Gipfel – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Latok I: Wie hoch kamen Gukov und Glazunov? https://blogs.dw.com/abenteuersport/latok-i-wie-hoch-kamen-gukov-und-glazunov/ Tue, 28 Aug 2018 13:48:58 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41889

Aufstieg in den Nebel

Kein Foto, kein Video, keine GPS-Daten. Wo genau am Siebentausender Latok I im Karakorum die beiden Russen Alexander Gukov und Sergey Glazunov am Abend des 23. Juli ihren Aufstieg beendeten, lässt sich nicht eindeutig nachweisen. Der GPS-Tracker der beiden funktionierte nicht richtig. Die Mini-Kamera, mit der sie den Aufstieg dokumentiert hatten, trug Sergey bei sich, als er am 25. Juli tödlich abstürzte. Die Leiche des 26-Jährigen konnte nicht geborgen werden. Zwei Tage zuvor hatten die beiden Russen im Nebel ihren höchsten Punkt erreicht. „19 Uhr. Sergey kletterte eine kleine Spalte zwischen einem Felsen und einem schneebedeckten Serac hinauf. Ich stand zehn Meter unter ihm. Der Schnee steilte sich fast senkrecht auf“, erinnert sich Alexander auf „mountain.ru“, wo heute eine englische Übersetzung seiner Äußerungen veröffentlicht wurde.

„Ich fühlte nicht den Gipfel“

Die Versionen von Glazunov und Gukov

„Ich startete die Videoaufnahme und kommentierte, dass wir irgendwo hinaufkletterten. ‚Was meinst du mit irgendwo? Das ist der Latok I, Sanya“, schrie mir Sergey zu. ‚Hol mich nach!‘, rief ich zu ihm hoch. ‚Das ist unrealistisch, Sanya. Hier ist alles mit Schneepilzen bedeckt, und es geht überall senkrecht runter‘, antwortete Sergey und begann abzusteigen.“ Stand Sergey wirklich auf dem höchsten Punkt des Latok I auf 7145 Metern? Er zweifle daran, räumt Gukov ein: „Ich fühlte nicht den Gipfel, ich erinnere mich nicht an den Vorgipfel-Grat, wir standen nicht zusammen da oben, umarmten und freuten uns über den Gipfel, so wie ich es mir erträumt hatte“, schreibt Alexander auf „mountain.ru“. „Ich denke, es war die Spitze des Nordgrats, der ‚Westgipfel‘ des Latok I.“

Entweder Nordgrat-Spitze oder Hauptgipfel, sagt Gukov

Alexander Gukov (r.) und Sergey Glazunov (l.) vor ihrem Aufstieg

Ich frage bei dem 42-Jährigen nach, ob er überzeugt sei, dass er und Sergey den Nordgrat wirklich bis zu dessen Ende geklettert seien. „Natürlich bin ich sicher“, antwortet mir Gukov. Die einzige Alternative sei, dass es sich – wie Sergey annahm – bei dem höchsten Punkt ihres Anstiegs nicht um den höchsten Punkt des Nordgrats, sondern um den Hauptgipfel des Latok I gehandelt habe. Eigentlich, schreibt Alexander auf „mountain.ru“ weiter, „spielt es für mich gar keine Rolle, ob wir den 360 Meter langen Gipfelgrat geklettert sind oder nicht.“ Es sei eine gute Klettertour gewesen, so Gukov. Obwohl er und Sergey erstmals gemeinsam unterwegs gewesen seien, hätten sie als Team gut harmoniert.

Nach dem Absturz Glazunovs hatte Gukov fast eine Woche lang am Nordgrat auf 6200 Metern festgesessen, ehe er von einem pakistanischen Rettungshubschrauber am langen Seil aus der Wand geflogen worden war. Er war stark dehydriert und hatte Erfrierungen an den Füßen. „Ich erhole mich ziemlich schnell“, schreibt mir Alexander aus Russland. Weiter gute Besserung!

