Sportklettern – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Adam Ondra: „Immer härter zu klettern, macht einfach mehr Spaß“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/adam-ondra-immer-haerter-zu-klettern-macht-einfach-mehr-spass/ Sat, 27 Oct 2018 15:38:35 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42595

Adam Ondra

Auch der Meister des Unmöglichen steht zuweilen vor ganz profanen Problemen. „Steig ein, ich muss noch einen Parkplatz finden“, sagt mir Adam Ondra, als wir uns vor zwei Wochen am vereinbarten Ort im Zentrum der norditalienischen Stadt Trient treffen. Der 25 Jahre alte Tscheche gehört zu den Topstars eines Sportfestivals, zu dem er mit seinem Kleinbus aus seiner Heimatstadt Brünn angereist ist.

Ondra verschiebt seit Jahren die Grenzen im Sportklettern. Schon mit 13 Jahren kletterte er eine Route im Schwierigkeitsgrad 9 a auf der in der Sportkletterszene üblichen französischen Skala – was in der Bewertung des Weltverbands der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) einer Route im elften Grad entspricht. Zum Vergleich: Reinhold Messner beherrschte zu seinen besten Zeiten als Felskletterer den siebten Grad. Ende 2016 gelang Ondra am El Capitan im Yosemite-Nationalpark im Alleingang in nur acht Tagen die erste Wiederholung der Route „Dawn Wall“, die als schwierigste Big-Wall-Route der Welt gilt. Im September 2017 meisterte er in einer Höhle nahe Flatander in Norwegen eine extrem überhängende Route – die weltweit erste 9c (glatter zwölfter Grad in der UIAA-Skala). Die Kletterwelt verneigte sich einmal mehr vor Ondra, niemand zweifelte seine Bewertung an.

Nachdem ich Adam zu dem Parkhaus in Trient gelotst habe, in dem auch mein Auto steht, nutzen wir den Weg zurück zum Veranstaltungsort für das verabredete Interview.

Adam, du kletterst, seit du ein kleiner Junge warst. Kannst du dir vorstellen, eines Tages die Nase davon voll zu haben?

Adam in der Route „Silence“

Ich denke, in einem solchen Moment wäre ich einfach nur müde, aber nicht unbedingt vom Klettern. Manchmal ist es einfach notwendig, die Batterien wieder aufzuladen und sich wieder frisch zu fühlen. Aber das hat nichts mit dem Klettern zu tun. Klettern ist so toll. Ich glaube nicht, dass ich es leid werde, denn es gibt so viele verschiedene Disziplinen. Es ist doch etwas ganz anderes, einen zwei Meter hohen Felsbrocken oder eine 1.000 Meter hohe Wand zu klettern. Ich glaube, ich kann meine Motivation immer sehr hoch halten, wenn ich zwischen den Disziplinen wechsele.

Was machst du, um dich zu entspannen?

Jeden Dezember nehme ich mir eine Kletter-Auszeit von zwei oder drei Wochen. Nach einer kompletten Saison Training und Klettern braucht mein Körper das. Und mental hilft es mir wie gesagt, zwischen Kletterhalle und Felsklettern zu wechseln, zwischen Wettkämpfen und Klettern im Freien. All das hilft mir, immer zu 100 Prozent motiviert zu sein.

Muss man vielleicht auch ein wenig verrückt sein, um solche beeindruckenden Routen zu klettern?

Was mich wirklich motiviert, immer härter zu klettern, ist nicht unbedingt, dass ich meine Grenzen verschieben will, mich darüber freuen will oder den anderen zeigen möchte, wer der Beste ist. Es ist vielmehr, dass es irgendwie mehr Spaß macht, immer härtere Routen zu klettern. Je schwieriger sie sind, desto interessanter wird das Klettern und desto mehr verrückte Moves musst du dir ausdenken. Und sobald du weißt, wie es sich anfühlt, auf einem bestimmten Level zu klettern, willst du es nicht mehr darunter tun, weil du weißt, dass du dann nicht mehr das Gleiche fühlen würdest.

Adam Ondra: Immer härter zu klettern, macht einfach mehr Spaß

Du hast in einer Höhle bei Flatander in Norwegen die erste Route der Welt im französischen  Grad  9c (12. Grad der UIAA-Skala) eröffnet. Zuerst hast du sie „Hard Project“ getauft, hartes Projekt. Nachdem du sie gemeistert hattest, nanntest du sie „Silence“, Stille. Warum?

Wenn ich das Ende einer superharten Route erreiche, schreie ich normalerweise meine Freude heraus. Aber in diesem Moment war die Emotion so stark, dass ich nichts sagen konnte. Eine Minute lang schwieg ich.

Aus welchem Grund?

Ich weiß es nicht. Vielleicht konnte ich einfach nicht fassen, dass es jetzt wirklich passiert war. Wenn du vierzehn Wochen lang an einem einzelnen Projekt arbeitest und rund zwei Saisons lang speziell darauf hintrainiert hast, dann geschieht es wohl einfach auf diese Weise.

„Die Route passt zu meinem Stil“

Glaubst du, dass deine Route wiederholt wird? Und wenn ja, wann und wer könnte es schaffen?

Ich weiß es nicht. Ich wünschte, sie könnte wiederholt werden, aber warten wir es ab! Es gibt definitiv Leute, die es draufhaben – wie Alex Megos, der meiner Meinung nach in der Lage ist, eine 9c zu klettern. Gleichzeitig glaube ich aber nicht, dass diese Route zu seinem Stil passt. Er könnte sicher eine 9c mit ‚Pockets‘ (minimalen Vertiefungen für die Finger) oder schmalen ‚Crimps‘ (Felsleisten) klettern. Aber meine Route „Silence“ ist stilistisch sehr speziell. Und ich gebe zu, dass ich sie genau deswegen ausgesucht habe. Weil ich dachte, dass sie richtig gut zu dem passt, was ich am besten kann.

