Stefan Glowacz – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Glowacz: „Wegducken bedeutet akzeptieren” https://blogs.dw.com/abenteuersport/glowacz-wegducken-bedeutet-akzeptieren/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/glowacz-wegducken-bedeutet-akzeptieren/#comments Wed, 01 Feb 2017 13:48:52 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34921 Stefan Glowacz

Stefan Glowacz

Bergsteiger und Kletterer reisen. Häufig und wie selbstverständlich. Schließlich kommen die Berge nicht zu ihnen. Gerade deshalb sollte es eigentlich auch selbstverständlich sein, dass Bergsportler ihre Stimme erheben, wenn die Reisefreiheit eingeschränkt oder sogar aufgehoben wird – wie jetzt durch US-Präsident Donald Trump für Menschen aus Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen. Bisher ist der große Aufschrei der Szene noch ausgeblieben. Liegt es vielleicht daran, dass in diesen Ländern – mit Ausnahme Irans – die Zahl der Bergsteiger und Kletterer überschaubar ist? Oder dass jene Staaten (noch) nicht zu den bevorzugten Reisezielen der Bergfreunde zählen? Immerhin hat jetzt der deutsche Spitzenkletterer Stefan Glowacz Klartext geredet.

Für Freiheit, Toleranz und Respekt

„Mit der Einschränkung der Reisefreiheit für bestimmte Nationalitäten, fühle ich mich mittelbar betroffen, weil Freunde und Bekannte unmittelbar betroffen sind“, schreibt der 51-Jährige auf Facebook. „Wie etwa die iranische Kletterin Nasim Eshqi, welche ich persönlich kenne und schätze.“ Die 36-Jährige gehört zu den besten Felskletterinnen ihres Landes.

Nasim Eshqi in Aktion

Nasim Eshqi in Aktion

Kletterer, so Stefan Glowacz weiter, definierten ihren Sport vor allem über Freiheit: „Keine Regeln, keine Schiedsrichter. Wir schätzen und leben die Freiheit, jederzeit (und fast überall hin) aufbrechen zu können. Freiheit ist d e r Bestandteil, warum der Klettersport für viele von uns so faszinierend ist.“ Demokratische Werte seien in Gefahr, sagt Glowacz: „Haben uns die Ereignisse und Kriege der Vergangenheit nicht gezeigt, dass es nur gemeinsam geht? Mit Toleranz und Respekt, wie u.a. wir Kletterer es immer wieder am eigenen Leib erfahren – ganz egal in welches Land wir reisen?“ Glowacz warnt davor, angesichts der Trumpschen Politik einfach nur den Kopf in den Sand zu stecken: „Wegducken oder Schweigen bedeutet akzeptieren. Wir sollten etwas verändern wollen.“

Eine Schande!

Farnaz Esmaeilzadeh ist wütend

Farnaz Esmaeilzadeh ist wütend

Die iranische Wettkampfkletterin Farnaz Esmaeilzadeh versteht nach Trumps Einreiseverbot die Welt nicht mehr. „Ich bin doch nur eine Athletin und habe mir nicht ausgesucht, wo ich geboren wurde“, schreibt die 28-Jährige auf Facebook. „Auch wenn ich meine Kultur und mein Land liebe, versuche ich doch einfach nur, weiterzukommen, ein besseres Leben zu führen, für meine Ziele zu arbeiten, wie es viel anderen erfolgreichen Leute auch tun.“ Trumps Entscheidung sei „rassistisch und inhuman“, findet Farnaz. „Es ist eine Schande! Wenn alle Menschen auf der Welt die gleichen Bedingungen hätten, könnte man sehen, wer wirklich talentiert ist.“

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/glowacz-wegducken-bedeutet-akzeptieren/feed/ 1
Ondras „Dawn Wall“-Coup: „Genial“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ondras-dawn-wall-coup-genial/ Wed, 23 Nov 2016 14:38:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34287 Adam Ondra bejubelt seinen Erfolg

