Sir Chris Bonington – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Bonington: “Das Tolle am Himalaya-Bergsteigen ist das Entdecken” https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-chris-bonington/ Fri, 17 Apr 2015 07:40:45 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28971 Chris Bonington

Chris Bonington

Sir Chris Bonington wurde zum Ritter geschlagen, und doch ist er nicht abgehoben. Der 80 Jahre alte Brite, eine lebende Legende des Bergsteigens, ist immer noch ein freundlicher Mann geblieben, der aus seinem Herzen keine Mördergrube macht. Davon konnte ich mich wieder einmal überzeugen, als ich ihn in der vergangenen Woche in Chamonix traf, wo er für sein Lebenswerk in den Bergen mit dem “Piolet d’Or” ausgezeichnet wurde.

Chris, was bedeutet dir der Ehren-Piolet d’Or?

Er bedeutet mir eine Menge, weil er auch eine Auszeichnung für meine ganze Berufsgruppe ist. Und ich finde mich jetzt in Gesellschaft einiger der besten Kletterer der Welt, die ebenfalls den Piolet d’Or für ihr Lebenswerk erhalten haben [Walter Bonatti (geehrt 2010), Reinhold Messner (2011), Doug Scott (2011), Robert Paragot (2012), KurtDiemberger (2013), John Roskelley (2014)] und von denen viele zu meinen guten Freunden gehören.

Du bist 80 Jahre alt und kletterst immer noch, zuletzt erst vor einigen Wochen in Katalonien in Spanien. Verrätst du mir dein Geheimnis?

Ich klettere jetzt sehr maßvoll. Und es liegt wohl auch daran, dass ich nie mit dem Klettern aufgehört habe. Ich denke, darin liegt das Geheimnis, für jeden. Man sieht heute immer mehr Grauhaarige, die in den Bergen oder in hügeligen Landschaften durch Felswände klettern. Mein Niveau sinkt ständig, aber das macht nichts. Ich liebe es immer noch zu klettern und draußen in der Natur unterwegs zu sein. Und ich genieße die Gesellschaft meiner Freunde.

Wird es für dich schwieriger, Körper und Geist in Einklang zu bringen?

(Lacht) Ohne den geringsten Zweifel! Du empfindest natürlich die größte Freude am Klettern, wenn du auf der maximalen Höhe deiner Fähigkeiten bist und den Nervenkitzel eines guten Leistungssportlers empfindest, wenn du deinen Körper völlig unter Kontrolle hast und die Kletterrouten förmlich hoch schwebst. Wenn du älter wirst, ächzt du sie nur noch hoch. Da ist nichts mehr von körperlicher Euphorie. Aber wag geblieben ist, ist die Liebe zu den Berge. Und auch das Vergnügen, dort zu sein. Und ich denke, ich weiß heute meine Freundschaften mehr zu schätzen als früher.

Bonington: Die Liebe zu den Bergen ist noch da

Am Shivling (1983)

Am Shivling (1983)

Du hast so viele außergewöhnliche Bergtouren gemacht. Welche ist für dich selbst die wichtigste?

Kein Zweifel, die Annapurna II [1960], weil sie mein erster Himalaya-Gipfel überhaupt war, den ich bestieg, und sie ist nur um Haaresbreite niedriger als 8000 Meter [7937 Meter]. Sie ist wirklich ein sehr schöner Berg, ungefähr zehn Kilometer Luftlinie von der Annapurna I entfernt. Natürlich hat deine erste Himalaya-Expedition fast zwangsläufig einen besonderen Stellenwert. Aber wenn sie auf einen so schönen Berg führt und du dann auch noch in der Lage bist, den fast 8000 Meter hohen Gipfel zu erreichen, dann ist das wirklich etwas.

Als ich dann erst die Expedition zur Annapurna-Südwand [1970] und dann jene zur Everest-Südwestwand [1975] leitete, hatte ich eine wahnsinnig große organisatorische Rolle. Die Everest-Südwestwand war sicherlich die größte sowohl intellektuelle als auch physische Herausforderung, der ich mich jemals gestellt habe. Ich war Organisator, Planer, Leiter. Als solcher hätte ich vielleicht auch die Möglichkeit gehabt, den Gipfel zu erreichen, aber das stand auf meiner Prioritätenliste weit unten.