Adam Ondra: Die „Silence“ passt zu dem, was ich am besten kann

Das ist ziemlich genau das, was Alex mir gesagt hat. Worin liegt denn die besondere Herausforderung deiner Route?

Es ist die Route, in die ich so viel Zeit investiert habe wie in keine andere zuvor. Ich bin die meisten 9b+ Routen weltweit geklettert und denke, dass diese Route wirklich zu meinem Stil passt. Deshalb hatte ich den Mut zu sagen: Das ist die erste 9c der Welt. Wäre ich mir nicht ganz sicher gewesen, hatte ich sie eher mit 9b+ bewertet. Aber sollte sie jemals heruntergestuft werden, wäre mir das schon total peinlich. (lacht).

Ondra bei der WM in Innsbruck

Du nimmst auch an Kletterwettbewerben teil. Bei der Weltmeisterschaft in Innsbruck im vergangenen September warst du Zweiter in der Olympischen Kombination. Sind die Olympischen Spiele in Tokio 2020 für dich ein Ziel?

Ja, definitiv. Im nächsten Jahr werde ich sowohl im Boulder-Weltcup starten, als auch im Lead-Weltcup. Das ist meine Vorbereitung für die Saison 2020, in der die Olympischen Spiele mein größtes Ziel sein werden.

Als beschlossen wurde, dass Sportklettern in Tokio zum ersten Mal olympische Disziplin wird, gehörtest du zu den Kritikern des neuen Formats – der Kombination aus Speedklettern, Lead und Bouldern. Hast du deine Meinung geändert?

Im Wettkampf

Dass ich immer noch gegen das Format bin, ändert ja nichts daran. Ich wollte immer schon bei Olympischen Spielen starten. Da spielt es keine Rolle, wie kritisch ich dem Format gegenüberstehe. An meiner kritischen Haltung hat sich nichts geändert. Aber wenn ich teilnehmen will, muss ich das Format akzeptieren. Eine andere Option gibt es nicht – außer auf die Spiele zu verzichten.

Es ist also die bittere Pille, die du schlucken musst.

Ja, genau.

Können die Olympischen Spiele das Klettern in irgendeiner Weise voranbringen?

Adam in der Route „Dawn Wall“ am El Capitan

Ich würde immer noch zwischen der Welt der Wettkämpfe und der des Kletterns im Freien unterscheiden. Ich glaube, dass es die Wettkämpfe selbst definitiv verbessern kann. Sie werden größer werden, das Interesse der Mainstream-Medien wird zunehmen. Es könnte sich sogar zu einer besseren Show entwickeln. Gleichzeitig muss es nicht unbedingt einen negativen Einfluss auf das Felsklettern haben, denn das ist eine Welt für sich. Ich glaube nicht, dass es zwangsläufig so kommen muss, dass unser Sport irgendwann zu groß wird und unsere Klettergebiete überfüllt sein werden. Ich erwarte, dass die Wettbewerbe immer beliebter werden und dass auch viel mehr Leute in die Kletterhalle gehen. Vielleicht wird auch die Anzahl derer steigen, die im Freien klettern, aber nicht in so beträchtlichem Umfang.

Adam Ondra über die möglichen Auswirkungen von Olympia auf den Klettersport

Ende 2016 hast du als Erster die Route „Dawn Wall“ am El Capitan wiederholt, in nur acht Tagen. Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson, hatten für ihre Erstbegehung 19 Tage gebraucht und sich mehr als sieben Jahre darauf vorbereitet.

Ich brauchte insgesamt einen Monat.

Wie war es für dich, eine so schwierige Big-Wall-Route alleine zu klettern?

Für mich war es eine komplett neue Erfahrung, denn ich war absoluter Anfänger in Sachen Big-Wall-Klettern. Und als eine meiner ersten Routen wählte ich zufällig diejenige, die als die härteste der Welt gilt. Ich habe viel gelernt, aber am Ende stellte sich heraus, dass es nicht wirklich schwierig war, diese Big-Wall-Kniffe zu lernen. Der schwierige Teil ist eigentlich das Klettern selbst. Es ist eine harte Route, und es hat ziemlich lange gedauert, bis ich mich mit diesem speziellen Stil vertraut gemacht hatte. Aber schließlich gelang es mir. Dennoch muss ich auch darauf hinweisen, dass Tommy und Kevin so lange gebraucht haben, weil sie erst einmal herausfinden mussten, auf welchem Weg man durch diese Wand klettern kann. Jahrelang waren sie sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt möglich sein würde. Deshalb ist es für mich super beeindruckend. Ich kannte bereits alle Details der Route und musste nur das nötige Kletterlevel mitbringen, um sie zu durchsteigen.

Adam Ondra über die „Dawn Wall“

Grenzen verschieben bis zum Alter von 35

Das klingt, als hätte es dir gefallen, aber nicht so sehr wie das Sportklettern.

Nein, ich habe es definitiv sehr genossen. Aber mit Sicherheit ist Big-Wall-Klettern eine Menge Arbeit. (lacht) Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, nur in Big Walls unterwegs zu sein, auch in puncto Training. Um eine solche Route sehr schnell klettern zu können, braucht man zunächst ein sehr hohes Sportkletterniveau. Dieses Level erreichst du vor allem durch – Sportklettern. Und wenn du dann noch eine sehr hohe körperliche Fitness hast, kannst du nach Yosemite gehen und versuchen, die Route schnell zu durchsteigen.

