Tokio 2020 – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Sportkletterer Halenke: „Olympia als Türöffner“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/sportkletterer-halenke-olympia-als-tueroeffner/ Wed, 24 Aug 2016 13:03:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33523 Sebastian Halenke in Aktion

Sebastian Halenke in Aktion

Die Olympische Flagge ist schon da, die Kletterer kommen in vier Jahren. Heute präsentierte Gouverneurin Yuriko Koiki am Tokioter Flughafen Haneda die Flagge mit den Olympischen Ringen, die ihr der Bürgermeister von Rio bei der Abschlussfeier der dortigen Spiele übergeben hatte. Erstmals werden 2020 in Tokio auch Sportkletterer ganz offiziell um Medaillen wetteifern (eine Woche vor den Winterspielen 1992 in Albertville gab es schon einmal einen Demonstrationswettbewerb, den Stefan Glowacz gewann). „Als Wettkampfkletterer begrüße ich diese Entwicklung natürlich grundsätzlich!“, sagt Sebastian Halenke mit Blick auf die Olympia-Premiere. „Bis jetzt ist das Klettern als Wettkampfsport noch kaum medienpräsent und selbst innerhalb der Kletterszenerie wird über die Wettkämpfe oft nur sehr spartanisch berichtet.“ Der 21-Jährige aus Baden-Württemberg, dessen Markenzeichen sein roter Irokesenschnitt ist, gehört im Weltcup zu den Top Ten in der Disziplin Lead, also im Vorstiegs- oder auch Schwierigkeitsklettern. Dabei müssen die Kletterer nach kurzer Ansicht eine Route innerhalb eines Zeitlimits möglichst weit sturzfrei klettern.

Abhängig von der Familie

climbing-olympicsDie Förderung für Wettkampfkletterer sei „noch sehr unzureichend und es ist nicht einfach als solcher zu (über-)leben“, schreibt mir Sebastian, der noch jung genug ist, um realistische Chancen auf einen Start in Tokio zu haben. „Persönlich hoffe ich, dass Olympia 2020 dabei ein Türöffner sein könnte, um Wettkampfklettern populärer zu machen und perspektivisch die Möglichkeit besteht, als Wettkampfkletterer ein höheres Maß an Unterstützung zu erhalten.“ Bisher seien die Kletterer „praktisch von der familiären Unterstützung abhängig, und nur mit einem soliden finanziellem Hintergrund hat man tatsächlich die Chance, sich als Wettkämpfer auch zu entwickeln.“

Saisonziel Nr. 1: WM in Paris

Halenke kletterte bereits mit zwölf Jahren seinen ersten Jugend-Wettkampf. Heute gehört er zur Weltspitze. Am vergangenen Wochenende belegte er beim Weltcup in Imst in Österreich den fünften Rang, seine bisher beste Platzierung in diesem Jahr. Die Formkurve steigt. Sein Saisonziel Nummer eins in diesem Jahr ist die Weltmeisterschaft vom 14. bis 18. September in Paris, für die er sich viel vorgenommen hat.

Kehrseite der olympischen Medaille

Sebastian-Halenke-IIWie alle Kletterer, mit denen ich bisher gesprochen habe, sieht auch Sebastian die für Tokio geplante Kombination aus den drei Disziplinen Lead, Bouldern und Speed zu einem einzigen Wettbewerb kritisch. Die besten Allrounder sollen also mit Medaillen belohnt werden. „Es wird nicht leicht sein, in solch einem Format das Klettern mit all seinen Disziplinen gut zu präsentieren“, sagt der Lead-Spezialist.
Bisher sind die Sportkletterer eine verschworene Gemeinschaft. Sebastian Halenke fürchtet, dass sich das ändern könnte, wenn die Sportart nun olympisch wird. „Ich hoffe, dass das Klettern im Wettkampfsport von ausufernder Korruption verschont bleiben wird und dass sich das sehr familiäre Verhältnis der internationalen Klettergemeinschaft auch in Zukunft halten wird. Bis jetzt haben alle Topathleten immer ein sehr enges, soziales Verhältnis.“ Ginge es verloren, wäre das die Kehrseite der olympischen Medaille.