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Gipfeltanz https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltanz/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltanz/#comments Sat, 24 Feb 2018 18:00:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39783

Auf dem Dach Afrikas

Ich höre Franks schweren Atem hinter mir. Wir sind auf fast 6000 Metern, aber wo ist dieser verdammte Uhuru Peak, mit 5895 Metern die höchste Erhebung des Kilimandscharo? Seit einer halben Stunde folgen wir unserem Bergführer Bayo durch die Dunkelheit. Dann endlich erreichen wir die Bretterkonstruktion, auf der zur Besteigung des höchsten Bergs Afrikas gratuliert wird. Und was macht Frank? Trotz der dünnen Luft singt und tanzt er mit Bayo das afrikanische Volkslied „Hakuna Matata“. „So habe ich wenigstens nicht gefroren“, sagt Frank später.

Gletscher im Morgenlicht

Gletscher im Morgenlicht

Der Wind ist wirklich eiskalt, selbst dicke Daunenhandschuhe helfen nur leidlich. Ein paar schnelle Gipfelfotos mit Blitzlicht, dann nichts wie herunter. Frank, Manfred, Rolf, Thomas, Rainer und ich sind als erste Gruppe mit Bayo aufgestiegen. Als wir den Gipfel verlassen, taucht die aufgehende Sonne die Gletscherreste des Kilimandscharo, die der Klimawandel noch übrig gelassen hat, in ein fast unwirkliches Licht.

Abfahrt“ über die Schotterflanke

Ebenso unwirklich wirken die Lichter der unzähligen Stirnlampen, die sich nun bei Tagesanbruch dem höchsten Punkt nähern. Der Kilimandscharo ist eben einer der meist besuchten Berge der Welt, mehr als 30.000 Gipfelaspiranten werden alljährlich gezählt. Auf dem Rückweg gelingt es uns kaum, Gilman’s Point auf 5681 Metern zu passieren. Eine mitgliederstarke US-Expedition samt Kamerateam verstopft den Weg. Der Abstieg über die Schotterflanke ist im Gegensatz zum Anstieg das pure Vergnügen. Mit großen Sprüngen „fahren“ wir durch die lose Auflage talwärts ab.

Höhenkrank wegen Gipfelfoto

Helmut (r.) freut sich über seinen Gipfelerfolg

Nach und nach treffen auch die anderen Kili-Besteiger aus unserer Gruppe an der Kibo Hut ein – müde, aber mit einem Strahlen im Gesicht. Alle, die in der Nacht zuvor aufgebrochen sind, haben ihr selbst gestecktes Ziel erreicht und sind wohlbehalten zurückgekehrt. Ralf muss allerdings wegen Höhenkrankheit kurzzeitig mit Flaschensauerstoff behandelt werden. Er hat 40 Minuten am Gipfel auf die Gelegenheit gewartet, ein Gipfelfoto ohne andere Personen zu machen. Ein fast unmögliches Unterfangen. Zu lange hat er sich in der großen Höhe aufgehalten. Auf dem Rückweg sacken ihm plötzlich die Beine weg. Zwei Träger müssen ihn den Berg hinunter eskortieren. Immerhin erholt er sich schnell. Und sein ersehntes Gipfelfoto hat er.

Morgen werden wir von der Horombo Hut, zu der wir nach dem Gipfelgang noch abstiegen, weiter talwärts wandern und dann den Kilimandscharo-Nationalpark verlassen. Die meisten mit einem Gipfelzertifikat im Gepäck.

 

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Hoher oder höchster Punkt des Broad Peak? https://blogs.dw.com/abenteuersport/hoher-oder-hoechster-punkt/ Tue, 29 Aug 2017 14:47:07 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=37305

Broad Peak

Chronisten des Bergsteigens im Himalaya und Karakorum wie die Deutschen Billi Bierling und Eberhard Jurgalski sind nicht zu beneiden. Zum einen stehen sie im Zeitalter des kommerziellen Höhenbergsteigens einer regelrechten Flut von Erfolgsmeldungen gegenüber, die kaum noch zu bewältigen ist. Zum anderen werden immer wieder Gipfelerfolge vermeldet, die objektiv betrachtet gar keine waren, weil die Bergsteiger nicht den höchsten Punkt erreichten. „Es wird immer schwieriger“, erzählte mir vor einiger Zeit Billi Bierling, in deren erfahrene Hände die legendäre Chronistin Elizabeth Hawley (inzwischen 93 Jahre alte) die Verantwortung für die Arbeit der Himalayan Database gelegt hat. „Ich bohre schon nach. Aber manchmal wünschte ich mir einfach, ich hätte mehr Zeit.“ Sie gehe davon aus, dass immer noch die meisten Bergsteiger ehrlich seien, zuweilen aber werde die Wahrheit „ein bisschen verzerrt“, beklagte Billi.