Wenn man nur die schiere Freude und den Spaß zugrunde legt, würde ich einen viel niedrigeren Berg nennen: den Shivling [1983]. Mir gelang mit meinem Kumpel Jim Fotheringham die Erstbesteigung des Westgipfels. Es war eine total spontane Besteigung. Wir ergriffen die Gelegenheit, als wir einen Freiflug nach Neu Delhi erhielten, um an einer Tourismuskonferenz teilzunehmen, und dann fuhren wir einfach weiter, um diesen Berg zu besteigen. Wir waren im Alpinstil unterwegs, fünf Tage lang hinauf, einen hinunter, sehr anspruchsvoll, ein schöner, zackiger Berg. Er steht für alles, was ich am Klettern mag. Ich hatte wirklich unglaubliches Glück, so viele größere Expeditionen zu leiten. Aber in den letzten 35, 40 Jahren bevorzugte ich eher kleinere Expeditionen, zu niedrigeren Bergen, mit der ganzen Bandbreite wundervoller Abenteuer.

In diesem Jahr feiern wir den 40. Jahrestag der ersten Durchsteigung der Everest-Südwestwand durch Doug Scott und Dougal Haston. Du warst damals, 1975, der Expeditionsleiter. War es schwierig für dich, nicht mitklettern zu können?

Nein, denn auf eine gewisse Weise war diese Expedition mein Baby. Es war meine Vision und mein Konzept. Dann stellte ich die Gruppe der herausragenden Kletterer zusammen, die das Projekt schließlich vollendete. Für mich stand von Anfang an der Erfolg der Expedition im Vordergrund, nicht der Gipfelerfolg, und ich wollte einen Erfolg in harmonischer Atmosphäre. Und aus diesem Blickwinkel war es wirklich eine wundervolle Expedition. Der einzige sehr ernste Schatten, der über ihr lag, war die Tatsache, dass wir beim zweiten Versuch Mick Burke verloren. 

Bonington: Die Everest-Südwestwand-Expedition war mein Baby.

Bis heute gibt es nur einige wenige andere Routen durch die Everest-Südwestwand – vielleicht weil sie zu gefährlich ist?

Das ist wirklich interessant. Ich glaube, neben unserer Route gibt es nur noch die der Russen und eine oder zwei kleinere Variationen. Die offensichtliche Herausforderung, die bisher noch niemand gewagt hat, ist eine Direttissima, die direkt durch die Mitte des Felsbandes auf den Gipfel führt. Wir machten es damals fast so, wie die Nordwand des Eiger erstmals bestiegen wurde: Wir fanden den einfachsten Weg, beinahe in Serpentinen den Berg hinauf. Aber ich glaube, auch auf unserer Route stehen bis heute nur vier Aufstiege zu Buche.  

Viele Dinge haben sich seitdem am Everest verändert. Was denkst du über das heutige Bergsteigen am Everest?

Gott sei Dank war ich schon damals oben. Und Gott sei Dank war 1985, als ich letztlich mit einem norwegischen Team den Gipfel des Everest erreichte, noch das letzte Jahr, in dem die nepalesische Regierung nur eine Expedition pro Route erlaubte. Das bedeutete, dass wir 1985 das gesamte Western Cwm für uns hatten. Es war wunderbar. Was wir heute dort erleben, ist eine wohl zwangsläufige Entwicklung, die man mit der Geschichte des Mont Blanc vergleichen kann. Auch dieser Berg schien im späten 18. Jahrhundert so unerreichbar wie der Everest 1953 den Erstbesteigern Tenzing Norgay und Edmund Hillary. Die normale Entwicklung ist dann die folgende: Auf die Erstbesteigung folgen andere Anstiege. Dann bietet sich eine kommerzielle Möglichkeit: Bergführer beginnen, Kunden auf den Gipfel zu bringen. Am Mont Blanc wurde die Normalroute sehr schnell regelmäßig durchstiegen. Und genau das passierte fast zwangsläufig auch am Everest. Das große Problem ist, ob es dir gelingt, das Ganze in den Griff zu bekommen. Augenblicklich wirkt die Situation fast anarchisch, wenn sich alljährlich Hunderte Bergsteiger am Everest versuchen. Es gibt ein gewisses Gewaltpotential und viele, möglicherweise vermeidbare, Todesfälle. Aber ich denke, zu gegebener Zeit wird man das in den Griff bekommen.

