Ruhetag – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Seilübung am Weltmeistertag https://blogs.dw.com/abenteuersport/seiluebung-am-weltmeistertag/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/seiluebung-am-weltmeistertag/#comments Mon, 14 Jul 2014 17:46:39 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26817 Ohne Worte

Ohne Worte

„Im Schlaf sind wir noch nie Weltmeister geworden“, stellt Jan beim Frühstück fest. Als sich die deutsche Fußballnationalmannschaft in Rio de Janeiro mit einem 1:0-Sieg nach Verlängerung gegen Argentinien den Weltmeistertitel holt, liegen wir noch sanft in Orpheus‘ Armen. Irgendwann gegen halb sechs Uhr früh werde ich einmal kurz wach und zwinge mich, auf mein Telefönchen zu sehen. Per SMS hat mich meine Familie über den Ausgang des Endspiels informiert. Mit einem seligen Weltmeisterlächeln im Gesicht drehe ich mich um und schlafe noch eine Runde. Die Euphorie über den WM-Titel hält sich in Grenzen. Irgendwie hat fast jeder damit gerechnet, dass Jogis Jungs nach der 7:1-Gala gegen Brasilien auch die Gauchos aus Argentinien besiegen. „Die Deutschen haben es verdient – so oft, wie die bei den letzten Weltmeisterschaften im Halbfinale gestanden haben“, findet auch Churchy, einer unserer Österreicher. Wir haben doppelten Grund, uns über den WM-Sieg zu freuen. Mit dem Erfolg der deutschen Mannschaft hat auch Expeditionsleiter Luis seine Wette gegen den Leiter der lokalen Partner-Trekkingagentur gewonnen. Letzterer hatte versprochen, uns nach der Rückkehr vom Kokodak Dome nach Kashgar in ein Vier- statt in ein Drei-Sterne-Hotel einzuquartieren, sollte Deutschland Weltmeister werden.

Schinken und Schokoriegel

Edith mittendrin

Edith mittendrin

Am heutigen Ruhetag verwöhnt uns die Sonne. Wir nutzen die Gelegenheit für einen Besuch im Duschzelt oder, um dreckige Kleidungsstücke im Gletscherbach zu waschen, der direkt neben unserem Basislager entlangfließt und für eine gleichförmige Geräuschkulisse sorgt. Auch ein bisschen Arbeit ist noch zu erledigen. Wir leeren die Expeditionstonnen mit unserer Hochlager-Nahrung und sortieren die reichhaltigen Lebensmittel. Vom Schwarzwälder Schinken über Pesto und anderen Brotaufschnitt bis hin zu Schokoriegeln ist alles vertreten. So viel steht fest: Verhungern werden wir hier garantiert nicht. Und für jeden Geschmack sollte auch etwas im Sortiment enthalten sein.

Eine Nacht auf 4850 Metern

Trockenübung

Trockenübung

Nach dem Mittagessen hat Luis noch eine Übungseinheit angesetzt. Wir legen unsere Klettergurte an und trainieren, mit der Steigklemme am Seil zu gehen. Eine wichtige Übung, schließlich verbringt keiner von uns seinen Alltag damit, sich am Fixseil fortzubewegen oder an ihm abzuseilen. Außerdem üben wir, uns als Gletscherseilschaft von drei oder vier Bergsteigern anzuseilen. Morgen werden wir diese Fertigkeiten noch nicht benötigen. Dann steigen wir erst einmal zu unserem Zwischenlager auf 4850 Metern auf, um dort zu übernachten und so unsere Akklimatisierung voranzutreiben. Übermorgen wollen wir die Zelte in unser geplantes Lager 1 auf etwa 5600 Metern verlegen. Bei dieser Etappe werden wir wohl schon an einer heiklen Passage das erste Fixseil anbringen. In Lager 1 wollen wir ein Materialdepot anlegen und anschließend wieder bis ins Basislager absteigen. Wir kitzeln unsere Körper mit immer mehr Höhe.

P.S. Wundert euch bitte nicht, wenn ich morgen keinen Bericht absetzen sollte. Ich gebe natürlich mein Bestes, muss aber noch ein wenig mit der Technik herumexperimentieren. Schließlich will ich möglichst wenig davon mit auf den Berg schleppen. Wenn ihr also im Blog nichts Neues vorfindet, bedeutet das nicht, dass etwas passiert ist, sondern nur, dass ich mir im Zwischenlager die Haare raufe, weil mein Plan nicht aufgegangen ist.