Denkst du, dass der Grad 9c für dich das Limit ist?

Ich glaube, dass Menschen noch härter klettern können. Ob ich es sein werde oder jemand anderer, der eine 9c+ meistert, weiß ich nicht. Es wäre schön, eines Tages eine 9c+ zu schaffen. Aber ich bin mir definitiv sicher, dass ich nie eine 10a klettern kann – obwohl ich glaube, dass es möglich ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es in 20, 30 Jahren 10a-Routen geben wird.

Du bist erst 25, aber der Tag wird kommen, an dem du merkst, dass deine körperliche Stärke nachlässt. Hast du schon darüber nachgedacht, was nach dem Sportklettern kommen könnte?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich so lange Sportklettern werde, wie ich kann. Ich bin davon überzeugt, dass ich mein Sportkletterniveau steigern kann, bis ich 35 Jahre alt bin. Danach wird es dann wahrscheinlich nicht mehr möglich sein. Gleichzeitig würde ich gerne alles, was ich gelernt habe, in die größeren Wände bringen – nicht unbedingt an einem Achttausender, aber vielleicht an einem Sechstausender, wo die Hauptschwierigkeit das Klettern selbst ist und man noch mit bloßen Händen und Kletterschuhen unterwegs sein kann. Das würde mich für die fernere Zukunft reizen.

Adam Ondra: Grenzen verschieben, bis ich 35 bin

Du fürchtest dich also nicht vor der Kälte, die du an Sieben- oder Sechstausendern aushalten müsstest?

Doch. Aber das ist Teil des Spiels, ein wenig Abenteuer, um das Klettern interessanter zu machen.

]]>
Alex Megos: „Ich lebe meinen Traum“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/alex-megos-ich-lebe-meinen-traum/ Fri, 12 Oct 2018 06:27:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42277

Alex Megos beim IMS in Brixen

Es gibt Menschen, die scheinen das Gravitationsgesetz aushebeln zu können. Alex Megos gehört dazu. Der 25 Jahre alte Franke aus der Stadt Erlangen gehört zu den besten Sportkletterern der Welt. Mit 19 meisterte er im spanischen Klettergebiet Siurana als Erster weltweit „onsight“ eine Route im französischen Klettergrad 9a, was nach der klassischen Schwierigkeitsskala dem elften Grad entspricht. Zum Vergleich: Reinhold Messner kletterte in seinen besten Tagen den siebten Grad. Onsight bedeutet, dass Alex einfach drauflos kletterte, ohne sich vorher irgendwelche Informationen über die Route besorgt zu haben. Dieser Coup öffnete ihm das Tor zum Profiklettern. In diesem Frühjahr ließ Megos ein weiteres Glanzlicht folgen: Ihm gelang im Klettergebiet Margalef im Nordosten Spaniens die Erstbegehung der Route „Perfecto Mundo“ (s. Video unten von einem seiner gescheiterten Versuche), seine erste 9b+ (nach alter Lesart im unteren zwölften Grad). Eine einzige Route weltweit wird derzeit überhaupt als noch schwieriger gewertet.

Ich habe Alex Megos beim 10. International Mountain Summit (IMS) in Brixen in Südtirol getroffen, wo sich seit Jahren die Großen der Bergszene die Klinke in die Hand geben.

Alex, du bist einer von erst drei Kletterern weltweit, die eine Route im Schwierigkeitskeitsgrad 9b+ geklettert sind. Du bist also ganz vorne mit dabei. Wie fühlt sich das an?

Es fühlt sich natürlich nicht so schlecht an. Aber eigentlich mache ich es ja nicht, um berühmt zu werden, sondern einfach, weil mir Klettern taugt und weil ich wissen möchte, wie schwer ich klettern kann, wie weit ich mein eigenes Limit nach oben schieben kann.

Erkläre doch bitte einmal einem Laien, was er sich unter einer 9b+-Route vorzustellen hat.

Das sind viele, viele schwere Kletterzüge hintereinander in sehr steilen, teilweise überhängenden Felswänden. Wenn jemand beispielsweise einen ganz normalen Türrahmen von zwei Zentimetern hat, dann kann ich daran ganz gemütlich einarmig hängen. Das ist nicht sonderlich schwer. 9b+ ist aber schwer. (lacht)

Strapazierte Finger

Wie sieht dein Training dafür aus?

Ich trainiere eigentlich täglich. Etwa fünf Tag pro Woche gehe ich an die Kletterwand, den Rest der Zeit mache ich Ausgleichstraining und andere Kräftigungsübungen an den Ringen, der Klimmzugstange, dem Fingerboard usw.

Der Tscheche Adam Ondra, der mit einer 9c die bisher wohl schwierigste Route weltweit geklettert hat, beschäftigt einen eigenen Physiotherapeuten, der ihm auch neue Bewegungen zeigt, die er in seine Kletterzüge einbauen kann. Hast du auch solche Berater?

