Rezept – ohne https://blogs.dw.com/ohne Fasten - drei DW-Reporter im Selbstversuch Tue, 29 Apr 2014 14:57:54 +0000 de-DE hourly 1 Astrid: Viva América Latina! https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/06/astrid-viva-america-latina/ Sun, 06 Apr 2014 19:31:42 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=700 Frida1Noch zwei Wochen, dann ist es vollbracht. Ich sehne das Ende der Fastenzeit herbei! Doch diese zwei Wochen, das habe ich mir fest vorgenommen, werde ich genießen. Ich werde sie auskosten und mich verwöhnen, mir cremige Eiskugeln und Papaya* auf der Zunge zergehen lassen und den Geruch von Grillfleisch tief einatmen.

Begleitet werden diese kulinarischen Streicheleinheiten von der wachsenden Vorfreude auf das absehbare Ende der Fastenzeit. So habe ich beim jüngsten Großeinkauf bereits vorsorglich eine Flasche Baileys in den Korb getan, die Eiswürfel befinden sich natürlich schon im Gefrierfach, und auch der „feinherbe“ Riesling vom Weinhändler meines Vertrauens ist bereits kalt gestellt.

Diese Vorfreude ist herrlich wohltuend. Es überrascht mich selbst, aber die Fastenzeit beschert mir wider Erwarten anhaltende Glücksgefühle, obwohl ich genau das Gegenteil befürchtet hatte. Die Alkoholabstinenz verläuft leicht und beschwingt, sie löst keine schmerzhaften Entzugserscheinungen aus, sondern sie verstärkt die Vorfreude auf den bald wieder erlaubten Genuss.

Es ist wunderbar: Ich fühle mich befreit vom Ritual des alltäglichen Rieslings! Das abendliche Glas Wein war in den vergangenen Jahren immer mehr zur Gewohnheit und immer weniger zum Genuss geworden. Achtlos kippte ich es hinunter, und mit ihm auch alle Gedanken an den Tag, gute wie schlechte.

Dieses alkoholische Spülmittel brauche ich hoffentlich nicht mehr. Die Liebe zum Genuss scheint stärker zu sein. Gott sei Dank. Die Nonnen aus dem mexikanischen Chiapas, die ihre Fastenzeit mit Schokolade versüßten, dienen mir dabei als Vorbild. Lieber Wolfgang, vielen Dank für dieses motivierende Beispiel lateinamerikanischer Lebenslust!

Frida2Die gottesfürchtigen Frauen aus Chiapas haben mich übrigens auch dazu veranlasst, auf der Suche nach einem sonntäglichen Kochrezept in dem Buch „Die Feste der Frida Kahlo“** zu stöbern. Die mexikanische Malerin kochte leidenschaftlich gerne für ihren Mann Diego Rivera, auch mit Schokolade. Ihre „Mole negro de Oaxaca“ („Schwarze Masse aus Oaxaca“) ist legendär, so wie sie selbst. Vor ihren Kochkünsten kann ich mich nur verneigen, von ihrer künstlerischen Ausdruckskraft ganz zu schweigen. Sie ist einfach übermächtig, jenseits von weltlichen Maßstäben.

Viva América Latina!

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* Rezept für Papaya-Crème:

Das Fruchtfleisch einer weichen Papaya aus der Schale lösen und in einen Mixer geben. Drei bis vier Kugeln Vanilleeis hinzugeben. Darüber ein wenig gezuckerte Kondensmilch träufeln und vier kleine Minzeblätter hinzufügen. Im Mixer pürieren. Die Masse in Gläser abfüllen und vor dem Servieren kurz kaltstellen.

** Guadalupe Rivera, Marie-Pierre: Mexikanische Feste. Die Fiestas der Frida Kahlo. Christian Verlag, München 1998,224 Seiten, 10,30 Euro.

