Trauma in der Wand
Diese mehr als extreme Erfahrung dürfte Simpson auch zu seinem Roman „Der Klang des freien Falls“ inspiriert haben. Der englische Bergsteiger Patrick McCarty muss in einer Nordwand irgendwo in den Alpen miterleben, wie seine Lebensgefährtin nachts an ihm vorbei in den Tod stürzt. Nur kurz hat er sie mit einer Hand halten können, ehe sie in der Tiefe verschwindet. Als wäre dieses schreckliche Erlebnis nicht traumatisch genug, schlägt auch noch das Wetter um. Patrick kämpft sich nach oben aus der Wand. Mit erfrorenen Fingern erreicht er den Gletscher. In einer Spalte findet er die zerschmetterte Leiche der Frau.
Und wieder ein Wettersturz
25 Jahre später: Patrick betreibt in Sichtweite der Nordwand eine kleine Hütte, um mit seinem Lebenstrauma klar zu kommen. Noch immer gibt er sich die Schuld am Tod seiner großen Liebe. Dann tritt plötzlich eine neue Frau in sein Leben. Eine Bergsteigerin, die Patrick vor dem Tod durch Erfrieren bewahrt. Und wie vor einem Vierteljahrhundert schlägt auch diesmal das Wetter um. Ein weiterer Überlebenskampf beginnt.
Spannungsbogen hält
Joe Simpson versteht es meisterhaft, Spannung aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Irgendwie schafft es der Brite immer wieder, einen je nach Situation mitfiebern oder mitzittern zu lassen. Und es fällt schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen. „Der Klang des freien Falls“ eignet sich wunderbar als Lektüre für einen verregneten Tag in den Bergen und nicht nur dort. Wer Simpsons Klassiker „Sturz ins Leere“ kennt, steht jedoch vor der schweren Aufgabe, sich davon frei zu machen und sich unbefangen auf diese neue spannende Geschichte einzulassen.
P.S. Nein, ich habe den heutigen 100. Geburtstag von Heinrich Harrer (gestorben 2006) nicht vergessen. Aber über ihn hatte ich ja erst kürzlich an dieser Stelle geschrieben.