Schweiz – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Matterhorn: „Zum Klettern okay, aber nicht sehr speziell“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/matterhorn-zum-klettern-okay-aber-nicht-sehr-speziell/ Mon, 13 Jul 2015 06:00:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30025 Dani Arnold

Dani Arnold

Das Matterhorn war sein erster Viertausender. Dani Arnold war 18 Jahre alt, als er 2002 erstmals den Vorzeigeberg seines Heimatlands von der Hörnlihütte aus über die Normalroute bestieg. Heute gehört der 31-Jährige zu den besten Kletterer der Schweiz. Seitdem stand er „vielleicht acht Mal oben“ auf dem Matterhorn, schreibt mir Dani aus Pakistan, wo er mit den Huber-Brüdern und dem Österreicher Mario Walder derzeit versucht, erstmals die Nordwand des Siebentausenders Latok I zu durchsteigen. Für Furore sorgte Arnold bisher vor allem mit seinen Speedrekorden. Seit 2011 hält er den Rekord an der Eiger-Nordwand, die er über die Route der Erstbegeher in zwei Stunden und 28 Minuten durchstieg. Damit war Dani 20 Minuten schneller als der bisherige Rekordhalter Ueli Steck. Im April brach er auch Stecks Geschwindigkeitsrekord am Matterhorn: In einer Stunde und 46 Minuten kletterte Arnold durch die Nordwand, zehn Minuten schneller als Ueli im Jahr 2009. Das Matterhorn, 150 Jahre nach der Erstbesteigung, aus der Sicht eines Profi-Bergsteigers:

Dani, weltweit gilt das Matterhorn als Sinnbild für die Schweiz. Wie siehst du diesen Berg? Oder anders gefragt, was bedeutet er dir?

Es ist einer der schönsten Berge, von der Form her. Zum Klettern ist er okay, aber nicht sehr speziell. Der Fels ist auch nicht immer ganz fest.

Vor 150 Jahren wurde das Matterhorn erstmals durch die Seilschaft des Briten Edward Whymper bestiegen. Wie hoch war die sportliche Leistung, wenn man die damalige Ausrüstung berücksichtigt und bedenkt, dass die Gruppe ins Ungewisse stieg?

Es war natürlich eine beeindruckende Leistung! Respekt. 

Die Erstbesteigung endete tragisch: Vier Bergsteiger stürzten in den Tod. Hat dieses Unglück den Mythos Matterhorn mitbegründet?

Dani nach seinem Speedrekord auf dem Gipfel des Matterhorns

Dani nach seinem Speedrekord auf dem Gipfel

Ich denke schon. Meist sind Tragödien und Unglücke der Grund, dass die Berge diesen Mythos bekommen. Ist eigentlich übel, dass immer etwas passieren muss, bis die Öffentlichkeit Notiz nimmt.

Das Matterhorn ist ein kommerzieller Berg, rund 3000 Gipfelanwärter versuchen sich alljährlich an ihm. Teilt das Matterhorn das Schicksal anderer Prestigeberge wie Mont Blanc oder auch Mount Everest, an denen sich viele tummeln, die wegen mangelnder Fähigkeiten als Bergsteiger dort eigentlich nicht hingehören oder ist er dafür technisch zu schwierig?

Er gehört schon zu dieser Kategorie von bekannten Bergen, die viele Leute wegen des Namens anziehen. Dazu gehören schon auch viele Kletterer, die dort eigentlich nichts zu suchen haben.

Kein Jahr vergeht ohne tödliche Unfälle am Matterhorn. Würde es Sinn machen, die Zahl der Besteigungen zu beschränken?

Nein, das Wichtigste ist, dass das Bergsteigen frei bleibt. Das heißt, jeder kann dort klettern, wo er will. Dies ist ein Riesenprivileg. Jeder muss aber auch selber die Konsequenzen tragen.

Ist das Matterhorn, vor allem natürlich die Nordwand, nach wie vor ein Klassiker, der in der Vita eines Profibergsteigers nicht fehlen darf?

Jeder sollte die Wand geklettert haben. Jedoch muss man das schon relativieren. Die Nordwand ist eine klassische Tour, die viele Leute klettern können. Für uns (Profibergsteiger) ist sie aber eher einfach, verglichen mit jetzigen Projekten. Sonst hätte sich ja der Alpinismus seit der Erstdurchsteigung der Matterhorn-Nordwand nicht weiter entwickelt. 😉

Du hast im April einen neuen Speedrekord in der Nordwand aufgestellt, als du für die Route der Erstbegeher Franz und Toni Schmid (1931) nur eine Stunde und 46 Minuten gebraucht hast und damit zehn Minuten schneller warst als Ueli Steck. Warst du bei diesem Solo am Limit oder geht es noch schneller?