Adam Ondra bejubelt seinen Erfolg

Was für ein Teufelskerl! Adam Ondra hat die Route „Dawn Wall“ im Granit des El Capitan in nur acht Tagen frei geklettert, sich also bloß mit Händen und Füßen durch die meist senkrechte, teilweise überhängende Wand bewegt und technische Hilfmittel wie Seile oder Klemmkeile nur genutzt, um sich zu sichern. Dem 23 Jahre alten Tschechen gelang damit die erst zweite freie Begehung der Felsroute, die als die schwierigste der Welt gilt. Anfang 2015 hatten die beiden US-Amerikaner Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson die „Dawn Wall“ nach 19 Tagen in der rund 900 Meter hohen Wand erstmals „befreit“, ein Meilenstein der Klettergeschichte. Mehr als sieben Jahre hatten sie sich darauf vorbereitet. Ondra hielt sich gerade einmal zweieinhalb Wochen am El Capitan im Yosemite-Nationalpark auf. „Total krass“ findet Kevin Jorgeson den Erfolg des jungen Tschechen: „Für Tommy und mich stellte sich die Frage, ob es überhaupt möglich ist. Wir ließen viel Raum, um den Stil zu verbessern und Adam machte genau das! Super beeindruckend ist, dass er sich so schnell an den einzigartigen Stil der ‚Dawn Wall‘ anpassen und so viele komplexe Passagen so schnell meistern konnte.“ Auch die deutsche Kletterszene ist begeistert.

„Als würde Bolt den Marathon gewinnen“

Auch im Dunkeln unterwegs

Auch im Dunkeln unterwegs

Alexander Huber, mit 47 Jahren der jüngere der „Huberbuam“, bewertet Ondras Leistung „seiner Fähigkeit entsprechend: meisterhaft, genial.“ Alexanders älterer Bruder sieht es ähnlich. „Das ist ‚das‘ Statement der neuen Generation“, schreibt mir Thomas Huber (der übrigens am Freitag vergangener Woche seinen 50. Geburtstag feierte). „Für mich ist es die bisher größte Leistung im Klettern unserer Zeit. Die Latte liegt jetzt hoch!“ Auch Stefan Glowacz ist hin und weg. „Ich klettere nun seit über 40 Jahren, aber diese Leistung ist für mich kaum nachvollziehbar“, schreibt der 51-Jährige auf Facebook. „Es ist großartig zu beobachten, wie die junge Generation den Klettersport in immer neue, kaum für möglich gehaltene Dimensionen katapultiert.“ Die Leistung Ondras sei „eine Art Verschmelzung von Leidenschaft, Besessenheit und außergewöhnlichem Können, vor allem jedoch eine beispiellose mentale Leistung.“ Umso mehr, als es für Adam Ondra seine erste „Big Wall“-Erfahrung gewesen sei. „Irgendwo habe ich folgenden Vergleich gelesen: als würde Usain Bolt jetzt auch noch den Marathon gewinnen.“

„Dawn Wall“ in 24 Stunden?

Experten halten Adam Ondra bereits seit Jahren für den besten Sportkletterer weltweit. In der „Dawn Wall“ am El Capitan war er mit seinem Landsmann Pavel Blazek und dem österreichischen Fotografen Heinz Zak unterwegs. Ondra kletterte alle 32 Seillängen der Route im Vorstieg. „In den ersten beiden Tagen war ich nervös wie eine Katze“, gesteht Adam in einem Interview der tschechischen Website emontana.  Die beiden Schlüsselseillängen 14 und 15 zu klettern, habe sich angefühlt, „als hielte man sich an Rasierklingen fest. Aber von ihnen abgesehen, gibt es dort Seillängen, die ich zu den besten zähle, die ich jemals geklettert bin.“ Gut möglich, dass Ondra schon bald erneut in die Route einsteigen wird. „Ich würde sie gerne viel schneller klettern als diesmal“, sagt Adam und legt die Latte ganz hoch: „Ich denke, die „Dawn Wall“ in 24 Stunden ist eine tolle Herausforderung. Es ist ganz sicher nicht mein Ziel für das nächste Jahr. Ich würde gerne ein paar Saisons lang eine mentale Auszeit nehmen, aber das Projekt wäre schon interessant als ein Lebenstraum.“ So absurd dieser Traum auch klingen mag, diesem Teufelskerl ist wirklich alles zuzutrauen.