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Lampenfieber https://blogs.dw.com/abenteuersport/lampenfieber/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/lampenfieber/#comments Sun, 16 Oct 2011 11:55:39 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10811

Dort wollen wir hinauf

Eigentlich ist heute Ruhetag, doch wirklich zur Ruhe kommt niemand. Die Spannung ist fast mit bloßen Händen zu greifen. Morgen brechen wir auf, um in vier Etappen den 7000er Putha Hiunchuli zu besteigen. Wenn alles perfekt läuft, könnten wir am Donnerstag den höchsten Punkt auf 7246 Metern erreichen. Doch geschenkt wird uns dieser Berg nicht. Wir werden uns quälen müssen. Und selbst wenn körperlich alles passt, ist der Erfolg nicht garantiert. „Natürlich kann es sein, dass ich am geplanten Gipfeltag das ganze Unternehmen abbrechen muss“, sagt Expeditionsleiter Herbert. „Wenn ich aus dem Zelt trete und fast weggeblasen werde, können wir die Sache vergessen.“

Expeditionsleiter Herbert ist optimistisch

Ein Tag als Puffer

Hochlagerkost wird verteilt

Der Wind bleibt die große Unbekannte. Bisher werden für Donnerstag moderate Windgeschwindigkeiten vorhergesagt, doch das kann sich ändern. Je näher wir an den Gipfeltag heranrücken, desto genauer werden die Prognosen. Von morgen an wird Herbert täglich per Satellitentelefon die neuesten Wettervorhersagen einholen. In unserem Zeitplan haben wir einen Puffer von einem Tag, den wir im Hochlager aussitzen könnten, um auf bessere Verhältnisse zu warten. Doch jeder Tag in der großen Höhe ist eigentlich einer zu viel.

1000 Höhenmeter in einem Rutsch

Auch über die Taktik am Berg wird im Basislager diskutiert. Die erfahrenen Bergsteiger Brigitte und Hans haben sich mit Einverständnis von Herbert dazu entschlossen, einen weiteren Tag hier unten auf 4940 Metern Kraft zu tanken. „Dann wollen wir an unserem geplanten Gipfeltag Lager 3 überspringen und direkt von Lager 2 aus den höchsten Punkt ansteuern. Wir sind in diesen Höhen schon mehr als 1000 Meter an einem Tag hochgestiegen“, sagt Brigitte „Das ist zwar hart, aber dafür sparen wir uns die wenig erholsame Nacht im höchsten Lager. Im Idealfall treffen wir uns dann am Donnerstag am Gipfel.“ Ich habe angeregt, dass Herbert, der im normalen Leben als Polizist arbeitet, ein Überholverbot für Brigitte und Hans verhängt, damit es für uns langsamere Bergsteiger nicht ganz so frustrierend wird. Aber wer weiß, wie hoch wir überhaupt kommen.

Umkehrzeit ohne Wenn und Aber

„Um 12 Uhr ist Umkehrzeit“, sagt Herbert und macht mit seinem Tonfall klar, dass er in diesem Punkt nicht zu Verhandlungen bereit ist. Um vier Uhr früh werden wir voraussichtlich von Lager 3 auf 6600 Metern aufbrechen. „Dann habt ihr pro 100 Höhenmeter eine Stunde Zeit. Das muss ausreichen. Wenn nicht, seid ihr zu langsam oder zu schwach, um den Gipfel zu erreichen. Denkt daran, ihr müsst auch wieder absteigen.“

Helmut: Es ist allerhöchste Zeit, dass es losgeht

Üben mit der Notfall-Sauerstoffflasche

Im wieder einmal von der Sonne verwöhnten Basislager erscheint mir das noch so weit entfernt. Doch so viel ist klar: Spätestens übermorgen, wenn ich im zweiten Anlauf erstmals Lager 2 auf 6100 Metern erreichen will, muss ich an meine Grenzen gehen. Dann werden sich die von außen vielleicht harmlos erscheinenden Höhenangaben in körperliche Quälerei verwandeln. Ein bisschen Lampenfieber ist also durchaus angebracht, Daumen drücken erwünscht. Ich nehme jedenfalls jede Hilfe an. Außer den Einsatz von Flaschensauerstoff. Der ist nur für den Notfall reserviert.

PS: Auf der rechten Seite findet ihr jetzt unter „Hier sind wir gerade“ einen Link, über den ihr sehen könnt, wo ich gerade bin.