Die Schmid-Route durch die Matterhorn-Nordwand

Die Schmid-Route durch die Matterhorn-Nordwand

Es geht immer schneller. 🙂 Nein, es muss schon viel zusammenpassen. Ich muss fit genug sein. Die Verhältnisse müssen okay sein. Die Psyche muss stimmen, und ich muss motiviert sein. Meine Kletterzeit war zwar kurz, jedoch schon anstrengend. 😉

2010 und 2011 eröffnete der Italiener Herve Barmasse in der Südwand des Matterhorns noch zwei neue Routen. Doch solche Aktionen sind selten geworden. Ist das Matterhorn bergsteigerisch ausgereizt, sprich: Ist so gut wie alles gemacht, was machbar ist?

Das glaube ich nicht. Es ist schon so, dass die offensichtlichen Linien gemacht sind. Aber es gibt noch viel Platz. Viele denken, dass man nur noch im Himalaya etwas erleben kann. Und das stimmt nicht.

Wenn du dem Matterhorn etwas zum 150. Geburtstag der Erstbesteigung wünschen dürftest, was wäre das?

Ich habe eigentlich noch nie überlegt, was man einem Berg schenken kann. 🙂

P.S.: Damit endet meine kleine Serie zum 150-Jahr-Jubiläum der Matterhorn-Erstbesteigung.

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Zahlen, die nachdenklich machen sollten https://blogs.dw.com/abenteuersport/zahlen-die-nachdenklich-machen-sollten/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/zahlen-die-nachdenklich-machen-sollten/#comments Sun, 06 May 2012 18:16:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14325

Bergsport liegt im Trend

Nicht umsonst gilt Bergsport als Risikosport. Immer wieder sind nicht nur Verletzte, sondern auch Tote zu beklagen. Wie jetzt in Japan. Ein Wettersturz kostete in den japanischen Alpen (die nennt man wirklich so) auf der Insel Honshu mindestens acht Bergsteigern das Leben. Nach japanischen Presseberichten starben die Wanderer im Seniorenalter an Unterkühlung. Sie waren bei schönem Wetter aufgebrochen, wurde dann aber von einem Sturm mit heftigem Regen überrascht. Viele Japaner nutzen traditionell Anfang Mai die so genannte „Goldene Woche“ mit einer Serie von Feiertagen zu ersten Bergwanderungen. – Auch in den europäischen Alpen ist Wandern und Bergsteigen Trendsport. Die Kehrseite der Medaille: Mehr Tote und Verletzte als früher.

Mehr Bergtote in der Schweiz und Österreich

Nach Angaben des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) kamen 2011 in den Schweizer Alpen und im Jura 217 Menschen ums Leben, 44 mehr als im Vorjahr. Auch wenn ich mich damit schwer tue, Menschenleben in Prozentzahlen umzurechnen,  ist das ein Zuwachs von 25 Prozent. Beim „klassischen Bergsport“ –  per Definition des SAC Wandern, Bergsteigen und Klettern –  waren 151 Tote zu beklagen, 27 mehr als im Vorjahr (plus 22 Prozent). Die meisten Opfer (40 Prozent) kamen aus Deutschland. Auch in Österreich schlagen die Rettungskräfte Alarm. 163 Bergtote zählte das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) im Jahr 2011, 26 mehr als im Vorjahr (plus 19 Prozent).

Zu schlapp, mit Neigung zur Selbstüberschätzung

Lockende Berge

„Selbstüberschätzung und mangelnde körperliche Fitness sind einmal mehr die Hauptgründe für Unfälle“, sagte KfV-Chef Othmar Thann – und liegt damit auch auf der Linie des Deutschen Alpenvereins, der schon 2010 feststellte, „dass eine typische Ursachenkombination für Notfälle in den Bergen auf dem Vormarsch ist – mangelhafte Kondition, mangelndes Wissen und Selbstüberschätzung. An der Ausrüstung mangelt es hingegen nicht.“ Es hat sich also offenbar in den Bergen weitestgehend „ausgesandalt“.

