Skirennen – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Gut getroffen https://blogs.dw.com/abenteuersport/gut-getroffen/ Wed, 19 Jan 2011 08:31:07 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/01/19/gut-getroffen/ Bilder sind Momentaufnahmen. Darin liegt ihr Potential, zu lügen oder zumindest die Wirklichkeit zu verdrehen. Im konkreten Fall begrüße ich das ausdrücklich. Als ich die Fotos vom Skirennen „Der Weiße Ring“ in Lech daraufhin durchstöberte, ob ich irgendwo auf der knapp 22 Kilometer langen Strecke über gut 5400 Höhenmeter von einer Kamera erfasst worden war, wurde ich gleich mehrfach fündig. Und wunderte mich. Auf keinem der Bilder wirkte ich, wie ich mich tatsächlich gefühlt hatte: ausgepumpt, dem Kollaps nahe.


So habe ich jetzt das eine oder andere Erinnerungsfoto, das in, sagen wir, 15 Jahren meine Enkel zu der Aussage verleiten könnte: „Hey, Opa, zeig‘ uns noch mal das Bild vom Skirennen, das du gewonnen hast!“ Natürlich werde ich dann bei der Wahrheit bleiben, dass ich es nicht unter die ersten zehn schaffte, aber zu den „Siegern der Herzen“ gehörte. Die genaue Platzierung (792.) wird mir möglicherweise ganz zufällig entfallen sein. Der Mensch neigt ja dazu, die Vergangenheit zu verklären. Und so ein nettes Bild hilft dabei außerordentlich.

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Rekordjagd https://blogs.dw.com/abenteuersport/rekordjagd/ Wed, 12 Jan 2011 13:05:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/01/12/rekordjagd/ Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Das gilt auch für persönliche Rekorde. Meiner beim „Weißen Ring“ in Lech am Arlberg, dem angeblich längsten Skirennen der Welt, steht nach meiner Rennpremiere 2010 bei 55 Minuten und 47,89 Sekunden. Ganz knapp geschlagen, fehlten mir etwa elf Minuten zum Sieg. So wurde es Platz 954 unter 1064 Startern.


„Der Weiße Ring“ schließt sich um den Skiort Lech

Tatsachenentscheidung

Dabei war es ja eigentlich mindestens Rang 952. Denn die beiden Schnellsten, Markus Weißkopf und Ex-Skistar Patrick Ortlieb, hatten sich anschließend aus der Wertung nehmen lassen. Sie waren dabei erwischt worden, dass sie im Gegensatz zu mir Tore ausgelassen hatten. Pfui! Und wer weiß, wie viele andere der 953 vor mir Platzierten ebenso unsportlich waren? Die offizielle Ergebnisliste wurde anschließend übrigens nicht korrigiert, weil sie laut Organisationskomitee auf einer „Tatsachenentscheidung“ beruhte. Mit anderen Worten: Ein Fußballspiel wird ja auch nicht wiederholt, weil der blinde Schiedsrichter zwei glasklare Elfmeter übersehen hat.

Warmduscher-Wetter

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag werde ich also erneut Richtung Lech düsen, um am Samstag neue Tatsachen zu schaffen – auf 21688 Metern Rennstrecke über 5439 Höhenmeter, unterbrochen von fünf Liftfahrten, die in der Gesamtzeit mitgerechnet werden. Die rund 1000 Startplätze waren übrigens nach wenigen Minuten vergeben.


Hier könnte es eisig werden: die Madloch-Abfahrt

Die Meteorologen sagen für den Renntag Warmduscher-Wetter voraus: fünf Stunden Sonne, Plusgrade im Tal, Schneefallgrenze auf 2000 Metern, frühlingshafte Schneeverhältnisse. Da sollte doch ein neuer persönlicher Rekord möglich sein. Vielleicht unter 55 Minuten? Im letzten Jahr hätte das für den 923. Platz gereicht. Drückt mir die Daumen, dass ich sturzfrei durch die Schlüsselstelle komme, die meist eisige Abfahrt vom Madloch! Wenn nicht, wird unter Umständen nicht der Rekord, sondern etwas anderes gebrochen. Aber ich will ja nicht schwarz malen. Das Rennen heißt schließlich „Der Weiße Ring“.

