Berglauf – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Steck: „Grundsätzlich traue ich es Kilian zu“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/steck-grundsaetzlich-traue-ich-es-kilian-zu/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/steck-grundsaetzlich-traue-ich-es-kilian-zu/#comments Wed, 03 Aug 2016 14:26:51 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33366 Kilian Jornet (l.) und Ueli Steck auf dem Eiger (2015)

Kilian Jornet (l.) und Ueli Steck (r.) auf dem Eiger

Ambitioniert oder überdreht? Die Bergsteiger-Szene diskutiert über das bevorstehende Everest-Projekt des Spaniers Kilian Jornet. Der 28 Jahre alte Katalane will – wie berichtet – am Sonntag nach Tibet aufbrechen, um im Rahmen seines Projekts „Summits of my life“ den höchsten Berg der Erde von der Nordseite aus zu besteigen, besser gesagt hinaufzurennen. Der Plan hört sich verrückt an: Wenn möglich in einem Zug vom Kloster Rongbuk zum 8850 Meter hohen Gipfel; ohne Flaschensauerstoff und Sherpa-Unterstützung; wenn es die Verhältnisse am Berg zulassen, über eine selten begangene Route (Norton- oder Hornbein-Couloir); und als würde das alles noch nicht reichen, im Monsun. Natürlich weckt das Erinnerungen an Reinhold Messners legendäres Solo im Jahr 1980. Doch Jornet wird nicht alleine unterwegs sein. Und er ist auch ein komplett anderer Typ Bergsteiger als einst der Südtiroler.

Hart trainiert

Everest-Nordseite

Everest-Nordseite

Jornets Stärke liegt nicht in der Klettertechnik, sondern vor allem in Ausdauer und Geschwindigkeit. Als Skibergsteiger, Trailrunner und Skyrunner stellte Kilian zahlreiche Rekorde auf – unter anderem am Aconcagua, dem mit 6962 Meter höchsten Berg Südamerikas. Doch der Everest ist noch einmal 1888 Meter höher, und der Spanier war noch niemals zuvor über 8000 Metern. Er habe für das Projekt im Himalaya hart trainiert, schreibt Jornet auf Facebook: „In diesem Jahr habe ich eine Menge alpines Bergsteigen gemacht. Und während der letzten Monate habe ich versucht, mich möglichst oft in großer Höhe aufzuhalten, von den Alpen bis zu den Bergen Colorados.“

Gemeinsam durch die Eiger-Nordwand

Treffen im Khumbu 2015 (mit Hélias Millerioux, 2.v.r.)

Treffen im Khumbu (2.v.r. Hélias Millerioux)

„Ich kenne Kilian ein bisschen“, schreibt mir Ueli Steck, den ich gebeten habe, Jornets Chancen am Everest einzuschätzen: „Er ist extrem fit und stark. Und er ist realistisch. Er weiß, worauf er sich einlässt.“ Die Wege des Schweizer Topbergsteiger und des spanischen Skyrunners kreuzten sich im Herbst 2015 im Himalaya. Steck wartete – wie sich später herausstellen sollte, vergeblich – auf bessere Verhältnisse am 7804 Meter hohen Nuptse East, um die extrem schwierige Route über den Südostpfeiler erstmals im Alpinstil zu klettern. Jornet war zu dieser Zeit ebenfalls im Khumbu unterwegs. Die beiden liefen und kletterten ein wenig gemeinsam. Nach der Rückkehr aus Nepal trafen sich Ueli und Kilian in der Schweiz, um die Eiger-Nordwand zu durchsteigen, Steck voraus, Jornet hinterher.

Späte Liebe zum Berglauf

Ueli nach dem Eiger Ultra Trail

Ueli nach dem Eiger Ultra Trail

Im Gegensatz zum Spanier hat Ueli das Berglaufen eher spät für sich entdeckt, seitdem aber ist er Feuer und Flamme für diesen Bergsport. Während der Akklimatisierungs-Phase im Khumbu für seine Shishapangma-Südwand-Expedition im vergangenen Frühjahr spulte Steck – gemeinsam mit seinem Kletterpartner David Göttler – viele Kilometer in großer Höhe ab. Mitte Juli lief der 39-Jährige dann erstmals eine Bergstrecke von über 100 Kilometern: Beim Eiger Ultra Trail (101 km, 6700 Höhenmeter) belegte Ueli einen beachtlichen 26. Rang.

