Südpol – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Der Rücken stoppt Fiennes am Aconcagua https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-ruecken-stoppt-fiennes-am-aconcagua/ Thu, 19 Jan 2017 16:32:53 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34785 Ranulph Fiennes am Aconcagua

Ranulph Fiennes am Aconcagua

Er wird doch wohl nicht alt werden. Sir Ranulph Fiennes hat Rücken. Großbritanniens bekanntester Abenteurer musste Anfang der Woche mit dem Rettungshubschrauber vom Aconcagua ausgeflogen werden. Am höchsten Berg Südamerikas hatte den 72-Jährigen sein Rücken derart geschmerzt, dass er den Aufstieg zum höchsten Punkt auf 6962 Metern nicht fortsetzen konnte. „Mir fehlten nur noch ein paar Stunden bis zum Gipfel“, sagte Fiennes. „Ich bin sehr frustriert. Aber ich habe gelernt, dass man in meinem Alter Schmerzen nicht mehr einfach ignorieren kann.“

Über die Pole und Gipfel

Fiennes wollte den Aconcagua im Rahmen eines Projekts besteigen, das er „The Global Reach Challenge“ (Herausforderung globale Reichweite) getauft hat. Der Brite will der Erste werden, der nicht nur den arktischen Ozean und die Antarktis durchquert, sondern auch noch die „Seven Summits“ bestiegen hat, die höchsten Berge aller Kontinente. Für diese Sammlung fehlen ihm neben dem Aconcagua noch der Denali (6194 Meter) in Alaska und die Carstensz-Pyramide (4884 Meter) in Indonesien. Über sein Projekt wirbt Fiennes um Spenden für die britische Hilfsorganisation „Marie Curie“, die sich um Todkranke und ihre Familien kümmert.

Neues Hindernis

Aconcagua

Aconcagua

Der Brite will nun erst einmal nach Hause zurückkehren und sich gründlich untersuchen lassen, bevor er irgendetwas Neues unternimmt. „Ein neues Hindernis, mit dem ich mich auseinandersetzen muss, ist, dass die Dinge nicht mehr sind, wie sie einmal waren“, räumt der Abenteurer ein: „Bei gleichem Trainingsaufwand kann der Körper nicht mehr Gleiches leisten, deshalb ist der Erfolg keineswegs mehr garantiert.“

Schwer zu bremsen

Seinem Körper hat Sir Ranulph Fiennes, der wegen seiner zahlreichen Expeditionen und Wohltätigkeitsaktionen 1993 zum Ritter geschlagen wurde, viel abverlangt. Als erster Mensch erreichte er 1982 (gemeinsam mit dem 2002 verstorbenen Charles Burton) beide Pole auf dem Landweg. Fiennes umrundete die Erde entlang des Nullmeridians. 2003 absolvierte er – nur vier Monate nach einer Bypass-Operation – innerhalb von sieben Tagen auf sieben Kontinenten sieben Marathonrennen über die volle Distanz. 2009 bestieg Fiennes als 65-Jähriger den Mount Everest. Anfang 2013 musste er beim Versuch, die Antarktis erstmals im Winter zu durchqueren, gerettet werden, weil er sich Erfrierungen zugezogen hatte. Ein weiterer für diesen Winter geplanter Versuch wurde vom britischen Außenministerium nicht genehmigt.  Dieser Mann ist nur schwer zu bremsen.

P.S. Bevor ihr jetzt anfangt zu googeln: Sir Ranulph Fiennes ist ein Cousin dritten Grades der britischen Schauspieler Ralph und Joseph Fiennes.

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Der deutsche Forrest Gump https://blogs.dw.com/abenteuersport/robby-clemens-der-deutsche-forrest-gump/ Tue, 03 Feb 2015 16:13:05 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28249 Robby Clemens bei seinem "World Run" 2007

Clemens bei seinem „World Run“ 2007

Forrest-Gump-Darsteller Tom Hanks hat versprochen, ein Stück mitrennen, die laufbegeisterte US-Sängerin Pink ebenfalls. Robby Clemens hat schon mit seiner Ankündigung, vom Nordpol ingesamt 25.000 Kilometer weit bis zum Südpol zu laufen, für Schlagzeilen gesorgt. Im April will der 53-Jährige vom Nordpol aus mit Skiern und Schlitten aufbrechen. Der erfahrene Norweger Borge Ousland soll ihn zunächst durch die Arktis bis an die Südspitze Grönlands führen.Von dort will Robby nach Kanada fliegen, um anschließend Nord- und Südamerika laufend zu durchqueren. Dort wird ihn sein Team mit dem Auto begleiten. Wenn alles so klappt, wie es sich der Langstreckenläufer aus Höhenmölsen in der Nähe von Leipzig vorstellt, wird er nach etwa zwei Jahren am Südpol eintreffen. 2007 umrundete Clemens laufend die Welt, in 311 Tagen über mehr als 13.000 Kilometer durch 27 Länder auf vier Kontinenten. Über 30 Paar Schuhe hat er dabei verschlissen. Die Nase vom Laufen hatte er danach immer noch nicht voll, ganz im Gegenteil. Ich habe mit Robby darüber gesprochen, was ihn antreibt. Lest (und hört) selbst:

Robby, man nennt dich den deutschen Forrest Gump. Warum?

Weil ich immer unheimlich viel laufe. Wobei diese Passion bei mir ziemlich spät gekommen ist. Aber jetzt eben umso mehr. Für mich ist Laufen ein Lebenselixier. Deshalb betrachte ich es nicht als Anstrengung, sondern ich genieße einfach jeden Meter, den ich unterwegs sein darf. Deshalb erweckt es den Anschein, dass ich extrem bin. Forrest Gump ist ja auch ständig unterwegs gewesen. Und deshalb assoziiert man das einfach mit mir.