Strittig ist inzwischen auch, ob der nepalesische Expeditionsleiter Mingma Gyalje Sherpa am 4. August zum Ende der Sommersaison im Karakorum wirklich seine Gruppe auf den höchsten Punkt des Broad Peak geführt hat. Eberhard Jurgalski hat Mingmas Video, das im Schneetreiben aufgenommen wurde, mit anderen Gipfelvideos und -fotos verglichen und kommt zu dem Schluss, dass die Gruppe nicht den höchsten Punkt des Achttausenders, sondern eine andere Erhebung auf dem Gipfelgrat erreicht hat, mindestens 45 Minuten Stück vom Gipfel entfernt und rund 25 Meter niedriger als dieser.

Im Zweifel lieber noch einmal

Wirklich ganz oben?

Der Schwede Fredrik Sträng, der zwar nicht zu Mingmas Team gehörte, aber zusammen mit der Gruppe aufstieg, hat inzwischen öffentlich erklärt, er beanspruche infolge der nun vorliegenden Informationen nicht mehr für sich, auf dem Gipfel gewesen zu sein. „Ich bin mir nicht mehr hundertprozentig sicher, ob wir wirklich den Hauptgipfel erreicht haben oder nicht“, schrieb Fredrik auf Facebook und kündigte an, im nächsten Jahr wiederzukommen, um den Broad Peak ohne jeden Zweifel zu besteigen. „Ich möchte hier nichts vorwerfen, aber manchmal ist es vielleicht nicht die beste Idee, einen Gipfel im Schneesturm zu besteigen, genausowenig wie jemandem blind zu vertrauen, der irritiert ist, wenn du ihn fragst: Ist das der Gipfel?“ Genau das hatte Sträng einen pakistanischen Begleiter gefragt, und das gleich dreimal. Der Pakistani, der eine Woche vorher den Broad Peak bei gutem Wetter, zum insgesamt dritten Mal in seiner Karriere bestiegen hatte, hatte Fredrik dreimal versichert, dies sei wirklich der höchste Punkt.

Mitte Juni hatte Mingma Gyalje Sherpa mit einigen Kunden – ebenfalls im Schneetreiben – den Gipfelgrat des Nanga Parbat erreicht. Anschließend hatte der 31-Jährige öffentlich erklärt, er sei sich nicht hundertprozentig sicher, ob sie wirklich ganz oben gewesen seien. Dass bei schlechtem Wetter schon einmal gerne ein Vorgipfel zum Gipfel erklärt wird, ist nicht neu. So machten es einige Bergsteiger im vergangenen Frühjahr am Makalu. Beinahe gängige Praxis ist es unter kommerziellen Expeditionen am Manaslu. Dort stellte sich nach der Herbstsaison 2016 heraus, dass die meisten der rund 150 vermeintlichen „Gipfelstürmer“ den – zugegebenermaßen nicht leicht zugänglichen – höchsten Punkt gar nicht betreten, sondern ihre „Gipfelfotos“ in der Nähe gemacht hatten.

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Ganz oben auf dem Nanga Parbat? https://blogs.dw.com/abenteuersport/ganz-oben-auf-dem-nanga-parbat/ Sun, 18 Jun 2017 18:50:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36721

Mingma Gyalje Sherpa am Nanga Parbat

Mingma Gyalje Sherpa ist sich nicht sicher. Er könne nicht mit hundertprozentiger Gewissheit sagen, ob er am 11. Juni mit seinem Team wirklich den 8125 Meter hohen Gipfel des Nanga Parbat erreicht habe, schreibt der 31 Jahre alte Nepalese heute auf Facebook und relativiert damit Berichte über den ersten Gipfelerfolg der Sommersaison an den Achttausendern Pakistans. Er habe sich auf die Ortskenntnisse eines pakistanischen Bergsteigers verlassen, der den neunthöchsten Berg der Erde 2005 bestiegen habe und mit dem er 2016 auf Gasherbrum I und II gewesen sei, schreibt Mingma. Doch der Pakistani habe das Team zunächst in eine andere Rinne geführt, als ursprünglich geplant. Das habe den Anstieg härter und länger gemacht habe. Als sie schließlich den höchsten Punkt eines Grats erreicht hätten, habe der Pakistani erklärt, dies sei der Gipfel. „Aber dieser Ort sah nicht so aus wie der schneebedeckte Gipfel, den ich von Bildern anderer Bergsteiger in Erinnerung hatte“, schreibt Mingma.