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Ruhetag mit technischen Schwierigkeiten https://blogs.dw.com/abenteuersport/ruhetag-mit-technischen-schwierigkeiten/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ruhetag-mit-technischen-schwierigkeiten/#comments Tue, 11 Oct 2011 15:02:36 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10741  

Hubschrauberlandung im Basislager

(telefonisch übermittelt)

Für heute ist noch einmal ein Ruhetag angesetzt. Nach dem Frühstück landete der Hubschrauber mit dem noch ausstehenden Expeditionsmaterial, das unter anderem den Arztkoffer mit Notfallpräparaten enthielt. Wir wurden in den Umgang mit den Sauerstoffflaschen und dem Überdrucksack eingewiesen.

Morgen ist der Aufstieg zu Lager 1 auf 5400 m geplant, gefolgt vom Abstieg zurück zum Basislager.

Ich bin heute bereits zum Gletscher aufgestiegen und auf eine Seitenmoräne geklettert, um von dort aus eine Satellitenverbindung herzustellen. Leider hatte ich trotzdem keinen Empfang und muss deshalb bis auf weiteres über das Telefon berichten. Ich werde aber weiterhin tägliche Berichte schreiben und sie nachreichen, sobald ich ein Satellitennetz habe.

Und das war der Text, den ich eigentlich schicken wollte:

Der versteckte Berg

Erster Blick aus 'unseren' Berg

„Eigentlich müsste er ‚Hidden Peak‘ heißen“, sagt Hans. Der Beiname ‚Versteckter Berg‘ ist allerdings schon an den Achttausender Gasherbrum I in Pakistan vergeben. Doch Hans hat Recht. Die Bezeichnung würde auch gut zum Putha Hiunchuli passen. Erst als wir den ersten Blick auf unser Basislager werfen, zeigt sich auch endlich „unser“ Berg mit seiner lang gezogenen Schnee- und Eisflanke bis zum 7246 Meter hohen Gipfel.

Kein Zuckerschlecken

Sechseinhalb Stunden haben wir für die Strecke von der Alpe Pangzi bis zum Basislager auf 4940 Metern benötigt. Auch diese Etappe war alles andere als ein Zuckerschlecken. Das Trekking der vergangenen Tage steckte in den Knochen, bei fast jedem zweiten von uns auch ein Infekt. Dazu verschärfte die immer dünner werdende Luft die Belastung. Der Veranstalter übertreibt nicht, wenn er schon den Anmarsch als halbe Expedition beschreibt.

Für knapp zwei Wochen haben wir unsere Zelte auf einem sehr schönen Hochplateau unterhalb der Gletschermoränen des Putha Hiunchuli aufgeschlagen. Der Lagerplatz, der etwa hundert Meter höher als der Gipfel des Mont Blanc liegt, ist schneefrei. Ein kleiner Bach schlängelt sich durch das Terrain. Schon für diese Bergidylle haben sich die Strapazen der vergangenen Tage gelohnt,

Salami per Heli

Pemba (oben) und Herbert beim Aufbau des Messzeltes

Im Basislager hat jeder, der will, ein Einzelzelt und damit auch ein wenig Privatsphäre. Heute morgen schwebte ein Hubschrauber ein. Er brachte noch fehlendes Expeditionsmaterial hinterher, das aufgrund eines mehrtägigen hinduistischen Festes am Flughafen in Kathmandu festgelegen und nicht weitertransportiert worden war. Jetzt verfügen wir endlich über den Arztkoffer mit den Notfallpräparaten – und durften uns zum Frühstück auch über kulinarische Spezialitäten aus der Heimat freuen: Salami, Pflaumenmarmelade, Frischkäse, Vollkorn- und Knäckebrot.

Alle genießen den Ruhetag im Basislager. Hier hat sich zehn Tage vor uns eine niederländische Expedition niedergelassen. Heute ist ihr Gipfeltag. Gegen elf Uhr erreichen die Expeditionsleiterin Maaike Braat und zwei Sherpas den höchsten Punkt – bei perfekter Sicht, ohne Wind, fast wie bestellt. „Wahrscheinlich ist Maaike die erste holländische Frau auf dem Gipfel“, erzählt Marianne, deren Anfrage beim niederländischen Bergsportverband unbeantwortet blieb.