Robby Clemens

Robby Clemens

Und du hast auch wie Gump einen Lebenslauf mit gewissen Brüchen.

1986, zu DDR-Zeiten habe ich mich selbständig gemacht. Ich übernahm von einem alten Klempner-Meister einen Betrieb. Dann kam die Wende. Wir expandierten, ich hatte über 100 Beschäftigte und war einer der größten Arbeitgeber in der Region. In Leipzig gab es jemand, der große Aufträge erteilte, der hieß [Jürgen] Schneider. Das Ende vom Lied war die erste Milliardenpleite für ihn und für uns eine Millionenpleite. 2,2 Millionen D-Mark waren weg. Ich habe meine Eltern überredet, für diese Schulden zu bürgen. Wir sind dann völlig abgestürzt. Die totale Pleite. Meine Eltern haben durch mich alles verloren. Das muss man sich mal vorstellen: Ich hatte 40 Jahre Arbeit meiner Eltern vernichtet. Trotzdem standen sie immer hinter mir.

Ich wollte das alles vergessen machen und begann zu trinken. Immer mehr, ich wurde süchtig. Nebenbei rauchte ich noch drei, vier Schachteln Zigaretten. Ich wog 125 Kilo. Mein Hausarzt sagte mir eines Tages: Wenn du weiter so viel säufst, wirst du krepieren. Das hat irgendetwas in mir ausgelöst. Ich habe mir Laufschuhe gekauft und bin losgerannt. Ich dachte, ich laufe im heimischen Stadion eine Runde. Doch ich habe nicht einmal eine halbe geschafft. Aber dann bin ich jeden Morgen wieder dorthin gegangen und bin gerannt. Mit dem Loslaufen habe ich auch aufgehört zu trinken. Kein Tropfen Alkohol mehr, keine Zigarette. Nach einem Dreivierteljahr wog ich nur noch 80 Kilogramm. Entscheidender aber war, dass ich wieder denken konnte. Ich habe mir mit dem Laufen Träume erfüllt: erst kleine, ein Fünf-Kilometer-Lauf, dann zehn Kilometer, Halbmarathon und dann nach zwei Jahren ein Marathon. Als ich damals in Hannover den Zielstrich erreichte, habe ich geheult. Es war ein Wahnsinnserlebnis. Das Laufen hat mir ein neues Leben geschenkt.

Robby Clemens: Wie ich zum Läufer wurde

Du bist dann 2007 um die Welt gerannt, insgesamt über 13.000 Kilometer weit. Wurde damals die Idee geboren, auch von Nord nach Süd zu laufen?

Bei der Weltumrundung selbst noch nicht. Aber du erreichst das Ziel völlig glücklich und bemerkst plötzlich: Das Rennen war ja schön, aber wie schaffe ich es jetzt, auch mental anzukommen. Die psychologische Bedeutung des Ankommens hatte ich total unterschätzt. Bei so einer Tour sind 80 Prozent Kopf und nur 20 Prozent Körper. Ich brauchte professionelle Hilfe, um aus diesem Loch wieder herauszukommen. Ich war völlig am Boden. Nach vielen Gesprächen mit einer Sportpsychologin war klar: Ich brauche ein neues Ziel. Um die Erde herum war ich schon gelaufen. Jetzt also von Nord nach Süd. Das war das neue Ziel, das mich sehr schnell aus dieser psychologischen Misere herausgebracht hat.

2007 in Indien

Immer schön schlurfen

Wie schafft der Körper das, wenn man – abgesehen von den Strecken im ewigen Eis – jeden Tag einen Marathon laufen will?

Ich bin immer noch ein Amateur. Ich versuche aber zumindest, meinen Körper jedes Mal besser kennenzulernen. Bei so einer Tour verschiebst du ja deine psychologische und physische Leistungsgrenze immer um ein Stück weiter. Für mich ist aber entscheidend, dass ich nicht Kilometer zähle und nicht auf die Uhr sehe. Stattdessen rede ich mit den Leuten an der Strecke, genieße die Landschaft. Selbst an einem tristen, grauen Tag ist es für mich ein absoluter Wahnsinn, dort laufen zu dürfen. Deshalb ist es für mich keine Anstrengung, sondern nur ein gelebter Traum.

Entscheidend ist natürlich auch der Laufstil. Die so genannte Prallkraft entsteht, wenn du beim Laufen abhebst und dann wieder mit dem Fuß aufkommst. Jemand hat mal gemessen, dass sich bei einem Marathon diese Prallkraft auf ein paar Tonnen summiert. Die möchte ich nicht kompensieren müssen. So entstehen Verletzungen. Ich versuche, so wenig wie möglich von der Erde abzuheben, eher zu schlurfen, zwischen sieben und neun Stundenkilometer schnell. Und ich mache keine großen raumgreifenden Schritte. Dieser sehr effektive Laufstil minimiert die Verletzungsgefahr.

Robby Clemens: So minimiere ich die Verletzungsgefahr

Trotzdem werden die Gelenke und Bänder extrem belastet, wenn du jeden Tag läufst. Wie groß ist die Gefahr, dass du an einen Punkt kommst, wo die Schmerzen so groß sind, dass du aufhören musst?

Man sollte auf seinen Körper hören. Und der signalisiert: Kollege, das war zu viel, tritt mal kürzer! Natürlich rennt man in diesem Augenblick weiter, aber zwei, drei Tage später stellt sich eine Entzündung ein, am Schienbeinmuskel, von allen Läufern gefürchtet, oder an der Achillessehne. Dann weißt du: Hätte ich lieber mal auf meinen Körper gehört! Hast du aber nicht, also musst du es ausbaden und zwei oder drei Tage Pause machen. Mittlerweile habe ich die Abläufe so verinnerlicht, dass ich genau weiß, wann ich kürzer treten muss. Ich nehme keine chemischen Medikamente. Das passt für mich mit der Ausdauerleistung nicht zusammen. Ich versuche, mit ganz normalen Mitteln die Entzündungen in den Griff zu bekommen.

