Fabian Buhl – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Alexander Huber wird 50: „Geil, so einen Sport zu haben“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/alexander-huber-wird-50-geil-so-einen-sport-zu-haben/ Fri, 28 Dec 2018 10:24:40 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=43053

Alexander Huber am Choktoi Ri

Still crazy after all these years. Dieser Titel eines Songs von Paul Simon könnte auch über dem Leben vieler Bergsteiger und Kletterer stehen – wenn sie denn ihre tollkühnen Abenteuer bis ins hohe Alter überlebt haben. Ein bisschen verrückt sein – und ich meine das durchaus positiv – gehört einfach dazu, auch bei Alexander Huber. Der jüngere der beiden „Huberbuam“ feiert an diesem Sonntag seinen 50. Geburtstag.

Die Liste seiner Erfolge als Kletterer und Bergsteiger ist lang. So eröffnete Alexander mehrere Felskletterrouten im elften Grad, durchstieg (mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Thomas, Toni Gutsch und dem US-Amerikaner Conrad Anker) 1997 erstmals die Westwand des 7108 Meter hohen Latok I im Karakorum, stand ein Jahr später ohne Flaschensauerstoff auf dem Achttausender Cho Oyu oder bewältigte free solo – also im Alleingang und ohne Seilsicherung – schwierige Alpenrouten wie die „Hasse-Brandler-Diretissima“ durch die Nordwand der Großen Zinne (2002) oder die „Schweizerführe“ am 3838 Meter hohen Grand Capucin im Montblanc-Gebiet (2008). Im vergangenen Sommer eröffnete Huber mit seinem deutschen Kletterpartner Fabian Buhl am 6166 Meter hohen Choktoi Ri im Karakorum eine 2200 Meter lange neue Route über den Südpfeiler (s. Video unten).

Alexander lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern auf einem Bauernhof nahe Berchtesgaden. Ich habe ihn – einige Tage vor seinem Geburtstag – angerufen.

Alexander, du knackst die 50er Marke, ist das für dich ein Tag wie jeder andere?

Alexander auf der Messe „Outdoor“ 2017

Es ist sicher nicht ein Tag wie jeder andere, weil mir sehr wohl bewusst ist, dass wieder ein Jahrzehnt vergangen ist. Aber es wird für mich kein besonderer Geburtstag sein, das Gefühl kenne ich ja schon von meinen anderen runden Geburtstagen.

Wenn du dich selbst heute mit dem Alexander vergleichst, der 25 Jahre alt war – erkennst du dich dann noch wieder?

Ich erkenne mich noch absolut, wie ich damals war. Man geht seinen Weg im Leben. Es gibt vieles, das sich verändert, manches bleibt gleich. Ich wäre vielleicht noch mal gerne 25, aber mein Realitätssinn sagt mir, dass es so eben nicht kommen wird. Und es ist ja auch nicht so, dass mit 25 alles besser war. Es gibt auch Dinge, die mit 50 besser sind.

Haben sich für dich die Prioritäten verschoben?

Die Prioritäten verschieben sich ständig. Das ist ein ganz normaler Prozess im Leben. Es wäre auch ein Wunder, wenn es nicht so wäre.

Bist du vorsichtiger geworden?

Ja, in dem Sinne, dass ich nicht mehr die wilden Aktionen wie mit 25 oder 35 mache. Das hat auch viel mit meinem Realitätssinn zu tun. Ich weiß, dass ich die Sachen damals auf einem Niveau durchgezogen habe, das ich heute nicht mehr habe. Das heißt, ich kann die Dinge sowieso nicht mehr toppen, die ich schon realisiert habe. Und von daher lasse ich es einfach ruhiger angehen und mache die Dinge, die für mich möglich sind.

Im vergangenen Sommer hast du mit Fabian Buhl am Sechstausender Choktoi Ri eine neue Route über den Südpfeiler eröffnet. Wie gut hat dir der Erfolg getan – nach einigen gescheiterten Expeditionen im Karakorum?

So ein Erfolg tut immer gut. Es macht Spaß, wenn man auch den Gipfel erreicht. Das ist ja der Grund, warum man überhaupt aufbricht. Aber es ist ganz normal im Leben eines Bergsteigers, dass es auch immer wieder Aktionen gibt, die nicht zum Ziel führen. Ich habe ja gerade bei größeren Expeditionen eine Erfolgsquote, die deutlich unter 50 Prozent liegt. Wenn man damit nicht zurechtkommt, hat man an diesen Bergen mit ambitionierten Zielen auch nichts zu suchen. Wenn irgendjemand von sich behauptet, er sei „Mister 100 Percent Success“, kann ich nur sagen: Na ja, dann hat er es auch nie wirklich probiert, an die Grenze zu gehen. Ich ziehe es eher vor, immer wieder meine Grenzen auszuloten und auch hin und wieder einen Rückschlag einstecken zu müssen, anstatt Dinge zu versuchen, die letztendlich leicht zu holen sind.

