Roberts – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Putha Hiunchuli, ein (relativ) exklusiver Berg https://blogs.dw.com/abenteuersport/putha-hiunchuli-ein-relativ-exklusiver-berg/ Thu, 21 Jul 2011 15:58:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/07/21/putha-hiunchuli-ein-relativ-exklusiver-berg/

Dhaulagiri-Massiv mit Putha Hiunchuli (ganz rechts)

Gespräche mit meinen Freunden, Verwandten und Bekannten laufen derzeit häufig nach folgendem Muster ab: „Welchen Berg willst du im Herbst besteigen?“ „Den Putha Hiunchuli in Nepal!“ Ratloser Blick. „Putha wer?“ Ich versuche es auf anderem Weg: „Hast du schon mal etwas vom Dhaulagiri gehört?“ „Mmh, ja, schon.“ Soll heißen: Mann, soll ich mir jetzt auch noch die Namen aller verfluchten Berge merken? Ich gehe darüber hinweg: „Der Putha Hiunchuli liegt im gleichen Massiv wie dieser Achttausender und wird deshalb auch Dhaulagiri VII genannt.“ Mein Gegenüber gibt endgültig auf: „Ach so!“ Keine Frage, es besteht Aufklärungsbedarf.

Hell oder Hintern?

Fangen wir mit dem Namen an. Hiunchuli bedeutet „Gipfel des schneebedeckten Bergs“ (him = schneebedeckter Berg, chuli = Gipfel). Noch immer habe ich das Rätsel „Putha“ nicht vollends lösen können. Immerhin aber habe ich eine Spur. Das Wort könnte aus dem Sanskrit stammen. Für „Puta“ gibt es in dieser Sprache viele Übersetzungen. Wäre es ein Adjektiv, könnte es „hell“ oder „glänzend“ bedeuten, was bei einem schneebedeckten Berg nicht abwegig erscheint. Als Substantiv käme die Bedeutung „Hinterteil“ in Frage, im Sinne von hinten gelegen.

Ausgezeichnete Alternative

Der Putha Hiunchuli ist nämlich der am weitesten westlich gelegene Berg des Dhaulagiri-Massivs – und der zuerst bestiegene. Am 11. November 1954 erreichten Jimmy Roberts und der Sherpa Ang Nyima den 7246 Meter hohen Gipfel. Eigentlich wollten sie den Dhaulagiri II besteigen, der ihnen dann aber zu schwer erschien. „Dann sah ich den Putha Hiunchuli, eine ausgezeichnete Alternative“, schrieb Roberts. „Ab einer Höhe von 21.000 Fuß (=6400 Meter) führt die Nordost-Wand, eine riesige, nur allmählich ansteigende Schnee- und Eisplatte, zum Gipfel auf 23750 Fuß.“ Über diese Flanke stiegen die beiden dann auch zum höchsten Punkt.

Lawinenunglück

Erst 18 Jahre später, im Frühjahr 1972, gelang einer japanischen Expedition die zweite Besteigung, diesmal über eine Route durch die Südwand und über den Südgrat. Ein Jahr später waren die ersten und bis heute einzigen Toten am Putha Hiunchuli zu beklagen. Am 12. Oktober 1973 wurde das auf 6400 Meter errichtete Lager einer japanischen Expedition, die über den Nordostgrat aufsteigen wollte, von einer Lawine verschüttet. Die beiden Japaner Mitsuo Deguchi und Samu Mizutani sowie der Leiter der Sherpas, Ang Nima, kamen ums Leben. Ihre Leichen wurden nicht gefunden.


Die Nordostflanke des Putha Hiunchuli

Seit 1996 wieder von Norden aus

1978 war der Berg erstmals Ziel einer kommerziellen Expedition: Eine große Gruppe des Deutschen Alpenvereins ging den Putha Hiunchuli von der Südseite an. 17 Bergsteiger und drei Sherpas erreichten den Gipfel. Die folgenden Expeditionen wählten allesamt den Weg über die Südroute. Erst 1996 wurde der Berg wieder auf dem Weg der Erstbesteiger, also über die Nordost-Flanke, bestiegen (seitdem fast immer). Damals gelang auch die erste Skiabfahrt vom Gipfel.