]]>
Nachhilfe für Jogis WM-Expedition https://blogs.dw.com/abenteuersport/mike-horn-nationalelf-wm-brasilien/ Thu, 12 Jun 2014 14:28:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26433 Mike Horn (r.) und unsere Kicker

Mike Horn (r.) und unsere Kicker

Da kann doch nichts mehr schief gehen für Jogi und seine Jungs. Vor dem WM-Start ließ sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gestern im Teamquartier Campo Bahia von einem Extremsportler motivieren. Mike Horn berichtete Löw und Co. zunächst über seine Abenteuer auf See, im Eis und auf den höchsten Bergen der Welt. Dann entführte Mike die Kicker auf seine 35 Meter lange Expeditionsyacht „Pangaea“, brachte ihnen das kleine Halbmalhalb des Segelns bei (fürs Einmaleins dürfte die Zeit zu knapp gewesen sein) und fuhr mit ihnen kurz hinaus auf den Atlantik.

Seekrank

Kapitän Mike (r.) mit Kapitän Philipp (l.)

Kapitän Mike (r.) mit Kapitän Philipp (l.)

„Um ehrlich zu sein, gab es den einen oder anderen, der sich nicht ganz so wohl gefühlt hat“, räumte Teammanager Oliver Bierhoff anschließend ein. Die medizinische Abteilung musste jedoch nicht eingreifen, ganz so schlimm kann es also nicht gewesen sein. Philipp Lahm, Kapitän der Nationalelf, nicht der Yacht, war jedenfalls begeistert von Mike Horn. „Er hat uns viele Dinge mitgegeben, die hilfreich sein könnten“, sagte Lahm. „Er hat uns aufgezeigt, was der menschliche Körper imstande ist zu leisten. Das ist unvorstellbar.“

Nordpol bei Nacht

Mike auf dem Gipfel des Makalu

Mike auf dem Gipfel des Makalu

Der Südafrikaner Mike Horn lebt seit langem in der Schweiz und ist ein sehr vielseitiger Abenteurer. So wanderte und schwamm er 1997 allein von der Quelle bis zur Mündung des Amazonas, rund 7000 Kilometer in 171 Tagen. 2006 gelangte Horn mit dem Norweger Børge Ousland mit Skiern und Schlitten zum Nordpol – mitten in der Polarnacht. Und auch an den höchsten Bergen der Welt war Mike unterwegs. 2007 bestieg er im Karakorum die Achttausender Gasherbrum I und II, 2010 den Broad Peak. Im vergangenen Jahr stoppte ihn schlechtes Wetter am K 2. In diesem Frühjahr stand Horn auf seinem vierten Achttausender-Gipfel, dem 8485 Meter hohen Makalu in Nepal. Mike Horn, sein Schweizer Teamgefährte Fred Roux und der Deutsche Florian Hübschenberger waren in dieser Saison unter rund 50 erfolgreichen Bergsteigern am fünfthöchsten Berg der Erde die einzigen, die auf Flaschen-Sauerstoff verzichteten.

Folgetherapie

Mike Horn soll übrigens im Verlaufe der WM in Brasilien noch einmal bei Jogis Jungs aufkreuzen – um ihnen den womöglich nötigen letzten Tritt in den Allerwertesten zu geben, damit sie sich hochmotiviert den Pokal schnappen. Vor der WM 2006, hatte der deutsche Spitzenkletterer Stefan Glowacz den Impulsgeber für die Kicker gespielt. Platz drei sprang damals heraus, immerhin. Aber eben nur ein Nebengipfel.