Aber am Choktoi Ri ist es für euch richtig rund gelaufen.

Ja, obwohl wir von den meteorologischen Bedingungen her eine schwierige Saison hatten. Man merkt auch im Karakorum, dass die Klimaerwärmung zuschlägt. Es gab in diesem Jahr ziemlich viel schlechtes Wetter. Aber wir haben taktisch extrem gut agiert, sodass am Ende der Erfolg herausgekommen ist. Nur eine taktische Fehlentscheidung hätte dazu geführt, dass wir es nicht geschafft hätten. Wir haben es gut gemacht, aber auch das nötige Quäntchen Glück gehabt.

Fabian ist 28 Jahre alt, also über 20 Jahre alte jünger als du. Warst du schon ein bisschen in der Rolle des Mentors, der seine Erfahrung weitergibt?

Mit Fabian Buhl (r.) auf dem Gipfel des Choktoi Ri

Klar, das ist die Rolle, die man dann automatisch einnimmt. Ich bin natürlich ein Mentor Fabians. Aber letztendlich habe ich für meine Idee einen kompetenten Kletterpartner gesucht. Eine von Fabians Stärken ist, dass er unglaublich motiviert ist, einen unglaublichen Spaß am Bergsteigen hat und sich für nichts zu schade ist, jede Anstrengung wirklich mit Freude angeht. Genau so einen Partner brauchst du am Berg. Nur so kann es funktionieren.

War es für dich vielleicht auch ein Modell für die nächsten Jahre, nur zu zweit unterwegs zu sein?

Das habe ich früher auch schon mal gemacht, es ist also kein neues Modell für mich. Prinzipiell bin ich lieber in einem möglichst kleinen Team unterwegs. Aber es hängt auch vom Ziel ab. Einen Latok II zum Beispiel zu zweit anzugehen, wäre schon fast an der Gefahr des Bergs vorbeigedacht. Wenn irgendetwas passiert, ist man zu zweit nur noch mit einer minimalen Sicherheitsreserve ausgestattet.

Gibt es einen Höhepunkt in deiner Kletterer- und Bergsteigerkarriere, der hervorsticht, an den du dich besonders gerne erinnerst?

Ich freue mich darüber, dass ich in ganz verschiedenen Bereichen meine Highlights setzen konnte und mir dadurch den Alpinismus auch stets lebendig gehalten habe und interessant. Angefangen hat es bei mir ja im Spitzenbereich mit dem alpinen Sportklettern. Heute kann ich mir nicht vorstellen, noch einmal mit der gleichen Begeisterung Sportkletterer zu sein, da wäre es mir wahrscheinlich viel zu langweilig geworden. Aber wenn man sich anschaut, was im Alpinismus alles geht – sei es in der Antarktis, in Patagonien, im Yosemite Valley, in den Dolomiten, beim Speedklettern, Free-Solo-Klettern, auf schwierigen alpinen Routen, bei Expeditionen, Achttausender, Sportklettern im elften Grad – dann kann man nur sagen: Geil, so einen Sport zu haben, der auch nach dreißig Jahren im Spitzenbereich interessant sein kann.

Extrem unterwegs, hier am Mount Asgard auf Baffin Island

Schauen wir nach vorn, welche Ziele setzt du dir noch als Bergsteiger und Kletterer?

Ich setze mir nur mittelfristig Ziele. Langfristig kann ich nur sagen: Ich will mit dem, was ich mache, glücklich sein. Aber was genau das sein wird? Keine Ahnung. Es ergibt sich. Ich habe ja das Glück, fast verletzungsfrei durch mein Bergsteigen gekommen zu sein. Ich bin immer noch gesund, mir tut nichts weh, und deswegen gehe ich weiter in die Berge. Aber das kann natürlich von einem auf den anderen Tag ganz anders ausschauen.

Gibt es schon ein konkretes Projekt für 2019?

Das einzige, das ich sicher weiß, ist, dass ich nicht auf Expedition fahre. Ich will noch diverse Routen hier zu Hause in den Alpen klettern. Aber das konkrete Projekt für 2019 ist nicht, in den Himalaya oder ins Karakorum zu reisen.

Und wie wirst du deinen Geburtstag verbringen?

Wie jedes Jahr. Ich feiere ihn mit meinen Freunden.

