Elizabeth Hawley – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Miss Hawley: „Ich bin einfach nur eine Chronistin“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/miss-hawley-ich-bin-einfach-nur-eine-chronistin/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/miss-hawley-ich-bin-einfach-nur-eine-chronistin/#comments Tue, 05 Apr 2016 08:56:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32301 Miss Hawley in ihrem Haus in Kathmandu

Miss Hawley in ihrem Haus in Kathmandu

Als ich den Käfer sah, wusste ich, dass ich richtig war. Ich kannte die Straße, hatte aber keine Hausnummer, nur eine grobe Beschreibung, wo Miss Hawley in Kathmandu wohnt. Doch da stand er im Hof: der hellblaue VW-Käfer, Baujahr 1963. „Klar fährt er noch. Diese Käfer sind wirklich unglaublich langlebig“, sagt die legendäre Chronistin des Himalaya-Bergsteigens. Seit Jahrzehnten fährt die US-Amerikanerin mit dem hellblauen Auto vor den Hotels Kathmandus vor, um Bergsteiger zu ihren Himalaya-Expeditionen zu befragen. Die 92-Jährige sitzt allerdings nicht mehr selbst am Steuer, sondern lässt sich in ihrem Käfer chauffieren. „Ich kann doch mit Gehhilfe kein Auto fahren“, sagt Elizabeth Hawley und lacht verschmitzt. Seitdem sie sich die Hüfte gebrochen habe, sei sie nicht mehr ganz so mobil wie früher.

Mehr Angeber

Seit 1960 lebt Miss Hawley in Kathmandu. Seitdem hat sie in ihrer Chronik „Himalayan Database“ mehr als 4000 Expeditionen erfasst. Anfang arbeitete sie für die Nachrichtenagentur Reuters. „Damals wurde Bergsteigen ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ausländischer Korrespondenten in Nepal“, erinnert sich Hawley. Von den Everest-Erstbesteigern Edmund Hillary und Tenzing Norgay, über Reinhold Messner bis zu den Kunden der kommerziellen Expeditionen dieser Tage – die Chronistin hat alle Typen von Bergsteigern getroffen. Ich möchte von ihr wissen, ob heute mehr geflunkert wird als früher. „Ist der Prozentsatz der Lügner pro Expedition wirklich angestiegen? Ich glaube nicht“, sagt Miss Hawley. „Die kommerziellen Bergsteiger prahlen vielleicht eher mit ihren Erfolgen.“

Viele nicht ertappt

Der höchste Berg, den sie selbst je bestiegen habe, sei nur rund 1000 Meter hoch gewesen, erzählt die alte Dame. „In Vermont in New England. Aber ein Berg? Nein, eigentlich war es eher ein Hügel wie die hier rund um Kathmandu.“ Trotzdem gelang es der US-Amerikanerin immer wieder, Bergsteiger, die vorgaben, Achttausender oder andere hohe Gipfel in Nepal bestiegen zu haben, als Lügner zu ertappen. Einige seien von anderen Bergsteigern beobachtet worden, andere hätten sich in Widersprüche verstrickt: „Manch einer klang wirklich verdächtig. Aber ich bin mir sicher, dass mir auch viele durch die Lappen gegangen sind.“

Auf dem Rücken des Sherpas

Nordseite des Mount Everest

Nordseite des Mount Everest

Sie schildert den Fall des Japaners Tomiyasu Ishikawa, der 2002 den Everest von Norden aus bestieg. Der 65-Jährige war „damals der Älteste, der den Gipfel erreicht hatte, aber hatte er ihn auch bestiegen? Wie viele bemerken diesen kleinen Unterschied?“, fragt Miss Hawley. Der Japaner sei im Gipfelbereich müde geworden. „Er erreichte den Gipfel auf dem Rücken eines Sherpas.“ Altersgrenzen für Everest-Bergsteiger nach oben – wie von der nepalesischen Regierung 2015 angekündigt – hält Miss Hawley für überflüssig, für junge Menschen befürwortet sie dagegen strengere Regeln: „Kleine Kinder sollten nicht auf Berge steigen, schon gar nicht auf den Everest. Sie sind nicht stark und entwickelt genug, sowohl körperlich als geistig.“