164 Besteigungen

Der Putha Hiunchuli ist bisher ein relativ exklusiver Berg geblieben. Das liegt nicht zuletzt an seiner Lage abseits der Touristenströme: im Dolpo, dem höchsten ständig bewohnten Gebiet Nepals. Um das Basislager am Fuße des Siebentausenders zu erreichen, bedarf es schon einer kleinen Expedition: Zwei Inlandsflüge und sechs Tage Trekking sind nötig. Bis heute (Stand Juni 2011) wurde der Putha Hiunchuli „erst“ 164 Mal bestiegen. Zum Vergleich: Der Gipfel des Mount Everest ist schon über 5000 Mal erreicht worden.

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Jimmy Roberts, Vater des Trekkings in Nepal https://blogs.dw.com/abenteuersport/jimmy-roberts-vater-des-trekkings-in-nepal/ Sat, 11 Jun 2011 17:41:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/06/11/jimmy-roberts-vater-des-trekkings-in-nepal/

Im Gipfelhang des Putha Hiunchuli

„Die Gipfelkuppe war deutlich steiler als die unteren Hänge, aber ohne wirkliche technische Schwierigkeiten“, schrieb James Owen Merion, genannt „Jimmy“ Roberts. Der Engländer bestieg gemeinsam mit dem Sherpa Ang Nyima am 11. November 1954 erstmals den Putha Hiunchuli – jenen 7246 Meter hohen Berg in Nepal, an dem auch ich mich im Rahmen einer kommerziellen Expedition im Herbst versuchen will. Am Gipfel genoss Roberts die Aussicht: „Um 13.13 Uhr, vier Stunden nachdem wir das oberste Lager verlassen hatten, schauten wir voller Dankbarkeit auf im Süden gelegene Meer grüner Hügel, Täler und das Land, das wir sechs Wochen zuvor durchquert hatten.“

Als Soldat in den Bergen

Auch wenn er nie höher stieg als an jenem Novembertag 1954, war Jimmy Roberts einer der Pioniere des Himalaya-Bergsteigens. 1916 geboren, verbrachte Roberts seine Kindheit als Sohn eines Schulleiters in Indien. Später schlug er eine militärische Laufbahn ein. Roberts wurde mehrfach für seinen Mut ausgezeichnet. Als Offizier in Ghurka-Bataillonen verschlug es ihn häufig in die Berge des Himalaya, nach Indien oder Burma. Das kam seiner Leidenschaft für das Bergsteigen entgegen.

Everest-Chance ausgeschlagen

Nachdem Jimmy Roberts in Großbritannien, den Alpen und Norwegen geklettert war, versuchte er sich 1938 erfolglos am Fast-Achttausender Masherbrum in Pakistan. 1946 erkundete Roberts das im Osten des Karakorum gelegene Massiv um den Siebentausender Saser Kangri.
Er gehörte auch zum engeren Kreis der Kandidaten für die britische Everest-Expedition 1953, wurde aber nicht ausgewählt. Er organisierte lediglich den Transport der Sauerstoff-Flaschen von Kathmandu ins Basislager.
Später lud John Hunt, der Leiter der Expedition, Roberts ein, doch noch zum Team zu stoßen. Roberts lehnte ab. Er wollte lieber noch unberührte Gebirgsregionen Nepals erkunden. Am 20. Mai 1953, neun Tage bevor Edmund Hillary und Tenzing Norgay auf dem Gipfel des Mount Everest standen, bestieg Jimmy Roberts mit dem Sherpa Sen Tenzing erstmals den Sechstausender Mera Peak, heute ein beliebter Trekkinggipfel.

Lieber führen als geführt werden

Zu dieser Zeit hatte Roberts bereits seine Liebe zur Region um die weiter westlich gelegenen Achttausender Dhaulagiri, Annapurna und Manaslu entdeckt. 1950 hatte er an einer – wie er schrieb – „miserabel organisierten und schlecht geführten“ Expedition ins Annapurna-Massiv teilgenommen. Diese Erfahrung dürfte dazu geführt haben, dass Roberts anschließend selbst in die Rolle des Expeditionsleiters schlüpfte. Mit dem Putha Hiunchuli gelang ihm und Ang Nyima die erste Besteigung eines hohen Gipfels im Dhaulagiri-Massivs. Auf seinen Sherpa-Gefährten hielt Roberts große Stücke: „Unterhalb der Schneefallgrenzen ist er ein eigenwilliger Typ, den man kennen und verstehen muss. Am Berg aber, besonders unter schwierigen Bedingungen, verwandelt er sich zum geborenen Anführer.“