„Wenn nötig, mehrmals probieren“

„Es ist klar, bei einem solchen Projekt braucht man gute Bedingungen und auch etwas Glück“, sagt Steck zu Jornets Everest-Vorhaben. „Wenn du solche ambitionierte Projekte versuchst, ist die Chance zu scheitern deutlich höher, als wenn du auf der Normalroute mit Sauerstoff aufsteigst.“ Ein Erfolg des Spaniers am Everest sei aber durchaus möglich. „Grundsätzlich traue ich es Kilian zu“, schreibt Ueli. „Er muss es jetzt einfach mal probieren, und wenn es nicht klappt, halt nächstes Jahr noch einmal. So realistisch ist Kilian, das weiß ich.”

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Steck und Göttler: Fünf Fragen, fünf Antworten https://blogs.dw.com/abenteuersport/fuenf-fragen-an-ueli-und-david/ Sat, 30 Apr 2016 17:48:32 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32491 Ueli Steck (l) und David Göttler

Ueli Steck (l) und David Göttler

Die Idee hat ihn nicht losgelassen. Als der Schweizer Topbergsteiger Ueli Steck vor fünf Jahren die Südwand der 8027 Meter hohen Shishapangma in Tibet in nur zehneinhalb Stunden solo durchkletterte, entdeckte er eine mögliche neue, direkte Linie. In diesem Frühjahr ist der 39-Jährige, zusammen mit dem 37 Jahre alten deutschen Profibergsteiger David Göttler zu der 2000 Meter hohen Wand zurückgekehrt, um sich an der neuen Route zu versuchen. Wenn alles perfekt läuft, planen die beiden, vom Gipfel aus über die Nordseite abzusteigen, den Achttausender also zu überschreiten.

Bevor sie nach Tibet weiterreisten, akklimatisierten sich Ueli und David im nepalesischen Everest-Gebiet – unter anderem mit Bergläufen über extrem lange Distanzen. Ich habe den beiden fünf Fragen ins Basislager unterhalb der Shishapangma-Südwand geschickt.

Ueli und David, auf den Bildern, die ihr in den vergangenen Wochen via Facebook veröffentlicht habt, erinnert ihr mich irgendwie an Speedy Gonzales oder Road Runner, zwei Trickfilm-Figuren meiner Kindheit: ständig im Hochgeschwindigkeitsmodus, weil gejagt. Dazu erfahren wir von euch, dass der jeweils andere richtig, richtig fit ist. Mal ehrlich, wer von euch beiden jagt hier eigentlich wen? Oder wovor seid ihr auf der Flucht?

Schnell unterwegs

Schnell unterwegs

Frage zurück, wer von uns ist jetzt Speedy Gonzales und wer Roadrunner? Wir sind überhaupt nicht auf der Flucht. Wir haben einfach einen riesen Spaß zusammen! Es macht Spaß, zusammen unterwegs zu sein. Wir wissen beide, dass wir ähnlich fit sind. Keiner muss dem anderen etwas beweisen und auch nicht verstecken. Wir haben eine super positive Energie im Team. Es funktioniert einfach. Und daraus entsteht eine geniale Dynamik!

Die meisten Höhenbergsteiger akklimatisieren sich eher nach der Devise: mit den Kräften haushalten, damit am Ende für das eigentliche Ziel ausreichend Power übrig bleibt. Ihr lauft stattdessen im Khumbu eine Strecke von 57 Kilometern über mehrere Pässe in 12 dreiviertel Stunden. Welche Logik steckt hinter dieser High-Speed-Akklimatisierung?