Die Zahlen der deutschen Bergretter für das vergangene Jahr werden derzeit noch zusammengetragen. Doch erste Meldungen aus einzelnen Bezirken deuten darauf hin, dass auch hierzulande mehr Menschen ihr Leben in den Bergen verloren haben. So wurden in den Allgäuer Alpen 22 Todesfälle verzeichnet, zehn mehr als 2010. Fast eine Verdopplung.

Ich halte nichts davon, den moralischen Zeigefinger zu heben. Aber vielleicht sollten diese Zahlen doch den einen oder anderen zum Nachdenken animieren, ob er in den Bergen seiner Eigenverantwortung gerecht wird. Schließlich gefährdet er unter Umständen nicht nur fahrlässig sein eigenes Leben, sondern auch das der Bergretter.

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Loretan und Steck https://blogs.dw.com/abenteuersport/loretan-und-steck/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/loretan-und-steck/#comments Fri, 06 May 2011 09:38:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/05/06/loretan-und-steck/ Freud’ und Leid’ liegen in der Extrembergsteiger-Szene eng beieinander. Die Schweizer durchlebten zuletzt ein Wechselbad der Gefühle. Der derzeit wohl beste Bergsteiger der Alpenrepublik, Ueli Steck, sorgte mit einer Speed-Solobesteigung der Shishapangma-Südwand für Furore und bestieg jetzt auch noch den Cho Oyu. Mit dem Schweizer Erhard Loretan starb einer der ganz großen Bergsteiger des ausgehenden 20. Jahrhunderts.


Erhard Loretan, 1959-2011

Persönliches Drama

An seinem 52. Geburtstag stürzte Loretan mit einer Seilpartnerin unterhalb des Gipfels des 4043 Meter hohen Grünhorns im Wallis ab. Die Frau überlebte schwer verletzt, für Loretan kam jede Hilfe zu spät. Der Schweizer zählte in den 1980er und 90er Jahren zu den besten Höhenbergsteigern der Welt. 1995 war Loretan der dritte Mensch nach dem Südtiroler Reinhold Messner und dem Polen Jerzy Kukuczka, der auf allen 14 Achttausendern gestanden hatte. Alle Besteigungen hatte der Schweizer ohne Atemmaske geschafft.

Dem Ruhm folgte ein persönliches Drama. Am Heiligabend 2001 verlor Loretan die Nerven, als sein sieben Monate alter Sohn Ewan ständig schrie. Er schüttelte das Kind zu Tode. 2003 wurde Loretan wegen fahrlässiger Tötung zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Der Bergsteiger bekannte sich öffentlich zu seiner Schuld und nutzte seine Bekanntheit, um auf die tödliche Gefahr des sogenannten „Kinderschüttelns“ aufmerksam zu machen.

“Ein vollkommener Tag“

Als Bergsteiger war Loretan für seine Schnelligkeit bekannt. Mit seinem Seilpartner Jean Troillet brauchte er im Herbst 1986 vom Basislager zum Gipfel des Mount Everest und zurück nur 40 Stunden. Auch Ueli Steck ist einer von der ganz schnellen Sorte. Die etwa 2000 Meter hohe Shishapangma-Südwand durchkletterte der 34-Jährige in zehneinhalb Stunden – und das solo. „Es war ein vollkommener Tag, einfach alles hat gepasst“, schreibt Ueli auf seiner Homepage. Er habe ursprünglich gar keinen Alleingang geplant. „Aber heute war es unausweichlich.“ Sein Kletterpartner Don Bowie hatte sich nicht gut gefühlt und den Schweizer ermutigt, eine Solobesteigung zu versuchen.


Ueli Steck

Erfolg am Cho Oyu

„Kann ich noch einen 8000er mit einem ähnlich guten Gefühl besteigen?“, fragte sich Ueli nach seinem Coup. „Ohne zu leiden, einfach nur spüren, wie alles aufgeht? Im Moment sehe ich das als Höhepunkt.“ Nach dem Gasherbrum II und dem Makalu war die Shishapangma der dritte Achttausender, den Ueli bestieg. Gestern ließ er Nummer vier folgen. Don Bowie berichtete per Satellitentelefon, dass er mit Steck den Gipfel des Cho Oyu erreicht habe.
Den Geschwindigkeitsrekord an der Eiger-Nordwand ist Ueli inzwischen los. Sein Schweizer Landsmann Daniel Arnold kletterte die Route der Erstbesteiger in zwei Stunden 28 Minuten und war damit 20 Minuten schneller als Steck.

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