Susanne Müller Zantop – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 48 Stunden, zwei deutsche Frauen, ein Gipfel: Mount Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/48-stunden-zwei-deutsche-frauen-ein-gipfel-mount-everest/ Fri, 20 Jul 2018 13:48:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41441

Südseite des Mount Everest

Viel hätte nicht gefehlt, und die beiden deutschen Bergsteigerinnen hätten sich auf dem Dach der Welt die Hände schütteln können. Innerhalb von 48 Stunden erreichten im vergangenen Frühjahr erst Ingrid Schittich, dann Susanne Müller-Zantop den 8850 Meter hohen Gipfel des Mount Everest: Schittich am 15. Mai von der tibetischen Nordseite, Müller-Zantop am 17. Mai von der nepalesischen Südseite aus. Sie wussten nichts voneinander. Erst Billi Bierling, Chefin der Bergsteigerchronik „Himalayan Database“, machte die beiden darauf aufmerksam, dass sie sich auf dem Everest knapp verpasst hatten.

Älteste deutsche Frauen auf dem Everest

Ingrid Schittich am Everest

Eine weitere Gemeinsamkeit von Ingrid und Susanne ist, dass beide Bergsteigerinnen schon jenseits der 60 sind. Mit 63 Jahren ist Schittich nun die älteste deutsche Frau, die jemals den Gipfel des höchsten Bergs der Erde erreichte, Müller-Zantop mit 61 die zweitälteste. Der Kreis ist ohnehin ziemlich exklusiv. Vor der Frühjahrssaison 2018 hatten lediglich neun andere deutsche Bergsteigerinnen den Everest bestiegen – in der Mehrzahl deutlich jünger als Ingrid und Susanne. Auch in ganz Europa dürften die beiden unter den Everest-Besteigerinnen an der Spitze der Alterspyramide stehen (die Daten für das Frühjahr 2018 sind noch nicht veröffentlicht). Die weltweit bisher älteste Frau auf dem Everest war 2012 die damals 73-jährige Japanerin Tamae Watanabe.

Seven Summits komplettiert

Auf dem Gipfel

Sie habe zeigen wollen, „dass man auch im fortgeschrittenen Alter noch eine hohe körperliche Leistungsfähigkeit erreichen kann“, sagt Ingrid Schittich, die erst mit 49 Jahren begann, ernsthaft bergzusteigen. Für sie war es der dritte Anlauf am Everest: 2016 hatte sie – ebenfalls auf der Nordseite des Bergs – auf 7000 Metern, 2017 auf 7650 Metern umkehren müssen. Beide Male ging es ihr schlecht. Mit ihrem Gipfelerfolg in diesem Frühjahr komplettierte die 63-Jährige ihre Sammlung der „Seven Summits“, der höchsten Berge aller Kontinente.

Tiefe Zufriedenheit

„Beim Aufstieg dachte ich nur an die Anstrengung und es kamen auch Gedanken auf wie: Das mache ich nie wieder!“, erinnert sich die Ärztin aus München. „Am Gipfel war ich glücklich und empfand eine tiefe Zufriedenheit, dass ich mein Ziel erreicht hatte.“ Ingrid konnte den Moment auch wirklich genießen, da sie und ihre vier Gefährten aus dem Team des Schweizer Expeditionsveranstalters „Kobler & Partner“ auf dem Nordostgrat „ohne Staus oder Beeinträchtigungen durch andere Bergsteiger unterwegs“ waren. „Auch am Gipfel waren wir allein.“

Werbeplakat für Kosmetik am Gipfel

Eine Viertelstunde ganz oben

So hätte auch Susanne Müller-Zantop gerne den Augenblick auf dem höchsten Punkt der Welt erlebt. Doch es kam ganz anders. „Ich war beim Aufstieg glücklich und ungestört, habe nur wenig Leute getroffen“, sagt die deutsche Unternehmerin, die in Zürich in der Schweiz lebt. „Der Gipfel war dann ein Schock, ich starrte als Erstes auf ein Werbeplakat für chinesische Damenkosmetik. Es gab kaum Platz, so voll war es. Mein Sherpa zog Mantel, Schwert und Kappe eines Lama aus dem Rucksack, zog schnell alles über und filmte sich selbst. Ich war enttäuscht, es gab keine Möglichkeit für Ruhe, Umschau oder auch Andacht.“ Nach einer Viertelstunde ergriff Susanne die Flucht von dieser „Marketing-Plattform“, wie sie es nennt.

Fitter als früher

Susanne Müller-Zantop

Wie Ingrid Schittich war auch Müller-Zantop in Sachen extreme Höhe eine Spätberufene. 2016 bestieg sie den Cho Oyu. „Ich habe erst mit 60 die Achttausender-Welt entdeckt“, sagt Susanne. „Vielleicht bin ich jetzt erst reif dafür. Ich glaube, dass ich jetzt mental super stark bin, viel stärker als früher.“ Auch mit der Fitness habe sie am Everest keine Probleme gehabt. „Ich glaube, dass man kräftemäßig überhaupt nicht abbauen muss im Älterwerden. Ich bin vielleicht sogar stärker und fitter als früher.“

Ängste überwunden

Die Erlebnisse am Everest wirken bei beiden Bergsteigerinnen noch nach. „Man findet alles: lebende Legenden, junge Wilde, Abenteuersüchtige, Rekordsüchtige, Sinnsucher, und Touristen wie mich“, sagt Susanne Müller-Zantop. „Ich nehme viele Bilder mit und die Dankbarkeit dafür, dass ich zu den Privilegierten gehöre, die in ihrem Leben auf dem höchsten Punkt der Erde stehen durften. Ich nehme auch mit, dass ich mit meinen Ängsten (noch) besser umgehen kann als vorher. Und ich hatte wirklich viel Angst unterwegs.“