Höhenbergsteigen wird doch meistens immer noch betrieben wie zu Messners Zeiten. Ich persönlich (Ueli) sehe keinen großen Fortschritt. Klar muss man aufpassen, weil z.B auf 5000 Meter die Regeneration länger dauert und sich auch wirklich jeder sehr individuell in der Höhe verhält. Kilian Jornet (spanischer Skibergsteiger und Bergläufer) zum Beispiel ist der Meinung, dass man locker jeden Tag 50 Kilometer laufen kann! Ich bin auch noch weit davon entfernt, aber es zeigt, was für Potential vorhanden wäre. Am Schluss musst du einfach deinen Körper kennen. Und jeder muss für sich entscheiden und einschätzen, wie hoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ist, und wie schnell er aufsteigen oder sich in der Höhe bewegen kann. Wir beide haben doch relativ viel Erfahrung in der Höhe und können daher auch ein bisschen probieren, was man noch optimieren könnte, ohne uns gleich komplett auszupowern.

Ihr habt inzwischen euer Basislager an der Shishapangma-Südwand bezogen. Wie präsentiert sich euch die Wand, in der ihr eine neue Route klettern wollt, sprich: Wie sind die Verhältnisse?

Wir waren bereits am Einstieg. Ganz einfach gesagt: Es sieht genial aus. Jetzt hoffen wir, das bleibt so, bis wir dann ein passendes Wetterfenster bekommen. 

Worauf kommt es euch bei der geplanten Erstbegehung, evtl. sogar mit anschließender Überschreitung des Gipfels, vor allem an? Ästhetik der Linie, Geschwindigkeit, Schwierigkeit, Spaß …?

Uelis Route 2011 durch die Shishapangma-Südwand

Uelis Route 2011 durch die Shishapangma-Südwand

Die Linie spricht für sich. Eine direkte logische Linie auf einen Achttausender, das ist schon etwas Faszinierendes. In erster Linie wollen wir einfach über diese Route auf den Gipfel und gesund wieder nach Hause kommen. Wie schnell wir sind, werden wir sehen – je nach technischen Schwierigkeiten. Wir werden ganz normal sichern, mit Seil und Haken. Ob wir zwei Tage brauchen, einen oder drei, ist völlig egal. Aber wir sind beide nicht unbedingt sehr motiviert, möglichst viel am Berg zu übernachten. Die Überschreitung wäre sicher noch das Sahnehäubchen.

Am Montag hat sich der Tag des verheerenden Erdbebens in Nepal zum ersten Mal gejährt. Wie habt ihr in den vergangenen Wochen die Menschen im Himalaya erlebt?

Die Menschen gewöhnen sich an die Erdbeben und die Situation. Es ist beeindruckend, wie sich die Nepali an ein wenig Wackeln gewöhnt haben, was auch wieder passiert ist, als wir im Khumbu unterwegs waren. Aber was bleibt ihnen auch anderes übrig, als es zu nehmen, wie es kommt. Und es ist wirklich genial, wie alles schon wieder normal ist und funktioniert. 

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(Rh)einsteiger beim Transalpine-Run https://blogs.dw.com/abenteuersport/rheinsteiger-beim-transalpine-run/ Tue, 31 Aug 2010 12:39:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/08/31/rheinsteiger-beim-transalpine-run/ Treffpunkt Petersberg, 331 Meter hoch, im Siebengebirge, das eigentlich Siebenhügel heißen müsste. Einige Touristen sind heraufgekommen, um ein bisschen historische Luft zu schnuppern. Schließlich haben sich in dem feinen Hotel auf dem Petersberg früher die Staatschefs die Klinke in die Hand gegeben. Der frühere US-Präsident Bill Clinton joggte hier herum. Jetzt sind es Jochen Dembeck und Gert Fischer, die mir entgegenlaufen. Anderthalb Stunden lang haben sie trainiert, vom Petersberg hinunter, dann hinauf auf den 321 Meter hohen Drachenfels und wieder zurück.