An den Tisch geklammert

Die anstehende Frühjahrssaison erwartet Miss Hawley mit Spannung: „Ich bin wirklich neugierig, was in diesem Jahr passiert. Wahrscheinlich wird die Zahl der Bergsteiger geringer ausfallen, weil die Leute Angst vor weiteren Erdbeben haben. Wir haben ja immer noch gelegentlich Nachbeben.“ Das verheerende Beben am 25. April 2015 habe sie in ihrem Haus erlebt. „Ich saß am Tisch und habe mich einfach festgehalten. Du wartest, bis es vorbei ist und dann machst du einfach weiter.“ Wie viele andere in Nepal spricht auch Miss Hawley von einem noch stärkeren Beben, das bevorstehen könnte. „Ich hoffe, ich bin dann wieder in der Nähe meines stabilen Tisches“, sagt die 92-Jährige und lacht.

Die Nachfolgerin

Billi Bierling

Billi Bierling

Die Arbeit an ihrer Himalaya-Chronik will Miss Hawley an ihre deutsche Assistentin Billi Bierling übertragen. „Vielleicht weiß sie es, vielleicht auch nicht. Wir arbeiten sehr gut zusammen. Sie ist gut, sie ist verrückt, sie ist schnell.“ So ganz kann sich Elizabeth Hawley allerdings selbst noch nicht vorstellen, sich völlig auszuklinken: „Es hängt davon ab, wie es klappt. Vermutlich werde ich sie auch mal kritisieren. Aber ich hoffe, ich mache es nicht.“

 

Ohne Allüren

Kürzlich hat die nepalesische Regierung einen Sechstausender „Peak Hawley“ getauft. „Kein Berg sollte nach einer Person benannt werden und ganz bestimmt nicht nach mir“, wiegelt Miss Hawley ab. „Ich dachte, es sei ein Scherz.“ Sie solle es als Auszeichnung nehmen, entgegne ich. „Von mir aus, aber eine lustige Auszeichnung“, sagt Hawley kichernd. Mit Spitznamen kann sie auch nichts anfangen. Ich erwähne „Mama Himalaya“, „Miss Marple von Kathmandu“ und „Sherlock Holmes der Berge.“ Miss Hawley grinst: „Ganz ehrlich, diese Bezeichnungen habe ich noch nie gehört. Die kannst du behalten. In einem Buch und einem Dokumentarfilm wurde ich auch schon als ‚Wächterin der Berge‘ bezeichnet. Ich bewache sie doch nicht. Ich bin einfach nur eine Chronistin.“

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Cleo am Nanga Parbat https://blogs.dw.com/abenteuersport/cleo-am-nanga-parbat/ Thu, 28 Jan 2016 10:57:33 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31743 Gipfel des Nanga Parbat

Gipfel des Nanga Parbat

Sie kam wie aus dem Nichts. Plötzlich stand dieser Tage Cleonice Pacheco, genannt „Cleo“ Weidlich mit ihrem Sherpa-Team im Basislager auf der Rupal-Seite des Nanga Parbat – zur Überraschung der meisten Beobachter. Dabei hatte die in Brasilien geborene US-Amerikanerin gar keinen Hehl daraus gemacht, dass sie sich in diesem Jahr an der ersten Winterbesteigung des neunthöchsten Berg der Erde versuchen wollte. Doch kaum jemand, mich eingeschlossen, hatte davon Notiz genommen. Und die wenigen, denen es aufgefallen war, werden sich wohl gedacht haben, die 52-Jährige hätte ihren Plan aufgegeben. Schließlich tauchte sie erst im Basislager auf, als sich das polnische „Nanga Dream“-Team bereits anschickte, nach seinem gescheiterten Versuch wieder abzureisen.

Drei Sherpas sollen spuren

Offenkundig hat sich Cleo Weidlich in Nepal vorakklimatisiert. Begleitet wird sie von drei Sherpas. Der Expeditionsveranstalter Adventure Tours Pakistan informierte mich auf Anfrage, um wen es sich bei den anderen Teammitgliedern handelt. Der 45 Jahre alte Pema Tshiring Sherpa, der 33-jährige Temba Bhote und der 30 Jahre alte Dawa Sangay Sherpa, alle aus dem Distrikt Sankhuwasaba im Osten Nepals, werden Weidlich unterstützen. Einerseits könnten sie von der Vorarbeit des „Nanga Dream“-Teams profitieren, das auf der Schell-Route bereits bis auf eine Höhe von etwa 7300 Metern vorgedrungen war (Expeditionsleiter Marek Klonowski widersprach Berichten, Pawel Dunaj und er hätten eine Höhe von 7500 Meter erreicht). Allerdings könnten die Schneefälle in dieser Woche auch dafür gesorgt haben, dass die Sherpas mit der Spurarbeit wieder bei Null anfangen müssen.