]]>
Thomas Huber: „Latok I-Nordwand erscheint unbezwingbar“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/thomas-huber-latok-i-nordwand-erscheint-unbezwingbar/ Fri, 28 Sep 2018 12:46:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42099

Auf dem Sechstausender Panmah Kangri

„Meine Taktik, später anzureisen, ist diesmal nicht aufgegangen“, erzählt mir Thomas Huber nach seiner Rückkehr aus dem Karakorum. Es sei eine „voll gemischte“ Expedition gewesen. „Es ist unglaublich gut losgegangen, hat aber leider nicht so schön geendet.“ Der 51-Jährige, der ältere der beiden „Huberbuam“, war – wie berichtet – Anfang August mit dem 33 Jahre alten Südtiroler Simon Gietl, dem 59 Jahre alten deutschen Kletter-Routinier Rainer Treppte und dem französischen Kameramann Yannick Boissenot Richtung Latok I aufgebrochen, um den 7145 Meter hohen Berg über die Nordseite anzugehen.

Begegnung mit dem Bruder

„Am Anfang hat auch alles geflutscht“, berichtet Thomas. Die Anreise sei völlig ohne Probleme verlaufen, und am Eingang zum Choktoi-Tal habe es dann einen sehr schönen und emotionalen Moment gegeben: „Wir haben meinen Bruder Alexander und seinen Kletterpartner Fabian Buhl getroffen, die am Choktoi Ri ein tolles Abenteuer erlebt hatten und über das ganze Gesicht strahlten.“ Nach dem Treffen mit den beiden, die ihren Heimweg antraten, errichteten Thomas Huber und Co. ihr Basislager.

Nach einer Woche auf einem 6000er-Gipfel

Thomas Huber mit Simon Gietl, Rainer Treppte und Yannick Boissenot (v.r.)

Um sich zu akklimatisieren, bestieg das Team dann den 6046 Meter hohen Panmah Kangri. „Es lief perfekt. Nach einer Woche vor Ort standen wir auf unserem ersten Sechstausender, die nächste Stufe war der Latok III“, sagt Thomas. „Wir stiegen bis zu Lager 1 auf 5700 Metern auf und dann wieder hinunter.“ Ihr Plan sei gewesen, über den Südpfeiler zum Gipfel auf 6946 Metern zu klettern. „Wir kalkulierten dafür drei Tage, wenn alles super laufen und die Verhältnisse gut sein sollten.“

Drei Woche lang dichte Wolken

Doch es kam ganz anders. Das Wetter schlug um – und blieb schlecht. „Wir sahen drei Wochen lang den Gipfel nicht mehr“, erzählt Huber. Dichte Wolken hingen über dem Choktoi, es schneite. An Gipfelversuche war nicht mehr zu denken. Einmal, sagt Thomas, seien sie noch am Latok III bis Lager 1 aufgestiegen, dann aber wegen Schneefalls wieder zurückgekehrt.

Viel Schnee in der Wand

Nordwand des Latok I, rechts der Nordgrat

Huber, Gietl, Treppte und Boissenot erkundeten auch den Zustieg zur noch nie erfolgreich durchkletterten Nordwand des Latok I, „unserem eigentlichen Ziel in diesem Sommer“, wie Thomas sagt. „Wir haben den Plan total verworfen.“ Die Wand sei „winterlich verschneit“ gewesen, es habe jede Menge Spindrift gegeben. „Die Koreaner und Russen, die in diesem Sommer vor uns an der Nordwand waren, sind durch Lawinenabgänge verletzt worden“, erzählt Thomas. „Jetzt verstehe ich warum.“

Augen zu und durch!

Die Gefahren in der Wand seien nicht kalkulierbar, das gelte bereits für den Zustieg. „Die Nordwand erscheint unbezwingbar. Wenn du dorthin gehst, musst du mit dem Leben abschließen und dann: einfach Augen zu und durch!“ Schon die Seracs auf dem Weg zum Zustieg, so Thomas, seien „sehr aktiv. Da brauchst du einfach Glück.“ Das mögliche Alternativziel, die direkte Route über den Nordgrat zum Gipfel, sei machbar – jedoch nicht bei den Verhältnissen, wie sie Anfang September geherrscht hätten.

Super Stimmung im Team

„Wir haben alles versucht, was möglich und vom Bergsteiger-Verstand her vertretbar war“, bilanziert Thomas Huber. „Mehr ging nicht, das muss man einfach akzeptieren.“ Sie seien sicher nicht zum letzten Mal im Choktoi-Tal gewesen. „Mir gefällt es einfach da hinten“, sagt Thomas. „Wir hatten eine gute Zeit und eine super Stimmung im Team. Das ist das, was ich mit nach Hause genommen habe.“

]]>
Slowenisch-britischem Trio gelingt Coup am 7000er Latok I https://blogs.dw.com/abenteuersport/slowenisch-britischem-trio-gelingt-coup-am-7000er-latok-i/ Wed, 22 Aug 2018 20:49:25 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41805

Luka Strazar, Tom Livingstone, Ales Cesen (v.l.n.r.)