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Sportklettern wird olympisch – Freude und Bedenken https://blogs.dw.com/abenteuersport/sportklettern-wird-olympisch-freude-und-bedenken/ Fri, 05 Aug 2016 14:00:42 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33402 climbing-olympicsNoch habe ich keine olympischen Ringe unter den Augen. Aber das wird sich in den nächsten zwei Wochen wegen der Zeitverschiebung zwischen Rio de Janeiro und hier sicher ändern. Wenn dann in vier Jahren in Tokio die nächsten Sommerspiele in anderer Zeitzone anstehen, gibt es einen zusätzlichen Grund, die täglichen Gewohnheiten zu ändern: Sportklettern wird 2020 olympisch. Das hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) beschlossen. „Ich finde es voll klasse“, sagt mir der deutsche Topkletterer Thomas Huber. „Wir müssen offen dafür sein. Das Sportklettern hat es sich wirklich verdient, ins olympische Programm aufgenommen zu werden, weil sich der Wettkampf positiv weiterentwickelt hat.“ Die Entscheidung des IOC könne für junge Menschen Signalwirkung haben.

Buntes Spektakel

Thomas Huber

Thomas Huber

Sein jüngerer Bruder Alexander und er hätten als junge Kletterer selbst an einigen Wettkämpfen teilgenommen, „eher schlecht als recht“, erzählt der 49-Jährige. Aber damals habe das Wettkampfklettern noch in den Kinderschuhen gesteckt. „Wenn ich mir heute den Boulder-Weltcup angucke, bin ich begeistert: Farbenfroh, spektakulärste Routen, fast schon Artistik. Da geht es richtig rund.“ Klettern sei zwar, wie es die Alpenvereine immer noch propagierten, auch Abenteuer, aber eben nicht nur, findet der ältere der beiden Huberbuam: „Es ist ein attraktiver, ernstzunehmender Sport. Auch ich trainiere wie ein Leistungssportler, um etwa auf Expedition nach Pakistan zu gehen.“

„Das ist Blödsinn!“

Thomas-Huber-klettertDer 23 Jahre alte Tscheche Adam Ondra, einer der weltbesten, wenn nicht der beste Sportkletterer derzeit, lehnt den Plan ab, Kletterer bei Olympia in allen drei Disziplinen – Lead (Vorstieg), Bouldern und Speedklettern – antreten zu lassen und die Ersten der Gesamtwertung mit Medaillen zu belohnen. Thomas Huber pflichtet ihm bei: „Das sind unterschiedlichste Disziplinen. Man kann nicht alles in einen Topf werfen. Das ist Blödsinn! Wenn die Funktionäre das machen, haben sie die Sportart Klettern nicht verstanden. Dann kannst du es gleich wieder vergessen.

Vom Kern entfernt

David Lama

David Lama

Ein eher grundsätzliches Problem mit Klettern bei Olympia hat David Lama. Der 26 Jahre alte Topkletterer aus Österreich war als Jugendlicher selbst ein sehr erfolgreicher Wettkämpfer, gab es dann aber auf, um sich voll auf alpine Ziele zu konzentrieren. Klettern, sagt David, „entwickelte sich aus dem Entdeckungsdrang der Menschen, aus dem Trieb, auf Berge zu steigen und sich auf ein Abenteuer einzulassen. Das ist der Kern des Kletterns, und in dieser Form gibt es auch heute noch keine richtigen Regeln.“ Um einen fairen Wettkampf zu garantieren, bedürfe es aber klarer Regeln. Schon allein deshalb habe sich das Wettklettern vom „richtigen Klettern“ entfernen müssen.

„Äpfel und Ananas“

David in der KletterwandDie Aufnahme des Sports in die Olympischen Spiele werde sicher dazu führen, dass sich der Sport weiter von seinem Kern entferne, glaubt Lama. „Aber ist das nun schlecht? Solange man sich dessen bewusst ist, dass ein Wettkampf noch nie die Grundidee des Kletterns widergespiegelt hat und nie widerspiegeln kann, ist es weder gut noch schlecht. Es ist schlicht und einfach egal.“ Schließlich könne man Äpfel und Birnen nur schwer vergleichen. „Müsste ich persönlich die Entscheidung treffen, würde ich mich aber klar gegen die Olympischen Spiele aussprechen, um die Kletter-DNA im Wettklettern nicht weiter zu verwässern“, sagt David. „Der passende Vergleich wäre sonst bald Äpfel und Ananas.“

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