Teilweise umstritten

Cleo 2011 auf dem Gipfel des Kangchendzönga

Cleo 2011 auf dem Gipfel des Kangchendzönga

Cleo Weidlichs Ruf in der Szene ist nicht gerade der allerbeste. Die 52-Jährige nahm es in der Vergangenheit mit der Wahrheit nicht immer genau. Zeitweise behauptete Cleo, schon zehn der 14 Achttausender bestiegen haben, dann ruderte sie auf acht zurück. Bestätigt sind davon nur sechs Gipfelerfolge: am Cho Oyu (2009), Gasherbrum I (2010), Mount Everest (2010), Manaslu (2010), Kangchendzönga (2011) und Dhaulagiri (2012). Die von Weidlich behauptete Besteigung der Annapurna im Frühjahr 2012 wird in der „Himalayan Database“ von Elizabeth Hawley, der legendären Chronistin des Höhenbergsteigens in Nepal, weiterhin als umstritten („disputed“) geführt. Im Herbst 2012 behauptete Weidlich zudem, den Makalu bestiegen zu haben. In diesem Fall blieb sie ebenfalls Beweise schuldig. Ihre Aussagen gegenüber Miss Hawley waren so widersprüchlich, dass die angebliche Besteigung nicht einmal in die Kategorie „umstritten“ aufgenommen wurde.

Mit dem Hubschrauber ins Hochlager

Weltweit für Schlagzeilen sorgte Cleo zuletzt im Frühjahr 2014, als sie sich – wie die Chinesin Wang Jing – vom Everest-Basislager aus mit dem Hubschrauber hinauf nach Lager 2 auf 6400 Metern fliegen ließ, um von dort aus den Lhotse zu besteigen. Zu diesem Zeitpunkt hatten fast alle kommerziellen Expeditionen den Everest vorzeitig verlassen. Grund war das Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch am 18. April 2014, bei dem 16 nepalesische Bergsteiger ums Leben gekommen waren. Es hatte zu heftigen Diskussionen über die Sicherheit der einheimischen Hochträger geführt. Nach der Abreise fast aller Teams hatte die Regierung eine Ausnahmegenehmigung erteilt, die Hochlager anzufliegen, um von dort Material abzutransportieren. Normalerweise sind Hubschrauberflüge am Everest nur für Rettungseinsätze zugelassen.
Wang Jing erreichte, nachdem sie von einem Helikopter in Lager 2 abgesetzt worden war, schließlich mit ihrem Sherpa-Team den Gipfel des Mount Everest. Cleo Weidlich gab später an, sie habe gar nicht erst ernsthaft versucht, den Lhotse zu besteigen.

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Neue Kategorie: Flugunterstützte Everest-Besteigung? https://blogs.dw.com/abenteuersport/neue-kategorie-flugunterstuetzte-everest-besteigung/ Sat, 07 Jun 2014 15:17:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26417 Wie viel Heli darf sein am Everest?

Wie viel Heli darf sein am Everest?

Die Frühlingssaison am Mount Everest ist zu Ende, nicht aber die Diskussion darüber, was am höchsten Berg der Erde passiert ist. In Nepal hat die Luftfahrtbehörde eine Kommission eingesetzt, die genau klären soll, ob, wann und wie oft Hubschrauber eingesetzt wurden, um Teammitglieder der Chinesin Wang Jing und der brasilianisch-amerikanischen Bergsteigerin Cleo Weidlich nach Lager 2 auf 6400 Metern zu fliegen. Wang war am 23. Mai die Erste, die in diesem Frühjahr den Gipfel des Mount Everest erreicht hatte, kurz bevor die ersten Erfolge von der Nordseite aus vermeldet wurden. Weidlich hatte ursprünglich den Lhotse besteigen wollen, nach eigenen Worten aber nicht ernsthaft versucht, den Gipfel zu erreichen.