Ich habe keinen eigenen Physio, aber ich habe zwei Trainer, Patrick Matros und Dicki (Ludwig) Korb, mit denen ich schon seit zwölf Jahren zusammenarbeite. Wir schauen gemeinsam, wo ich noch besser werden kann, feilen am Training, erfinden neue Übungen. Im Vergleich zu Laufen oder Fahrradfahren ist Klettern ja noch ein sehr junger, aber ein, wie ich finde, viel komplexerer Sport. Man hat sehr vielfältige Bewegungen, niemals dieselben. Deshalb gibt es auch so viele unterschiedliche Weltklasse-Kletterer. Der eine ist vielleicht 1,50 Meter groß und wiegt 50 Kilogramm, der andere misst 1,85 Meter und bringt 80 Kilo auf die Waage. Beide sind Weltklasse, aber in unterschiedlichen Kletterstilen. Deshalb ist das Klettern für mich so besonders. Man muss halt für sich herausfinden, wo seine Stärken und Schwächen liegen und dann daran arbeiten, sich ganzheitlich als Kletterer zu verbessern.

Im senkrechten Fels

Wenn du spektakuläre Routen kletterst, tauchen in deinem Umfeld immer dieselben Namen auf: Chris Sharma, Stefano Ghisolfi, Adam Ondra. Ist das eine kleine Clique in diesem High-End-Bereich des Kletterns?

Auf jeden Fall. Sowohl im Felsklettern, als auch im Wettkampfklettern kennt man sich. Nach den zwei Tagen hier beim IMS werde ich nach Arco fahren, um Stefano zu besuchen und mit ihm zu klettern. Man kennt sich, man besucht sich, man klettert gemeinsam, wenn es sich ergibt. Es ist wirklich eine kleine Clique.

Die angesprochene 9b+-Route, die du als Erster gemeistert hast, hatte ja eigentlich Chris Sharma vor Jahren eingebohrt, sie aber selbst nicht geschafft. Fuchst ihn das?

Ich glaube, aus dem Alter ist er heraus. (lacht) Er hat die Route vor neun oder zehn Jahren eingebohrt, es einige Jahre lang probiert und ist immer wieder gescheitert. Dann hat er sich einem anderen Projekt zugewandt, der Route „Dura Dura“, die vor vier Jahren zur ersten 9b+ weltweit wurde. Er hat sie dann auch geklettert. Da war er auch schon 33 Jahre alt. Er ist dann Vater geworden, hat eine Kletterhalle eröffnet und hatte einfach weniger Zeit. Als Stefano (Ghisolfi) und ich die Route in Margalef versucht haben, hat ihn das natürlich mega motiviert, und er hat es auch selbst wieder probiert.

Du bist jetzt 25 Jahre alt. Fühlst du dich schon auf dem Zenit deiner Leistungsfähigkeit?

Ich sehe mich auf jeden Fall noch nicht an meinem Limit. Ich habe noch so viele Schwächen gefunden, an denen ich arbeiten kann, damit ich noch schwerere Sachen klettern kann.

Im Überhang

Apropos schwerer. Es gibt ja eine 9c-Route, die von Adam Ondra 2017 erstbegangene „Silence“ in der Höhle „Hanshallaren“ bei Flatanger in Norwegen. Reizt dich diese extrem stark überhängende Route nicht?

Ich denke, für meinen Kletterstil ist diese Route nicht ideal. Es ist eine Kletterei, die mir nicht sonderlich entgegenkommt. Meine Stärken liegen in anderen Kletterbereichen. Wenn ich wirklich an meinem Limit klettern will, dann muss ich mir etwas suchen, was meine Stärken bedient. Nur dann werde ich es auch schaffen.

Wobei Adam Ondra ja gesagt hat: Wenn er es einem zutraut, dann dir.

Aber dafür müsste man sehr, sehr viel Zeit investieren. Es gibt ja gar nicht so viele Leute, die a) das Level hätten, so etwas zu klettern und b) auch noch den Willen, so viel Zeit zu investieren. Ich würde lieber die Zeit in etwas stecken, das mir mehr liegt.

Du kommst ja ursprünglich aus dem Wettkampfklettern.

Ich habe als Jugendlicher viele, viele Wettkämpfe gemacht, etwa bis ich 18 Jahre alt war. Dann habe ich für sechs Jahre komplett aufgehört. Ende 2017 bin ich dann wieder mit einigen Wettkämpfen eingestiegen und habe auch in Briancon in Frankreich wieder meinen ersten Weltcup-Wettbewerb gewonnen. Ich würde gerne wieder mehr in das Wettkampfgeschehen einsteigen.

Mit dem Fernziel Olympia 2020 in Tokio, wo Klettern erstmals olympische Sportart wird?

Natürlich ist das ein Thema. Allerdings muss ich mir das gut überlegen, weil ich in den letzten Jahren überhaupt keine Wettkämpfe bestritten habe. Dadurch habe ich etwas Rückstand. Das Format, das bei Olympia präsentiert wird – eine Kombination aus den drei Disziplinen Bouldern, Lead- und Speedklettern – kommt mir nicht entgegen, weil ich bis vor kurzem noch nie Speedklettern war. Und auch im Bouldern habe ich noch Defizite, da fehlt mir die Wettkampfpraxis. Ich muss mir also überlegen: Will ich die nächsten beiden Jahre nutzen, um diese Defizite abzubauen und mich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren? Oder ist mir das zu aufwendig, und ich verliere zu viel Zeit am Fels?

Der Schwerkraft zum Trotz

Es hat ja in der Kletterszene heftige Diskussionen über die Entscheidung gegeben, für Olympia die drei Kletterdisziplinen zu einem Wettbewerb zusammenzufassen. Wie stehst du dazu?

