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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Drama am Siebentausender Latok I in Pakistan

Gukovs Position am Nordgrat des Latok I (s. Pfeil)

Daumendrücken für Alexander Gukov! Nach Informationen von Anna Piunova von der Internetseite mountain.ru sitzt der 42 Jahre alte russische Bergsteiger am Nordgrat des 7145 Meter hohen Latok I im Karakorum auf einer Höhe von 6200 Metern fest. Gukov habe am Mittwoch einen Notruf  abgesetzt: „Ich brauche Hilfe. Ich muss evakuiert werden. Ich hänge ohne Ausrüstung in der Wand.“ Sein 26 Jahre alter Kletterpartner Sergey Glazunov sei beim Abseilen in den Tod gestürzt.  

Rettung am langen Seil?

Offenbar waren die beiden am Dienstag auf einer Höhe von knapp 7000 Metern umgekehrt. Wegen schlechten Wetters mit Regen und Schneefall konnte ein Rettungshubschrauber der pakistanischen Armee bisher noch nicht aufsteigen. Es soll versucht werden, Gukov am langen Seil vom Berg zu holen. Einige Bergsteiger haben angeboten, sich an der Rettungaktion zu beteiligen – darunter der Italiener Herve Barmasse und der Deutsche David Göttler, die sich in diesem Sommer an der Südwestwand des 7925 Meter hohen Gasherbrum IV versuchen. Sie müssten mit dem Hubschrauber zum Latok I geflogen werden.

Vor zwei Wochen aufgebrochen

Alexander Gukov (l., 2014 mit Aleksei Lonchinsky)

Am 12. Juli waren Gukov und Glazunov aufgebrochen, um den Nordgrat erstmals bis zum Gipfel zu klettern. Spitzenkletterer aus aller Welt haben sich an dieser Aufgabe schon die Zähne ausgebissen. Seit dem legendären ersten Versuch 1978, als die US-Amerikaner Jeff und George Henry Lowe, Michael Kennedy und Jim Donini  im Sturm rund 150 Meter unterhalb des Gipfels hatten umkehren müssen, sind rund 30 Versuche gescheitert, die Route zu meistern. Gukov hat in der Szene einen Namen. 2015 erhielt er mit seinem Landsmann Aleksei Lonchinsky  für ihre neue Route durch die Südwand des 6618 Meter hohen Thamserku in Nepal den Piolet d’Or, den „Oscar der Bergsteiger“.

Mit gebrochenen Knochen zurück aus der Nordwand

Andere Mitglieder  der russischen Expedition zum Latok I hatten versucht, die Nordwand zu durchklettern. Wegen Steinschlags waren sie umgekehrt. „Wir haben den Abstieg ins Basislager überlebt, aber Helm, Rippe und Knochen sind gebrochen“, meldete Victor Koval nach Russland. „Am Ende traf uns eine Lawine.“  Eine slowenische Expedition ist ebenfalls vor Ort, um die Nordwand anzugehen.  Die beiden deutschen Kletterer Thomas Huber (der ältere der beiden „Huberbuam“ – der jüngere, Alexander Huber, ist derzeit mit Fabian Buhl am 6166 Meter hohen Choktoi Ri unterwegs, ebenfalls im Karakorum) und Rainer Treppte sowie der Südtiroler Simon Gietl sitzen quasi auf gepackten Koffern. Auch ihr Ziel: die Nordwand des Latok I.

Update 27. Juli, 11 Uhr: Alexander Gukov hat sich erneut bei Anna gemeldet: „Verdammt! Wo kommen nur die ganzen Lawinen her? Ich kann mir nicht mal Wasser kochen.“ Inzwischen wird erwogen, den Bergsteiger vom Hubschrauber aus mit Material zu versorgen. Möglicherweise wäre Alexander dann noch in der Lage, selbstständig abzusteigen. Herve Barmasse schreibt aus dem Gasherbrum-Basislager: „Das schlechte Wetter setzt sich fort. Keine Chance zum Latok I zu fliegen.“

Datum

26. Juli 2018 | 22:04

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