Kein Satellitenempfang

Die Sonne verschwindet

Wir sind noch lange nicht so weit. Morgen wollen wir zur Akklimatisierung erstmals ins Lager eins auf etwa 5400 Metren aufsteigen. Probleme bereitet uns nach wie vor die Satellitenverbindung. Im Basislager haben wir keinen brauchbaren Empfang. Gestern stieg ich geschätzte 250 Meter weiter auf, bis zu einem Bergsattel – ohne Erfolg, kein Satellitensignal. Ich begegnete einer kleinen Herde von Steinböcken und wurde mit einem wunderschöne Sonnenuntergang belohnt. Immerhin!

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Ruhe vor dem ersten Sturm https://blogs.dw.com/abenteuersport/ruhe-vor-dem-ersten-sturm/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ruhe-vor-dem-ersten-sturm/#comments Sat, 08 Oct 2011 10:25:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10687

Lagerplatz siehe unten (l.)

Gäbe es keine Ruhetage, man müsste sie erfinden. Der Mensch kann nicht immer Vollgas geben. Manchmal gehört er in die mentale Garage. Wir genießen die Muße am Lagerplatz in Kakkot auf 3300 Metern. Morgen stehen uns 1200 Meter im Aufstieg bevor. „Das wird einer der härtesten Tage auf dieser Expedition“, sagt Herbert. Denen, die über Husten oder Schnupfen klagen, legt der Expeditionsleiter ans Herz, sich auszukurieren. „Nur wer sich absolut fit fühlt und wirklich Lust dazu hat, sollte an unserer kleinen Akklimatisationswanderung teilnehmen.“

Gut versteckt

 

Pemba (r.) kennt sich aus

Zu siebt brechen wir schließlich auf: Marianne, Roland, Michael, Sergio, Herbert, Pemba und ich. Wir steigen auf einen Aussichtshügel, der sich 300 Meter über das Tal erhebt. Ich genieße es, nach der Schlepperei der vergangenen Tage (Wie oft habe ich die schweren elektronischen Geräte auf meinem Rücken verflucht!) mit leichtem Gepäck unterwegs zu sein. Auf einem staubigen Pfad gelangen wir gemütlich innerhalb einer Stunde zum höchsten Punkt. Gebetsfahnen wehen im Wind. Von hier aus öffnet sich der Blick auf einige Gipfel der Dhaulagiri-Gruppe. „Unser Berg“, der Putha Hiunchuli, versteckt sich jedoch hinter der Bergflanke, die wir morgen hinaufsteigen werden. „Der steile, schneebedeckte Gipfel, den ihr sehen könnt, ist der Siebentausender Churen Himal“, erklärt Pemba.

Dreimal ist göttlich

 

Rechts geht es morgen hoch

Unser zweiter Climbing Sherpa kommt aus dem selben Dorf unterhalb von Lukla wie Pemba Jangbu. Auch er kann bereits auf einige erfolgreiche Expeditionen zurückblicken. Der 35-Jährige hat in diesem Jahr den Mount Everest von der tibetischen Nordseite, 2010 von der nepalesischen Südseite aus bestiegen. Auch auf dem Gipfel des Putha Hiunchuli stand Pemba bereits zweimal, 2009 und 2010. „Vielleicht in diesem Jahr zum dritten Mal“, sagt der Sherpa und lacht. „Das ist kein technisch schwieriger Berg.“ Aber verdammt hoch, denke ich, zumindest für einen Flachlandtiroler wie mich. Stolz zeigt mir Pemba auf dem Minibildschirm seiner Digitalkamera ein Gipfelfoto vom Everest und ein Bild seiner Familie. Pemba und seine Frau haben einen zehnjährigen Sohn und eine sechsjährige Tochter. Während der Expeditionssaison im Frühjahr und Herbst leben sie in Kathmandu, den Rest des Jahres in ihrem Heimatdorf im Solu Khumbu.

Wasch-Bären

 

Ruhetag ist auch Waschtag

Nachdem wir die Aussicht genossen haben, steigen wir wieder ins Tal hinab. Mein Zeltpartner Sergio und ich beschließen, die Zeit bis zum Mittagessen zu nutzen, um ein Bad im eiskalten Bergbach zu nehmen, der an unserem Lagerplatz vorbeifließt. Anschließend waschen wir noch ein paar T-Shirts, Unterwäsche und Socken. „Jetzt stinke ich nicht mehr wie ein Bär“, sagt Sergio zufrieden. Wir fühlen uns fast wie neu geboren. Blöd nur, dass wir die Klamotten morgen wieder durchschwitzen und uns ziemlich schnell in müffelnde Bären zurückverwandeln werden. Aber Ruhetage wären schließlich nur halb so schön, wenn sie zur Regel würden.

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