Tullis – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Kurt zum 80. https://blogs.dw.com/abenteuersport/kurt-zum-80/ Fri, 16 Mar 2012 07:54:39 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=13681

Am Concordiaplatz: Kurt in der Mitte, links der legendäre pakistanische Hochträger "Little Karim" Balti

Erstmals traf ich Kurt 2003, in der Stadt, deren Namen ein Kölner nicht nennen darf. In D…..dorf weilte Kurt Diemberger bei Freunden. Für eine Radioreportage über den großen Bergsteiger Hermann Buhl wollte ich mir von ihm erzählen lassen, wie das war im Jahr 1957 im Karakorum. Damals hatten die Österreicher Buhl, Diemberger, Markus Schmuck und Fritz Wintersteller Alpingeschichte geschrieben: Als erste bestiegen sie den Achttausender Broad Peak in Pakistan –  und das im „Westalpenstil“: mit minimaler Ausrüstung, ohne Hochträger und ohne Flaschensauerstoff. Eine Revolution im Zeitalter der Großexpeditionen im Himalaya.

Als Buhl durch die Wächte brach

Nach dem Erfolg zerfiel die Seilschaft. Schmuck und Wintersteller bestiegen nach dem Broad Peak auch noch erstmals den 7410 Meter hohen Skil Brum. Buhl und Diemberger versuchten sich an der 7688 Meter hohen Chogolisa. Auf dem Gipfelgrat kamen die beiden in einen Wettersturz. Plötzlich brach unter Buhl eine Wächte ab, er stürzte in den Tod. Davon erzählte mir Kurt damals in D`dorf (das Audio unter dem Absatz solltet ihr euch nicht entgehen lassen). Ganz genau wollte er wissen, was ich mit dem Interview anstellen würde und bat mich, ihm vor der Veröffentlichung eine Kopie zuzuschicken. Wenn es um sein Wort oder Bild geht, sieht und hört Kurt ganz genau hin.

Kurt Diemberger über Hermann Buhls Tod am 27.6.1957

1960 zählte Diemberger auch zu den Erstbesteigern des Dhaulagiri in Nepal. Damit ist Kurt heute der einzige noch lebende Alpinist, der zwei Achttausender erstbestiegen hat.

Tragödie  am K 2 überlebt

Traum- und Schicksalsberg K 2

2004 trafen wir uns wieder, auf dem Weg zum K 2. Ich machte eine Reportagereise anlässlich des 50. Jahrestags der Erstbesteigung, Kurt war von der italienischen K 2-Jubiläumsexpedition eingeladen worden. Den zweithöchsten Berg der Erde bezeichnet er als seinen „Traum- und Schicksalsberg“. Im Sommer 1986 bestieg er ihn mit seiner langjährigen Seilpartnerin, der Britin Julie Tullis. Beim Abstieg gerieten sie in einen Wettersturz, der sie tagelang im Hochlager gefangen hielt. Julie starb an Erschöpfung. Vier weitere Bergsteiger ließen ebenfalls ihr Leben. Kurt erreichte das Basislager mit schweren Erfrierungen, mehrere Fingerglieder der rechten Hand mussten amputiert werden. Damit konnte er weiter leben, viel härter traf ihn der Verlust seiner Freundin Julie. „Ich habe jahrelang gebraucht, um darüber hinwegzukommen“, erzählte mir Kurt, als wir uns am Concordiaplatz, in Sichtweite des K 2.

Kurt Diemberger über die Katastrophe von 1986

Immer noch unterwegs

Seine Leidenschaft für die Berge hat Kurt auch mit 80 Jahren nicht verloren. Regelmäßig marschiert er durch die Hügel um seine italienische Wahl-Heimatstadt Bologna. Häufig geht er immer noch auf Trekkingreisen, am liebsten in einsame Regionen. „Ich will möglichst lange so gesund sein, dass ich wenigstens zum Fuße der Berge hinkomme“, sagt Kurt. „Einen Achttausender brauche ich nicht mehr zu machen.“ Lieber Kurt, alles Gute zum heutigen 80. Geburtstag! Auf dass du noch lange so fit und viel unterwegs bleibst!

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Vor 25 Jahren: Schwarzer Sommer am K 2 https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-25-jahren-schwarzer-sommer-am-k-2/ Thu, 04 Aug 2011 06:45:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/08/04/vor-25-jahren-schwarzer-sommer-am-k-2/ Heute vor einem Vierteljahrhundert, am 4. August 1986, erreichte Kurt Diemberger mit seiner Seilgefährtin Julie Tullis den Gipfel des K 2. „Einen Tag zu spät. Um den hat sich alles gedreht. Dadurch sind wir Gefangene eines fürchterlichen Sturms geworden“, erzählte mir der Österreicher, als wir uns im Sommer 2004 am Concordia-Platz, der Gletscher-Kreuzung in Sichtweite des K 2 trafen (einen Auszug unseres Gesprächs von damals könnt ihr unter dem Artikel hören). „Aus unserer Gruppe von sieben haben nur zwei überlebt. Und auch Julie ist dort oben geblieben.“