Ich sehe das Format sehr kritisch. Letztlich werden die 20 besten Kombinierer zu den Olympischen Spielen fahren. Es ist nicht gesagt, dass die besten Speedkletterer, die bester Boulderer und die besten Leadkletterer dabei sein werden. Von den Speedkletter-Assen hat – bis auf den Weltmeister, der automatisch qualifiziert ist – eigentlich keiner eine realistische Chance, in Tokio antreten zu dürfen, weil die Zeit zu kurz ist, um die Defizite in den anderen beiden Disziplinen aufzuholen. Die Besten im Bouldern und Leadklettern werden vielleicht dabei sein, aber dafür keine besonders gute Figur beim Speedklettern machen. Ich weiß nicht, wie das auf die Zuschauer wirkt. Es ist eigentlich nicht die Art, wie wir unsere Sportart präsentieren wollen.

In welcher Hinsicht kann das Wettkampfklettern von den Olympischen Spielen profitieren?

Es werden dann mehr Fördermittel zur Verfügung stehen, um den Klettersport populärer zu machen und mehr Kletterern zu ermöglichen, das Klettern zu ihrem Beruf zu machen. Das wäre natürlich wünschenswert. Heutzutage ist es ja eine Seltenheit, dass jemand sagt, ich bin Profikletterer und kann davon auch wirklich leben.

Körperspannung

Du hast ja schon als Kleinkind angefangen zu klettern. Ist es irgendwann zur Sucht geworden? Könntest du überhaupt noch ohne?

Nein. Ich könnte im Moment nicht ohne Klettern leben. Es hat sich wirklich zu einer Art Sucht entwickelt. Ich habe ja schon mit fünf, sechs Jahren angefangen. Es hat mir Riesenspaß gemacht. Dann wurde es mehr und mehr. Ich konnte einfach nicht genug davon bekommen. Und das ist immer noch so. (lacht)

Wenn du in diesen Felsen hängst und diese für uns unmöglich erscheinenden Stellen bewältigst, was geht da in dir vor?

Ich denke, für mich ist es letztendlich ein Weg, meine Grenzen auszutesten. Jeder hat doch seine Sache, in der er gut ist und gucken will, wie gut er werden kann. Für mich ist das eben das Klettern. Es ist mein Weg, Energie herauszulassen und meinen Traum zu leben.

Bist du eigentlich ein Schönwetterkletterer?

Nein, ich mag es, wenn es kalt und bissig ist. (lacht)

Chris Sharma hat mir mal gesagt, er klettere am liebsten in der Sonne. Deshalb kämen die ganz hohen Berge für ihn nicht in Frage.

Die ganz hohen Berge kommen für mich auch nicht in Frage. Da hat es ja minus 20 Grad und Schnee, da macht es keinen Sinn zu klettern. Aber für mich muss es nicht schön sein. Ich gehe auch bei Regen klettern oder wenn es bewölkt ist.

Die „Huberbuam“, Thomas und Alexander Huber, kamen ja auch aus dem Sportklettern, sind aber dann irgendwann zu den großen Bergen gewechselt. Wäre das für dich auch eine Perspektive für die Zukunft?

Im Moment kann ich mir noch nicht vorstellen, auf Expedition zu gehen und in zehn oder fünfzehn Jahren irgendwelche Sieben- oder Achttausender zu besteigen. Aber das heißt ja nicht, dass es nicht vielleicht irgendwann doch passiert. Im Augenblick, glaube ich, werde ich es mal beim Sportklettern belassen. (lacht)

]]>
UIAA-Chef Frits Vrijlandt: Fünf Fragen, fünf Antworten https://blogs.dw.com/abenteuersport/uiaa-chef-frits-vrijlandt-fuenf-fragen-fuenf-antworten/ Sun, 16 Oct 2016 06:33:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33993 Frits Vrijlandt

Frits Vrijlandt

Die Niederlande heißen nicht umsonst so. Der höchste „Gipfel“, der Vaalserberg nahe Aachen, ist gerade mal 323 Meter hoch. Und doch heißt es an den höchsten Bergen der Welt immer wieder „Oranje boven“. So ist auch Frits Vrijlandt kein unbeschriebenes Blatt in der Szene. Im Jahr 2000 war er der erste Niederländer, der den Mount Everest von der tibetischen Nordseite aus bestieg, später dann der zweite Bergsteiger seines Heimatlandes, der auf den Seven Summits, den höchsten Bergen aller Kontinente stand. Beim International Mountain Summit (IMS) in Brixen tagte jetzt auch der Weltverband der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) – und wählte Vrijlandt für weitere vier Jahre zum Präsidenten.

Frits, ein Mann aus so einem flachen Land ist Chef aller Bergsteiger weltweit. Das klingt ein bisschen kurios.

(Er lacht) Warum eigentlich? Ich muss doch ein Freund aller Länder sein, die Berge haben. Das ist für meine Rolle wichtig, alle Länder zusammenzubringen.

Wie ist es für jemand, der die höchsten Berge aller Kontinente bestiegen hat, ein Bergfunktionär zu sein?

Ich mache das ja schon vier Jahre. Es gibt Parallelen zum Bergsteigen. Man möchte Ziele erreichen, und auch der Weg dorthin kann schön sein.

Bergsteiger reden häufig über Freiheit und Unabhängigkeit, viele sind auch ziemliche Egoisten. Wie passt das zusammen mit einem Weltverband, der Regeln aufstellen soll?

Das ist nicht unsere Hauptaufgabe. Wir wollen eher den Alpinvereinen dabei helfen weiterzukommen. Wir kümmern uns um Sicherheit, Sport und Umweltschutz. Das geht nicht immer zusammen. Besonders Umweltschutz und Bergerlebnis erzeugen oft ein Spannungsfeld, und das überall in der Welt.