Ernährst du dich auf besondere Weise?

Im Training schon, aber wenn ich unterwegs bin, überhaupt nicht. Das geht nicht. Du musst dich dann von dem ernähren, was du hast. Da kann es passieren, dass du monatelang nur gekochten Reis, Nudeln oder Kartoffeln isst. Ich bin ja nicht auf einer kulinarischen Reise, sondern ich will mein Ziel erreichen. Ich will vom Nordpol loslaufen und, sofern es klappt, nach zwei Jahren den Südpol erreichen. Es ist wie beim Auto: Tankdeckel auf, Benzin rein, weiterfahren. So stopfe ich mir Kohlenhydrate in den Mund und weiß: Das reicht, und ich kann weiterlaufen.

Robby Clemens: Besondere Ernährung?

Das Laufen auf dem Eis ist für dich aber auch Neuland.

Völliges Neuland. Wir trainieren das schon eine ganze Zeit lang. Ich umgebe mich Leuten, die sich in dem Gebiet auskennen, z.B. aus Norwegen. Sie geben mir Ratschläge, wie ich trainieren muss, wenn ich den Pulka [Schlitten] ziehen will, welche Ski ich nehmen, welche Sachen ich anziehen sollte.

2007 am Taj Mahal

2007 am Taj Mahal

Leute, die extrem unterwegs sind, wissen, dass es hauptsächlich Kopfsache ist. Du musst dich immer wieder motivieren, den inneren Schweinehund überwinden. Gibt es nicht auch einmal einen Hänger, wenn man zwei Jahre lang unterwegs ist?

Das kann schon sein. Aber genau das sind die Dinge, die ich seit zwei Jahren mit der Sportpsychologin Tanja Schuck in Leipzig trainiere. Wie komme ich über den Hänger hinweg? Etwa durch Visualisieren. Ich halte mich gerne an der Ostsee auf. Deshalb habe ich auf meinem MP3-Player Geräusche von der Ostsee, die ich dann abspiele. In Kanada oder den USA, wo es nicht mehr so sehr auf das Gewicht ankommt, habe ich Düfte dabei, z.B. von einer Meeresbrise, wie an der Ostsee. So visualisiere ich selbst in den schwierigsten Situationen schöne Momente, an die ich nur positive Erinnerungen habe. Mit diesen psychologischen Mitteln, die ich mir erarbeitet habe, können schlechte Tage wieder zu guten werden.

Ist es für deine Familie kein Problem, wenn du zwei Jahre lang weg bist?

Im Endeffekt trenne ich mich nicht von der Familie. Bei der Weltumrundung ging es nicht anders. Aber jetzt begleitet mich ab und zu meine Frau. Natürlich nicht in den gefährlichen Regionen, am Nordpol und in Grönland, aber ab Kanada. Sie wird drei, vier Monate dabei sein und dann wieder einen Monat zu Hause nach dem Rechten sehen. Mein Sohn gehört sowieso zum Team und ist öfter dabei. Sogar meine bald sieben Jahre alten Enkel werden ein Stück mit mir rennen. Wir sind als Familienunternehmen unterwegs. Das gibt mir die Kraft, dies zu tun. Ich habe ganz liebe Menschen um mich, die im Endeffekt ein bisschen Heimat suggerieren.

Robby Clemens: Wir sind ein Familienunternehmen

P.S. 2012 lief der Australier Pat Farmer als erster Mensch vom Nord- zum Südpol, in neun Monaten, auf einer anderen, etwas kürzeren Route als jener, die Clemens jetzt plant. Wenn Robby aufbricht, werde ich immer wieder mal Kontakt zu ihm aufnehmen und über seinen Lauf zwischen den Polen berichten.

Update 4.2: Robby Clemens hat mich heute darüber informiert, dass er den Start seines Projekts „Zu Fuß vom Nordpol zum Südpol“ um ein Jahr auf April 2016 verschoben hat. Diese Entscheidung sei gestern gefallen. Gründe seien vor allem organisatorische.

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Prinz am Pol https://blogs.dw.com/abenteuersport/prinz-am-pol/ Sat, 14 Dec 2013 19:50:33 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=24731 Mission erfolgreich: Harry am Südpol

Mission erfolgreich: Harry am Südpol

Da sage noch einer, Blaublütige seien allesamt Warmduscher. Prinz Harry, Enkel der englischen Königin Elizabeth II., hat nach zwei Wochen im ewigen Eis den Südpol erreicht. Der 29-Jährige trotzte dabei Temperaturen von bis zu minus 35 Grad Celsius. „Mission erfolgreich beendet“, verkündete Harry stolz. Prinz Henry Charles Albert David of Wales, wie er mit vollem Namen heißt,  gehörte zu einem Team der Hilfsorganisation „Walking With The Wounded“ (WWTW), die im Krieg verwundete Veteranen und deren Familien unterstützt.

Wettlauf abgebrochen

Drei Teams von Kriegsinvaliden aus Großbritannien, den USA, Kanada und Australien hatten sich eigentlich einen Wettlauf zum Südpol liefern wollen. Wegen der großen Kälte und heftiger Stürme beschlossen die Teilnehmer dann aber, gemeinsam zum Pol zu laufen. Über einige schwierige Passagen wurden sie auch gefahren. So blieben nach Angaben von WWTW von den geplanten 260 Kilometern mit Skiern und Schlitten immerhin noch rund 200 übrig.

William und Kate zuliebe nicht zum Nordpol

Prinz Harry, Schirmherr von „Walking With The Wounded“ hatte 2011 auch mit zum Nordpol laufen wollen. Damals hatte sein Bruder William ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht, weil er seine Kate ausgerechnet heiraten musste, als der vorgesehene Trauzeuge in der Arktis herumturnte. Harry kehrte pflichtbewusst vorzeitig nach London zurück.