Erfrierung am Zeh

Unerwünschtes Souvenir

Deshalb hätten sie zwei weitere mögliche Gipfelpunkte bestiegen, die ihn aber auch nicht restlos überzeugt hätten. Eine dritte Stelle, die als Gipfel in Frage gekommen sei, hätten sie nicht mehr erreichen können, weil seinen Kunden der Flaschensauerstoff ausgegangen sei. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bergsteiger nach den Worten Mingmas bereits 20 Stunden unterwegs, und es wurde dunkel. Sie stiegen ab. 43 Stunden nach ihrem Aufbruch erreichten sie wieder Lager 3. Mingma bezahlte den langen Auf- und Abstieg mit einem angefrorenen Zeh. „Das ist mein Geschenk vom Nanga Parbat.“

Im Zweifel ein weiterer Versuch

„Ich stecke immer noch in einem Dilemma mit unserem Gipfel“, räumt der Chef des Expeditionsveranstalters Dreamers Destination ein. Er wolle die 14 Achttausender besteigen und dabei Gipfelbilder vorweisen können, die zweifelsfrei bestätigten, dass er oben gewesen sei. Er werde, so Mingma, lieber noch einmal zum Nanga Parbat zurückkehren, als für eine Kontroverse um seine Leistung zu sorgen. Diese Einstellung ehrt den Sherpa. Sie scheint in letzter Zeit bei einigen Bergsteigern abhanden gekommen zu sein, die Vorgipfel für Gipfel erklären, ohne mit der Wimper zu zucken. Vielleicht stellt sich am Ende ja doch heraus, dass der Sherpa-Bergführer mit seinem Team den höchsten Punkt des Nanga Parbat erreicht und er damit seinen elften Achttausender bestiegen hat. Die „Gipfelbilder“ sollen jetzt geprüft werden.

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Gipfeltag https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltag/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltag/#comments Thu, 24 Jul 2014 05:54:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26957 7.20 (MEZ) Anruf von Stefan, 20 Meter unterhalb des Gipfels:

Die komplette Gruppe inclusive Luis und der beiden Sherpas hat den Gipfel erreicht!

Stefan ist in der Mitte der Gruppe auf dem 7129 Meter hohen Kokodak Dome angekommen.

Es war sehr stürmisch am Gipfel. Wolken versperrten die Sicht. Aber die schönen Ausblicke hätten sie schon die vergangenen Tage gehabt, sagt er. VN.

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Nach der Lawine der Gipfel https://blogs.dw.com/abenteuersport/nach-der-lawine-der-gipfel/ Mon, 01 Oct 2012 14:41:22 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=17265

Manaslu

Wo hört gesunder Ehrgeiz auf und fängt Pietätlosigkeit an? Eine Woche nach dem schweren Lawinenunglück am Manaslu, das mindestens elf Bergsteiger das Leben kostete, füllt sich das Internet mit Erfolgsmeldungen vom achthöchsten Berg der Erde. Am vergangenen Samstag erreichten fünf Mitglieder einer Schweizer Expedition den 8163 Meter hohen Gipfel. Am heutigen Montag wurde es dann richtig eng auf dem höchsten Punkt. Nach meiner Zählung (Stand 16.30 Uhr MESZ) müssten mindestens gut 30 Bergsteiger aus verschiedenen Expeditionen oben gestanden haben.

Glück?

„Kaum sind die Leichen weggeschafft, wird am nächsten Tag schon zum Gipfelgang geblasen“, regte sich vor einigen Tagen ein Internetnutzer in einem Alpin-Forum auf. Er bezog sich auf die Worte des Leiters der Schweizer Expedition. „Die große Lawine hat fast die gesamte Flanke vom Neuschnee befreit, und der Berg sieht nun von unten sehr sicher aus“, hatte der Österreicher Stephan Keck einen Tag nach dem Unglück festgestellt. „Na wenn das mal kein Glück ist!“, kommentierte der Kritiker mit bitterer Ironie.