Viel Verkehr auf der Everest-Normalroute

Viel Verkehr auf der Everest-Normalroute

Im neuen Strategiepapier der UIAA für die nächsten Jahre ist keine Kommission für Expeditionen mehr vorgesehen. Gibt es aus Sicht des Weltverbands in diesem Bereich keine Probleme mehr?

Die große „Eroberung“ der Berge, wie man früher gesagt hat, ist vorbei. Aber es bleibt natürlich eine Aufgabe, auch wenn wir keine eigene Kommission mehr dafür brauchen. Wir beschäftigen uns z.B. besonders mit Nepal, denn dort steht der höchste Berg der Welt. Heute, mit den kommerziellen Expeditionen und mit Sherpa-Unterstützung, ist es fast für jede gut trainierte, wenig erfahrene Person möglich, in die Nähe des Everest-Gipfels zu kommen. Aber das ist auch eine ethische Frage. Wir denken, der Everest sollte ein Berg bleiben für Leute, die erfahren sind. Sie sollen in der Lage sein, selbstständig oder mit einem Partner hochzusteigen – und nicht von zehn oder mehr Sherpas abhängig sein, die alles für sie entscheiden.

Sportklettern wird 2020 in Tokio olympisch. Was bedeutet das für den Bergsport?

Ich finde es super. Das ist für unsere Verbände, die Sportklettern anbieten, eine große Aufgabe. Ich glaube, es wird nur positive Effekte haben. Für Top-Sportkletterer ist der Anreiz, dabei zu sein, vielleicht der gleiche wie für Bergsteiger, die steilste Wand zu durchklettern oder den höchsten Gipfel zu erreichen.

]]>
Sportkletterer Halenke: „Olympia als Türöffner“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/sportkletterer-halenke-olympia-als-tueroeffner/ Wed, 24 Aug 2016 13:03:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33523 Sebastian Halenke in Aktion

Sebastian Halenke in Aktion

Die Olympische Flagge ist schon da, die Kletterer kommen in vier Jahren. Heute präsentierte Gouverneurin Yuriko Koiki am Tokioter Flughafen Haneda die Flagge mit den Olympischen Ringen, die ihr der Bürgermeister von Rio bei der Abschlussfeier der dortigen Spiele übergeben hatte. Erstmals werden 2020 in Tokio auch Sportkletterer ganz offiziell um Medaillen wetteifern (eine Woche vor den Winterspielen 1992 in Albertville gab es schon einmal einen Demonstrationswettbewerb, den Stefan Glowacz gewann). „Als Wettkampfkletterer begrüße ich diese Entwicklung natürlich grundsätzlich!“, sagt Sebastian Halenke mit Blick auf die Olympia-Premiere. „Bis jetzt ist das Klettern als Wettkampfsport noch kaum medienpräsent und selbst innerhalb der Kletterszenerie wird über die Wettkämpfe oft nur sehr spartanisch berichtet.“ Der 21-Jährige aus Baden-Württemberg, dessen Markenzeichen sein roter Irokesenschnitt ist, gehört im Weltcup zu den Top Ten in der Disziplin Lead, also im Vorstiegs- oder auch Schwierigkeitsklettern. Dabei müssen die Kletterer nach kurzer Ansicht eine Route innerhalb eines Zeitlimits möglichst weit sturzfrei klettern.

Abhängig von der Familie

climbing-olympicsDie Förderung für Wettkampfkletterer sei „noch sehr unzureichend und es ist nicht einfach als solcher zu (über-)leben“, schreibt mir Sebastian, der noch jung genug ist, um realistische Chancen auf einen Start in Tokio zu haben. „Persönlich hoffe ich, dass Olympia 2020 dabei ein Türöffner sein könnte, um Wettkampfklettern populärer zu machen und perspektivisch die Möglichkeit besteht, als Wettkampfkletterer ein höheres Maß an Unterstützung zu erhalten.“ Bisher seien die Kletterer „praktisch von der familiären Unterstützung abhängig, und nur mit einem soliden finanziellem Hintergrund hat man tatsächlich die Chance, sich als Wettkämpfer auch zu entwickeln.“

Saisonziel Nr. 1: WM in Paris

Halenke kletterte bereits mit zwölf Jahren seinen ersten Jugend-Wettkampf. Heute gehört er zur Weltspitze. Am vergangenen Wochenende belegte er beim Weltcup in Imst in Österreich den fünften Rang, seine bisher beste Platzierung in diesem Jahr. Die Formkurve steigt. Sein Saisonziel Nummer eins in diesem Jahr ist die Weltmeisterschaft vom 14. bis 18. September in Paris, für die er sich viel vorgenommen hat.

Kehrseite der olympischen Medaille

Sebastian-Halenke-IIWie alle Kletterer, mit denen ich bisher gesprochen habe, sieht auch Sebastian die für Tokio geplante Kombination aus den drei Disziplinen Lead, Bouldern und Speed zu einem einzigen Wettbewerb kritisch. Die besten Allrounder sollen also mit Medaillen belohnt werden. „Es wird nicht leicht sein, in solch einem Format das Klettern mit all seinen Disziplinen gut zu präsentieren“, sagt der Lead-Spezialist.
Bisher sind die Sportkletterer eine verschworene Gemeinschaft. Sebastian Halenke fürchtet, dass sich das ändern könnte, wenn die Sportart nun olympisch wird. „Ich hoffe, dass das Klettern im Wettkampfsport von ausufernder Korruption verschont bleiben wird und dass sich das sehr familiäre Verhältnis der internationalen Klettergemeinschaft auch in Zukunft halten wird. Bis jetzt haben alle Topathleten immer ein sehr enges, soziales Verhältnis.“ Ginge es verloren, wäre das die Kehrseite der olympischen Medaille.