Trügerische Schönheit

Haushoch überm Everest

Es war ein verhängnisvoller Sommer am zweithöchsten Berg der Erde. Insgesamt 13 Bergsteiger starben 2006 bei ihren Versuchen, den höchsten Punkt auf 8611 Metern zu erreichen: abgestürzt, in Gletscherspalten, von Lawinen verschüttet, vom Steinschlag getroffen, an der Höhenkrankheit oder an Erschöpfung. Es war fast, als habe sich der K 2 gegen den Massenansturm wehren wollen. Mehrere Expeditionen gingen gleichzeitig den „König der Achttausender“ an: US-Amerikaner, Franzosen, Polen, Österreicher, Engländer und Italiener. Es handelte sich keineswegs um zahlende Kunden kommerzieller Expeditionen, sondern um erfahrene Alpinisten.
Der Berg schlug zu, gnadenlos. „Der K 2 ist halt in seiner Schwierigkeit noch haushoch überm Everest“, meinte Kurt, als wir uns vor sieben Jahren trafen. Wir waren damals zeitgleich über den Karakorum-Highway Richtung Nordpakistan gebraust – und hatten im selben Hotel offenbar beide die verdorbenen Eier gegessen und dafür mit einem schlimmen Durchfall bezahlt. Kinderkram verglichen mit dem, was Kurt 1986 erlebt hatte.

Dritter Anlauf

Der einzige noch lebende Erstbesteiger gleich zweier Achttausender (Broad Peak 1957, Dhaulagiri 1960) war zum dritten Mal am K 2 unterwegs, wieder gemeinsam mit der Britin Julie Tullis, mit der er seit Jahren „das höchste Filmteam der Welt“ bildete. „Der K 2 war unser Traumberg geworden“, sagt Kurt. 1983 hatten die beiden versucht, den Bergriesen auf der chinesischen Seite über den Nordsporn zu besteigen (wie derzeit Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits). Auf rund 8000 Metern hatten sie wegen einer Schlechtwetterfront umkehren müssen. Drei Jahre später, diesmal auf der pakistanischen Seite des K 2, schienen die Karten für Diemberger und Tullis zunächst günstiger.

Das Glück währt kurz

3. August 1986: Perfektes Wetter. Wie gemacht für einen Gipfeltag, denken sich die beiden. Doch es kommt ganz anders. „Es war eine richtige Kettenreaktion“, erinnert sich Kurt. Eine Eislawine hat mehrere Zelte verschüttet. Im höchsten Lager auf rund 8000 Metern sind plötzlich zu wenige Schlafplätze für alle Gipfelanwärter verfügbar. Es wird diskutiert, gestritten. Keiner ist bereit, noch einmal abzusteigen. Kurt und Julie verschieben schweren Herzens ihren Gipfelversuch um 24 Stunden. Ein verlorener Tag, der sie geradewegs in die Tragödie führt. Am frühen Abend des 4. August erreicht das Duo den Gipfel. „Die Freude! Das Glück! Wir halten uns umschlungen. Für einen Augenblick der Ewigkeit gehört uns der K 2“, schreibt Kurt in seinem Buch „K 2 – Traum und Schicksal“. Die Euphorie währt nur kurz. Nebel zieht auf.

Nur zwei kommen durch

Mit viel Glück überleben die beiden einen Sturz und anschließend eine Nacht im Notbiwak. Als sie am nächsten Morgen das höchste Lager erreichen, hocken dort noch immer fünf weitere Bergsteiger in den Zelten. Ein Schneesturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 Stundenkilometern bricht los. Tagelang fesselt er die Bergsteiger ans enge Lager. An einen Abstieg ist nicht zu denken. Julie stirbt an Erschöpfung. Die anderen sind völlig entkräftet, als sich am 10. August endlich die Chance bietet abzusteigen. Der Brite Alan Rouse ist unfähig, das Zelt zu verlassen. Die Österreicher Alfred Imitzer und Hannes Wieser sowie die Polin Dobroslawa Miodowicz-Wolf sterben beim Abstieg. Lediglich Diemberger und der Österreicher Willi Bauer erreichen – mit schweren Erfrierungen – das Basislager.


Kurt Diemberger (l. der legendäre pakistanische Hochträger „Little Karim“ Balti)

Trauma am Traumberg

Kurt mussten nach der Expedition an der rechten Hand mehrere Fingerglieder amputiert werden. Schlimmer aber war für ihn das Trauma, seine langjährige Seilpartnerin Julie am gemeinsamen Traumberg K 2 verloren zu haben. „Ich habe jahrelang gebraucht, um darüber hinwegzukommen“, erzählte mir Kurt 2004 am Concordiaplatz. Seine Leidenschaft für die Berge wurde durch die Tragödie 1986 jedoch nicht beendet. Auch mit heute 79 Jahren geht Diemberger noch zum Bergsteigen. Für das Frühjahr 2012 hat er sich den Sechstausender Tupungato in den Anden zwischen Argentinien und Chile vorgenommen.

Kurt Diemberger über die Katastrophe von 1986

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