Anstrengung schnell vergessen

Ingrid Schittich war erstaunt, „dass nach zwei Tagen im Tal alle Anstrengung vergessen war und ich bereits überlegte, welche anspruchsvollen Gipfel ich noch bewältigen könnte. Zuvor habe ich es noch nie erlebt, dass eine Anstrengung so schnell vergessen ist.“ Sehr präsent ist dagegen noch das Erfolgserlebnis vom Mount Everest: „Das Glücksgefühl hält bisher immer noch an.“

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Billi Bierling: „Anstrengender als erwartet“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/billi-bierling-anstrengender-als-erwartet/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/billi-bierling-anstrengender-als-erwartet/#comments Mon, 03 Oct 2016 13:04:15 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33767 Billi Bierling (l.) und Susanne

Billi Bierling (l.) und Susanne Müller Zantop (r.)

Wer schon einmal von einem Gipfelversuch an einem sehr hohen Berg – ob erfolgreich oder nicht – zurückgekehrt ist, weiß, wie sich Billi Bierling jetzt fühlt. Die Körner sind aufgebraucht, das Adrenalin auch – und die Strapazen der zurückliegenden Tage fordern ihren Tribut. Es dauert eine Weile, bis die Lebensgeister zurückkehren. Ein Gipfelerfolg hilft dabei natürlich. Nicht nur Billi durfte sich – wie berichtet – am vergangenen Wochenende am Cho Oyu darüber freuen, ganz nach oben gelangt zu sein.  Auch ihre Teamgefährtin Susanne Müller Zantop erreichte den 8188 Meter hohen Gipfel, im Gegensatz zu Billi jedoch mit Flaschensauerstoff. Die 60-Jährige war damit die bisher älteste deutsche Frau auf dem Cho Oyu, dem sechsthöchsten Berg der Erde. Für Billi Bierling war es bereits der fünfte Achttausender-Erfolg. Trotz aller Müdigkeit hat die 49-Jährige meine Fragen beantwortet.

Billi, du warst am Cho Oyu ohne Flaschensauerstoff unterwegs. Wie ist es dir beim Aufstieg ergangen?

Ich hatte keine Probleme ohne den zusätzlichen Sauerstoff und fühlte mich gut, aber natürlich ist man um einiges langsamer und friert beim Aufstieg leichter. Jetzt, zwei Tage später, spüre ich die Nachwirkungen schon. Ich habe wenig Energie, die Lippen brennen und mein Geschmackssinn ist weg. Aber ich hoffe, das legt sich wieder bis ich zurück in Kathmandu bin, da gibt es nämlich sehr leckere bayerische Brezn.

Gipfelregion des Cho Oyu

Gipfelregion des Cho Oyu

Konntest du das Gipfelerlebnis richtig genießen? Was ging dir dort oben auf 8188 Metern durch den Kopf?

Der Cho Oyu war um einiges anstrengender und steiler, als ich es erwartet hatte. Auf dem Gipfelplateau war ich schon sehr müde. Ich wusste, dass es sicher noch eine Stunde dauern würde, bis ich ganz oben bin. Und da wollte ich eigentlich nur noch ankommen. Da es zu dem Zeitpunkt angefangen hat zu schneien und Tundu (der Sherpa, der Billi begleitete) und ich wussten, dass viel Schnee kommen würde, haben wir schnell ein paar Fotos und uns dann an die Rückkehr gemacht. Der Abstieg war sehr hart für mich. Da ich ja bereits vier Nächte auf über 7100 Meter verbracht hatte, war mein Körper schon sehr geschwächt, und ich hatte keine Reserven mehr. Ich war sechs Stunden unterwegs zurück ins Lager 2, und insgesamt waren es 17 Stunden, also nicht ganz so lange wie beim Zugspitz Ultra Trail (Billi hatte im Sommer an diesem Berglauf über gut 100 Kilometer teilgenommen und ihn in gut 23,5 Stunden beendet). Für mich war der Gipfel persönlich sehr wichtig, da der Cho Oyu 2005 mein erster Achttausender war – und der einzige, auf dessen Gipfel ich mangels meiner eigenen Fähigkeiten nicht gekommen bin. Auch damals war ich ohne Flaschensauerstoff unterwegs. 

Nepalesische Südseite des Cho Oyu

Nepalesische Südseite des Cho Oyu

Es war an diesem Wochenende auf dem Cho Oyu richtig viel Verkehr. Wie hast du das erlebt?

Ich glaube, der 1. Oktober war für den Aufstieg ohne zusätzlichen Sauerstoff der beste Tag, da nur ca. 15 Leute auf dem Weg zum Gipfel waren. Das hatte den Vorteil, dass ich nicht ständig Leute an mir vorbei lassen musste und all diejenigen die ich vorbei gelassen habe, kenne ich von meiner Arbeit mit Miss Hawley. Eigentlich wäre jetzt eine gute Gelegenheit, einige Expeditionen zu interviewen, die noch hier sind, aber dazu fehlt mir gerade die Energie.

P.S.: Zu Billis Beruhigung: Nach meiner Besteigung des 7129 Meter hohen Kokodak Dome in China im Juli 2014 konnte ich auch eine Zeitlang nicht mehr süß schmecken. Nach einer Weile legte sich das. Heute schmeckt mir die Schokolade so gut wie eh und je. 😉

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