„In Gedanken bei ihnen“

Ich habe mir daraufhin den besagten Tagesbericht des Expeditionsleiters genauer angesehen. Keck schreibt darin auch, dass sich der größere Teil seiner Gruppe (die bei dem Unglück keine Opfer zu beklagen hatte) für einen weiteren Gipfelversuch ausgesprochen habe: „Das mag jetzt eventuell nicht sehr menschlich ausschauen, wenn man den Verlauf der Dinge betrachtet. Doch haben wir feststellen müssen, dass es niemanden mehr lebendig macht, wenn wir nach Hause fahren. Auch wir haben Freunde und Bekannte bei diesem Unglück verloren. Falls wir den Gipfel erreichen, werden wir in Gedanken bei ihnen sein.“

Ungutes Gefühl

Ich hoffe, es war wirklich so. Kecks detaillierter Bericht über den Gipfelgang steht noch aus. In den zahlreichen Kommentaren zur Meldung über den Erfolg des Teams habe ich bisher noch kein Wort der Erinnerung an die Lawinenopfer gefunden. Stattdessen ist häufig von „Gipfelsieg“ oder „Gipfeleroberung“ die Rede. Das hinterlässt dann doch ein ungutes Gefühl. Bei mir jedenfalls.

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Missgeglückt https://blogs.dw.com/abenteuersport/missgegluckt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/missgegluckt/#comments Fri, 18 Nov 2011 09:59:40 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=12021 Haken drunter, in die Hände spucken, weiter? Das mag bei anderen Projekten funktionieren, nicht aber bei einer Expedition. Monatelang bereitest du dich geistig und körperlich darauf vor. Und wenn es dann endlich losgeht, prasseln in fünf Wochen Eindrücke auf dich ein und du machst Erfahrungen wie sonst vielleicht in fünf Jahren – wenn überhaupt. Kein Wunder also, dass eine Expedition im Kopf nachklingt. Meiner spuckt dann schon einmal zum gipfellosen Gipfeltag am Putha Hiunchuli mit all seinen Widersprüchen ein Gedicht wie das folgende aus. Reimlos, denn schon Georg Christoph Lichtenberg, scharfzüngiger Schriftsteller des 18. Jahrhunderts und erster deutscher Professor für Experimentalphysik, wusste: „Die Leute, die den Reim für das Wichtigste in der Poesie halten, betrachten die Verse wie Ochsenkäufer von hinten.“ In diesem Sinne:

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Wie Sex ohne Höhepunkt? https://blogs.dw.com/abenteuersport/wie-sex-ohne-hohepunkt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/wie-sex-ohne-hohepunkt/#comments Wed, 09 Nov 2011 10:36:25 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=11253

Aufwärts

Beim Bergsteigen gibt es nach landläufiger Meinung kein Unentschieden. Nur oben oder unten, Sieg oder Niederlage, Erfolg oder Scheitern. Als ich nach meinem Gipfelversuch am Putha Hiunchuli, der auf 7150 Metern endete, über den Gletscher zurück zum Basislager lief, begegnete mir ein Sherpa. „Summit?“, fragte er. Gipfel? Als ich den Kopf schüttelte und gerade zu einer Antwort ansetzen wollte, war er bereits an mir vorbeigelaufen. Und ich trug den Stempel „Verlierer“ auf der Stirn.

 

„Tüpfelchen auf dem i“

Blanker Willen

Es war die drastischste Reaktion, die ich erlebte. Doch in abgeschwächten Varianten wiederholt sie sich auch jetzt, drei Wochen danach, immer wieder. Die Mehrheit denkt eben in Gipfeln. Aber ist Bergsteigen wirklich nur Bergbesteigen? War das, was ich am Putha Hiunchuli erlebt habe, wie Sex ohne Höhepunkt? „Es wäre doch das Tüpfelchen auf dem i gewesen“, hat Herbert, unser Expeditionsleiter, gesagt, als wir über meinen verpassten Gipfel gesprochen haben.

Tatsächlich habe ich mich in den ersten Tagen nach dem missglückten Versuch gefühlt, als hätte ich einen Wettkampf verloren. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto mehr realisiere ich, was ich gewonnen habe: Ich habe viel über meinen Körper und meinen Geist gelernt, weiß jetzt, was ich beiden zumuten kann und was nicht.