Es ist einer der spektakulärsten Erfolge des Jahres an den höchsten Bergen der Welt: Den beiden Slowenen Ales Cesen (36 Jahre alt) und Luka Strazar (29) sowie dem Briten Tom Livingstone (27) gelang am 9. August die erst zweite Besteigung des 7145 Meter hohen, extrem schweren Latok I im Karakorum – die erste überhaupt von der Nordseite aus. An dieser Aufgabe hatten sich seit dem legendären ersten Versuch 1978 über den Nordgrat, als die US-Amerikaner Jeff und George Henry Lowe, Michael Kennedy und Jim Donini im Sturm rund 150 Meter unterhalb des Gipfels hatten umdrehen müssen, rund 30 Expeditionen die Zähne ausgebissen. „Der Grat selbst bleibt eine Herausforderung für die Zukunft“, sagte Tom Livingstone ganz bescheiden in einem Interview des British Mountaineering Council (BMC).

Nordgrat verlassen

Die Route des erfolgreichen Trios

Im oberen Teil des Bergs verließ das Trio den Nordgrat, kletterte zunächst über ein Eisfeld nach rechts Richtung Westsattel und querte anschließend nach links durch die Nordwand zum höchsten Punkt. „Unsere erste Priorität lag darin, den Berg von der Nordseite aus zu besteigen, der Weg über den Nordgrat war zweitrangig,“ sagte Tom. Aus Sicherheitsgründen habe man sich entschieden, von der Route über den Grat abzuweichen. Livingstone erinnerte in diesem Zusammenhang an den Absturz des russischen Kletterers Sergey Glazunov beim Abseilen aus dem oberen Teil des Nordgrats und die anschließende Hubschrauberrettung von dessen Teamkollegen Alexander Gukov. Das Trio hatte das Drama um die beiden Russen während seiner Akklimatisationsphase mitverfolgt.

„Schottische Verhältnisse“ am Gipfel

Strazar im Mittelteil des Nordgrats

Tom berichtete über konstant schlechte Biwakplätze auf schmalen Felsvorsprüngen: „Wir haben in den sechs Nächten am Berg nicht viel geschlafen. In puncto Kletterschwierigkeit war es nicht superhart, aber die Länge der Route, die große Höhe und die Schlaflosigkeit machten das Ganze doch sehr anstrengend.“ Am höchsten Punkt des Latok I, so Livingstone, hätten „schottische Verhältnisse“ geherrscht: Schneefall und schlechte Sicht. „Es gab keinen Riesenjubel am Gipfel, weil wir wussten, dass wir erst die Hälfte geschafft hatten“, berichtete Expeditionsleiter Ales Cesen in einem Interview des Rundfunksenders RTV Slovnija. „Erst als wir wieder auf dem Gletscher unterhalb der Wand standen, schrien wir vor Freude und umarmten uns.“

„Mehr als einfach nur gut gemacht“

Luka kurz vor der Stelle, an der die Route vom Nordgrat abknickt

Der deutsche Top-Kletterer Alexander Huber, der sich zur selben Zeit unweit des Latok I zusammen mit seinem 27 Jahre alten Landsmann Fabian Buhl am Südpfeiler des 6166 Meter hohen Choktoi Ri versuchte (beide wollen in Kürze über ihre Erlebnisse berichten), verneigt sich vor der Leistung Cesens, Strazars und Livingstones. „Mehr als einfach nur gut gemacht“, kommentierte der 49-Jährige den Erfolg auf Instagram.

Sein älterer Bruder Thomas Huber (51) war zum Zeitpunkt des Coups durch das slowenisch-britische Trio mit seinen Kletterpartnern Rainer Treppte (59), dem Südtiroler Simon Gietl und dem französischen Kameramann Yannick Boissenot noch auf dem Weg zum Latok I. Auch ihr Ziel: die Nordseite des Siebentausenders. Ob sie sich am Nordgrat oder der ebenfalls noch unbestiegenen Nordwand versuchen wollten, hatte Thomas mir gegenüber vor der Abreise noch offen gelassen.

P.S.: Wegen meines zurückliegenden Urlaubs kommt dieser Bericht ein paar Tage später, als ihr es normalerweise von mir gewohnt seid. 😉

]]>