Mut gemacht

Jetzt durfte er bis zum Ziel mitlaufen. Mit rotem Bart erreichte der Blaublütige den Südpol, zusammen mit zwölf Kriegsversehrten, darunter einem Blinden und einem Ex-Soldaten ohne Beine. Das sollte allen Mut machen, findet Harry: „Es gibt so viel, dass möglich gemacht werden kann, wenn du eigentlich denkst, dass nichts mehr geht.“ Die Nummer vier in der englischen Thronfolge weiß auch, was sich nach einer Expedition gehört: „Ich denke, wir werden heute Abend ein paar Gläser Whisky trinken.“  Na, dann: Prost, Prinz Harry!

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Flugzeug-Wrack in der Antarktis entdeckt https://blogs.dw.com/abenteuersport/flugzeugwrack-in-der-antarktis-entdeckt/ Sat, 26 Jan 2013 20:39:32 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=19277

Fliegen in der Antarktis birgt Risiken

Dieser Fleck auf meiner persönlichen Weltkarte wird, realistisch betracht, wohl weiß bleiben. Nicht, weil dort Weiß die vorherrschende Farbe ist, sondern weil Expeditionen ins ewige Eis der Antarktis so viel Geld fressen, dass sie für Normalverdiener schon jetzt beinahe unerschwinglich sind. Und die Preisspirale dreht sich munter weiter nach oben. Nur wenige hoch spezialisierte Unternehmen bieten den Transport von Mensch und Material auf den weißen Kontinent an und lassen sich ihr Quasi-Monopol teuer bezahlen. So verlangt ein US-Unternehmen, das auf dem Union-Gletscher eine kommerzielle Basis betreibt, für eine zwei Wochen dauernde Last-Degree-Expedition (auf Skiern vom 89. Breitengrad zum Südpol) zur Jahreswende 2013/2014 knapp 59.000 Dollar. Und dabei sind die Flugkosten vom Heimatort nach Punta Arenas im äußersten Süden Chiles, dem Ausgangsort der Expedition, noch gar nicht eingeschlossen. Geldschneiderei? Auf der einen Seite mag das teilweise zutreffen. Auf der anderen Seite riskieren Polar-Piloten häufig genug ihr Leben, um Abenteurer im Eis abzusetzen oder die Forschungsstationen der Antarktis zu versorgen. Jetzt wurde das Wrack einer kanadischen Twin-Otter entdeckt, die seit Mittwoch vermisst worden war. Für die Besatzung kam offenbar jede Hilfe zu spät.

„Nicht zu überleben“

Das Flugzeug sei auf einer Höhe von 3900 Metern am nördlichen Rand der Queen-Alexandra-Bergkette zerschellt, teilte die Rettungsstelle in Neuseeland mit, die die Suchaktion geleitet hatte: „Das Wrack liegt auf einem sehr steilen Berghang, nahe dem Gipfel des Mount Elizabeth. In dem Gebiet war kein Lebenszeichen auszumachen. Es scheint, als ob der Absturz nicht zu überleben war. Unsere Gedanken sind bei den Familien der Crew-Mitglieder.“ An Bord der kleinen Maschine befanden sich drei Kanadier, der Pilot galt als sehr erfahren. Die Crew wollte Material vom Südpol zur italienischen Forschungsstation in der Terra-Nova-Bucht bringen.

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Roland Krüger: „Abbrechen gibt es nicht“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-roland-krueger-suedpol/ Fri, 18 Jan 2013 16:38:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=19113

Im Zelt (© Roland Krüger)

Ich erreiche ihn am Satellitentelefon, noch im Zelt in der Antarktis. Auf dem Union-Gletscher wartet Roland Krüger – bei lauen minus drei Grad Celsius – auf seinen Rückflug nach Punta Arenas in Chile. Der 47-Jährige hatte, wie berichtet, als erster Deutscher im Alleingang und ohne jegliche Unterstützung den Südpol erreicht. Erstmals war das 1993 dem Norweger Erling Kagge gelungen.

„Roland Krüger, zunächst einmal einen ganz herzlichen Glückwünsch. Als Sie nach 49 Tagen auf dem Eis den Südpol erreichten, was war das für ein Gefühl, was ging Ihnen da durch den Kopf?

Das ist schwierig in Worte zu fassen. Es ist ein ganz außergewöhnliches Gefühl, so etwas erreicht zu haben, nach so langer Zeit – auch der Vorbereitungen – an den Südpol zu kommen. Ein tolles Gefühl.

49 Tage allein auf dem Eis, das bedeutet auch 49 Tage Entbehrungen. Auf was haben Sie sich am meisten gefreut?

Vor allem darauf, zu meiner Familie zurückzukehren. Und kurz vor dem Pol habe ich hauptsächlich daran gedacht, endlich etwas Vernünftiges zu essen. Ich war zum Schluss sehr, sehr hungrig. 

Haben Sie bei Ihrer Skiwanderung zum Pol auch andere Abenteurer getroffen?

Bei 84 Grad Süd habe ich per Zufall eine Kolonne von Pistenraupen gesehen, die ein Depot für Flugzeuge angelegt haben. Die waren aber sehr weit weg und nur als kleine schwarze Punkte zu erkennen. Und bei 89 Grad 20 Minuten habe ich, auch in der Distanz, mehrere Last-degree-Skigruppen (Erklärung: Sie laufen „nur“ die letzten 111 Kilometer vom 89. bis zum 90. Breitengrad, so wie ich 2009 zum Nordpol) gesehen. Die habe ich etwas weiter östlich überholt und bin vor ihnen am Pol angekommen.

Allein auf weiter Eisflur (© Roland Krüger)

Wie waren das Wetter und die äußeren Bedingungen während Ihres Trips?