Bonington über das heutige Bergsteigen am Everest

Mit Don Whillans (l.) 1963  in Patagonien

Mit Don Whillans (l.) 1963 in Patagonien

Würdest du jungen Bergsteigern raten, einen Bogen um den Everest zu machen?

Ich würde ihnen definitiv raten: Meidet ihn! Ich sage den jungen Kletterern: Das Tolle am Bergsteigen im Himalaya ist das Entdecken. Und es gibt noch buchstäblich Tausende unbestiegener Gipfel im Himalaya. Du wirst vielleicht nicht berühmt, wenn du sie besteigst. Weil sie teilweise nicht einmal einen Namen tragen, sondern nur als Höhenangabe in den Karten auftauchen. Aber du kannst echte Entdeckerfreude erleben, wenn du in einem Tal unterwegs bist, in dem noch niemals zuvor Bergsteiger waren und wo du dir einfach einen Weg hinauf suchst und einen Gipfel besteigst.

Du hast so viele Freunde in den Bergen verloren. Sind Bergsteiger gewissermaßen gezwungen, sich häufiger als andere mit dem Tod auseinanderzusetzen?

Es ist ein gefährlicher Sport. Du hast die Adrenalin-Junkies, und das sind wir wirklich, die suchen das Extreme und schieben ihre Grenzen so weit wie möglich hinaus, da muss es doch fast unweigerlich eine hohe Todesrate geben. Und es gibt sie tatsächlich unter den Extrem-Höhenbergsteigern, genauso wie zum Beispiel unter den Basejumpern oder Wingsuit-Fliern. Ich glaube nicht, dass sich diese Menschen nach dem Tod sehnen. Vielmehr erleben sie eine Euphorie dabei, ihren Körper und sich selbst ans absolute Limit zu bringen, um ein Ziel zu erreichen. Ich denke, es ist einfach der Preis, den du bereits sein musst, dafür zu bezahlen. Wir mögen selbstsüchtig sein, vielleicht wirklichkeitsfremd, und doch denke ich, dass die Welt Abenteurer braucht.

Bonington: Die Welt braucht Abenteurer

Denkst du selbst inzwischen häufiger an den Tod als früher?

Nein. In meinem tiefsten Innern bin ich ein Optimist. Das musste ich auch sein, wenn man bedenkt, dass ich mindestens zehn Mal dem Tod von der Schippe gesprungen bin. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Aber ich liebe ganz einfach das Leben.

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Piolet d’Or für lebende Legende Bonington https://blogs.dw.com/abenteuersport/piolet-dor-fuer-lebende-legende-bonington/ Tue, 27 Jan 2015 13:22:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28217 Sir Chris Bonington

Sir Chris Bonington

Keine Frage, der Mann hat den Preis verdient. Wenn vom 9. bis 12. April in Chamonix und Courmayeur zu Füßen des Mont Blanc die wichtigsten Besteigungen des Jahres 2014 mit dem Piolet d’Or, dem „Oscar der Bergsteiger“, prämiert werden, erhält Sir Chris Bonington für sein Lebenswerk den „Prix Walter Bonatti“. Er wird zum siebten Mal verliehen. Seit 2009 haben ihn Walter Bonatti, Reinhold Messner, Doug Scott, Robert Paragot, Kurt Diemberger und John Roskelley erhalten. „Chris Boningtons Projekte haben sowohl in den Alpen als auch im Himalaya Maßstäbe gesetzt“, teilten die Organisatoren des Piolet d’Or mit. „Ein herausragender und leidenschaftlicher Bergsteiger.“

Historische Besteigungen

Im vergangenen Jahr feierte Bonington seinen 80. Geburtstag standesgemäß: mit der Wiederholung einer seiner berühmten Routen: am Old Man of Hoy, einer spektakulären Felsnadel im Meer vor den Orkney-Inseln, die er 1966 erstmals kletterte. Später gelangen ihm weitere historische Touren, wie die Erstbesteigung der Annapurna II im Jahr 1960, des zentralen Freney-Pfeilers auf der Südseite des Mont Blanc 1961 und des 7285 Meter hohen Ogre im Karakorum zusammen mit Doug Scott 1977 (die zweite Besteigung folgte erst 2001). Aber Bonington erwies sich auch als ein großer Expeditionsleiter. 1970 leitete er die erfolgreiche Expedition zur Südwand der Annapurna, 1975 die Expedition zum Mount Everest, bei der Doug Scott und Dougal Haston erstmals durch die steile Südwestwand kletterten. Bonington selbst erreichte den Gipfel des Mount Everest 1985 als Mitglied einer norwegischen Expedition. Die Queen schlug ihn 1996 für seine Verdienste um den Sport zum Ritter. Eine lebende Legende!