Pilot bestätigt Personentransport nach Lager 2

Der italienische Pilot Maurizio Folini hat nach Informationen der Zeitung Himalayan Times bestätigt, dass er Wang Jing am 10. Mai vom Basislager aus nach Lager 2 geflogen hat und sie am 25. Mai auch wieder mit dem Hubschrauber von dort abgeholt hat. Nach der Rückkehr nach Kathmandu soll die Chinesin angeblich gegenüber dem Tourismusministerium bestritten haben, selbst den Hubschrauber benutzt zu haben. Lediglich zwei Sherpas seien hinaufgeflogen worden. „Das klingt sehr nach Haarspalterei“, schreibt mir die legendäre Chronistin des Himalaya-Bergsteigens, Elizabeth Hawley. „Schließlich haben sie ihr beim Aufstieg geholfen.“ Bisher waren nur Rettungsflüge oberhalb des Basislagers zugelassen. Eine Ausnahme hatte die Regierung in diesem Frühjahr lediglich gemacht, um nach dem vorzeitigen Ende aller Expeditionen Material aus Lager zwei ausfliegen zu lassen.

Gute Idee

Miura und der Heli

Miura und der Heli

Ich hatte Elizabeth Hawley angeschrieben, weil ich mich scheute, Wang Jings Gipfelerfolg eine vollständige Everest-Besteigung zu nennen und wissen wollte, wie die 90 Jahre alte US-Amerikanerin in ihrer Chronik „Himalayan Database“ damit verfährt. „Du hast einen wichtigen Punkt ins Spiel gebracht, dass Bergsteiger Hubschrauber nutzen, um bei ihren Besteigungen gefährliches Terrain zu überfliegen“, schreibt mir Miss Hawley. „Wir bei Database denken, dass wir eine neue einschränkende Kategorie hinzufügen müssen, die wir vielleicht ‚flug-unterstützte Besteigung‘ nennen. Die würde auch auf Yuichiro Miuras Besteigung des Everest im Frühjahr 2013 zutreffen, als er sich von Lager 2 ins Basislager fliegen ließ, um den Eisbruch zu umgehen.“ Ich finde die Idee gut. Ich hatte schon damals nach der Aktion des 80-Jährigen Japaners, der im vergangenen Jahr einen Altersrekord aufgestellt hatte, hier im Blog gefragt, wie viel Heli denn am Everest sein dürfe. Nach dem Lawinenunglück vom 18. April stellt sich die Frage möglicherweise bald dringender denn je.

Update 8. Juni: Wang Jing hat inzwischen den Hubschrauberflug eingeräumt. „Die Sherpas standen unter großem mentalen Druck und hätten den Eisbruch nur widerwillig betreten“, sagte die 41-Jährige in einem Interview. „Mir war klar, dass unsere Entscheidung die Besteigung abwerten könnte, aber aus Sicherheitsgründen habe ich das in Kauf genommen.“

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War Ines doch die Erste? https://blogs.dw.com/abenteuersport/ines-papert-pig-pherado-shar/ Thu, 21 Nov 2013 11:23:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=24227

Ines Papert

Na, das wird ja immer spannender. Möglicherweise hat Ines Papert doch als Erste den 6718 Meter hohen Pig Pherado Shar in Nepal bestiegen. Darauf macht mich Billi Bierling, Mitarbeiterin der Himalaya-Chronistin Elizabeth Hawley, aufmerksam. Der Berg ist auch unter dem Namen Likhu Chuli I bekannt. Ich hatte auf einen Vermerk in Hawleys Datenbank verwiesen, nach dem ein französisches Team unter Leitung von Robert Sandoz den Sechstausender nahe Namche Bazar bereits am 21. Oktober 1960 bestiegen habe. Billi schreibt, die Franzosen hätten vor 53 Jahren möglicherweise den Gipfel des 6659 Meter hohen Likhu Chuli II (Pig Pherago Nup) erreicht. Die Frage lautet also: Likhu Chuli I oder II? „ Die Datenbank sagt ‚I‘, aber wir glauben, dass es ein Fehler ist!“, so Billi. Die Recherche laufe. Wenn es Neuigkeiten aus Kathmandu gibt, werde ich euch natürlich informieren. Übrigens: Erstbesteigung hin oder her, die Leistung von Ines Papert verdient ohnehin unseren Applaus.

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