Das Wetter war ungewöhnlich für die Jahreszeit. Am Anfang hatte ich viel Wind, dann Perioden von Whiteout. Die Wolken hängen dann sehr tief, die Sonne dringt nicht mehr durch, man hat keinen Kontrast mehr. Alles ist nur noch weiß, der Horizont verschwimmt mit der Oberfläche. Dazu erschwerten so genannte Sastrugis, sehr hohe und harte Winderosionen im Schnee, das Laufen und Schlittenziehen. Das hat mich sehr viel Zeit gekostet. Danach hat es geschneit. Das ist ungewöhnlich, weil in der Antarktis normalerweise nicht so viel Schnee fällt. Ich habe meinen Schlitten teilweise durch Tiefschnee gezogen. Durch die Temperaturen ist der Schnee hier im Prinzip wie Sandpapier. Roald Amundsen hat es einmal „fish glue“, Fischleim, genannt. Man zieht seinen Schlitten wie einen schweren Stein, da geht gar nichts mehr.

Wie tief ist das Thermometer gesackt?

Die tiefste Temperatur, die ich gemessen habe, lag bei etwa minus 24 Grad, allerdings ohne Windchill-Faktor. Zum Schluss war es mit Windchill-Faktor etwa minus 40 Grad kalt.

Wie oft waren Sie versucht, ihren Versuch abzubrechen?

Abbrechen gibt es nicht. Es geht darum, mit den Verhältnissen zurechtzukommen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Um den Pol zu erreichen, muss man einfach Geduld beweisen, Durchhaltevermögen und dann hinkommen.

Knapp zwei Monate allein mit den eigenen Gedanken, ohne Ansprechpartner. Womit haben sie sich in ihren Ruhezeiten die Zeit vertrieben?

Zum einen habe ich auf meinem IPod Musik gehört. Zum anderen ist es so, dass man kaum Zeit hat, weil man z.B. Sachen reparieren muss, die kaputt gegangen sind. Außerdem muss man versuchen, viel zu schlafen und sich auszuruhen.

Was haben Sie bei dieser Expedition gelernt?

Es ist ganz wichtig, nicht nur die Expedition selbst durchzuführen, sondern sie vorher auch vernünftig vorzubereiten. Ich habe das Projekt jetzt vier Jahre lang geplant, die Ausrüstung getestet und verändert, bis sie so war, wie ich sie brauchte. Das hat sehr gut geklappt. Ich habe weder Blasen an den Füßen noch Frostbeulen. Es hat alles hervorragend funktioniert. Die Wetter- und Oberflächenbedingungen waren in diesem Jahr einfach extrem schwierig. Auch andere Expeditionen, die aus der Luft versorgt wurden, hatten ähnliche Probleme. Sie waren noch langsamer, hatten ebenfalls kaputte Schlitten. Dieses Jahr war es extrem schwierig, das ist vorher natürlich nicht absehbar.

Sie sind ja Wiederholungstäter, waren schon einmal am Südpol, 2005 mit einem Team. Natürlich fragen sich viele, warum macht der eigentlich ständig so etwas?

Eine gute Frage. Erstens macht es mir einfach Spaß. Zweitens ist es eine tolle Sache, so ein Projekt anzufangen, auszuplanen, durchzuziehen und am Südpol erfolgreich abzuschließen. Das gibt einem viel Kraft.

Einen Schlitten mit 130 Kilogramm Gewicht zieht man nicht mal eben so übers Eis. Wie haben Sie für die Expedition trainiert?

Ich trainiere ohnehin regelmäßig, laufe viel. Das Wichtigste ist, mit einem Hüftgurt Autoreifen hinter sich herzuziehen, durch den Wald oder über einen Feldweg. So simuliert man das Schlittenziehen und bekommt Kraft in den Oberschenkeln. Man geht, wenn man einen Schlitten zieht, 20 bis 30 Grad nach vorne gebeugt. Auch darauf muss der Körper trainiert werden. Das braucht Zeit.

Sie hatten ursprünglich vor, die gesamte Antarktis solo zu durchqueren – waren dafür aber zeitlich zu sehr im Verzug. Ist dieser Plan aufgehoben oder nur aufgeschoben?

Mein Traum ist es immer noch, den Axel-Heiberg-Gletscher herunterzugehen. Im Moment aber möchte ich zu meiner Familie. Die Expedition war sehr erfolgreich und ist bis zum Pol gut gegangen. Es war mir zu risikoreich, bei diesen extremen Bedingungen in nur 15 Tagen noch einmal 500 Kilometer weiterzulaufen. Vielleicht gibt es ja ein nächstes Mal, aber das ist noch nicht beschlossen.

Sie treten demnächst einen neuen Managerposten an. Profitieren Sie dabei von den extremen Erfahrungen in der Antarktis?

Wie ich schon sagte: Aus einer erfolgreichen Expedition kann man sehr viel innere Kraft ziehen. Und man lernt, mit schwierigen Umständen in aller Ruhe umzugehen. Eine Management-Position verlangt auch, in schwierigen Situationen mit klarer Umsicht und Ruhe Dinge durchzuziehen, um seine Ziele zu erreichen.“

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Erster Deutscher solo am Südpol https://blogs.dw.com/abenteuersport/erster-deutscher-solo-am-sudpol/ Tue, 15 Jan 2013 13:41:38 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=19067

Geschafft! (© Roland Krüger)

Chapeau! Roland Krüger hat als erster Deutscher im Alleingang den Südpol erreicht: auf Skiern, „unassisted“, also ohne fremde Hilfe von außen, etwa durch die Anlage von Lebensmitteldepots aus der Luft, und auch „unsupported“, sprich nur mit Muskelkraft, nicht mit Unterstützung von Schlittenhunden, Lenkdrachen oder Motorkraft. 49 Tage brauchte Krüger für die Strecke von rund 890 Kilometern. Eigentlich hatte der 47-Jährige sogar vor, die gesamte Antarktis zu durchqueren.

