnis

Josune Bereziartu und Ricar Otegui

Die Baskin Josune Bereziartu war 2011 die erste Frau, die weltweit eine Route im Schwierigkeitsgrad 9 a kletterte. Ich spüre geradezu die Fragezeichen in euren Gesichtern und versuche deshalb, Josunes Leistung einzuordnen: Wäre sie eine Sprinterin in der Leichtathletik, hätte sie damit wohl das 100-Meter-Finale der Männer erreicht und gute Chancen auf eine Medaille.

Seit vielen Jahren bildet Josune eine Seilschaft mit ihrem Ehemann Ricar Otegui. „Blindes Verständnis, hohes Vertrauen“ zeichneten ihre gemeinsamen Touren aus, sagt die 40-Jährige. „Auf der anderen Seite weißt du, dass du den Menschen, der dir am meisten bedeutet, beim Klettern auch verlieren könntest.“ Das empfindet auch Ricar so, legt aber Wert darauf, abseits der Felswände mit Josune „ein ganz normales Eheleben“ zu führen.

Tiefe Momente des Glücks

Tanja Schmitt und Matthias Scherer

Auf extreme Weise gemeinsam unterwegs sind auch Tanja Schmitt und Matthias Scherer. Die beiden Deutschen gehören zur Weltelite der Eiskletterer. „Bewegung und Herausforderung sind zentrale Themen in unserem Leben“, sagt Tanja über die gemeinsamen Touren in senkrechten oder überhängenden gefrorenen Wasserfällen. Die Gefahr klettert mit. Im November 2011 überlebte die 35-Jährige mit viel Glück einen schweren Sturz aus 30 Meter Höhe. Auch bei Matthias saß der Schrecken tief. „Diese Angst um den Partner ist immer da“, räumt der 38-Jährige ein. ,,Aber es macht das Leben so wertvoll, dann auch wieder diese tiefen Momente des Glücks gemeinsam genießen zu können.“

Gemeinsam mit dem Vater

Marco (l.) und Hervé Barmasse

Hervé Barmasse ist nicht verheiratet. Noch nicht. „Vielleicht im nächsten Jahr“, sagt der Italiener aus dem Aostatal und schmunzelt. 2011 bewies der 34-Jährige mit einer beeindruckenden Trilogie, dass es selbst an den klassischen Bergen der Alpen noch möglich ist, Neuland zu betreten. Zunächst eröffnete Hervé im Alleingang eine neue schwere Route durch die Südwand des Matterhorns. Anschließend glückte ihm mit zwei baskischen Freunden am Mont Blanc eine Erstbegehung des Broillard-Pfeilers. Und schließlich durchkletterte Hervé noch mit seinem 63 Jahre alten Vater Marco Barmasse eine neue Route am Monte Rosa. „Das war eine besonders emotionale Tour“, schwärmt Hervé. „Mein Vater war immer ein Vorbild für mich.“

P.S. Ich sage nun „Adieu International Mountain Summit, adieu Brixen!“. Ausführliche Berichte über Hervé und die beiden kletternden Ehepaare findet ihr bald hier im Blog.

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