„Everest kein Platz mehr für Pioniere“

Kongur Thak

Kongur Thak

Ich traf Chris Bonington zuletzt 2013, bei der 60-Jahr-Feier der Erstbesteigung des Mount Everest in der Royal Geographical Society in London. Natürlich fragte ich ihn damals nach seiner Meinung zu dem heutigen Massenansturm auf den höchsten Berg der Erde. „Der Everest wird diesen Menschen nicht geschenkt, es ist für sie immer noch ein hartes Brot: 2000 Personen im Basislager, 200 in der Lhotse-Flanke, 100 pro Tag auf dem Gipfel, verbunden durch das Fixseil, das die Sherpas gelegt haben“, antwortete Sir Chris. „Der Everest ist, wenn man so will, kein Platz mehr für die Pioniere. Die Pioniere sind anderswohin gegangen.“

Sir Chris Bonington über kommerzielles Bergsteigen am Everest

Vor einem halben Jahr, während unserer Erstbesteigung des 7129 Meter hohen Kokodak Dome in der Kongur-Bergkette im Westen Chinas, musste ich an Bonington denken. 1981 hatte er mit den berühmten britischen Kletterern Al Rouse, Peter Boardman und Joe Tasker den 7719 Meter hohen Kongur Tagh erstbesteigen. Er ist der höchste Berg des Massivs – und viel schwerer als „unser“ Kokodak Dome.

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Bonington: Die Pioniere sind anderswo https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-bonington-everest/ Thu, 06 Jun 2013 15:59:54 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=22039

Sir Chris Bonington

Als der Mount Everest 1953 erstmals bestiegen wurde, war Chris Bonington ein junger englischer Bergsteiger von 17 Jahren. Später gelangen ihm historische Klettereien, wie die Erstbesteigung der Annapurna II im Jahr 1960, des zentralen Freney-Pfeilers auf der Südseite des Mont Blanc 1961 und des 7285 Meter hohen Ogre im Karakorum zusammen mit Doug Scott 1977 (die zweite Besteigung folgte erst 2001). Aber Bonington erwies sich auch als ein großer Expeditionsleiter. 1970 leitete er die erfolgreiche Expedition zur Südwand der Annapurna, 1975 die Expedition zum Mount Everest, bei der Doug Scott und Dougal Haston erstmals durch die steile Südwestwand kletterten. Bonington selbst erreichte den Gipfel des Mount Everest 1985 als Mitglied einer norwegischen Expedition. Die Queen schlug ihn 1996 für seine Verdienste um den Sport zum Ritter. Ich traf den 78-Jährige letzte Woche bei der Feier zum diamantenen Jubiläum der Erstbesteigung des Mount Everest in der Royal Geographical Society in London und fragte ihn – natürlich – nach dem Everest.

Sir Chris Bonington, was denken Sie 60 Jahre nach der Erstbesteigung des Mount Everest über die Pioniere von damals?

Ich bin ein großer Anhänger der Tradition unseres Sports, zurückzublicken, es zu genießen und aus dem zu lernen, was unsere Vorgänger geleistet haben. In gewisser Weise war die erste Besteigung des höchsten Punktes auf der Erde einer der ganz großen Momente. Es ist Geschichte, wie es ihnen gelang, wie sie zusammenarbeiteten. Es war eine hervorragende Teamleistung, etwas ganz Besonderes.

Hillary war Neuseeländer, Tenzing Norgay ein in Indien lebender Sherpa. Und trotzdem, denke ich, war der Erfolg ein großer Schub für das britische Bergsteigen, weil eine britische Expedition die erste erfolgreiche am Everest war.

Eine britische und eine neuseeländische, weil George Lowe und Ed Hillary zwei wichtige Mitglieder waren. Es war eine Expedition des Commonwealth. Aber der Schlüssel lag darin, dass die Individualisten, die in dieser Gruppe zusammenkamen, zu einem Team zusammengeschweißt wurden, von John Hunt, der ein außergewöhnlich guter Expeditionsleiter war. Er hat uns eine Blaupause hinterlassen, wie man eine Expedition plant, organisiert und leitet. Es war die Leistung von allen, Ed Hillary und Sherpa Tenzing Norgay haben sie nur gewissermaßen abgeschlossen.