Monster-Sastrugis 

„Die Mischung aus Monster-Sastrugis (also riesigen Windgangeln) und Whiteout (Lichtverhältnissen, die dazu zu führen, dass Kontraste verschwimmen und alles weiß erscheint) war wirklich sehr problematisch. Zeitweise musste ich mich richtig durchwühlen“, beschreibt Roland in einem Gespräch mit explorersweb.com, warum er sich nahe dem 88. Breitengrad entschloss, nur bis zum Südpol und nicht, wie ursprünglich geplant, bis zum Axel-Heiberg-Gletscher weiterzuwandern. Die Sastrugis seien häufig so hoch gewesen, dass sie ihn überragt hätten. „Da habe ich zu viel Zeit verloren. Es war ziemlich frustrierend.“

Ohne Frostbeulen

Unterwegs auf dem Eis (© Roland Krüger)

Schließlich zog Krüger einen Schlitten hinter sich her, der inklusive Material und Vorräten für gut zwei Monate 130 Kilogramm wog. Ende November war er am Filchner-Ronne-Schelfeis aufgebrochen. Tag für Tag wanderte der Polar-Abenteurer im Schnitt siebeneinhalb bis achteinhalb Stunden auf Skiern. Er habe darauf geachtet, dass er immer je zwölf Stunden Ruhezeit im Zelt verbracht habe, sagt Roland. „Das erwies sich als wichtige Regel, um den Körper bei Laune zu halten.“ Von Frostbeulen oder gar Erfrierungen blieb er verschont. „Nichts, nicht einmal eine Blase.“

Immer ein Ass im Ärmel

Krüger bezeichnet die Expedition „Ice-Walk“ als sein bisher größtes Abenteuer, bei dem er auch viel gelernt habe: „Sei geduldig, überschätze dich nicht, sei offen und flexibel. Und nehme nichts für selbstverständlich, denn die Antarktis scheint immer noch ein Ass im Ärmel zu haben.“ Roland weiß, wovon er redet. Bereits 2005 hatte er im Team mit vier Mitstreitern den Südpol erreicht, auch damals schon mit Skiern und Schlitten. Für seine nun beendete Solo-Expedition nahm Krüger eine berufliche Auszeit von vier Monaten. Im März wird der BMW-Manager neuer Vertriebchef für Deutschland. Ob er dann noch Zeit hat, vom Eis zu träumen?

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Mit dem Rad zum Südpol https://blogs.dw.com/abenteuersport/mit-dem-rad-zum-sudpol/ Sat, 15 Dec 2012 14:38:11 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=18633

Eric hat für die Expedition hart trainiert

Versägt zu werden, kratzt am Selbstbewusstsein. Mir geht das so, wenn ich auf dem Fahrrad kräftig in die Pedale trete und trotzdem überholt werde – womöglich sogar von einem Fahrer, der (noch) älter ist als ich. Inzwischen habe ich mir jedoch angewöhnt, nach der frustrierenden Überholaktion blitzschnell auf den Rahmen des gegnerischen Fahrrads zu blicken. Und siehe da, häufig bringt das die Entwarnung: Klar, ein E-Doper! Im ewigen Eis hätten Elektrofahrräder keine Chance. Ein kompakter Hochleistungsakku für die dort herrschenden extremen Temperaturen muss erst noch entwickelt werden. Und so bricht Eric Larsen in diesen Tagen mit seinem Geländerad garantiert E-ungedopt Richtung Südpol auf.

Gutes Gelände für Fahrradtour   

Polar-Abenteurer Eric Larsen

Der US-Amerikaner will als Erster den südlichsten Punkt der Erde mit einem Fahrrad erreichen – solo und ohne Unterstützung, etwa durch Nahrungsdepots. Der 40-Jährige aus Boulder im Bundesstaat Colorado startet in der Herkules-Bucht an der Ostgrenze des weißen Kontinents. Für die Strecke von 750 Kilometern bis zum Südpol hat Eric ein Zeitfenster von maximal drei Wochen eingeplant. Wenn die Wetterverhältnisse es zulassen, will er anschließend auch wieder vom Pol zurückfahren. „Überraschenderweise ist das Gelände in der Antarktis ganz gut für eine Fahrradtour geeignet, weil der Schnee dicht und hart ist“, sagt Eric. „Stürme können jedoch für große Schneeverfrachtungen sorgen, in Kuhlen kann sich Pulverschnee sammeln.“ Whiteouts, also Null-Sicht-Verhältnisse, sowie Gletscherspalten und Windgangeln seien weitere mögliche Hindernisse.

Nur mit einer Bremse 

Viel Spezielles an und auf dem Rad

Eric fährt das wohl fetteste Geländerad, das auf dem Markt erhältlich ist, den „Moonlander“:  ein Rahmen aus Spezialstahl, der leicht, aber stabil ist; zehn Zentimeter breite Felgen; 4,7 Zoll, also knapp zwölf Zentimeter breite Reifen. Sein auf das Nötigste reduziertes Gepäck verstaut Eric in sehr leichten Spezialtaschen. Zur Ausrüstung gehört natürlich auch Reparaturmaterial. „Für alles was nach meiner Einschätzung kaputt gehen könnte, nehme ich Ersatzteile mit: Kettenglieder, Schlauch, Mantel, Pedale, Brems- und Schaltzüge.“ Am meisten Sorgen machen Eric die Radteile, die geschmiert werden müssen. Aus diesem Grund werde er auch nur die Scheibenbremse vorne benutzen, sagt der Abenteurer. Die Gefahr, dass er dann einen Abflug über den Lenker macht, bestehe nicht, „weil ich voraussichtlich nur acht bis zehn Stundenkilometer schnell fahren werde“. Da herkömmliche Fette auf die extreme Kälte von durchschnittlich minus 35 Grad reagieren, ersetzt Eric sie – etwa in der Radnabe – durch ein leichtes, synthetisches Schmieröl.