P.S. Ich würde gerne wieder im Wettbewerb um den „Online-Star“ meinen Hut in den Ring werfen. Im letzten Jahr schaffte es „Abenteuer Sport“ unter die Top Ten der Blogs und landete schließlich auf einem Europa-League-Startplatz. Die genaue Platzierung darf ich nicht bekannt geben :-( , weil nur die ersten drei veröffentlicht werden sollen. Es handelt sich um eine Publikumswahl. Wenn euch mein Blog gefällt, stimmt bitte für ihn. So geht’s: Auf die Wettbewerbsseite (hier) gehen und den Button „Zur Vorwahl“ drücken. Der Rest ergibt sich eigentlich von selbst. Die Kategorie wäre „Private blogs“ (im Gegensatz zu Commercial Blogs). Da müsstet ihr dann die Blog-Adresse http://blogs.dw.com/abenteuersport eingeben. Die Vorrunde endet am 6. Juli. Bitte weitersagen! Tausend Dank!

]]>
Begegnungen im Nebel über Brixen https://blogs.dw.com/abenteuersport/begegnungen-im-nebel-uber-brixen/ Mon, 21 Oct 2013 00:40:35 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=23907

Wetter zum Schuhe an den Nagel hängen

Frei nach Platon: Ich sehe, dass ich nichts sehe. „Das ist ja wie bei uns in London“, meint mein englischer Kollege Chris, nachdem wir uns vor dem dichten Nebel und dem kalten Wind in die auf 2446 Metern gelegene Plosehütte geflüchtet haben und durch das Fenster in die trübe Wolkensuppe blicken. Keine Spur von dem Panorama, das wir noch am Vortag bei der IMS-Wanderung zum selben Ziel, der Pfannspitze, genossen haben. Als wir auf den Bergrücken steigen, der zum Gipfel führt, bläst uns ein eisiger Wind ins Gesicht und mir meinen Tirolerhut beinahe vom Kopf. Gerade noch kann ich ihn vor dem Abflug ins graue Nichts bewahren. An Interviews mit den bekannten Bergsteigern, die uns heute begleiten, ist hier oben nicht zu denken. Und auch das Gipfelkreuz schenken wir uns diesmal.

Auf geht’s zu den großen Wänden

David Lama

Als wir später auf der Rossalm einkehren, reißt die Wolkendecke wenigstens einmal kurz auf. Doch als ich mit David Lama zu einer Bank oberhalb der Hütte aufsteige, um in Ruhe mit ihm zu sprechen, hüllt uns erneut dichter Nebel ein. Davids Vater stammt aus dem Khumbu, dem Gebiet um den Mount Everest, seine Mutter ist Österreicherin. Eines Tages wolle er auch dort klettern, verrät mir der 23 Jahre alte Innsbrucker: „Ich möchte auf jeden Fall irgendwann herüber, weil es dort tolle Berge mit fantastischen Linien gibt, die noch nie geklettert wurden. Das reizt mich. Und zusätzlich habe ich eben noch den persönlichen Bezug.“ Als Sportkletterer hat David schon im Kindesalter für Schlagzeilen gesorgt. „Heute sehe ich mich eher als Alpinist“, sagt Lama und fügt mit einem verschmitzten Lächeln hinzu: „Und auch ein bisschen als Bergsteiger“. 2012 hat er mit der Chogolisa in Pakistan seinen ersten 7000er bestiegen. „Das war ein extrem lässiges Erlebnis, dort oben über den Gipfelgrat zu steigen“, erinnert sich David. Aber eigentlich sei diese Expedition nur die Vorbereitung für extremere Projekte gewesen. „Mein Ziel ist es, hohe und schwierige Wände zu klettern.“ Wir werden also von David hören. Im nächsten Sommer reist er erneut in den Karakorum.