Putha Hiunchuli

Posthum geehrt

Später leitete Jimmy Roberts im Westen Nepals noch einige andere Expeditionen – mit wechselndem Erfolg. Nach dem Abschied aus der Armee gründete er 1964 „Mountain Travel Nepal“, die erste Trekkingagentur des Landes. Heute gibt es in Nepal mehrere hundert Agenturen. 1997 starb Jimmy Roberts im Alter von 81 Jahren in Pokhara. Wie er es sich gewünscht hatte, wurde seine Leiche dort verbrannt und die Asche in den Fluss Seti Khola gestreut. 2006 ehrte die nepalesische Regierung Roberts posthum mit dem „Sagarmatha National Award“ für seine Pionierrolle im Trekkingtourismus.
Zurück zum Putha Hiunchuli im November 1954. „Der Abstieg war eine einzige Freude“, schrieb Jimmy Roberts. Ich hoffe, ich kann das Ende Oktober auch sagen.

P.S. Ich habe leider bisher noch kein rechtefreies Bild von Jimmy Roberts gefunden. Hier könnt ihr sehen, wie er im Alter aussah.

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Putha Hiunchuli https://blogs.dw.com/abenteuersport/putha-hiunchuli/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/putha-hiunchuli/#comments Fri, 20 May 2011 17:36:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/05/20/putha-hiunchuli/ Unsere Lehrer hatten unrecht. „Es gibt keine dummen Fragen“, war einer ihrer beliebtesten Sprüche. Das war allerdings vor Einführung des Privatfernsehens. Dort gibt es ja kaum eine Sendung, bei der die Zuschauer nicht dazu animiert werden, anzurufen und selbstverständlich ein nagelneues Auto der gehobenen Preisklasse zu gewinnen. Dafür müssen sie Fragen auf Nobelpreis-Niveau beantworten. Vorgestern etwa lief das stinklangweilige Europa-League-Finale zwischen Porto und Braga. Ich musste nicht lange auf das unvermeidliche Gewinnspiel warten. Als die Frage „Wer ist in diesem Jahr portugiesischer Meister geworden?“ eingeblendet wurde, war ich ein paar Sekunden lang verblüfft. Ein Rätsel für echte Fußball-Experten? Doch dann flimmerten die beiden Lösungsvorschläge über den Bildschirm: „A) FC Porto oder B) SC Versandkostenfrei?“ Diese Frage ist wirklich so dumm, dass sie schon fast wieder genial ist. Ich war versucht, für den SC Versandkostenfrei anzurufen.


Der Siebentausender Putha Hiunchuli

Nummer 92

Als ich euch das Rätsel stellte, welchen Berg ich im Herbst zu besteigen plane, dachte ich eigentlich, ich hätte euch – im Gegensatz zu den „Nobelpreis-Aufgaben“ im Privatfernsehen – eine harte Nuss gegeben, die ihr knacken müsstet. Doch schon der zweite Tipper, Thomas aus dem Erzgebirge, traf ins Schwarze: Putha Hiunchuli.
Der Berg in Nepal, zu dem ich mich mit einer kommerziellen Expedition des Veranstalter AMICAL alpin aufmache, misst immerhin 7246 Meter. Mit dieser Höhe wird er in der Liste der höchsten Gipfel der Welt mal auf Position 92, mal auf 95 geführt, also auf jeden Fall unter den Top 100. Abgesehen von seiner stattlichen Höhe gilt er als technisch leichter Berg, hat also meine Kragenweite. Ich bin gespannt, wie hoch ich gelange. Mein bisheriger Höhenrekord liegt bei knapp 6000 Metern.
Ein gutes Omen könnte der Tag der Erstbesteigung im Jahr 1954 sein: Der Brite James Owen Merion, genannt „Jimmy“ Roberts und Ang Nyima Sherpa erreichten den höchsten Punkt am 11.11. – für einen Kölner wie mich ein magisches Datum: Karnevalsanfang.


Kölner trainiert für „Karnevals“-Gipfel

Gipfel des schneebedeckten Bergs

Der Berg wird manchmal auch Dhaulagiri VII genannt, weil er der westlichste Gipfel des Massivs um den Achttausender ist. Aber was heißt „Putha Hiunchuli“ eigentlich übersetzt? Bei der Recherche im Internet wurde ich nicht fündig. Ich fragte meine nepalesischen Freunde Gowa und Mahesh. Hiunchuli, schrieben sie mir zurück, bedeute in Nepali „Gipfel des schneebedeckten Bergs“ (him=schneebedeckter Berg, chuli=Gipfel). Bei Putha waren auch die beiden ratlos. Wisst ihr es? Eine Frage für Experten.

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