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Astrid: Genuss ohne Reue https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/24/astrid-genuss-ohne-reue/ Mon, 24 Mar 2014 17:43:10 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=553 ProstDas Rezept ist ganz einfach. Man nehme fünf Limonen, entferne die Schale, halbiere sie und werfe sie in einen Mixer.  Auf die kleingeschnittenen Früchte gieße man sogleich Zuckerrohrschnapps (Cachaça) und püriere sie sodann bei Hochgeschwindigkeit im Mixer. Anschließend die  Flüssigkeit sieben und den reinen Limonen-Zuckerrohrsaft zurück in den Mixer schütten. Mit reichlich Eiswürfeln, braunem Zucker und frischer Minze erneut mixen, und fertig ist eine erfrischende Limonen-Batida…

Nun mag es Sie verwundern, liebe Leserinnen und Leser, ausgerechnet in unserem Fastenblog „Ohne“ ein Rezept für alkoholische Drinks vorzufinden.  Doch keine Sorge, ich habe mich nicht vorzeitig von der Fastenzeit verschiedet. Ich halte mich lediglich an die jüdische Tradition, nach der Sonntag als Freudentag vom Fasten frei bleiben sollte, wie jüngst unser Spiritus Rektor Wolfgang Thielmann erklärte. Die Katholiken haben diese Lesart ja glücklicherweise übernommen. 

Der vergangene Sonntag war ein solcher Freudentag. Allen Wettervorhersagen zum Trotz regnete es nicht. Euphorisch feierte ich gemeinsam mit brasilianischen Freunden den Frühlingsanfang mit einer Grillparty im Garten. Zunächst hatte ich mich gefragt: Soll ich dieses Mal auf die selbstgemachte Limonen-Batida verzichten? Doch dann die Gegenfrage: Warum sollten meine Freunde auf „ihren“ Begrüßungsdrink verzichten, nur weil ich faste?

In einem typischen Anflug von persönlicher Unentschiedenheit beschloss ich, es mir und meinen Gästen gleichermaßen recht zu machen. Ich schritt resolut zum Mixer, doch statt drei Flaschen Batida aufzufüllen, beschränkte ich mich diesmal auf nur eine. Das muss reichen, dachte ich mir, schließlich gibt es reichlich Bier, Saft, Wasser und Wein.

Doch schon kurz nachdem die ersten Gäste eintrudelten, merkte ich, dass mein Plan definitiv zum Scheitern verurteilt war. Nach kurzer Zeit war die Flasche leer, und als später noch mehr Freunden eintrafen, gab es zur Begrüßung nur noch warme Worte, aber keine Batida mehr. Angesichts der drängenden Nachfrage gingen meine brasilianischen Freunde irgendwann zur Selbsthilfe über. Sie fahndeten nach Limonen und Cachaça im Keller und machten sich am Mixer in der Küche zu schaffen. Minze, Eiswürfel, alles reichte noch für eine zweite Ladung aus, und so bekam ich als erste die neue Auflage des frisch gemixten Begrüßungsdrinks serviert. Er schmeckte einfach wunderbar! Selten habe ich in einer so fröhlichen Runde ein Getränk derart genossen.

Die Limonen-Batidas in fröhlicher Runde verführten mich allerdings nicht dazu, mir gleich auch noch einen Wein einzuschenken.  Wie ferngesteuert lief ich an den leeren Flaschenreihen vorbei und prostete meinen Gästen mit Wasser, Saft  und natürlich, den kleinen Batidas zu. Ich spürte kein Verlangen nach mehr Alkohol, sondern einfach nur die pure Freude am Genuss. Wenn ich nach 40 Tagen Alkoholverzicht, das Glas Wein am Abend, vielleicht in geselliger Runde, wieder richtig genießen kann, dann hat sich das Fasten gelohnt. Dieser fastenfreie Sonntag hat mir gezeigt, dass Genuss ohne Reue möglich ist.

P.S. Bis Ostern werde ich selbstverständlich auch noch ein paar Rezepte für alkoholfreie Drinks testen und weitergeben.

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