Drei Pole in einem Jahr 

Eric auf dem Gipfel des Everest

Der Mann ist ein alter Polarfuchs. 2006 gelang Eric Larsen mit seinem Landsmann Lonnie Dupre auf Skiern, mit Schlitten und im Spezialkanu die erste erfolgreiche Sommerexpedition zum Nordpol. 2010 war Eric der erste Abenteurer, der innerhalb eines Jahres alle „drei Pole“ erreichte: im Januar nach 47 Tagen auf dem Eis den Südpol, im April nach 51 Tagen den Nordpol und im Oktober – mit Flaschensauerstoff – den Gipfel des Mount Everest. Sein Projekt damals stand unter dem Motto „Rettet die Pole“. Auch mit seiner aktuellen Expedition „Cycle South“ will Eric eine Botschaft transportieren: „Ich will zeigen, wie vielseitig Menschen Fahrräder nutzen können, um die Umwelt zu schützen und dabei gleichzeitig die eigene Lebensqualität zu steigern.“

P.S. Hier könnt Ihr Erics im doppelten Wortsinn coole Expedition verfolgen. Und für alle, denen das zu aufwändig ist: Ich bin ja auch noch da. 😉

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Vor 100 Jahren: Scott am Südpol https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-100-jahren-scott-am-sudpol/ Wed, 18 Jan 2012 10:52:48 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=12839

Wilson, Bowers, Scott, Evans, Oates (v.l.) am Südpol

Robert Falcon Scott ergeht es wie einem Radsprinter: Der Zweite ist der erste Verlierer. Als er am 18. Januar 1912, also heute vor genau 100 Jahren, am Südpol eintrifft, weiß er bereits seit zwei Tagen, dass er den Wettlauf gegen den Norweger Roald Amundsen verloren hat. „Das Furchtbare ist eingetreten, das Schlimmste, was uns widerfahren konnte“, vertraut Scott seinem Tagebuch an. „Die Norweger sind uns zuvor gekommen. Amundsen ist der Erste am Pol!“ Ein verlassener Lagerplatz nahe dem Südpol, eine norwegische Fahne, die im Wind flattert, sowie Hundespuren sind die untrüglichen Zeichen für Scott, dass er zu spät gekommen ist.

Aufs falsche Pferd gesetzt 

Scott hat sich verspekuliert. Mit seinen Ponys setzte er buchstäblich auf die falschen Pferde. Die schwächelnden Tiere musste er erschießen lassen. Auch das Experiment mit den Motorschlitten schlug fehl. Die Motoren waren der Kälte nicht gewachsen. Die Norweger waren vor allem deshalb schneller, weil sie sich auf Material und Methoden verließen, die sich zuvor bewährt hatten. Als Scott und seine vier Begleiter die Hinterlassenschaften des Amundsen-Teams finden, entweicht aus ihnen alle Kraft und Motivation – fast so, als hätte jemand mit einer Nadel in einen Luftballon gestochen. Die enttäuschten Mienen der Briten auf dem Foto, das sie am Südpol vor dem „zu spät gekommenen Union Jack“ (Scott) machen, sprechen Bände.

Entbehrung, Hunger, Kälte

Zweiter Sieger, erster Verlierer

Der 43 Jahre alte Expeditionsleiter ahnt möglicherweise schon, dass dies eine Reise ohne Wiederkehr ist. „Vor uns liegt eine Strecke von 1500 Kilometern mühsamer Wanderung, 1500 Kilometern trostlosen Schlittenziehens, 1500 Kilometern Entbehrung, Hunger und Kälte“, schreibt Scott. „Wohlan, Traum meiner Tage, leb wohl!“ Gut zwei Monate lang kämpft er sich noch mit seinen Gefährten zurück durch das ewige Eis. Dann sind auch die letzten Kräfte erschöpft. „Um Gottes Willen, sorgt für unsere Hinterbliebenen!“, lautet Scotts abschließender Tagebucheintrag.  Im November 1912 findet ein Suchtrupp das Lager mit den Leichen der drei Abenteurer, die es bis dorthin schafften. Zwei weitere waren bereits vorher gestorben.

Drei Briten am Pol

Und heute? Drei britische Soldaten, die sich vor zweieinhalb Monaten auf Scotts Spuren zum Südpol aufgemacht hatten, trafen pünktlich zum 100. Jahrestag auf 90 Grad Süd ein – nach 76 Tagen auf dem Eis.

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Südpol-Party https://blogs.dw.com/abenteuersport/sudpol-party/ Wed, 14 Dec 2011 07:58:43 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=12351

Norwegens Regierungschef Stoltenberg enthüllt am Südpol eine Amundsen-Eisskulptur

Der Südpol feiert. Heute vor 100 Jahren, am 14. Dezember 1911, ließ er sich erstmals von Menschen betreten. Der Norweger Roald Amundsen und vier Landsleute erreichten den südlichsten Punkt der Erde. Der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg, einige andere Promis und jede Menge Journalisten haben sich zur Amundsen-Scott-Forschungsstation am Südpol fliegen lassen, um den Jahrestag zu feiern. Von den Expeditionen, die sich vorgenommen hatten, auf Amundsens Spuren rechtzeitig zum 14. Dezember am Pol einzutreffen, war dort am Jubeltag noch nichts zu sehen. Die Antarktis zeigte ihre Zähne. Das Team des Norwegischen Polarinstituts brachte es in seinem Internet-Tagebuch auf den Punkt: „Helmer Hannsen (Anm. Hannsen gehörte zu Amundsens Team) schrieb einst: ‚Die Theosophen glauben angeblich, dass wir nach dem Tod in anderer Form wiedergeboren werden. Ich für meinen Teil hoffe inständig, dass ich nicht als Schlittenhund bei einer Polarexpedition zurückkehre.’ Heute ist diese Aussage umgeschrieben worden: Es wäre kein Spaß, als moderner Polarreisender wiedergeboren zu werden, dem die Zeit davonläuft.“

Für DW-WORLD.DE habe ich zum Jahrestag eine Bildergalerie erstellt. Wenn ihr sie sehen wollt, klickt hier.