Auf 7000 Metern

Auf über 7000 Metern erfuhr ich ganz ohne Drogen, wie es ist, scheinbar körperlos nur noch aus Willen zu bestehen und Stimmen aus dem Nichts zu hören. Ich erlebte, wie sich mein Körper eindrucksvoll zurückmeldete: als geballte Schwäche im Abstieg. Ich war so dehydriert, dass ich mich wie ein Verdurstender in der Wüste fühlte. Ich habe deshalb Schnee gegessen und es mit sofort einsetzendem Sodbrennen bezahlt, Eiszapfen vom Fels gebrochen und gelutscht, als wäre es Champagnereis.

Mindestens unentschieden

Belohnt

Ich hege keinen Groll gegen den Putha Hiunchuli, habe keine Rechnung mit ihm offen und fühle mich auch nicht verpflichtet, Ersatzgipfel zu besteigen. Der Siebentausender in Nepal hat mir seinen höchsten Punkt verwehrt und mich doch beschenkt: mit einem großen Abenteuer, das ich bis auf ein paar Frostbeulchen an den Fingerspitzen unbeschadet überstanden habe. Das ist doch mindestens ein Unentschieden.

Und was den Sex ohne Höhepunkt anbetrifft: Wer über 7000 Metern überhaupt noch einen Gedanken an körperliche Liebe verschwendet, muss über eine galaktische Libido verfügen – oder vom seltenen tibetischen Raupenkeulenpilz (Cordyceps sinensis) gekostet haben. Das „Viagra des Himalaya“, das auf dem Schwarzmarkt bis zu 24.000 Euro pro Kilogramm bringt, wird zwar in der Gegend um den Putha Hiunchuli geerntet – jedoch im Frühling, nicht im Herbst. Ich kann also nicht mitreden.

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Neun Gipfelstürmer https://blogs.dw.com/abenteuersport/neun-gipfelsturmer/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/neun-gipfelsturmer/#comments Thu, 20 Oct 2011 19:00:05 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10895

Das war 'mein' Gipfel

Natürlich gibt es immer Ausreden. Da war zunächst das kleine Zelt für Lager 3, das es Sergio und mir schwer machte, rechtzeitig zum Aufbruch um zwei Uhr nachts fertig zu sein. Dann stahl mir die dünne Luft die Kraft, um die Innenschuhe in die Expeditionsschuhe zu drücken. Und schließlich machte ich noch einen Kardinalfehler.

Minus 27 Grad

Als ich die Steigeisen an die Expeditionsschuhe anlegen wollte, wählte ich die Merino-Handschuhe, die sich prompt voll Schnee beziehungsweise Wasser sogen. Als wir mit Stirnlampen bewaffnet loszogen, realisierte ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Das Thermometer zeigte minus 27 Grad Celsius. Am Tag zuvor war die Haut am Daumen aufgeplatzt. Ich hatte ein Pflaster darauf geklebt. Jetzt merkte ich, dass es gefror und anschwoll. Einen Daumen zu verlieren, war mir der Putha Hiunchuli dann doch nicht wert. Ich sagte Pemba, der auf mich wartete, dass ich zurückkehren werde. Schweren Herzens ließ ich die Gruppe ziehen. Joachim hatte nach den windigen, eiskalten Stunden im Zelt ebenfalls auf einen Start verzichtet.

Noch gut in der Zeit

Schnell besorgte ich mir ein Wärmekissen und wickelte den malträtierten Daumen hinein. Der Zustand des Fingers besserte sich. Hatte ich vorschnell reagiert? Als mir diese Gedanken durch den Kopf gingen, sah ich zwei Lichter aufsteigen: Brigitte und Hans, die um Mitternacht von Lager 2 aufgebrochen waren. Hans hatte Bauchweh und wollte sich eine Weile in einem Zelt erholen. Brigitte schlug vor, mich mitzunehmen: „Du liegst doch noch gut in der Zeit. Wichtig ist nur, dass du die kalte Zeit bis zum Sonnenaufgang gut überstehst.“ Warum eigentlich nicht? Umkehren konnte ich ja jederzeit.