]]>
Sportklettern wird olympisch – Freude und Bedenken https://blogs.dw.com/abenteuersport/sportklettern-wird-olympisch-freude-und-bedenken/ Fri, 05 Aug 2016 14:00:42 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33402 climbing-olympicsNoch habe ich keine olympischen Ringe unter den Augen. Aber das wird sich in den nächsten zwei Wochen wegen der Zeitverschiebung zwischen Rio de Janeiro und hier sicher ändern. Wenn dann in vier Jahren in Tokio die nächsten Sommerspiele in anderer Zeitzone anstehen, gibt es einen zusätzlichen Grund, die täglichen Gewohnheiten zu ändern: Sportklettern wird 2020 olympisch. Das hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) beschlossen. „Ich finde es voll klasse“, sagt mir der deutsche Topkletterer Thomas Huber. „Wir müssen offen dafür sein. Das Sportklettern hat es sich wirklich verdient, ins olympische Programm aufgenommen zu werden, weil sich der Wettkampf positiv weiterentwickelt hat.“ Die Entscheidung des IOC könne für junge Menschen Signalwirkung haben.

Buntes Spektakel

Thomas Huber

Thomas Huber

Sein jüngerer Bruder Alexander und er hätten als junge Kletterer selbst an einigen Wettkämpfen teilgenommen, „eher schlecht als recht“, erzählt der 49-Jährige. Aber damals habe das Wettkampfklettern noch in den Kinderschuhen gesteckt. „Wenn ich mir heute den Boulder-Weltcup angucke, bin ich begeistert: Farbenfroh, spektakulärste Routen, fast schon Artistik. Da geht es richtig rund.“ Klettern sei zwar, wie es die Alpenvereine immer noch propagierten, auch Abenteuer, aber eben nicht nur, findet der ältere der beiden Huberbuam: „Es ist ein attraktiver, ernstzunehmender Sport. Auch ich trainiere wie ein Leistungssportler, um etwa auf Expedition nach Pakistan zu gehen.“

„Das ist Blödsinn!“

Thomas-Huber-klettertDer 23 Jahre alte Tscheche Adam Ondra, einer der weltbesten, wenn nicht der beste Sportkletterer derzeit, lehnt den Plan ab, Kletterer bei Olympia in allen drei Disziplinen – Lead (Vorstieg), Bouldern und Speedklettern – antreten zu lassen und die Ersten der Gesamtwertung mit Medaillen zu belohnen. Thomas Huber pflichtet ihm bei: „Das sind unterschiedlichste Disziplinen. Man kann nicht alles in einen Topf werfen. Das ist Blödsinn! Wenn die Funktionäre das machen, haben sie die Sportart Klettern nicht verstanden. Dann kannst du es gleich wieder vergessen.

Vom Kern entfernt

David Lama

David Lama

Ein eher grundsätzliches Problem mit Klettern bei Olympia hat David Lama. Der 26 Jahre alte Topkletterer aus Österreich war als Jugendlicher selbst ein sehr erfolgreicher Wettkämpfer, gab es dann aber auf, um sich voll auf alpine Ziele zu konzentrieren. Klettern, sagt David, „entwickelte sich aus dem Entdeckungsdrang der Menschen, aus dem Trieb, auf Berge zu steigen und sich auf ein Abenteuer einzulassen. Das ist der Kern des Kletterns, und in dieser Form gibt es auch heute noch keine richtigen Regeln.“ Um einen fairen Wettkampf zu garantieren, bedürfe es aber klarer Regeln. Schon allein deshalb habe sich das Wettklettern vom „richtigen Klettern“ entfernen müssen.

„Äpfel und Ananas“

David in der KletterwandDie Aufnahme des Sports in die Olympischen Spiele werde sicher dazu führen, dass sich der Sport weiter von seinem Kern entferne, glaubt Lama. „Aber ist das nun schlecht? Solange man sich dessen bewusst ist, dass ein Wettkampf noch nie die Grundidee des Kletterns widergespiegelt hat und nie widerspiegeln kann, ist es weder gut noch schlecht. Es ist schlicht und einfach egal.“ Schließlich könne man Äpfel und Birnen nur schwer vergleichen. „Müsste ich persönlich die Entscheidung treffen, würde ich mich aber klar gegen die Olympischen Spiele aussprechen, um die Kletter-DNA im Wettklettern nicht weiter zu verwässern“, sagt David. „Der passende Vergleich wäre sonst bald Äpfel und Ananas.“

]]>
Marietta Uhden ist tot https://blogs.dw.com/abenteuersport/marietta-uhden-ist-tot/ Wed, 26 Nov 2014 10:50:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27835 Marietta Uhden (1968-2014)

Marietta Uhden (1968-2014)