War die Erstbesteigung des Everest eine Initialzündung für Ihre Generation, schwierigere Dinge zu wagen?

Es ist eine ganz natürliche Entwicklung, das man von der Grundlage dessen ausgeht, was in der Vergangenheit geleistet wurde, um dann einen Schritt weiter zu gehen. Deshalb versucht die nächste Generation, das Ganze auf andere Ebenen zu heben. Als wir beispielsweise die Südwestwand des Everest durchstiegen, war dies die nächste Stufe. Reinhold Messners Solo-Besteigung des Everest von Norden aus war ein weiterer außergewöhnlicher Schritt. Es gab eine ganze Reihe von Entwicklungen am Everest und an den Bergen allgemein.

Aber es scheint mir, dass es nach dieser Ära einen Schritt zurück ging, als das kommerzielle Bergsteigen das Kommando übernahm.

Nein, es ist kein Schritt zurück, sondern eine ganz natürliche Entwicklung. Exakt das Gleiche geschieht in den Alpen, an Bergen wie dem Matterhorn oder dem Mont Blanc. Dort steigen auch jeden Tag  Hunderte von Menschen auf, die von professionellen Bergführern geführt werden. Es war fast unvermeidlich, dass dies auch im Himalaya geschehen würde, und es ist geschehen. Hunderten von Menschen wurde es ermöglicht, den Gipfel des Mount Everest zu erreichen. Der Everest wird diesen Menschen nicht geschenkt, es ist für sie immer noch ein hartes Brot: 2000 Personen im Basislager, 200 in der Lhotse-Flanke, 100 pro Tag auf dem Gipfel, verbunden durch das Fixseil, das die Sherpas gelegt haben.

Sir Chris Bonington über kommerzielles Bergsteigen am Everest

Die Elite der Bergsteiger dagegen tut weiter außergewöhnliche Dinge, klettert im Alpinstil im sehr kleinen Team mit maximal vier, in der Regel zwei Mitgliedern, sehr oft auch solo. Das ist die absolute Spitze des Kletter-Abenteuers. Es gibt im Himalaya an den Bergen mit einer Höhe um die 8000 Meter immer noch Tausende nicht gekletterter Grate und Wände. Der Everest ist, wenn man so will, kein Platz mehr für die Pioniere. Die Pioniere sind anderswohin gegangen.

In diesem Frühjahr griffen Sherpas in einem Hochlager am Everest die europäischen Top-Bergsteiger Simone Moro und Ueli Steck an. Wie denken Sie darüber?

Ich finde das sehr bedauerlich. Ich habe großen Respekt und Sympathie für Ueli, ich kenne ihn und auch Jon Griffith, den englischen Bergsteiger (der ebenfalls angegriffen wurde). Sie kletterten zur Akklimatisierung durch die Lhotse-Flanke zum Südsattel, vielleicht um dort ein bisschen Material abzuladen. Sie bereiteten sich auf ein tolles Projekt vor. Sie versuchten, den arbeitenden Sherpas aus dem Weg zu gehen und störten sie in keiner Weise. Ich denke, es gab vorher schon eine Menge Spannung und Ärger unter den Sherpas, vielleicht fühlten sie sich zu schlecht bezahlt. Dinge, die eigentlich nichts mit dem Verhalten der drei Bergsteiger zu tun hatten. Aber der Boden war bereitet, und die Sherpas griffen sie an. Das war unverzeihlich, entsetzlich, sehr bedauerlich. Aber es zeigt, dass es nötig ist, einen ernsthaften Blick auf das ganze System am Everest zu werden. Die Leiter der kommerziellen Expeditionen, die Regierung, die Gemeinschaft der Sherpas, alle Menschen, die am Everest beteiligt sind, müssen zusammenkommen und ernsthafte Gespräche darüber führen, wie die Situation verbessert werden kann.

Sir Chris Bonington über den Sherpa-Angriff am Everest

Würden Sie sagen, dass es ein Konflikt ist, der schon vor langer Zeit entstanden und jetzt ausgebrochen ist?

Ich denke, es hat bereits seit geraumer Zeit gebrodelt. Es ist wie bei allem: Wenn zu viele Menschen zusammen sind, wenn es dabei zwei größere Gruppen gibt, wenn Druck und auch Geld im Spiel sind, dann laufen die Dinge schief.

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