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Ingemar und Franz https://blogs.dw.com/abenteuersport/ingemar-und-franz/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ingemar-und-franz/#comments Thu, 15 Apr 2010 15:01:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/04/15/ingemar-und-franz/ Ein Sportidol meiner Jugend hieß Ingemar, ein anderes Franz. Sie fuhren Ski – und wie. Der Schwede Stenmark wedelte wie kein zweiter durch die Torstangen, die anders als heute bei Berührung noch nicht wegkippten. Und der Österreicher Klammer raste atemberaubend schnell auch die schwersten Abfahrtsstrecken der Welt hinunter. Ingemar stand in meinen Augen für Eleganz, Franz für Mut.
Ich lernte das Skifahren mit acht Jahren, anfangs noch auf schrecklich langsamen Holzbrettern. Nur zwei Wochen im Jahr, immer in den Osterferien, blieben mir als Flachlandtiroler, um besser und vor allem schneller zu werden. Ich träumte von einer Karriere als Skirennfahrer, sah mich, je nach Stimmung, wie Ingemar durch die Stangen tanzen oder mich wie Franz in die Tiefe stürzen. Irgendwann muss es mir dann doch gedämmert haben, dass dafür zwei Wochen Training bei weitem nicht ausreichten. Den Spaß am Skifahren habe ich trotzdem nie verloren.


Auf den Spuren meiner früheren Sportidole

Der „Weiße Ring“

Und so freute ich mich riesig, in diesem Jahr zum laut Guinness-Buch der Rekorde längsten Skirennen der Welt eingeladen zu werden, zum „Weißen Ring“ in Lech am Arlberg. Natürlich als Reporter, aber mit der Chance, als einer von über 1000 Startern selbst am Rennen teilzunehmen. 22 Kilometer Piste über insgesamt 5500 Höhenmeter, unterbrochen von fünf Liftfahrten. Mein Zeitplan war eng gestrickt: Nachts mit dem Auto von Köln nach Lech, nachmittags Streckenbesichtigung, abends Pressetermin, am nächsten Morgen das Rennen. Also alles andere als eine optimale Vorbereitung. Und dann wollte ich ja auch noch das Mikrofon in die Brustinnentasche meiner Skijacke stecken und während des Rennens berichten (unten die Reportage zum Hören). Da konnte das Motto eigentlich nur heißen: Zeit unwichtig, heile ankommen.

Magenkribbeln

Als ich am Rennmorgen bei Kaiserwetter auf das Startkommando für meine Gruppe warte, kribbelt es in der Magengrube. Ingemar und Franz lassen grüßen. Doch schon auf den ersten Metern bergauf (!) werde ich zur Spreu, während der Weizen davonjagt. Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass meine Ski-Idole wohl nie bei einem Rennen erst einmal nach oben stapfen mussten, ehe sie losfahren konnten. Endlich die Kuppe, ich gehe ich in die Rennhocke, nehme Geschwindigkeit auf. Auf den ersten Kilometern riskiere ich eher zu wenig, versuche, mich an das Tempo zu gewöhnen und keine Torstange zu verpassen – Ingemar für Arme! Als ich nach Zürs hinunterrase, etwa auf der Hälfte der Distanz, traue ich mich erstmals, die Bretter richtig laufen zu lassen, gerate in einen bescheidenen Geschwindigkeitsrausch – Franz für Arme!


Die Abfahrt vom Madloch, von rechts oben zur Bildmitte

Schwindler

Dann die Abfahrt vom Madloch, die steilste und gefährlichste Passage, immer im Schatten, eisig. Wer sich hier übernimmt, kann im Rettungshubschrauber landen. Ich schwindele mich sturzfrei ins Tal, wobei ich, Ehrenwort, kein Tor auslasse. Noch einmal hinauf, dann die letzten Kilometer bis Lech. Wenigstens auf dem Zielhang will ich eine halbwegs gute Figur machen. Tatsächlich gelingt es mir, noch einen Starter zu überholen. Der Zielstrich, ich bremse, die Waden brennen. Für einen kurzen Moment bilde ich mir ein, dass der Jubel der Zuschauer mir alleine gilt, dass ich Ingemar und Franz bin. Meine Zeit, 55 Minuten und 47,89 Sekunden, und meine Platzierung, 954. von 1064 Startern, holen mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Später erfahre ich, dass die beiden Schnellsten absichtlich Tore ausgelassen haben. Habe ich mir doch gleich gedacht!

Reportage: Der ‚Weiße Ring‘

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