Eine der großen deutschen Kletterinnen ist tot. Marietta Uhden starb in der Nacht zum Montag im Alter von 46 Jahren an Krebs. Sie hatte seit Jahren gegen die schreckliche Krankheit gekämpft. Die gebürtige Münchnerin war in ihrer Kindheit Turnerin und fand erst im Alter von 20 Jahren zum Sportklettern. Die Erfolge stellten sich schnell ein. 1993 holte Uhden ihren ersten von insgesamt zwölf deutschen Meistertiteln (zehn im Schwierigkeitsklettern, zwei im Bouldern). 1997 wurde sie WM-Dritte im Sportklettern, im Jahr 2000 gewann sie als erste deutsche Kletterin den Boulder-Weltcup.2005 beendete die „Steffi Graf des deutschen Sportkletterns“, wie Marietta  einmal genannt wurde, ihre Wettkampf-Karriere und widmete sich wieder ausschließlich dem Felsklettern. „Ich liebe es, in der freien Natur klettern zu gehen, mit ganz wenigen Dingen auszukommen und unter freiem Himmel zu übernachten“, sagte Uhden damals in einem Interview der Zeitschrift ALPIN. Auch im Fels setzte sie Maßstäbe: So konnte sie 2001 als erste Frau weltweite eine Route im elften Schwierigkeitsgrad („Sonne im Herzen“ in den bayrischen Voralpen) erstbegehen. Marietta hinterlässt ihren Ehemann und eine bald fünfjährige Tochter. R.I.P.

]]>
Olympische Gänsehaut https://blogs.dw.com/abenteuersport/olympische-gansehaut/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/olympische-gansehaut/#comments Fri, 10 Aug 2012 15:29:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=16183

Bald olympisch?

Gänsehaut-Atmosphäre. Die gab es in den letzten zwei Wochen reichlich bei den Olympischen Spielen. Das erinnerte mich an einen meiner Lieblingsträume aus Kindertagen: Ich muss den entscheidenden Elfmeter im Finale meines Leib- und Magenvereins 1. FC Köln schießen. Mucksmäuschenstill ist es im Stadion. 50.000 Zuschauer starren gebannt auf mich. Ich laufe an und versenke den Ball im Netz. Das Stadion tobt, auf den Schultern werde ich hinausgetragen. Mein kaum vorhandenes Fußball-Talent verhinderte, dass aus diesem Traum Wirklichkeit wurde. Auch sonst langte es sportlich nur zu persönlichen Bestleistungen, Galaxien entfernt von Olympia. Zur Meisterschaft brachte ich es lediglich im Mitfreuen. Und ich würde auch mit Kletterern jubeln – wenn sie im Jahr 2020 um olympisches Edelmetall wetteifern sollten.

Einer von acht kommt durch

Das Sportklettern hat es nämlich im vergangenen Jahr auf die so genannte „Shortlist“, also in die Endauswahl der acht Kandidaten geschafft. Im September 2013 in Buenos Aires entscheidet das Internationale Olympische Komitee (IOC), welche neue Sportart bei den Spielen in acht Jahren ins olympische Programm aufgenommen wird. Nur eine von der Liste kommt durch. Die Konkurrenten heißen Baseball, Softball, Squash, Rollersports (Inline-Skater, Rollhockey und ähnliches), Wakeboard, Karate und Wushu (ebenfalls eine asiatische Kampfsportart).

„Klettern verdient es, olympischer Sport zu sein und natürlich wäre ich gerne mit dabei“, sagt Adam Ondra, der 19 Jahre alte Tscheche, der seit Jahren zur absoluten Weltspitze der Sportkletterer gehört. Sportklettern ist weltweit in. Im internationalen Fachverband IFSC (International Federation of Sport Climbing) sind inzwischen 64 nationale Kletterverbände als Vollmitglieder registriert, für Deutschland der Alpenverein.

Gold für Tauhangeln und Himalaya-Expedition

Gold für Expeditionsteam 1922

Zwischen 1896 und 1924 war Klettern schon einmal olympisch – allerdings nur „beinfrei“ und damit eher turnerisch. Beim Tauhangeln gewann Gold, wer am elegantesten und schnellsten an einem knapp 15 Meter hohen, frei hängenden Seil empor kletterte – bei gestreckten und unbewegten Beinen. Und auch fürs Bergsteigen gab es einst olympisches Edelmetall. Das IOC belohnte insgesamt dreimal besondere Leistungen im Hochgebirge. Bei den Winterspielen 1924 in Chamonix wurden die Mitglieder der britischen Mount-Everest-Expedition 1922 mit Gold dekoriert. 1932 bei den Sommerspielen in Los Angeles ehrte das IOC die deutschen Brüder Franz und Toni Schmid mit dem „Prix olympique d’alpinisme“. Die beiden Münchner hatten im Jahr zuvor als Erste die Matterhorn-Nordwand durchstiegen. Toni Schmid erlebte den „Olympiasieg“ nicht mehr: Zweieinhalb Monate vor den Spielen stürzte er in den Hohen Tauern aus der Wiesbachhorn-Nordwestwand in den Tod. Die letzten Olympia-Gewinner im Bergsteigen kamen aus der Schweiz. Günter und Hettie Dyhrenfurth wurden 1936 in Berlin für „eine Reihe von bemerkenswerten Aufstiegen und wissenschaftlichen Expeditionen im Himalaya“ ausgezeichnet.

Ü 50

Dann war Sense mit olympischen Medaillen für Bergsportler. Vielleicht klappt es ja für die Sportkletterer 2020 in Tokio, Madrid oder Istanbul. Die Entscheidung, wer die Spiele ausrichtet, fällt ebenfalls im September 2013. Ich erwäge, vorher noch den Antrag beim IOC zu stellen, einen eigenen Wettbewerb in der Altersklasse Ü 50 ins Programm aufzunehmen. Als bekennender „Dilettant in der Wand“ hätte ich zwar auch in dieser Disziplin eine gegen minus unendlich tendierende Medaillenchance, würde ich mich aber auf das olympische Motto berufen: „Dabeisein ist alles!“ Damit ich doch noch zu meiner Gänsehaut komme.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/olympische-gansehaut/feed/ 2