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Wettlauf mit vorhersehbarem Ende https://blogs.dw.com/abenteuersport/wettlauf-mit-vorhersehbarem-ende/ Mon, 12 Dec 2011 15:00:55 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=12307

Roald Amundsen

Brecht hat Recht: „Unglücklich das Land, das Helden nötig hat!“ Die wahren Helden wirken eher im Stillen, nicht im Rampenlicht. In diesen Tagen wird jedoch allerorten wieder viel über Heldentum schwadroniert. Am Mittwoch (14.12.) jährt sich schließlich zum 100. Mal der Tag, an dem die ersten Menschen den Südpol erreichten. Nicht nur sein Heimatland Norwegen hob Roald Amundsen für diesen Coup auf den Heldenthron. Und dann gab es ja auch noch den tragischen Helden Robert Falcon Scott. Der Brite verlor erst den Wettlauf gegen Amundsen zum Pol und anschließend auch noch sein Leben. Eine Geschichte, die zur Verklärung geradezu einlädt.

Auf Bewährtes gesetzt

Von den Inuit gelernt

Dabei war der Ausgang des Wettrennens zum Südpol eigentlich schon fast vorprogrammiert. Im Gegensatz zu Scott war Amundsen ein Perfektionist, der nichts dem Zufall überließ. Schon als er von 1903 bis 1906 mit seinem Schiff Gjøa erstmals die legendäre Nordwestpassage durchfuhr, studierte er die Lebensgewohnheiten der in der Arktis lebenden Inuit. Amundsen lernte von ihnen, mit Schlitten und Hunden umzugehen und in kalten Polarnächten in freier Natur zu überleben. Dieses Wissen nutzte er auch bei seiner Antarktis-Expedition. Der Norweger verließ sich ausschließlich auf Material und Methoden, die sich bewährt hatten, und optimierte sie. Die Schlitten wogen zuletzt nur noch 35 Kilogramm, 15 weniger als zu Beginn. Damit wurden die Norweger auf dem Eis schneller.

Kürzere Route

Der Geschwindigkeit kam auch die Routenwahl zugute. Der Weg zum Südpol, den Amundsen wählte, führte zwar durch unbekanntes Terrain, war aber rund 100 Kilometer kürzer als die Route Scotts. Der Brite entschied sich für die Strecke, auf der sein Landsmann Ernest Shackleton 1909 dem Pol bis auf 180 Kilometer nahe gekommen war. Scott setzte auf moderne Technik und verspekulierte sich damit gründlich. Der Engländer wollte den Wettlauf mit Motorschlitten und Ponys gewinnen. Die Motoren streikten in der Kälte, die Ponys schwächelten und mussten letztendlich erschossen werden.

Besseres Team

Amundsen auf Skiern

Eine wichtige Rolle spielte auch, wie gut die Teams funktionierten. Heute wird der Wettlauf gerne auf die Protagonisten Amundsen und Scott reduziert, doch der Norweger und der Brite erreichten den Pol mit jeweils vier Gefährten. Bei der Auswahl seiner Mannschaft bewies Amundsen das größere Geschick. So holte er den damals besten Skilangläufer Norwegens ins Boot, Olav Bjaaland, der außerdem als Zimmermann die Schlitten in Schuss hielt. Helmar Hanssen, ebenfalls mit am Südpol, hatte sich schon als Teammitglied Amundsens in der Nordwestpassage bewährt und sich von den Inuit zeigen lassen, wie sie mit den Schlittenhunden umgingen. Die Teammitglieder, die Scott um sich scharte, waren bei weitem nicht so handverlesen, austrainiert und erfahren wie die Norweger.

Überraschungseffekt

Zu spät gekommen

Und dann hatte Amundsen noch einen psychologischen Vorteil. Er war der Herausforderer und hatte damit weniger zu verlieren. Scott wusste von seinem Rivalen nichts, ehe Amundsen ihn und die Öffentlichkeit im Oktober 1910 überraschend per Telegramm informierte, dass er bereits Richtung Antarktis unterwegs sei. In Scotts Tagebuch finden sich kaum Hinweise auf den Konkurrenten – fast so, als hätte er verdrängt, dass die Briten den Wettlauf auch verlieren könnten. Erst als durch die Spuren der Norweger offenbar wurde, was er insgeheim vielleicht schon geahnt oder befürchtet hatte, machte Scott seiner Enttäuschung Luft: „Großer Gott! Und an diesen entsetzlichen Ort haben wir uns mühsam hergeschleppt, und erhalten als Lohn nicht einmal das Bewusstsein, die Ersten gewesen zu sein.“

Gestorben und gehörnt

Scott und seine Gefährten erreichten den Südpol erst am 18. Januar 2012, über einen Monat nach Amundsens Team. Frustriert, entkräftet, von Skorbut und Erfrierungen gezeichnet, machten sich die Briten auf den Rückweg. Keiner von ihnen überlebte. Auf der erste Seite des letzten Tagebuchheftes hatte Scott den Vermerk gesetzt: „Schickt dieses Tagebuch meiner Frau.“ Das letzte Wort strich er aus und schrieb „Witwe“ darüber. Gut, dass er nicht wusste, dass sich Kathleen Scott in jener Zeit in Berlin mit Fritjof Nansen vergnügte –  einem weiteren Polarhelden, der wie Amundsen ein Norweger war.

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