Jochen (r.) und Gert, links hinten der Drachenfels

Monsterherausforderung

Jochen und Gert werden am nächsten Samstag beim Transalpine-Run starten, einem wirklich extremen Rennen: acht Tage, 305 Kilometer, 13.500 Höhenmeter im Aufstieg. Die Strecke führt von Ruhpolding in Oberbayern nach Sexten in den Dolomiten. Rund 250 Zweierteams aus 25 Ländern gehen an den Start, darunter auch das „Rheinsteigerteam“, wie sich Jochen und Gert nennen. „Unsere Vorbereitung war sicherlich suboptimal“, räumt Jochen ein – mangels hoher Berge. Immerhin hat der 43 Jahre alte Kölner zuletzt im Urlaub in den Alpen trainieren können. So lief er die berühmt-berüchtigte Skiabfahrt „Streif“ in Kitzbühel hinauf. Dabei begegnete er auch einigen Einheimischen, „die ein Läufchen machten. Und da stellt man fest, dass es schon eine Monsterherausforderung wird.“ Auch Gert, wie Jochen aus Köln, hat einen Abstecher in die Berge gemacht. Der 36-Jährige startete beim Panorama-Marathon in Sonthofen im Allgäu mit immerhin 1500 Höhenmetern und belegte dabei den 19. Platz.

Minus mal Minus ergibt (hoffentlich) Plus

Die beiden sind Triathleten – keine Profis, aber Leistungssportler der extremen Sorte. Jochen hat schon dreimal am berühmten Ironman auf Hawaii teilgenommen. Außerdem startete er an gleicher Stelle dreimal beim Ultraman, einer Dreitagesveranstaltung mit zehn Kilometern Schwimmen, 421 Kilometern Radfahren und einem Doppelmarathon. Einmal wurde er Fünfter. Auch Gert kann bereits auf neun Triathlon-Wettbewerbe über die Ironman-Distanz zurückblicken, einmal qualifizierte er sich für Hawaii.


Anstiege von anderem Kaliber erwarten die beiden

Der bevorstehende Alpenlauf ist jedoch für beide etwas völlig Neues: zum einen wegen der langen Dauer der Veranstaltung, zum anderen weil sie im Team laufen müssen. Beide dürfen nur maximal eine Minute voneinander getrennt sein. Die Veranstalter kontrollieren diese Regel, auch unangemeldet. Es komme darauf an, sagt Gert, „den anderen mitziehen oder sich mitziehen zu lassen. Wenn es schlechte Tage gibt -und die wird es geben- hoffe ich, dass wir sie nicht gleichzeitig haben. Und wenn doch, dass dann Minus mal Minus Plus ergibt.“

Leistungssportler in sich betäuben

Die beiden Flachland-Tiroler haben sich für den Extrem-Trip ins Gebirge eine Taktik überlegt. An den ersten vier Tagen wollen sie es laut Jochen „vollkommen untertourig“ angehen, Konkurrenten auch einmal davonlaufen lassen, mit denen sie normalerweise vielleicht mithalten könnten. In der zweiten Hälfte des Rennens wollen sie dann sehen, was noch möglich ist. „Wir gehen mit einer großen Demut an die Sache heran“, meint Jochen.
Mir fällt es schwer, den beiden zu glauben, dass sie wirklich mit gezogener Bremse laufen. „Das fällt uns selber auch noch schwer“, antwortet Gert lachend. Das wichtigste Ziel aber sei, gesund anzukommen, „und das wird nur funktionieren, wenn es uns gelingt, den Leistungssportler in uns zu betäuben.“ Zeit und Platzierung spielen keine Rolle, meint auch Jochen. „Das ist für uns ein Abenteuer von A bis Z.“ Abenteuer Sport eben.

P.S. Ob und wie sich die beiden „Rheinsteiger“ reinsteigern beim Transalpine-Run, könnt ihr natürlich in ihrem Blog, aber auch hier nachlesen. Klar, dass ich als Kölner den beiden Jungs aus der Domstadt ganz fest die Daumen drücke.

Interview mit Jochen Dembeck und Gert Fischer vor dem Transalpine-Run

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