Kurze Zeltnacht im Foyer

Ungewöhnlicher Biwakplatz

Steilste Wände klettern war auch immer die Leidenschaft von Stefan Glowacz und ist es geblieben. „Für mich ist eine schwere Wand und eine Erstbegehung darin immer noch ein Hauptkriterium einer Expedition“, sagt der 48 Jahre alte deutsche Spitzenkletterer. „Aber ich kann mir inzwischen auch vorstellen, irgendwann einmal irgendein entlegenes Gebiet nur zu durchqueren.  Der Abenteueraspekt bekommt für mich eine immer größere Bedeutung, auch die fremden Kulturen und das Zusammenleben mit den Menschen in diesen Gebieten.“  Zum alten Eisen zählt sich Stefan noch nicht, auch wenn ihm das kürzlich eine Ärztin einreden wollte. „Sie hat gesagt: Was wollen Sie denn? Jeder andere Hochleistungssportler in Ihrem Alter ist schon völlig fertig und kriegt seine Flügel gar nicht mehr hoch. Das hat mich schon entsetzt, denn ich habe noch einiges vor.“ So will er im nächsten Jahr in Oman und auf Borneo klettern. Dass Stefan durchaus noch über Durchhaltevermögen verfügt, hat er in der Nacht zuvor auch beim „Abklettern“ des IMS bewiesen. Erst um sechs Uhr früh überkam ihn die Party-Müdigkeit. Kurzerhand legte sich Glowacz in einem kleinen Sponsoren-Zelt im Foyer aufs Ohr. Nur für eine Stunde, dann weckte ihn die Putzkolonne mit ihren Staubsaugern.

Everest ein „geiler Gedanke“

Andy Holzer (l.) und Stefan Glowacz

In der gleichen Bergsteiger-Altersklasse wie Stefan spielt auch Andy Holzer. Der 47 Jahre alte Österreicher ist seit seiner Geburt blind und klettert dennoch durch Wände und auf hohe Gipfel. Sechs der „Seven Summits“, der höchsten Berge aller Kontinente, hat der Osttiroler schon bestiegen. Nur der Everest fehlt ihm noch. Einen konkreten Plan, auch den höchsten aller Berge zu erklimmen, gebe es nicht, sagt Andy, aber reizen würde es ihn schon. „Das ist ein geiler Gedanke. Ich glaube, wer die Tränen in den Augen nicht verspürt, wenn er den Hillary-Step hinaufsteigt und die letzten Meter zum höchsten Punkt der Erde geht, der hat auf keinem Berg etwas verloren.“ Holzer ist sich bewusst, dass für ihn die verbleibende Zeit für eine Everest-Besteigung langsam, aber sicher abläuft. Schließlich müsse er ohne Stirnlampe, also in vollkommener Dunkelheit zur letzten Etappe starten, sagt Andy. Das sei von der Leistungsbilanz und vom Stoffwechsel her eine ganz andere Nummer. „Da hast du mit 50 wahrscheinlich nichts mehr verloren. Ich bin wahrscheinlich jetzt schon an der Kippe. Das ist einfach für einen Blinden ein anderer Berg als für einen Sehenden. Darüber brauchen wir überhaupt nicht zu diskutieren.“

P.S. Ich hoffe ich habe euch jetzt neugierig gemacht. Denn auch über Andy, Stefan und David werdet ihr bald nach meiner Heimkehr hier im Blog mehr lesen können. Und das ist noch längst nicht alles. Die Ernte beim IMS in Brixen war wieder einmal ertragreich.  😉

]]>
Alles im Griff? Bullshit! https://blogs.dw.com/abenteuersport/alles-im-griff-bullshit/ Wed, 23 Nov 2011 11:03:18 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=12053

Extremkletterer Stefan Glowacz

Irgendetwas habe ich falsch gemacht. Der Mann ist zwei Jahre jünger als ich und spricht schon von Altersweisheit. Stefan Glowacz zwinkert dabei allerdings deutlich sichtbar mit dem Auge. Ich habe den 46-Jährigen gefragt, ob er gut verlieren kann. Früher, als er noch Wettkämpfe im Sportklettern bestritt, habe er sich schon über einen zweiten Platz geärgert, sagt Stefan. Inzwischen habe er jedoch gelernt, mit Niederlagen umzugehen: „Vielleicht hat das – zumindest strenge ich mich an – mit Altersweisheit zu tun.“ Oha. Ich glaube ja eher, dass einem Bergsteiger gar nichts anderes übrig bleibt, als auch verlieren zu können.