Uneinholbar 

Schlechtwetter naht

Schnell war klar, dass ich mit Brigittes Tempo nicht würde mithalten können. Und auch Hans, der sich rasch erholt hatte, zog schließlich an mir vorbei. Ich sah die Stirnlampen der anderen uneinholbar vor mir. Das beunruhigte mich kaum. Schließlich galt die Umkehrzeit zehn Uhr und die schien realistisch.

Ängstlich befühlte ich immer wieder meine Fingerkuppen. Bei der Last-Degree-Expedition zum Nordpol hatte ich sie mir angefroren.

Um 5:30 Uhr ging endlich die Sonne auf. Der Gipfel erschien noch sehr weit, aber nicht unerreichbar. Ich machte kleine Schritte, atmete gleichmäßig und versuchte, das tolle Himalaya-Panorama nicht zu ignorieren. Was für ein Erlebnis! Doch der Grund für den vorgezogenen Umkehrtermin war die erwartete Schneefront. Aufmerksam beobachtete ich den Morgenhimmel. Wolken zogen auf, der Wind frischte auf. 

Doch nicht der Gipfel

Ich wusste, dass der letzte Weg bis zum Gipfel elendig lang war. Doch dieser Hang musste doch der letzte sein. Aus der Ferne beobachtete ich, wie die Bergsteiger fast senkrecht heraufklommen und, wenn sie oben angelangt waren, kurz stehen blieben, als ließen sie sich fotografieren. Nun stand ich am Fuße des Aufschwungs, um circa 9.40 Uhr. Als ich etwa auf der Hälfte angekommen war, entwickelte sich der Wind zum Sturm und mir war gar nicht wohl zumute. Doch gleich würde ich ja den Gipfel erreichen. Denkste! Als ich auf der Kuppe eintraf, ging es weiter bergan. In diesem Augenblick kamen Brigitte, Hans und Pemba herangeschossen, mit Skibrillen und Sturmbekleidung. „Das solltest du dir sparen. Das ist noch elendig weit“, rief Brigitte. „And the storm is really dangerous“, ergänzte Pemba.

Sergio: Der härteste Berg, den ich jemals bestiegen habe

Wieder werde ich also ohne Gipfel heimkehren. Immerhin habe ich es also bis auf 7100 Meter geschafft. Ich gratuliere allen ganz herzlich, die den Gipfel erreicht haben: Brigitte und Hans, Helmut, Norbert, Roland, Sergio, Herbert und den beiden Pembas. Dass der Putha Hiunchuli ein leichter 7000er sei, bestreiten alle Expeditionsteilnehmer. Vielleicht technisch leicht. Aber wenn man so viel Schnee treten muss wie wir in diesem Jahr …

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Neun Bergsteiger auf dem Gipfel des Putha Hiunchuli https://blogs.dw.com/abenteuersport/neun-bergsteiger-auf-dem-gipfel-des-putha-hiunchuli/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/neun-bergsteiger-auf-dem-gipfel-des-putha-hiunchuli/#comments Thu, 20 Oct 2011 13:04:50 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10887

Sergio am Gipfel

Gipfelmeldung von Amical:

„Putha Hiunchuli 7246 m – Herzlichen Glückwunsch!

Den Gipfel des Putha Hiunchuli konnten am 20.10. Brigitte Bayr (D), Helmut Eibel (D), Norbert Huber (A), Hans König (D) der Expeditionsarzt Roland Rink (A), Sergio Zigliotto (I) und Expeditionsleiter Herbert Wolf (A) sowie die beiden Hochträger Pemba Jangbu und Pemba Nuru erreichen. Das komplette Expeditionsteam befindet sich bereits wieder in L I und wird morgen im BC zurück erwartet.

Das AMICAL alpin Team gratuliert sehr herzlich!

Eine großartige Leistung – großes Kompliment,

Ralf Dujmovits, Dominik Müller und das ganze AMICAL alpin Büro-Team“

 

Kurztelefonat mit Stefan in Lager 1:

Alle Expeditionsteilnehmer sind gesund, aber erschöpft in Lager 1 auf 5500 Metern angekommen. Joachim hat auf den Gipfelversuch verzichtet. In der vorherigen Nacht gab es Temperaturen von Minus 20 Grad und kälter. Es war sehr stürmisch. Stefan hat es bis auf eine Höhe von 7.100 Metern geschafft. Er wird noch detailliert berichten.   (V.N.)

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