Die Butter vom Brot geholt

Die Südwand des Gauri Shankar

Stefan Glowacz ist in seiner langen Karriere als Abenteurer mehrmals gescheitert – zuletzt in diesem Frühjahr am 7134 Meter hohen Gauri Shankar in Nepal. Mit David Göttler hatte er die mächtige Südwand durchklettern wollen. Doch eigentlich ging alles schief. Die Wand war immer noch in winterlichem Zustand, täglich schneite es. Nur 20 Meter weit stiegen die beiden in die Route ein, dann war Ende im Gelände. Sie gaben auf. „Der entscheidende Grund war nicht das Wetter sondern, dass ich der Sache emotional noch nicht gewachsen war“, räumt Stefan ein. „Die Wand hat mich echt erschreckt. So ein Bollwerk, so schwierig. Die hat mir sauber die Butter vom Brot genommen.“

Audio: Die Wand hat mich echt erschreckt

„Bergsteigen aus dem Mittelalter“

Stefan extrem unterwegsGlowacz wird wohl noch einmal zum Gauri Shankar zurückkehren. „Ich muss da noch einmal hin, um zu sehen, ob es meine Einstellung war, die mich scheitern ließ, oder ob der Krug des Höhenbergsteigens tatsächlich an mir vorübergeht.“ Bisher hatte Stefan immer einen Bogen um die Bergriesen des Himalaya gemacht – nach eigenen Worten, weil er sich nicht mit dem dort üblichen Expeditionsstil abfinden konnte. „Eigentlich ist das doch Bergsteigen aus dem Mittelalter. Aber in diesen sauren Apfel muss ich wahrscheinlich noch einmal beißen.“ Schließlich sei das Höhenbergsteigen die einzige Disziplin des Alpinismus, an der er sich noch nicht versucht habe.

Audio: Der Romantiker, der seine Träume lebt

Kanu, Segelboot oder Ski statt Hubschrauber

Am Fitz Roy in Patagonien

Glowacz gehörte Ende der 1980er Jahre zur Weltelite der Sportkletterer. Dreimal holte er sich in Arco in Norditalien den Titel des Rock Master, so etwas wie die inoffizielle Weltmeisterschaft der Sportkletterer. 1993 beendete Stefan seine Wettkampfkarriere und wurde Profi-Abenteurer. Die Ziele: eher unbekannte, schwer zugängliche Felswände in Kanada, Grönland, Patagonien, Venezuela oder der Antarktis. Die Idee: Schon der Anmarsch wurde ins Abenteuer mit einbezogen. Glowacz paddelte, segelte oder fuhr mit Skiern und Schlitten zu den Bergen in entlegenen Regionen. „Der bewusste Verzicht auf künstliche Hilfsmittel zur Fortbewegung ist für mich die Weiterentwicklung im modernen Expeditionsbergssteigen.“

Audio: Der Tod gehört zum Bergsteigen dazu

Kurts Tod als Warnsignal

Stefan trifft Stefan

Stefan bezeichnet sich selbst als notorischen Romantiker. „Letztendlich lebe ich jetzt meine Träume. Wer hat schon dieses Glück?“ Dass der Grat, auf dem er sich bewegt, schmal ist, weiß Glowacz nicht erst seit dem tödlichen Absturz seines Freundes und oftmaligen Kletterpartners Kurt Albert vor einem Jahr. „Es gibt so viele Situationen, die bei mir haarscharf ausgegangen sind, obwohl ich dachte, ich hätte alles im Griff. Stimmt gar nicht, Bullshit.“ Kurts Tod an einem eher leichten Klettersteig im Frankenjura bezeichnet Glowacz als „Warnsignal“. Die meisten Unfälle seien auf menschliches Versagen, also vermeidbare Fehler zurückzuführen. Die Konsequenz müsse lauten, auch Prozesse, die Routine seien, zu hinterfragen: „Habe ich mich eingebunden? Ist mein Gurt geschlossen? Hat mein Partner das Seil richtig ins Sicherungsgerät gelegt? Das ist eine Checkliste, die ich immer wieder abarbeiten muss.“ Profi hin oder her.

P.S. Das vollständige Gespräch mit Stefan könnt ihr hier unten nachhören.

Audio: Interview mit Extremkletterer Stefan Glowacz

]]>